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gefallen sei. Abgeordneter Bebel sprach sehr erregt, und seine Aus­führungen decken sich zum Theil mit dem oben Gesagten. Werner be= Hauptete, der Bierboykott sei vollkommen berechtigt gewesen, man habe nicht erst warten dürfen, bis uns die Lokale wieder entzogen worden wären, während andere Redner, so der Kandidat des hiesigen 3. Wahl­freises, Wildberger, meinten, zum boykotten wäre es auch noch Zeit genug gewesen, wenn die Saalinhaber wirklich ihr Wort gebrochen und uns die Räumlichkeiten verweigert hätten. So lassen sich wohl für beide Ansichten Argumente vorbringen. Jedenfalls hat der Boykott den Brauereien doch tiefere Wunden geschlagen, als man selbst in Partei­freifen geglaubt hat; denn sonst würden die Herren kaum nachgegeben haben. Gleichzeitig aber hat dieser Fall gezeigt, eine wie ungeheure und wie ernst zu nehmende Waffe der Boykott ist. Ein Boy­kott darf nur nach der allerreiflichsten Ueberlegung und nach der forg= fältigsten Erwägung aller Chancen beschlossen werden! Ein verlorener Boykott schadet uns eben so viel, als uns zehn gewonnene nüßen können. Er stärkt die Bourgeoisie in ihrem Machtbewußtsein, macht uns lächer­lich, und, was schlimmer ist, ein verlorener Boykott fann uns auf Jahre hinaus den Muth und damit die Kraft zum einmüthigen, unwider­stehlichen Ansturm gegen das Kapital benehmen. Und wir haben das einmüthige, geschlossene Vorgehen und die ungeschwächte Kraft doch sehr nöthig."

Er nahm ein sanftseliges Ende. Am 28. Juni ist der Leipziger Kleine" still entschlafen. Trauernd steht das reaktionäre Bürgerthum von Pleißeathen an seinem Grabe und fragt händeringend: Was nun machen, da Vater und Kind uns grausam entrissen sind?" Die Thatsache ist allerdings zum Verzweifeln, aber so unglaublich es flingt, Leipzig   ist noch nicht in Flammen aufgegangen und der Spießer darf ruhig sein, Deppchen" trinken, ohne befürchten zu müssen, auf dem Nachhauseweg andere Bekanntschaft mit den Laternenpfählen zu machen, als die der gewohnten freundschaftlichen hopsa! Umarmung.

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Genosse a. D. Miquel ist preußischer Finanzminister geworden. Da der Bureaukrat und im Bismarck'schen Kultus der Mil­lionäre erſterbende Herr von Scholz sich unfähig erwiesen hat, die Steuerquellen zu entdecken, welche die Riesenmehrausgaben für den Militär- Etat nothwendig machen, so ist die Wahl eines Mannes, der durch die Schule des Kommunistenbundes hindurchgegangen ist, und als Direktor der Diskonto- Gesellschaft gezeigt hat, daß sein Respekt vor dem Kapital nur sehr äußerlich ist, durchaus begreiflich. Herr Miquel ist ein findiger Kopf, der die Theorie mit der Praxis in an­muthiger Weise zu vereinbaren weiß. Er hat nicht als Doktrinär auf die Zeit gewartet, da die soziale Revolution als unvermeidliches Er­gebniß der gesellschaftlichen Entwicklung sich sozusagen von selbst auf­drängt, er hat selbst sein redliches Theil dazu beigetragen, diese Ent­wicklung zu beschleunigen. Als echter Propagandist der That", als Leiter des obengenannten Gründer- Instituts, hat er die Stonzentration des Stapitals in einer Weise gefördert, daß jedem Stommunisten das Herz im Leibe lachen mußte. Ueber die Grpropriationsversuche der An­archisten fann er achfelzuckend lächeln: was die Diskonto- Gesellschaft und ihre Stumpane in den siebziger Jahren aus den Taschen der Kleinen in die Schränke der Großen hineinerpropriirt haben, hat ganz anders gefluscht". Herr Miquel ist ein logischer Stopf, er weiß, daß dieser Uebergang nothwendig ist, daß die Geldschränke und Geldkeller der Großen die Reservoirs sind, wo die Neichthümer zusammenfließen müssen, um die Expropriation im Interesse der Gesammtheit, die fom­munistische Expropriation, zu erleichtern, ja, erst möglich zu machen. Herr Miquel ist gleich fern von kleinbürgerlich- reaktionärem Haß gegen das Großkapital, wie von blinder Verehrung desselben. Er verträgt sich mit demselben aus Opportunitätsgründen. Er weiß, die Zeit ist noch nicht gekommen, mit dem großen Kapital abzurechnen, und in Erwartung dieser Epoche ist er inzwischen selbst Millionär ge­worden. Er sagt: Alles mit Maß und Ziel, wer langsam geht, geht ficher. Man höre z. B. folgende Säge aus seiner Abschiedsrede an die Frankfurter   Stadtvertretung:

