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ZS. Jahrgang. Nr. 32 Seilage zum«.vorwärts" Serlmer Volksblatt Serlin, 25. fluguft 191$ Der Westen. Auch im Osten. Süden und Norden ging ein« Schlacht. Blut sprang n-ie hier wie Brandung und Gischt; Doch der Krieg ist endlich im Blut verzischt... Aber im Westen ist er schrecklicher aufgewacht. Wie er verschlammt nach neuen Opfern aufrast! Inihling. Da srah die Angrisfsschlacht feurig empor. Brüllte mit ZNörsern und Flammenwerfern hervor, And Sturm der Soldaten, zerschossen, veraast. Airas brennt. Paris   ist von deutschen   Granaten bedroht! London   fiebert, umsonst von der Ihemse umspült! Zn Berlin   werden die Herzen wie Trichter im Schlachtfeld umwühlt, Und das blaue Aleer um Benedig ist vom Blute rot. Die Sonne über dem Schlachtfeld stiert wie ein Rand, kühl, grausam und kalt! Bombengeschwader schwärmen voran dem gewaltigen Sturm, Tote wachsen zusammen zu einem gewalligen Turm, Der ist in den lieblosen Himmel gekrallt. Und die Schlacht, die Schlacht im furchtbar grollenden West Donnert mit dumpfem Gelächter vorbei. Birst in Granaten und Minen, in Stürmen von Blut und Geschrei And bläst aus feurigen Nüstern Wahnsinn und Pest. Blutiger Sommer in Purpur und Reife und Pracht, Mit Leichengebirgen und Massengräbern verziert! Mehr als im glückhasten Zahr der Mütter schmerzhafter Schoß Ariht diesen Sommer im Westen die Schkacht. sgebierl, Statt Barthel(im Zeldr). das System Srentano. Bon Adglf Werner. Lujo Brentano  , der alte Kämpfer für den freien Handel, letzt sich in einer temperamentvoll geschriebenen Schrift*) mit dcn allzu Vielen auseinander, die mit billigen Argumenten aus d'n.Kriegserfahrungen die freihändlerische Lehre widerlegen wollen und hinter deren Forderung nach der Selbstgenüg- iamkeit Deutschlands   sich häufig nur die Dünsche von Interessentengruppen verbergen. Diese Sturmlaufer, die mit der Varole..Da? System Brentano   ist zusammengebrochen" tür   den Schutzzoll in die Schranken treten, wollen ganz be- wnderS verhindern, daß die Lehrstühle der Universitäten mit Kothedersozolistsn und Freihändlern besetzt werden. Lujo Brentano   hält einem der eifrigsten Rufer im Streite, dem Grafen von Soden-Frauenhofest, vor, daß die deutschen  Landwirte und Herr v. Soden selbst bis zum Jahre 1878 Freihändler gewesen seien und daß das Statut der agrarischen Steuer- und Wirtschaftsreformer im? 3 erklärte:Auf der Grundlage des Freihandels stehend, find wir Gegner der Schutzzölle." Bei der Freiheit der Wissenscheft, wie Graf Boden sie meint, hätte also bis 1878 der Professor der Volkswirtschaftslehre Frei» *)Ist das Bystem Brentano   zusammengebrochen?* von Lujo Brentano  . Erich Reiß Verlag, Berlin  . Der Musikant. Tkizze aus dem?llpenkrieg von Dr. G. R e n k e r. Da wir in dem einsamen Zärntner Hochtal saßen, eingebohrt in halbdunkl« Kavernen, lag zu unseren Füßen ein zerschossenes Bauerndörflein. Zu dem stieg ich eines Morgens hinab, von unserer Höhlen- wand über Geröll und Krummholz auf den weiche» Teppich der Wiesen. Um das Törflein war ein Kordon tiefer Trichter gezogen, der Boden aufgepeitscht und zermartert von den wütenden Schlägen der Granaten. Der Schritt hallte pochend und schwer durch die einzige Dorfgasse, und klirrend streifte der Nagel schuh die rostigen Srlitier. die wie rote Rosen am Boden lagen. Die Kirche war verschont geblieben, poch im Kreise um sie waren die Granaten durch den Gottesacker gefurcht, hatten die Gräber zerpflügt, die mori'che-i Knochen aufgewühlt und über Land getragen. Vom Hügel einer unversehrten Grabstätte glänzte ein« Schädeldeckc wie Elfenbein. In der Kirchenhallc standen noch Bänkz und auf vergilbten Z-tt-ln die Namen ihrer Eigner, die jetzt irgendwo in der Fremde das Brot der Heimatlosen essen Mochten. Da glitt ein leiser Ton wie ferner Windhauch durch den Raum, als ob draußen der Alpensturm um die Mauern striche. Und gleich darauf brauste es in einem vollen Akkord von der Empore herab die Orgel begann zu singen. Wie ein mächtiger Aufruf löste sich ein Vielklang nach dem andern, bis zum Ende ein leiser Ehoral alz   brünstige? Beten das Präludium schloß. Wer war der unsichtbare Spieler? Ich stieg behutsam die steile, knarrende Treppe zum Chore hinaus und fand«inen Soldaten, mit dem Gesicht über den Tasten liegend, an der Srgel. Wo haben Sie das her, was Sie eben spielten?" Ter Träumer fuhr auf und wolltestramm machen". Meld gehorsamst, das war so eine Spintisiererei was man sich balt selbst denkt." ES denken nicht viele so schön," meint« ich.Sind Sie rufsmusiker!"