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34. Jahrgang. Nr. A4 Vellage zum �vorwärts" Herliner voZksblatt Serlin, 30. September 1917 Die Stimme. hat die Sehne am Dogen des Todes geschnurrt?... Ein Splitter ist eben vordeigesurrt, Hai die Lust wie ein stumpfes Messer geschliffen, Hai fein und höhnisch aufgepsisfen. Zn den Voden klatscht er mit dumpfem Schlag, liegt zackig drohend Im rauchenden Tag. halb in die wimmernde Erde gewühlt und der Wind seine heihc Wut verkühlt, Zch bück' mich, raffe den Splitter empor und hatte den Zehen fest ans Ohr. Eins Stimme tönt tief aus dem Metall: O Blut, o Glut, o grausiger Schwall! Der hat mich aus meinem Schlummer geriffen? Zch lag in kühlen Ainsternissen, wo weder Mond noch Sterne scheinen bei meinen Brüdern, den Gesteinen... Ztarr, der mich aus der Tiefe reiht, mich glüht und hämmert, walzt und schweiß», mich hobelt, dreht und bohrt und gießt und dann aus Menschen hinüberschlehk! Statt still in kühler Schicht zu liegen, muß ich durch heiße Lüste fliegen, durch Qualm und Schwalm, durch Dampf und Sampf, durch Brunst und Feuer, Wut uud Krampf, muß meine Liebe sprengen, mich gar mit Blut und Bein vermengen... v Widersinn, o?larrentun! Wann endlich wird die Zlarchest ruhn?.. Die Stimme schweigt. Zn meiner Hand gloht dumm der Splitter mit gezacktem Rand. Karl Briger. die proletarische Miktion für öas Kinö. von Smmh Freundlich- Wien.. Die Arbeiterschaft hat den Weg von bei sozialistischen Utopie zur Wissenschaft finden müssen, sie muß täglich mehr den Weg von der Wissenschaft zur Praktischen Arbeit gehen. Es heißt die neue Welt vorbereiten und alle» zu erfassen, das einer Neugestaltung deS Geistes und seiner Formen dringend bedarf. Neue Rechtsverhältnisse sollen organisiert werden. neue Wirtschaftsformen ringen sich empor, und auch die neue Erziehungsform und ihr geistiger Inhalt müssen gefunden werden. Drängender denn je steht die große Aufgabe vor den Proletariaten der ganzen Welt, die Losung heischt. Unser Schulprogramm, unser Erziehungsproaramm ist geaeben, aber den praktischen Weg, der aus der Theorie zur Wirklichkeit führt, den haben wir wohl gesucht, leider aber nicht erprobt. Die Schule müssen wir reformieren, aber neben die Schule muß eine neue Organisation der Gemein- schaft treten, die in den Kindern alle sozialen Instinkte erweckt und sie lehrt, ein tätiges Glied einer so- zialen Gemeinschaft zu sein, nicht in dem man ihm Predigt, sondern in dem man durch zweckmäßige Organisation sein Leben zu gestalten versucht, Schule lebt. da? es außerhalb der Der Krieg hat ja die ohnehin zunehmende ErwerbSarbett der Mütter außerordentlich vermehrt, er hat die proletarische Familie ausgelöst und die Kinder noch mehr der Straße über- antwortet. Der Vater, die Mutter, stehen noch HUfloser dem Kinde gegenüber und können weder seine persönlichen Bedürf- nisse an Aussicht. Teilnahme und Erziehung befriedigen, noch den Menschen setner Klasse und ihren höheren Aufgaben ge- Winnen. Was aber der einzelne nicht vermag, das muß auch hier die Organisation leisten. Unsere Gemeinschaft soll sich von der Schule strenge scheiden. Sic soll nicht wie die Schule ausgebaut sein aus der Autorität, sondern auf der Gemeinschaft. Sie soll eine demokratische Vereinigung sein, wo die Kinder ihr Reich haben, das sie mitverwalten und mitorganisteren müssen. Unsere Gemeinschaft aber soll sich von den bürgerlichen Für- sorgealtionen unterscheiden, denn sie soll die Eltern der Kinder selbst umfassen und die die Kinder unS anvertrauen, sollen selbst bestimmen, wie die Kinder geführt und geleitet werden sollen. Nicht Wohltätigkeit, sondern Selbsthilfe soll das Losungswort sein. All diese angedeuteten Momente des neuen organisato- rischen Lebens, daS unsere proletarische Erziehungsorganisation erfüllen soll, gewinnen in Oesterreich   neues Leben. Der Arbeiterverein der Kinderfreunde für Oesterreich ist «in nichtpolttischer Verein, der