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Man soll aber nicht fleben hier auf diesem Gebiet an dem bloß Hergebrachten, man soll sich sagen, daß das Her= gebrachte hier ein Ergebniß der Vergangenheit ist, ein Ergebnis and ever sozialer und wirthschaftlicher zu= stände, als wie sie sich heute entwickelt haben. Man soll nicht in den Vorurtheilen der Vergangenheit befangen, der Gemeinde die Mit­wirtung an dem großen Werte sozialer Aufbeiser= ung entziehen. Freilich, meine Herren, muß auch hier Maß gehalten werden.. In allen Dingen muß man Maß halfen, man muß sich aber nicht scheuen, Reformen zu beginnen, weil sie, in's Uebermaß getrieben, aus Wohlthat Plage würden. Das Maß ist in der Regel auch durch die gesammten Verhältnisse gegeben, das stellt sich von selber ein. Wird eine Reform entschlossen begonnen, wohl erwogen vorher, so wird sie ihre natürlichen Grenzen immer innehalten und durch die gegebenen allgemeinen Verhältnisse finden. So kann überhaupt nur diese große Aufgabe, die der heutigen Menschheit gestellt ist, gelöst werden, allmähliches Fortschreiten nach Maßgabe der jeweils vorhandenen Zustände, der Kräfte, der Mittel und der Anschauungen, die sich daraus bilden."

Alles mit Maß und Ziel. In diesem Sinne sagte er 1864 zu seinem damaligen Genossen Bürgers, der auch Mitglied des Kommunistenbundes war, aber es mit Miquel an Erfassen des Moments nicht aufnehmen fonnte:

Das war zu scharf gesprochen, so dürfen Sie erst sprechen, wenn es gilt, in Berlin   auf der Straße das Volk aufzufordern, daß es den Junkern die Köpfe einschlägt."

Auch der Moment ist nach Herrn Miquel noch nicht gekommen. Um aber, wenn er kommt, die Sache auch rentabel zu gestalten, hat Herr Miquel sich f. 3t. für die Branntweinsteuergesebgebung, die den Junkern die Taschen füllt, mit Riefeneifer ins Zeug gelegt. Ein bewundernswürdiger Zug. Ein Anderer hätte seinem Haß gegen die Junker in umgekehrter Weise Ausdruck gegeben, unser Genosse a. D. oder sollen wir sagen 3. D.?- sieht weiter. Er mästet die Junker, um sie desto sicherer zu verderben.

Weniger durchsichtig ist das Verhalten unseres Kommunisten den Zünftlern gegenüber. Doch zeigt sein Eintreten für die Jnnungen immerhin, wie derselbe mit einem Nichts sich Elemente verbindlich zu machen versteht, deren Dasein theoretisch ihm ein Dorn im Auge ist. Sollte er vielleicht, wie seinerzeit Herr von Schweizer   beim Wucher­gesez, hier aus Bosheit" Stellung genommen haben?

Wie dem auch fei, wir freuen uns, einen so bewährten Vor= arbeiter jetzt in der Regierung zu wissen, und sehen seinen Thaten erwartungsvoll entgegen.

Der Reichstag   hat seine Schuldigkeit gethan und kann in die Ferien gehen. Der Militär- Etat ist um 18 Millionen Mart dauernde und 40 Millionen Mark Extra- Ausgaben erhöht, der Friedenspräsenz stand der Armee um 18,000 Mann vermehrt worden. Die angeführten Summen sind aber erst der Anfang, die Vermehrung der Armee und die Ausgaben für neue Geschüße 2c. wer= den noch ganz andere Ausgaben nach sich ziehen.