-___.....,',__ Händler fein müssen, um nach der Veröffentlichung des Schrei- benS des Fürsten Bismarck vom 15. Dezember 1878 umzufallen. Damit soll die Volkswirtschaftslehre herabgedrückt werden auf die Stellung des Redakteurs jener vom Freiherrn von Stumm aus- gehaltenen Zeitung, von dem er verlangt hat, daß er einschwenke wie ein Feldwebel. Lujo Brentano   rechtfertigt in dem ersten Teile seiner . Schritt den Kathedersozalismus. Zkur der von den Katheder- sozialisten so warm empfohlenen Fürsorge des Staates fei es zu verdanken gewesen, daß die deutschen Arbeiter im kritischen August 1914 empfunden hätten, daß sie von dem Siege der Feinde etwas zu verlieren haben. So groß die Bedeutung der Sozialpolitik für das Gedeihen und Blühen Deutschlands   auch ist, so haben doch die persönlichen Erinnerungen Brentanos an die Zeit, da eZ galt, die primitivsten sozialpolitischen An- sprüche zu verteidigen, nicht jenes Interesse gefunden, wie die von ihm entworfenen handelspolitischen Perspektiven. Denn das ist das Feldbaus dem die Geister scharf aufeinanderplatzen, wo die größten Interessen einander widerstreiten. Brentano   verteidigt dcn Freihandel. Hätte sich der Freihandel auf der ganzen Welt siegreich durchgesetzt, wäre er nicht von einer neuen Aera des Merkantilismus, der stets neue Handelskriege herausbeschwört, abgelöst worden, so wäre auch der tobende Weltkrieg nicht ausgebrochen. England selbst, das Land, in dem der Freihandel seinen relativ vollkommen- sten Triumph feierte, habe nicht die letzten Konsequenzen aus seinen Lehren gezogen. Keine englische Regierung habe aus das Seebeuterecht verzichtet. Das Seebeuterecht weckt aber den Wunsch nach der in der Selbstbefriedigung gelegenen Unabhängigkeit von England und regt zur Einführung von Schutzzöllen an. Der bekannte Vorkämpfer des Freihandels, Cobdcn, hat am 19. April 1862 dem Präsidenten der Handels- kammer von Manchester   geschrieben, daß die Freiheit der Meere ein ergänzender Teil des Frei- Handels sei. Unter der Freiheit der Meere aber hat Cobden verstanden: I. Beseitigung des Seebeuterechts in KrtegSzeiten; 2. Beschrankung der Blockaden auf Arsenale und solche Städte, die gleichzeitig von der Landseiie belagert werden, mit Aus- nähme von Waren, die Kriegskontcrbande sind; 3. Beseitigung des BisitationSrechteS der Schiffe von Neutralen in Kriegszeiten. Wie England gegen den Freihandel sündigte, indem es an dem Seebeuterecht festhielt, so Frankreich   durch seine Kolonialpolitik, die andere Nationen grundsätzlich benach- teiligte und am liebsten aus jedem Gebiete, über dem die fran- zösische Flagge wehte, verbannt hätte. In Deutschland  wurde seit 1878 dos Schutzzollsystem immer mehr ausgebaut. unter dessen Herrschaft sich mächtige Kartelle entwickelten, die die hohen Preise des Inlandes zu einem Schleuderwcttbewerb im Auslände mißbrauchten. Die Spezialisierung des deutschen Zolltarifs hat der allgemeinen Meistbegünstigungsklausel viel von ihrem Inhalt genommen und dadurch besonders in Frank- reich die deutsch  -feindlickie Agitation belebt und zu Zollschi- kanen Anlaß gegeben. So fei die Disposition für den Welt- krieg geschaffen worden. Am beweiskräftigsten ist die Argumentation Brentanos dort, wo er sich gezen die Behauptung kehrt, die durch die viel- fache Wiederholung doch nicht wahr wird, daß das Schutz- zoll sy st emTcutschlandsSelb st be friedigung verbürgt habe. Tie tägliche Erfahrung