von den Arbeitereltern ge- schaffen und geleitet wird. Er ist ein Teil der Arbeiter­organisationen. mit denen er in engster Fühlung steht und er soll die Kinder erziehen und beaufflchttgen, vor allem auch, indem er die Eltern fiir ihre Elternaufgabe ertüchtigt. Wie �groß die Werbekraft des neuen Gedankens ist, zeigt am besten die Tatsache, daß wir im dritten Kriegsjahre 1409 neue Mit- glieder allein in Wien   aufgenommen haben. Aber auch die Arbeit) die in unserem niederösterreichischen Landesverein geleistet wurde, dessen Ziffern bis jetzt vor- liegen, ist eine gewaltige. Im letzten Jahre haben wir bei 5830 Veranstaltungen nicht weniger als 2 9 4 5 7 0 Kinder versammelt. Eine einzelne Ortsgruppe, die von Wien  - Meidling  , hat im letzten Jahre 105 3 6 7 Kinder betreut. Die Veranstaltungen deS Vereins sind mannigfache. Wir wollen nach unserem Pro gramm für unsere praktische Arbeit die Kinder körperlich und geistig ertüchtigen. Sie sollen sehr viel frische Lust, Sonne und viel Bewegung im Freien erobern, und sie sollen neben der Lunge auch den Geist mit klarer Erkenntnis erfüllen. Die Kinder sollen selbstverständlich nicht politisch erzogen werden, aber alle Einrichtungen, die wir für ihre Erziehung schaffen, sollen den Grundgesetzen der sozialistischen   Welt- anschauung entsprechen. Die Verbindung mit der Nawr soll auch geistig hergestellt sein und alle Erkenntnis, die kindliche Gemuier aus dem Leben der Natur zu schöpfen vermögen, sollen ihnen geboten werden. Eine der wichtigsten und für Proletarier immer sehr schwer zu lösenden Aufgaben ist die Beschaffung von Heim­stätten und von Spielplätzen.Kinderschutzland" rings um die großen Städte zu errichten, das ist die Voraussetzung für unsere Arbeit. Wir haben in Wien   und den Gemeinden Schwechat-Kaiserebersdorf, Mödling   und Wilhelmsburg   52 000 Quadratmeter gepachtetes Wiefenland, 17 300 Quadratmeter gekauftes Spielgelände und stehen in Verhandlungen, um 49 200 Quadratmeter Land zu pachten. Am 1. Januar 1917 wir 118,500 Quadratmeter Ikinderschntzlandzur steten Ver- sügung und nun sind eS schon fast 200000 Quadratmeter geworden. Gemeinde, Land und Staat werden von dem Vereine zur Unterstützung herangezogen, well wir auf dem Stand- Punkt stehen, daß die Steuergelder, die deren Einkommen darstellen, auch von der Arbeiterschaft aufgebracht werden und diese deshalb schon ein Recht hat, einen Teil dieser Gelder für ihre eigene Kinderfürforge zurückzufordern. Dies aber ums o mehr, weil der Verein ja einen großen Teil der Arbeit leisten muß. die eigentlich die staatlichen Fürsorge- organisationen und Behörden leisten müßten. Auch die Krankenkassen haben sich bereit gefunden, unserer Tätigkeit größere Beträge zur Verfügung zu stellen und die großen gewerkschaftlichen Verbände und die Genossenschaften erkennen mehr und mehr den großen Wert der Kinderfürforge- organisation für die Arbeiterklasse. Ein weiteres Tätigkeitsfeld wurde unS durch die Errich­tung von Tagesheim st ätten gewonnen. Die Lebens- mittelnot auf der einen Seite und die zunehmende Erwerbs- arbeft auf der anderen Seite haben die Mütter im Kriege außerordentlich belastet. Es mußten Mittel gefunden werden um ihnen zu helfen.'In Wien   hat die Gemeinde den bürger- lichen Tagesheimstätten denselben Betrag von 24 Hellern täglich zur Verfügung gestellt, den sie für die öffentliche Ausspeisung betsteuert. Die Meidltnaer Ortsgruppe hat vor einem Jahr eine TageSheimstätte eröffnet, die für jede« 5itnd für jeden Tag 24 Heller von ddr   Gemeinde bekommt und 40 Heller müssen die Eltern beisteuern. Dafür können die Kinder den ganzen Tag von acht Uhr früh bis spät abends in dem Heim fein, wo sie die gesamte Verpflegung erhalten. Diese Einrichtung hat sich so bewährt, daß wir heute schon zehn Tagesheim st ätten haben, die täglich mehralS 2500 Kinder betreuen. Die Leitung ruht in den Händen bewährter Genossinnen, die in unserem losen Betrieb schon