Die Hauptverantwortung für die Bewilligungen trägt diesmal das Zentrum, das, von 20, meist bayerischen Mitgliedern abgesehen, mit den Nationalliberalen ein wahres Bewilligungs- Wettrennen abhielt. Immer mehr legt diese Mischmaschpartei von Bismarck  'scher Dummheit Gnaden ihren wahren Charakter an den Tag. Bei der Berathung der gewerblichen Schiedsgerichte haben die Ultramontanen fast überall mit den trasfesten Arbeiterfeinden gestimmt, ihr Möglichstes dazu beigetragen, eine richtige Vertretung der Arbeiter unmöglich zu machen. Sie unterscheiden sich von den Nationalliberalen bald nur noch durch ihre wirthschaftlich- reaktionären Tendenzen. Nun, um so schneller wird sich auch ihr Schicksal erfüllen.

In der Militärdebatte sprach bei der zweiten Lesung Bebel in geradezu meisterhafter Weise. Zur dritten Lesung wollte Liebknecht noch einmal das Wort ergreifen, wurde aber durch Debatteschluß daran verhindert. In der Debatte über die Gewerbeschiedsgerichte wurden die

Stellung der Sozialdemokratie, sowie dinger erfeits gestellten

Anträge durch Auer, Dreesbach, Singer, Stadthagen  , Tuzauer ebenso geschickt wie energisch vertreten.

Ein gutes Getviffen 2c. Genosse Viktor Adler   in Wien  , den eine wundersame, aber nicht erstaunliche Auslegung des Anarchisten­gesetzes von Seiten des Wiener   Landgerichts zu vier Monaten unfrei­

williger Erholung verholfen hatte, hat am 21. Juni das Gefängniß berlassen. Kaum schlossent sich die Thore desselben hinter ihm, so stellte sich ihm auch sofort die Freiheit wie in Oesterreich  " in flaffischer Repräsentation vor. Man höre nur, was die Arbeiterzeitung" darüber berichtet:

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Die zarte Aufmerksamkeit, welche die Wiener   Polizeidirektion unseren Genossen gegenüber entfaltet, ist wahrhaft rührend. Als am letzten Samstag 6 Uhr Früh Genosse Dr. Adler das graue Haus des Landes­gerichtes verließ, wurde ihm die unverhoffte Freude zu Theil, sofort Den langentbehrten Anblick von vier jener regenschirmbewaffneten Gent­lemien, die gewöhnlich so eifrig die Wolfenbildung studiren, genießen zu können. Zwei dieser Herren, welche darum Detektives", Entdecker, heißen, weil ein geübtes Auge sie sofort entdeckt, folgten dem entlassenen Sträfling, welcher in der staatsgefährlichen Gesellschaft seiner Frau und seiner Kinder seines Weges ging, noch eine ganze Weile, wahrscheinlich um sich davon zu überzeugen, ob die Kur gelungen und die Besserung" erfolgt sei. Ein Sicherheitswachinspektor an der Spize der bewaffneten Macht" erschien erst eine Stunde später und konnte daher seinem Drange nach Höflichkeit nicht mehr genügen. Dafür erhielt das Haus, wo Genosse Adler wohnt, eine Ehrenwache von drei Zivilwachtleuten, welche konstatiren konnten, daß Sozialdemokraten sich ebensowenig aufregen, wenn einer entlassen, als wenn einer eingesperrt wird. Der unge­wöhnliche Aufwand an Polizei machte etwas Aufsehen in den Straßen. Sonst wurde die öffentliche Ruhe und Ordnung nicht gestört."

Alle diese Maßregeln hatten natürlich nur den Zweck, den Beweis zu liefern, wie sicher sich Regierung und Polizei im Bewußtsein ihres guten Gewissens gegenüber der Arbeiterbewegung und ihrer Ver­treter fühlen. Daher die Bezeichnung: Sicherheitsmaßregeln.

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Wie es gemacht wird. Wir haben in vorletzter Nummer eine Notiz aus der Frautf. 3tg.", über die skandalöse Bezahlung und Be­handlung der Hilfsarbeiter im Kaiserlichen Statisti schen Amt zu Berlin   zum Abdruck gebracht. Eine ähnliche Notiz war auch in der Berliner   Volksztg." erschienen. Die Direktion des genannten Instituts hat denn auch die Stimmen der Presse nicht igno­riren zu sollen geglaubt, und hat die geäußerten Rückstände abge­schafft nein, aber Nachforschungen nach den Urhebern der Notizen angestellt, und als dieselben muthig genug waren, sofort mit ihren Namen herauszutreten, sie Knall und Fall entlassen. Und es erschien in der Norddeutschen Allgemeinen Kloafe eine Erklärung der Hilfsarbeiter im kaiserlichen Statistischen Amt", die darauf hinauslief, daß Alles, was in jenen Notizen behauptet worden, eitel Lug und Trug sei, und daß im Gegentheil die Hilfsarbeiter im Verhältniß zu ihren Leistungen ein wahres Götterleben führten.