in der Kriegs- not lehrt das Gegenteil. Wenn Teutschland Getreide aus- führen konnte, so nur deshalb, weil es die Erzeugung anderer nicht minder wichtiger Artikel vernachlässigte und sich auf die Ja and nein! Ich bin Mehner, Organist und Kirchendiener im Kloster St. Peter in Unterkärnten. Weiterstudieren auf dem Gymnasium habe ich nicht können, weils Geld nicht langte da bin ich dort untergekrochen. Und jetzt im Felde muß man halt die Musik suchen, wo mon'S findet." Aber hier sollten Sie nicht spielen, nicht um diese Zeit. Nach- mittags schmeißen die Katzelmacher stets ein paar Achtundzwan- ziger in dieses zerstörte Dorf." Ich habe sonst keine Zeit und ich mein', für die Musik mutz man schon was riskieren." Bitte, spielen Sie doch noch etwa?." Der Soldat eS war«in Korporal rief hinter die Orgel! Grubcr, tauch wieder an!"Zu Befehl." Und ächzend setzte sich der Tretbalg wieder in Bewegung, aus dem armen Instrument aber quoll derWach alls!"-Chor au? den Meistersingern hervor, aus dessen Thema ein schwermütiges Denken und Grübeln cnt- stand. Doch da durchschnitt draußen ein heulender Ton die Still«, und gleich darauf zitterte die Kirche in ihren Grundfesten. Die Italiener begannen ihr Nachmittagsvergnügen, die zwecklose Be- schießung deS Dorfe?. Da brachen wir den fciertägigen GottcS- dienst ob und liefen wicsenauS zur nächsten FelSgroti«. Noch manche Stunde habe ich bei dem Korporal am Orgelpult in der Torfkirche verbracht. Tann   beorderte mich höbever Befebl au? dem Tale fort, und dem Organisten von St. Peter konnte ich nicht einmal Ade sagen. * Eine InsvektionSwandcrung fübrte mich nach einiger Zeit auf einen Gipfel dieses Berggebietes. Oben, daS wußte ich, hauste«in Korporal mit zehn Mann, einsame Bergkrieger auf vorgeschobenem Posten, fast dreitausend Meter über dem Meere. De? Abemds lohte der Gipfel wt« eine Fackel inS Land und nächtens sah man daS Lichtlein der Kaverne inS Tal schimmern. Kamen schlecht Wetter, Lawinen und Blitzgefahr, dann war die Keine Schar von der Welt abgeschnittkn. Als ich mich dem Gipfel näherte, klang daS Jauchzen und Trillern einer Geige in die stille Bergweite. Da wußte ich. wen ich da oben treffen würde. Der Organist vs« St. Peter faß vor der Kaverne, um ihn im Einfuhr verließ. Die große Leistungsfähigkeit der deutschen Viehzucht sei der Einfuhr von Kraftfuttermitteln, die de? Ackerbaues der Zuwanderung ausländischer Arbeiter zu dan­ken gewesen. Es fei auch falsch, die hohe militärische Taug- lichkeitsziffer der Landbevölkerung als einen Beweis für di? Notwendigkeit ihres besonderen Schutzes anzuführen. Denn im Kriege kommt es nicht auf die relative Tauglichkeitsziif-r, sondern auf die absolute an, d. h. auf die Menge der über- Haupt verfügbaren Männer. Niemals hätte aber ein Vorzug- lich Landwirtschaft treibender Staat die gewaltigen Millionen- Heere ins Feld stellen können, die der Industriestaat Deutsch  - land aufgeboten hat. Wie sehr sich auch die berufensten mili- tärischen Sachverständigen über diese Tatsache täuschten, be­weist ein Zitat aus einem Aufsatze des verstorbenen General- stabschefs Grafen Schlieffen. Der Fabrikarbeiter, der gewohnt ist, morgens den Arbeitsplatz abends sein Heim auf dem Rade auszusuchen, wird schwerlich mir Waffen, Munition und Tornister beladen, täglich 3040 Kilometer zurückzulegen vermögen. Landwehr und Landsturm. Territorial- armee und Reserve der Territorialarmee, werden nur in sehr be- schränktem und bedingtem Maße dem Volk in Waffen zugezählt werden können. Nach diesen Darlegungen darf es nicht wundernehmen, daß Lujo Brentano   auch für die Zukunft in dem Freihandel eine der wichtigsten Fricdensbürgschaften erblickt. Mit scharf akzentuierten Worten wendet er sich gegen die mitteleuro- päische Idee, deren bloße Propaganda unheilvoll gewirkt habe. Der Gedanke eines sich selbst genügenden Mitteleuropas   bat schon vor seiner Verwirklichung nicht genug zu beklagende Folgen gezeitigt und würde, wenn verwirklicht, unsagbares Elend über