mitgearbeitet haben und die als echte Arbeitermütter den Hort leiten. Auch noch größere Projekte haben in diesem Sommer Verwirklichung gesunden. Die Ortsgruppe Alfergrund besitzt seit vorigem Jahr eine Erholungsstätte auf dem Schafberg. DaS Kriegsministerium hat unS eine Baracke zugeschoben, die nach unseren Bedürfntffen von der FestungSbaudtrektton auf- gebaut wurde. Dort finden 120 Kinder ein Ferienheim, daS sie allerdings nur tagsüber benützen können, daS aber doch eine Schule der Gesundheit sein kann. Nun haben auch die Ottakringer   und die FloridLdorfer solche Heimstätten er- halten und bald soll eS ein Kranz um Wien   sein, ein Kranz von Kinderschutzland. Hand in Hand mit dieser praktischen Tätigkeit, die der Kindersürsorae gewidmet ist, vergißt der Verein nicht, auch den Kampf für das proletarische Kind zu führen. Oesterreich  hat kein Jugendstrafrecht, ein Mangel, der im Krieg zu drakonischen Urteilen wegen kleiner Leoensmitteldiebstähle und ähnlicher Vergehen geführt hat. Oesterreich   besitzt kein Kinder- schutzgesetz, daS die gewerbliche und landwirtschaftliche Kinderarbeit verbieten würde, wir haben noch immer kem Gesetz für die Jugendfürsorge, daS wette Gebiet deS Kinder- rechts liegt noch vollständig hrach. Nun soll der neu ge- schaffene Reichsverein der Kinderfreunde, der unsere bestehenden Landesvereine ausgenommen hat, auch hier den Kampf eröffnen. Wie überall, so geht auch hier in der Arbeiterorganisation die praktische Arbeit Hand in Hand mit dem gesellschaftlichen Kampf, den wir um die Neugestaltung aller Verhältnisse führen. Möge unser neueS Reich   wachsen und gedeihen, wie der Dichter so schön sagt: Damit daS Kindervolt blühe! Suöermann, der Dichter Ostpreußens  . Zu seinem SO. Geburtstag. Von Dr. Paul Landau. Zu feinem 00. Geburtstage läßt Hermann Sudermaim eineu Band.Litauische Geschichten- bei Cotla erscheinen, vier Erzählungen. die alle an jenem einsam phantastischen, großartig strengen und melancholisch weichen litauischen Land liegen, dem er selbst ent- stammt. Der Dichter kehrt auf dem absteigenden Wege seine» Leben», im Nahen de» Alter», da die Schatten der Jugend der Er- innerung wieder so lebendig und greifbar werden, in die Heimat zurück, und wie der griechisch« Antöu», der durch die Berührung mit dem mütterlichen Boden neue Kraft gewann, lebt auch m diesem neuesten Werke Sudermanns ein Zug von Einfachheit, eine schlicht« Kraft der anschaulichen Erzählung, wie wir sie in den letzten Jahren nie bei ihm verspürt. Diese» zähe und urwüchsige Volk, in dem uraltheldnische Ahnungen geheimnisvoll weiter wirken, ist nirgend» vorher so prächtig dargestellt worden in seiner derben Bauerntüchtigkeit und seinem schwermütig dumpfen Träumen, da» melodisch die uralten Verse der Volkslieder, der Daino», umktingen, auch in den Er- Zählungen Ernst Wichert  » nicht, der als erster die» dichterische Neu- land entdeck! und in sachlich tüchtigen, aber etwa« trockenen Schilde« rungen dargestellt hat. Schaut mau von diesem neuesten Band de» Dichter», in dem die längst bekannten Züge seine» kräftige«, aber wenig wählerischen Talent» in einem warmen shmvathischen Licht erscheinen, auf seine ganze Entwicklung zurück, so gewinnt da» Ost« preußische in seinem Werk einen neuen, ja den höchsten Wert, und wir finden den Zugang zu dem besten Teil, zum Herze» seiner Kunst. Nur wer Oflpreuße ist oder Ostpreußen   genau kennt, wird für Sudermanns spezifische Kraft die richtige Einschätzung finden. Der Brauerssohn aus Matzicken im ostpreußischen Kreise Heydekrug  , der früh nach Berlin   kam und zum Schilderer großstädtischer Verfalls- erscheinungcn wurde, hat der Art seiner Darstellung stet» die unbc- kümmert zupackende, gesunde und frische Lebenskraft seine» Stamme» bewahrt, und da» Zwiespältige so vieler seiner Werke liegt darin, daß ein primitiver, auf handfeste Wirkungen ausgehender Gestalter sich an Stoffe wagte, dereu feinere Erfaffung