Wenige Tage darauf brachte die Berliner   Volksztg." folgende Notiz, die zu charakteristisch ist, als daß wir sie übergehen könnten: " Humbug. Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung" veröffentlicht heute Abend folgende Briefkastennotiz:

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Ein Hilfsarbeiter bes faiserlich statistischen Amts. Wenn Jemand eine Erklärung veröffentlicht haben will, so muß er sich vor allem dazu bekennen; anonyme Behauptungen find teine Erklärung".

Wirklich nicht, Herr Pindter? Und doch hat dieser Bieder- und Ehrenmann erst vor drei Tagen eine Erklärung von Leuten veröffent­licht, die weder ihn, noch sonstwen zur Abgabe dieser Erklärung er­mächtigt haben. Wir erhalten nämlich folgende Zuschrift:

lleber das Zustandekommen oder vielmehr Nichtzustandekommen der in der Nordd. Allg. 3tg." vom 22. Juni d. J. veröffent­lichten famosen Erklärung der Hilfsarbeiter im kaiserl. statist. Amte", gestatte ich mir, Ihnen folgende, durchaus den Thatsachen entsprechende Mittheilung zur gef. Benutzung zu geben. Zwei Herren, ein Beamter( Affiftent Hptm. v. Döring) und ein ständiger Hilfsarbeiter, ersterer eine dem Herrn Direktor näher. stehende Persönlichkeit, septen die betr. Erklärung in Umlauf. Eine Bleistiftnotiz am Fuße des Schreibens besagte, daß die Unterschriften nicht würden veröffentlicht werden. Von den Hilfsarbeitern unterschrieb Niemand. Um so mehr erregte es Entrüstung, als die Nordd. Allg. 3tg." troz­dem die Erklärung brachte. Es ist geradezu infam von dem Pindterschen Blatte, eine derartige Erklärung ohne die unterschriftliche Genehmigung auch nur eines einzigen Hilfs­arbeiters anzunehmen."

So", schreibt dazu die Volksztg.", und nun bewundere man den pomphaften, von tief sittlichen Empfindungen bebenden Stolz, mit welchem Herr Pindter erst Unterschriften sehen will, ehe er eine Er­flärung" veröffentlicht. Im kaiserl. statistischen Amt müssen aber wirk­lich recht nette Zustände herrschen. Uns hat sich natürlich der Einsender der obigen Zuschrift genannt, aber es versteht sich, daß, ehe diese Zeilen das Licht der Welt erblicken, seine Handschrift in tausend Aschenſtäub­chen verwandelt sein wird. Nachdem Dr. Hense sich mannhaft zu seinen Veröffentlichungen in der Volksztg." bekannt und sich dem Direktor des kaiserl. statistischen Amtes erboten hat, Silbe für Silbe seine Be­hauptungen zu erweisen, aber als Antwort nur seine sofortige Ent­lassung erhalten hat, wird der Kampf in den diesen Waffen entsprechen­den Formen weiter geführt werden- trog aller fittlichen Entrüstung" des Herrn Pindter und seiner Hintermänner.

Auch bei der dritten Berathung des Gesetzes über die Ge­werblichen Schiedsgerichte hat Herr von Bötticher fich dagegen aufgelehnt, daß man den Arbeiterinnen das Stimmrecht zu den Schiedsrichterwahlen einräume. Er berief sich darauf, eine ganze Reihe von Zustimmungserklärungen erhalten zu haben, auch aus Streisen von Arbeiterinnen, die sich dafür bedanken, daß man sie in diesen Strudel hineinziehen will".

Wenn das nur teine Arbeiterinnen" à la Frl. Häuser- d'Esposito ge= wesen sind! Die ziehen freilich einen andern Strudel" vor.