die Welt bringen. Unsere Feinde haben nämlich daraus in der Pariser WirischastSkonferenz vom 14. bis 17. Juni 1916 geantwortet, auf welcher beschlossen wurde, dem mitteleuropäischen Zollverein, der sich von der Nordsee   bis zum Persischen Meerbusen erstrecken soll, einen WirischaftSbund der europäischen   Randländer ungefähr in der gleichen Richtung entgegenzustellen. Aber waS weit schlimmer ist. der Gedanke eines sich selbst genügenden Mitteleuropas   hat zur Vcr- längerung des Krieges wesentlich beigetragen und damit schon jetzt Tausenden das Leben gekostet und Millionen von Werten Vernich- tung gebracht: Er hat nämlich bei Wilsons Erklärung des Krieg?- zustandes mit Deutschland   eine erhebliche Rolle gespielt. Die Bedenken gegen Mitteleuropa   sind, wie eine viel- fältige Erfahrung lehrt, seit dem Erscheinen des Naumann- schen Buches in der Tat nicht geringer geworden. Allein, eS muß grundsätzlich darauf hingewiesen werden, daß Mittel- europa   sich n«r durch einen freiwilligen Zusammenschluß ver- wirklicht, daß gegen einen solchen viele Einwände wegfallen. und daß schließlich die praktische Gestaltung des mittel- europäischen Zoll- und HandelSvcreins dafür entscheidend wäre, ob die Kampfstellung der Entente dagegen berechtigt ist. Brentano   selbst schildert, mit welcher Gründlichkeit und wel- chem Nachdruck die Alliierten den Wirtschaftskrieg gegen Teutschland führen; der Verdacht liegt nahe, daß Feinde mit solcher seelischer Disposition den Gedanken Mitteleuropas   nur aufgreifen, um sich selbst zu rechtfertigen. Lujo Brentano   plädiert für den Freihandel nach dem Kriege. Aber eS ist durchaus ungewiß, ob nach dem Kriege die alten Unterscheidungsformeln zwischen Schutzzoll und Freihandel noch Geltung haben. Im Kriege selbst ist der Außenhandel unter staatliche Kontrolle gestellt worden und, mögen diese Bindungen auch gelockert werden, so werden sie doch nicht verschwinden. Nicht davon wird die Sicherung de-Z Friedens abhängen, ob Schutzzoll oder Freihandel triumphie- Kreise Leute, ernste, firnverbrannte Kärntner   Schützen, hockten auf den Felsen, hielten ihr Pfeiflein im Munde und lauschten. Ter junge Korporal aber stand wie ein Hohepriester seiner Kunst unter ihnen, den Kopf versonnen auf sein Instrument geneigt nnd die Augen starr in die Ferne gebohrt, wo aus den grünen Flachen de» Karstes der blausamtne Teppich der Adria hcraufi'chimmerte. So geb ich den Leuten das bissel, das ich habe," erklärte er mir, als die erste Ueberraschung beS Wiedersehens vorbei war. Die Einsamkeit da zwischen Himmel und Erde ist schrecklich; nur die Augen wissen noch, daß eS ein Tal gibt. Und vom Kriege hören wir nur das Schießen und Singen der Granaten, die über unZ ins Welsche fliegen. Da drüben", er wieS mit der Hand auf die Bergwand jenseits des Kares,da hockt die walische Besatzung und der ist gerade so öde wie uni. Zeitweis« schießen wir«in wenig hin und wider, ohne waS zu treffen, und des Nachts werfen wir Leuchtraketen in die Luft. Die Posten stehen dort am Grat, aber über die Wand kommt der Walische ebensowenig hinauf wie wir hinab." Und da geigen Sie den Leuten zur Unterhaltung WaS vor?" Na, grab nicht immer zur Unterhaltung." lächelt« er ver- legen,joden Abend halt ich eben Musikstunde." Was, Musikstunde? Lehren Sie denn die Mannschaft Geige spielen", fragte ich. DaS gerade nicht. Aber ich erzähl' ihnen eib wenig, so der Reihe nach, von den großen Meistern, spiel ihnen dann waS vor von denen, die wir gerade besprechen s? viel ich selbst kann, und sag' ihnen, wie das anders ist als jenes, was dem einen zu eigen ist" Die Stileigentümlichkeiten meinen S:c." Ja, ja ich habe die Fachausdrücke schon alle wieder ver- gessen. Wie ich'S selbst fühl, so sag' ich'« halt. Immer des Abend?. wenn draußen der kalte Bergwtnd geht und in der Kaverne da? Feuer gemütlich brennt, halten wir Musikstunde." » Der Winter war in die Berge gekommen und hatte den Krieg mit feinen weißen Tatzen«stickt. Duvtz die Zchnevöde bellten