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3. Jahrgang.
Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.
Dienstag, 30. Jänner 1923.
Suppen.
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Schärifte Zensur. Furchtbare Not im Anzuge.
--WO
Berlin , 29. Jänner. ( Eigenbericht.) General Degoutte hat den Belagerungszustand im beseßten Gebiet verkünden lassen, die Uebertretung der Vorschriften wird mit fünf Jahren Gefängnis und Geldstrafen bis zu zehn Millionen Mark bestraft. Jede Acußerung der öffentlichen Meinung unterliegt der strengsten Zensur. Die Absperrung ist bereits durchgeführt,
doch hat man noch teine Zollinie geschaffen. Die Truppen richten sich auf eine lange Dauer der Besetzung ein. Die deutschen Bahnbeamten sind bemüht, alle leistungsfähigen Lokomotiven aus dem besetzten Gebiet in das Reich abzuschieben. Der arbeitenden Bevölkerung des Ruhrgebietes droht durch die Besetzung und durch den Wucher der besitzenden Volksgenossen härteste
Not.
Der Eisenbahnerstreit.
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96.
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Nr. 23.
Der erste Att.
allen
Seit etwa drei Wochen stehen jetzt französ sische und belgische Truppen an der Ruhr. Es follte eine zivile Expedition werden, so verMit bleiernen Flügeln hat sich vor Jahr sicherte die französische Regierung, und das und Tag schwere Not über das Land gesenkt. Militär habe nur die eine Aufgabe, die zur Der ungeheure Drud will nicht weichen, immer Sicherung der Sohlenlieferungen nach dem mehr schwillt die Zahl der Arbeitslosen, immer Ruhrrevier entsandten Ingenieure vor furchtbarer wütet der Hunger in den EingeweiBelästigungen zu schützen. Selbst wenn man den des Proletariats. Der Winter, der niedieser Versicherung Glauben schenken mochte, so ist seitdem der rein militärische Chamals noch ein Freund der Armen war, der in rafter der Ruhrattion offenbar gewor dünnen, verschlissenen Kleidern das Antlig und den; vor und hinter den vierzig Ingenieuren den Leib des Elends mit grauen Farben und und Technikern breitet sich die militärische in erschütternder Nadtheit malt, hat diesmal Macht Frankreichs wie ein ungeheurer Delden wider Willen Feiernden die letzte Karfled aus. Die bürgerlichen Abgesandten der toffel, das letzte Scheit Holz genommen. Eine französischen Regierung fanden bisher nichts zu ganze große Armee hungert und friert und Behörden sind weitere Eisenbahnstreden von den tun, eine um so regere Tätigkeit entfalten die Militärs, und alle Schrednisse der modernen verhungerte und erfröre, wenn nicht Brüder Roblenz, 28. Jänner .( Havas.) In Trier deutschen Beamten stillgelegt worden. und Schwestern sich fänden, die den eigenen ist ein teilweiser und in Koblenz ein nahezu all- In Dortmund wurde eine Reihe weiterer Striegführung sind über das besetzte Gebiet herschmalen Bissen teilen, um den noch größeren gemeiner Eisenbahnerstreit ausgebrochen. Im höherer Beamter, wie der Polizeipräsident, der eingebrochen. Da fehlt auch nichts an dem Hunger zu stillen. Wer von den vielen hun nördlichen Industriebeden ist der Eisenbah- Präsident der Oberpostdirektion und der Bahn- militärischen Bilde, von den Beschlagnahmungen berttausend Arbeitslojen keine Unterſtüßung the Eisenbahnersen Betrieb. I'm fid- der Leiter des Finanzamtes und des Zollamtes, nungszustand nerstreit fast vollständig, doch sichern fran- hofinspektor verhaftet. In Mühlheim wurden und Requisitionen angefangen bis zum Belage und der Kriegsgerichtsbarkeit. südmehr durch seine noch arbeitenden, selber schwerlichen Teile des