Mit Bezug auf den famosen Niß" zwischen Bebel und Liebknecht werden wir an eine kleine Reminiszenz erinnert. Vor 15 oder 16 Jah­ren tauchte schon einmal in der sächsischen Amtspresse das Gerücht auf, Bebel und Liebknecht hätten sich verfeindet. Ein erzgebirgischer Partei­genosse schrieb darauf hin an Liebknecht, ob dies wahr sei. Und um­gehend erhielt er die Antwort: Beruhigen Sie sich, wir sind nicht verrückt. Sollte die Nachricht einmal wahr sein, dann werden Sie den folgenden Tag auch in der Zeitung lesen, daß entweder ich oder Bebel, oder wir zwei in's Irrenhaus gesperrt werden müßten." Und heute würde die Antwort auf eine ähnliche Naivetät vermuthlich ungefähr ebenso lauten.

Die Verurtheilten des großen Elberfelder Geheim­bundsprozesses haben nunmehr, nachdem das Erkenntniß rechts= fräftig geworden ist, ihre Gefängnißstrafe angetreten. Die Elberfelder Freie Presse" berichtet darüber unterm 24. Juni u. A.: Wie bekannt, erhielten die Verurtheilten im Eifelthurm- Geheim­bundsprozeß ihre Zustellung, wonach fie ihre Strafe" antreten müssen. Folgende Genossen haben gestern, nachdem sie Abschied von Weib und Kind, von Freunden und Parteigenossen genommen hatten, diesen Gang angetreten: Ullenbaum, Bertram, Hahn, Bleibtreu, Schneider, Elber­ feld  ; Tracht, Bubenzer, Barmen; Bongarz, Sonnborn; Kaiser  , Neviges  . ( Tags darauf trat eine weitere Gruppe die Haft an. Red.) Etwa 150 Parteigenossen gaben ihnen das Geleite. In einer Wirthschaft in der Nähe des Arresthauses wurde Halt gemacht und vereinigten sich sämmt­liche Genossen noch einmal fröhlich beim Glase Bier und erheiternden Liedern. Doch einmal mußte Ernst gemacht werden Sämmtliche Genossen, die Verurtheilten in der Mitte, bildeten einen Kreis und ernst und feierlich ertönte das Lied:" Brüder reicht die Hand zum Bunde." Noch ein kurzer Händedruck, ein Lebewohl, und das Gefängniß öffnete sich, um die Opfer ihrer Ueberzeugung aufzunehmen, unter einem drei­maligen begeisterteno ch" auf die Sozialdemokratie, welches an den Mauern der Bastille von Elberfeld   sein Echo fand, hielten die Verurtheilten ihren Einzug in das Haus, in welchem sie ihre Ueber­zeugung mit mehr oder weniger längeren Freiheitsstrafen büßen sollen. Als das Thor sich hinter ihnen geschlossen, standen die draußen Harren­den einen Moment ruhig da; nach einem nochmaligen Hoch die internationale Sozialdemokratie" traten sie dann ruhig und nachdenklich den Heimweg an. In der Nähe des Gefängnisses waren mehrere Polizeibeamte stationirt, dieselben verhielten sich jedoch, zu ihrer Ehre sei's gesagt, völlig passiv. Die Arbeiter und Arbeiterinnen

der nächstgelegenen Fabriken strömten alle ans Thor und an die Fenster; wir find überzengt, daß sie mit den Verurtheilten sympathisiren. Herr Staatsanwalt Pinnoff sieht nun seinen jahrelang mühsam ges leiteten Bau gekrönt; möge ihm in seinem neuen Wirkungskreise die Erinnerung an die Verurtheilten, die jetzt von Weib und Kind gerissen, ein frendloses Dasein führen, nicht die nächtliche Ruhe und die Ver­dauung stören. Die Verurtheilten durften aber das Bewußtsein mitnehmen, daß sie nicht vergessen sind, daß für ihre Angehörigen gesorgt und ihnen bei ihrer Wiederkunft ein freudiger und be­geisterter Empfang zu Theil wird. In Elberfeld   wie in Barmen hat fich ein Komite gebildet, das sich zur Aufgabe gestellt hat, die Noth der Familien der im Gefängniß befindlichen Märtyrer der Ueberzeugung zu lindern. Es ist Ehrenpflicht fedes Einzelnen, der Mannesmuth und Ueberzeugung achtet, dafür einzutreten, daß die Familien nicht der öffentlichen Armenpflege anheimfallen. Wir sind der Ueberzeugung, daß es nur dieses Hinweises bedarf, um die oft bewährte Opferwillig teit der Parteigenossen aufs Neue anzuregen. Die Komite's selbst werden es nicht unterlassen, demnächst mit einem Aufruf hervorzutreten, und dann wird Jeder seine Schuldigkeit thun, deß sind wir sicher."