nur dem krankhafte» Nervenmenschen möglich gewesen wäre. Immer wieder aber schlägt dieses Ostpreutzische bei ihm durch und schafft glückliche Kontraste, so etwa wenn er in die dem Untergange geweihte Welt von»Sodom» Ende' die ärmliche Idylle de« Janikowscheu Eltern« hause» stellt oder In der vergifteten Atmosphäre seine» Roman  » .Da» hohe Lied' die llare Jnstinktsicherheit des ostpreußischen Onkels der bedenklichen Heldin aufzeigt. Weil sie diese Echtheit in dem so viel verkannten Wesen SudermannS am stärksten empfinden, haben seine Landsleute zu ihm eine ganz besondere Stellung. Der Schöpfer der»Ehre-, vor mehr als einem Vierteljahrhundert der vergötterte Modedichter Deutschlands  , wenig später der am heftigsten angegriffene Vertreter de» damals blühenden Natura« lismu», besten Bild noch immer im Urteil der Literaturgeschichte schwankt, wird heute von vielen geschätzt, von allen gelesen, von den' Bühnen noch immer bevorzugt, aber geliebt wird er nur in Ostpreußen  . Dem Fremden, der nach unserer dem deutsche» Herzen heute so nahe gerückten Nordostmark kommt, fällt bald auf, wie heimisch hier der Name Sudermann   ist. In Königsberg   zeigt man ihm wohl den.Katzensteg-, der freilich nur von fern mit dem Roman gleichen Namens in Verbindung steht; in dieser oder jener Kleinstadt glaubt er dm Gasthof zu erkennen, in dem der»Sturm« geselle SokrateS  - sein Wesen treibt, und je weiter er hineinkommt nach Litauen   und Masuren, desto häufiger tretm ihm Landschafts- bilder vor die Seele, wie st« Sudermann   von seinem ersten großen Werk.Frau Sorge- an immer wieder gezeichnet hat. Ja, die Ost« Preußen   sehen tn ihm mehr als einen geschickten Schriftsteller: sie lieben in ihni den Dichter ihre» Lande» und freuen sich seines Ruhmes, weil ihre geliebte Heimat einen guten Anteil daran hat. Und Gudermann wieder hat den Zusammenhang mit den Seinen nie aufgegeben. Betrachten wir SudermannS ganze» bändereiche» Schaffen unter diesem Gesichtspunkt der ostpreußischen Heimal« dichtung, so tritt dieser bodenständige Charakter seiner Werke viel stärker hervor, als wenn wir ihn, wie e» bisher die Literaturgeschichte getan, in den KreiS de» Berliner   Naturalismus einordnen. Die Werke, in denen gar nichts von dieser HeimatSkunst mthaltm ist, z. B..Im Zwie- licht-,.ES lebe da» Leben-,»Da» Blumenboot-, erscheinen am leersten und verstaubtest«». Je mehr aber von der Sonne und dem Sturm, der herben Frische und dem starken Glanz seiner Heimat herübergerettet ist in'seine Bücher, desto lebendiger wirken sie noch heute. Da» Stück Natur, da» er in seiner Jugend in den Feldern und Wäldern Ostpreußen  » in sich aufgenommen, e» ist bis auf den heutigen Tag der kostbarste Lefitz seines Dichtens geblieben. Nur wenige feiner Dichtungen tasten übrigens diese Goldspuren der HeimatSlunst ganz vermissen. Hie und da hat er Anregungen au» der Geschichte Ostprcußenr übernommen. So ist da» Beste an einem reinen Theaterwerk, wie dem Drama»Strand- kinder-, die Darstellung der alten nordischen Mcercslandschast, mtt deren heidnischen Bewohnern die deutschen Ordensritter zusammen« stoßen. Wie hier die erste Kulturepoche unserer Ostmark, so spielt die stolzeste geschichtliche Erinnerung Ostpreußen  » vor dem Wellkrieg, die Zeit der Erhebung von 1813 in den.Katzensteg- hinein, in demdaS ost­preußische Milieu so metsterhafl gestaltet ist. Da» Elend der Bcr« einsamung und Abgeschlossenheit, in der sich die Probinz solange von dem übrigen Reich befunden, ist ironisch gegeißelt in der Komödie vom»Sturmgefellen SokrateS". Sudcrmann hielt hier seinen Ostpreußen   im Zerrspiegel ein Bild der Berspießerung vor, in die manche Kreise während langer Friedensjahr« zu verfallen drohten. In diese geschichtlichen Sphären wie in die ostpreußische Gegenwart sind in Gutem und Schlimmem ostpreußische Menschen gestellt. Alles Gute und Große dieses BolkScharakler« ist in dem Helden von.Frau Sorge" ausgeprägt: das