Induſtriebedens ist der beide ohne Angabe von Gründen, verhaftet. In und der Erfolg? Frankreich hat ſeit dem darbenden Sclaſsengenossen erhalten fann, wer Streit ein teilweiser. Auf dem Bahnhofe Redlinghausen wurde der Oberbürgermeister fest- Einbruch in das Ruhrrevier so gut wie keine kein Almojen findet oder keine Betteljuppe in Düren , wo die internationalen Züge durch genommen und sofort ausgewiesen, weil er sich Kohle für Reparationszwede mehr erhalten, da. nehmen will, der geht in diesem furchtbarsten fahren, häufen sich Sabotageatte. Der geweigert hatte, bie französischen Befehle auszu- für find jetzt der französischen Kammer die Winter vor die Hunde. Diese Tatsache allein Bahnhof ist gegenwärtig mit Zugen verstopft. führen. ersten Kostenrechnungen für die Besetzung zugeschmiedet die lauteste Anklage gegen die Ge- Französische Eisenbahner machen die Strecke frei. In Hoerde fuhr eine Stompagnie französischer gangen, in Lothringen müssen die Hochöfen aussellschaft und gegen den Staat, der da eingejezt Einige Sabotage treibende Personen wurden ver- Soldaten in mehreren Personenautos vor das geblasen werden, weil kein Ruhrlofs mehr einist, um jene zu verkörpern. haftet und ausgewiesen. Es ereigneten sich einige Postamt vor. Sie drangen in die Wohnung des geht, der Frankenkurs verschlechtert sich von Wer anders als der Staat, als die Ge- Sugsentgleisungen, welche die Deut- Oberpostleiters Tschauder und verhafteten ihn um Tag zu Tag, das französische Volk droht in die gleiche Verelendung hineingeworfen zu werden, sellschaft, hätte die verdammte Pflicht und schen der Ungeschicklichkeit der französischen Eisen- 4 Uhr früh aus dem Bette heraus. der das mittel- und osteuropäische Proletariat bahner zuschreiben.( Die Meldungen illustrieren Schuldigkeit, in der Zeit der Wirtschaftskrise das Bestreben der Franzosen , den Eisenbahner- amt von Bochum wurde von den Franzosen Berlin , 29. Jänner .( Wolff.) Das Finanz seit Jahren schon zu erliegen droht. und Arbeitslosigkeit jenen zu helfen, die durch streit zu einem vollständigen zu machen, um un- befeßt und sein Leiter Oberfinanzrat Schmidt ihrer Hände Arbeit Staat und Gesellschaft er- ter diesem Vorwande die deutschen Eisenbahner vie fein Stellvertreter Regierungsrat GrünSie halten und die nun ohne ihre Schuld und auszuweisen und so die Bahnen in ihre Hand zu wald verhaftet. Ferner wurde die dortige gegen ihren Willen stillsißen und hungern und behommen. D. Red.)' Reichsban? besetzt und Reichsbankdirektor frieren müssen? Der Staat, der seine Bürger Zur Stillegung des Eisenbahnversehres in Blumhof verhaftet. Die Beamtenschaft legte doch so sicher zu finden weiß, wenn er sie Aachen erfährt das„ W. T. B.", daß auf dem braucht, er erinnert sich jetzt der Notleidenden Bahnhofe Waschinengewehre aufgestellt nicht oder aber- und dies scheint das Zu- wurden. Da alle Verhandlungen zwischen dem Personal und dem Bahnhofskommandanten er treffende zu seiner verschließt gewaltjam gebnislos blieben, hat das Personal die DienstAugen und Ohren, um die Jammerbilder nicht stellen verlassen. zu sehen, die Klageschreie nicht zu hören und nicht helfen zu müssen. Der tschechoslowakische
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Immer wieder Verhaftungen.
darauf die Arbeit nieder. Auch die Bochumer Privatbanken haben zum Zeichen des Proteſtes geſchloſſen. Weiters wurde der dortige Leiter des Bauptzollamtes Faust verhaftet. Die französischen Truppen, die das Telegraphen- und Postamt besetzt hielten, sind abgerüdt und haben dem Telegrapheninspektor Birte mit sich fortgeführt.