Lakaiendeutsch. Ueber ein neulich in Potsdam   abgehaltenes Neiterfest tischte eines der größten Blätter der Intelligenzstadt" Berlin  , die" Post", seinen Lesern einen Bericht auf, in dem es u. A. wörtlich hieß:

Wie man von einem firmen Wein sprechen kann, so auch von einem Feste, wenn es in seiner Bestimmung der Eleganz und der Heiterkeit durchgebildet ist, den Sinn belebt und das Herz erwärmt" Ebenso die Neuß, Bentheim  , die Solms- Nödelheim, Solms- Laubach  , Schönburg- Glauchau  , Arnim, Eulenburg, Brühl  , die Träger der vornehmsten Namen Preußens und Deutschlands  , fanden sich auf diesem Boden und riefen sich, die Hände schüttelnd, alte Jugenderinnerungen wieder wach. Ein Grüßen und Lachen mit jener ungezwungenheit, über welche der wahrhaft Vor­nehme verfügt, rief eine herzlich animirte Stimmung hervor" Den Kaiser umgibt, namentlich in der weißen Uniform, ein idealer Nimbus, ein Kronenleuchten, möchte man sagen. Er reitet an der Spize dieser Truppe mit dem vollen Bewußtsein, eine Krone zu tragen, die hier in dem Adlerhelm vertreten ist, nicht wie eine jugend­liche Gestalt das Recht ihres Alters, vielleicht in kofetter Eleganz her= vorkehren würde, nein, ernst, langsam, im vollen Bewußtsein seiner kaiserlichen verantwortungsvollen Votation"

Und so weiter. Wahrlich, das Herz der Könige muß dreifach mit Erz gepanzert sein," schreibt dazu die Berliner Volkszeitung", wenn es angesichts solchen Gewinsels angeblicher Menschen nicht bis zum Rande mit bitterer Menschenverachtung fich füllen soll."

Was aber verdient ein Bürgerthum, das sich solche Nichtswürdigkeiten von seiner Presse unbeanstandet bieten läßt?

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,, Ein Beispiel feltener Klugheit" erzählt die Wiener Arbeiterzeitung  ". Ein Oberstlieutenant des in Wiener Neustadt   garni fonirten Infanterieregiments" schreibt sie, dessen Namen uns bekannt ist, hielt an die zu beurlaubende Mannschaft ungefähr folgende Ab­Schiedsworte: Bevor wir auseinandergehen, muß ich noch Etwas erwähnen. Ihr seid Arbeiter, demzufolge zum Arbeiten auf der Welt. Vergeßt dies nicht, wenn Ihr nun wieder in Zivil kommt. Auch im Zivilstande bleibt Ihr Soldaten und habt Eurer militärischen Pflichten eingebenk zu sein. Betheiligt Euch nicht an Arbeitseinstellungen, denn es zeigte sich ja sie sind aussichtslos. Herren und Arbeiter hat es immer gegeben, das wird auch immer so bleiben. Darüber ist besser erst nicht nachzudenken, und Ihr werdet gut thun, wenn Ihr Euch von den sozialen Sachen fernehaltet."

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" Nicht nachdenken!" ist ein neues Kommandowort, dessen Befolgung der Redner durch sein leuchtendes Beispiel befördern will. Es könnte aber am Ende doch geschehen, daß Einer oder der Andere der Zuhörer finden würde, es sei das Nachdenken teine gar so schlechte Erfindung! Was dann, Herr Oberstlieutenant  ??

Wie kann unsre geschäßte Kollegin nur eine so indiskrete Frage thun? Darüber ist erst recht besser, nicht nachzudenken."

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Die Schönheiten des kapitalistischen   Wirthschaftsystems. Die Verluste von Nindern und Schafen auf den west­lichen Prairien" lesen wir im Phil. Tageblatt" ,, sind im ver­gangenen Winter, gemäß den Berichten des landwirthschaftlichen De partements in Washington   wahrhaft erschreckend. Im Ganzen starben an, Hunger und Kälte 1,214,443 Rinder und 2,261,139 Schafe. In blos fünf Staaten und Territorien betrug der Verlust an Rindvich aus den genannten Ursachen von 12 bis 15.5 Prozent und an Schafen von 17 bis 27.5 Prozent.)