Durchschneidung des Rheinkabel&. Düsseldorf , 28. Jänner .( Wolff.) Aus Essen
Staat und seine Regierung haben gegenüber Essen, 29. Jänner .( Wolff.) Die sechs Verdem unbeschreiblid, en, weil riesengroßen Elend treter der Beamtenschaft des Post- und Telegrades arbeitslosen Proletariats vollfommen phenamtes, die eine schriftliche Erklärung, sich versagt. Nur wenig wurde zur Linderung den französischen Anordnungen zu fügen, abge- wird gemeldet, daß die Franzosen bei Strele der proletarischen Not versucht und soviel wie lehnt haben, wurden sofort verhaftet und, un- und bei Düsseldorf das Rheinkabel durchgenichts wurde getan. Dieweil sich die Gott haltens der Franzosen hat das Personal des fofort wegen der Wiederherstellung mit den Franbekannt wohin, fortgebracht. Infolge dieses Ver- schnitten haben. Der Regierungspräsident wird jei's geflagt regierenden Männer in Prag Bost- und Telegraphenamtes die Arbeit sofort über die Stärkung und Festigung der millio- niedergelegt. nenverschlingenden Armee und über republik - Den Vertretern der Essener Zeitungen schüßenbe Gejezze ihre Köpfe zerbrechen, wird wurde vom französischen Stabschef eröffnet, daß diese Republik von innen heraus durch den die bisherige Pressefreiheit aufgehoben wird. heißen Hunger der Arbeitslosen angefressen. Infolge des Einschreitens der französischen Am Hradschin und im Rudolfinum merkt man die Not nicht, aber draußen, in den Städten
zosen Verhandlungen aufnehmen. Die Reparatur fann nur von deutschen Beamten vorgegenommen werden und diese verlangen die Räumung sämtlicher Umschaltestationen, die von den Franzosen besetzt sind.
NUTICONMUNACCOUTOK 2000se
hören wir wieder Aber das war ja erst der erste Akt, so perialisten; was bisher gesazhen ist, diente nur von den französischen Im perialisten; was bisher gesazhen ist, diente nur der Vorbereitung, der Hauptschlag soll jetzt geführt werden. Und tatsächlich steigern die Mi litärs ihre Anstrengungen ins Ungeheure, um das möglich zu machen, was mit friegerischen Mitteln niemals erreicht werden kann, nämlich Mitteln niemals erreicht werden kann, nämlich die Reparationsleistungen Deutschlands bis zu dem von Frankreich gewünschten Umfange zu steigern. Ganze Armeekorps stehen bereits im Ruhrrevier, weitere Truppenmassen werden an seinen Grenzen zum baldigen Einmarsch bereit gehalten. Tausende von Zollbeamten sollen den Güterverkehr fontrollieren und die Steuereingänge mit Beschlag belegen, Eisenbahnertruh pen das Transportwesen in Gang halten, und schließlich hört man, daß auch Arbeiter aus Frankreich, Polen und der Tschechoslowakei unbei zu sein. Das ganze Gebiet soll mit einer terwegs seien, um bei der Kohlenförderung da dichten Zollkette umgeben werden, die Bevölke rung will man mit einer neuen Währung zufrieden stellen, die widerspenstigen„ preußischen" Beamten sollen ausgewieſen werden. Nur noch eine fleine Weile, so beruhigt man das franzö sische Publikum, und die produktiven Pfänder" werden einen reichen Segen über Frankreich ausschütten. und Dörfern Deutschböhmens schreit sie durch führt, um die Arbeitslosen und ihre Kinder oder aber zu verhungern. Tausende und Aber- Aber der französische Nationalismus hat alle Gajjen. Die Gewerkschaften geben den Ar- vor dem bittersten Hunger zu bewahren. Es tausende, die der Ruf zu den Kaffeekesseln er diese Rechnung ohne das deutsche Volk und ins heitslojen, was nur immer möglich ist. Aber jei nur nebenbei erwähnt, daß die Gemeinden, reicht, leisten ihm nicht Folge. Denn im Pro- besondere ohne die deutsche Arbeiterklasse aus. schon lange sind sie am Grunde ihres Sädels die da Pflichten nachkommen, welche der Staat letariat lebt mächtiger als der Hunger der gestellt. Mit einer geradezu rührenden Naivität angelangt, denn während sie seit fast zwei Jah- als seine eigenen vernachlässigt, helfen, während Stolz, in ihm wohnt gewaltiger oft als der begegnen die militärischen Kommandeure dem Proletariat des Ruhrgebiets. Sie haben etivas ren Unterſtüßungsgelder auszahlen, wächst die sie selber in tausend Nöten sind, und daß gar- Wille zum Leben die Sch a m. Viele, Unge von dem ungeheuren sozialen Gegensatz gehört, Zahl der Bedürftigen immer weiter und in nicht abzusehen ist, wohin diese Gemeinden, zählte kommen nicht heraus auf die Straße, der zwischen den Zechenbesitzern und den din gleichem Maße nimmt natürlich die neue kommen werden, wenn sie ihre Defizite noch sondern bleiben stolz und schamvoli in ihren daß das Ruhrproletariat in heller Begeisterung Opfer der Krise mußten von den Gewerkschaf- weiter durch Hunderttausende Hilfskronen für Quartieren des Grauens und des Elends, stel- aus den Ketten des deutschen Stapitals in die ten unterstützt werden und jene, die schon viele, die Arbeitslosen belasten. Und doch- troß aller len ihre fahlen Gesichter, ihre abgemagerten Retten des französischen Sapitals eilen werde. viele Monate um Arbeit kämpfen, werden von Bedenken sie müssen helfen, weil eben Glieder, ihre zerlumpenden Kleider nicht um Die französischen Generale versprachen den Arder gewerkschaftlichen Unterstüßung ausgeschie- niemand Auge in Auge mit dem entsetzlichsten ein Stück Brot zur Schau. Das mag auch mit beitern den Himmel auf Erden, wenn sie unter ben, da die Gewerkschaften die Unterstüßung Elend die Arme verschränken kann. Aber auch ein Grund sei, daß die anderen, die Verant- ihren Bajonetten arbeiten würden: hohe Löhne, jedem einzelnen nach ihren statutarischen Be was Gemeinden und Bezirke geben, vermag wortlichen so wie die Nußnießer des kapitali - gute Ernährung, weitgehende wirtschaftliche und politische Freiheiten. Aber der Ruhrarbeiter stimmungen nur eine beschränkte Anzahl von nur wenig zu helfen. Private Sammlungen stischen Staates, das furchterweckende Antlik setzt diesen Versprechungen sein schärfites MißWochen zahlen und länger zu zahlen ja auch werden veranstaltet und die Vertreter des Pro- des arbeitslosen, hungernden Proletariats noch traven entgegen; er haßt nun einmal den Mili. nicht imstande find. Ein Jahr lang zahlt der letariats, das es immer verschmähte, von Gna- zu wenig sehen. Aber wir warnen sie davor, tarismus, mag er die preußische Bickelhaube Staat dem Erwerbslosen wöchentlich ein paar den der Wohltäter den Magen mit gespendeten sich in der eitlen Hoffnung zu wiegen, daß oder das französische Räppi aufhaben, lumpige Kronen; sind die zwölf Monate vor- Suppen und geschenktem Staffee zu täuschen, Stolz und Scham, Schweigen und Geduld ohne nichts vom Imperialismus wissen, ganz gleich, über, mag er sehen, wie er zu einer Mahlzeit fönnen und dürfen dieser Bettelaktion nicht in Ende seien. Nicht mehr lange wird sich das ob er sich als Weltbeherrscher oder als Stultur die Arme fallen, ja müssen selber in unseren Proletariat dieses Staates mit wohltätigen bringer drapiert. Und die Antwort des RuhrIn dieser entsetzlichen Notlage mußte für Zeitungen die Bitten um Freitische und der- Spenden, mit Almosen und Freitischen zufrie- proletariats auf diese Lockungen war, daß es die Arbeitslosen, die der Staat so schmählich gleichen veröffentlichen, um so wenigstens dem dengeben. Wir wollen feine Klostersuppen und jede Förderung und jeden Transport von Stohim Stiche gelassen hatte, alles mobil gemacht einen oder dem anderen wieder für ein paar feine Gnaden, wir wollen Arbeit und als ihren len für Frankreich und Belgien einstellte, fo lange französische und belgische Truppen das werden, was ihre Not nur irgendwie lindern Tage zu helfen. Durch den mangelnden Willen Ertrag ausreichend Brot für uns und unsere Land unsicher machen. fonnte. Die Bertreter der Arbeiter in Gemein- und die mangelhafte Tätigkeit der Prager Re Kinder. Es ist hoch an der Zeit, daß jene, die den und Bezirken mußten, der Not gehorchend, gierung ist also ein Teil des Proletariats in diesen Staat repräsentieren, sich eines beſſeren nicht dem eigenen Triebe, Subventionen für die diesem Staate zu den mittelalterlichen Kloster besinnen. Tun sie es nicht, werden sie bald das Arbeitslosen zu erwirken trachten und in vielen suppen hingedrängt. Alle die, die arbeiten wol erste Grollen bernehmen. Caveant consulesStädten werden von den autonomen Körper- len, aber nicht fönnen, sind gezwungen, ent- fie seien gewarnt. schaften große, dankenswerte Aktionen durchge- weder sich wie Bettler ausspeisen zu lassen,
ab, die noch Beiträge leisten. ahl jener denen das Wasser selber bis zur Kehle reicht, um sich eine warme Suppe schenken zu lassen, Bechenarbeitern besteht, und sie glaubten wohl,
fommt.
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