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Man fragt: Ist es möglich, daß die Menschen so verroht und ge= fühllos sein können, ihre Heerden so erbarmungslos der Habsucht zu opfern? Viele dieser Thiere werden aus dem Süden, wo ein milder Winter herrscht, nach dem Nordwesten getrieben, um auf den Prairien zu grafen. Im grausamen Winter mit seinen Stürmen und Blizzards, die manchmal 2 bis 8 Tage lang ununterbrochen wüthen, sind die armen Thiere ohne Schuß und Nahrung, und Tausende der= selben erliegen dem Hunger und der Kälte. Sobald die Kadaver auf­gethaut sind, gehen die Schinder und Schindersknechte hinaus, um den Opfern ihrer Habsucht die Häute abzuziehen. Der Weg, den sie nehmen, ist durch Thierleichen bezeichnet. Die Profite müssen ganz enorm sein, sonst könnten die Eigenthümer der Heerden nicht solche Verluste er tragen.

" Zu den Viehbaronen gehören auch ganz fromme Christen, die aber den Spruch Der Gerechte erbarmet sich seines Viehes" vergessen ha= ben. Dieser Massenmord der nüßlichsten Thiere findet jeden Winter statt, aber das amerikanische   Gewissen ist dagegen abgehärtet.

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Es ist wohl schwer, wenn nicht unmöglich, für so große Heerden Obdach herzustellen, aber Hen tönnte im Ueberfluß für sie aufgestapelt werden und Wasser läßt sich auch für sie beschaffen. Nur wenige Min­der würden verenden, wenn sie Nahrung genug hätten. Für Schafe, die im Sturm ganz hilflos, sind Ställe oder Schuppen im Winter ein unabweisliches Bedürfniß. Dieselben ließen sich auch mit geringen Kosten herstellen, wenn nicht der Geiz vollständigen Besitz von dem geldhungrigen Amerikaner genommen hätte.

3u dieser grausamen Pragis lettet Berechnung. Gerade wie Kornwucherer es für vortheilhaft gefunden haben, Getreide zn zerstören, um dadurch die Preise hoch zu halten, so ist es auch mit den Viehbaronen. Das Vich vermehrt sich ihnen in guten Jahren", wenn Weiden   reichlich und die Winter nicht zu streng sind, zu rasch. Dann lamentiren sie über die niedrigen Preise, welche sie bekommen. Hier ist die Gemeinschädlichkeit des kapitalistischen   Systems, das nicht eristirt, um Bedürfnisse zu befriedrigen, sondern um Profite zu machen, auf die Spike getrieben.

Stellen wir uns nun einmal vor, das Land wäre nicht den Ka­pitalisten überlassen worden und die Viehzucht, sowie die Schlachtung, Verpackung und Versendung des Fleisches nach allen Theilen des Lan­des würde auf Rechnung der Gesammtheit betrieben, etwa durch eine Assoziation von Arbeitern, unter Aufsicht der Regierung stattfinden was doch ganz gewiß möglich ist. Dann würden die erwähnten Grenel wegfallen und das Fleisch dem Konsumenten wahrscheinlich nicht mehr als die Hälfte dessen kosten, was er jetzt dafür bezahlt, nachdent die Viehkönige den Bestand absichtlich dezimiren, dabei horrende Profite machen und die Kommissionäre, Schlächter, Gisenbahnen und Zwischens händler sämmtliche Profite auf die Kosten schlagen. #Kein vernünftiger Einwand ließe sich gegen einen solchen Plan er heben, da es sich um einen konzentrirten Betrieb im größten Maßstab handelt, welcher leicht kontrollirt werden kann."

Stimmt, Aber es lassen sich sehr viel unvernünftige Einwände da­gegen erheben, und in einer Gesellschaft, die auf der Unvernunft auf­gebaut ist, find es eben diese, die entscheiden.

Kapitalistische Lockspinel. Chicago  - schreibt die New­Yorker Volksztg." ist und bleibt doch typisch für die era tremen Erscheinungen innerhalb der sozialen Tagestämpfe auf ameri­fanischem Boden, und zwar mehr noch auf Seiten des Kapitals, als auf Seiten der Arbeit. Nirgends plaßen die Gegenfäße so schroff auf einander, weil nirgends das Kapital so roh und so brutal seine Macht ausnügt. Denn daß auch die Gegenströnung der Arbeiter zu Zeiten