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7. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Freitag, 4. März 1927.

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Nr. 53.

Regietünſtler Suehla. In den Fußstapfen des Bachschen Absolutismus  .

Man fühlt sich versucht, zu fragen, was in fedem anderen Parlamente geschehen würde, wenn sich dort ereignen würde, was sich gestern im Verfassungsausschusse des Abgeordneten­hautjes zugetragen hat, doch man unterläßt

gegen den

Genoffe Dr. Czech Regierungsentwurf zur Verwaltungsreform.  

Prag. 3. März. In der heutigen Sigung schaft des Staatsvoltes über alle ande-| feierte er einst die 48er Revolution, pries er den

ren Völker des Landes und jenes unfäglichen Lei des der arbeitenden Menschen der Minderheits nationen, das sich in dem Schidjal von zehntan senden aus ihren Stellungen und ihrer Arbeit, aus ihrem Heim vertriebenen Menschen wider spiegelt. Darum gibt es für uns nur einen ein­igen Ruf:

Weg mit dieser Vorlage, gegen die sich die gesamte Bevölkerung aller Nationen und vor allem die ganze proletarische Oeffentlichkeit in gerechter Empörung und mit einem ein zigen Aufschrei erhoben hat! Mag das Schicksal dieser Vorlagen, welches immer werden, so bleibt es doch für immerwährende Beiten

eine unaustilobare Schmach, daß dieses Machwerk auch die Unterschriften zweier deut­scher Minister trägt,

Aufstand vom 28. Mai 1848; doch schon wenige Jahre darauf, beiläufig so viel, als die tschechische Revolution zu ihrem politischen Krebsgang ge= braucht hat, gab uns Alexander   Bach jenes denk würdige Prügelpatent, von dem sich trotz der habsburgischen Marfe die tschechischen Revo­lutionäre nur so schwer zu trennen vermögen und aus dem sie ein neues Patent zusammenbrauen, das dem tschechoslowakischen Staatsbürger die Staatsraison des Bürgerblocks mit deutlicher Pendrekschrift einzubläuen versucht. Die Geschichte wiederholt sich also, wie man sieht, von Zeit zu Zeit mit photograpischer Genauigkeit. Der unterschied ist nur der, daß Alexander   Bach, da er sich nun einmal der Reaktion in die Arme geworfen hat, nicht mehr den Versuch unternimmi, sein absolutistisches Regime demokratisch zu ver brämen und mit demokratischen Phrasen zu gar nieren, während Dr. Kramar von Demokratic überfließt und den Geist det Demokratie zur Ver­

teidigung seines Kampfes gegen die Demokratie aufruft.

diese Frage als nußlos, denn seitdem Herr des verfassungsrechtlichen Ausschusses, über beren Svehla regiert, hat er durch seine Methoden interessanten Verlauf wir an anderer Stelle be­ständig den Rekord des in jedem anderen richten, beschäftigte sich Genojie Dr. Czech in Sulturstaate Unmöglichen erfolgreich geschlagen, einer großzügigen Rede von sichtlicher Wirkung ohne daß er selber dabei unmöglich geworden mit dem Machwerk, das die Regierung als Ent­wäre. Zu Beginn der Generaldebatte über die wurf zu einer Verwaltungsreform dem Parla­Verwaltungsreform, machte der slowakische mente vorzulegen wag. Er zog cine treffende Volksparteiler Juriga, aljo ein Mitglied der Parallele zu den Zeiten Bach s, der in den stir­Regierungspartei eine Mitteilung, die nichts Demokratic begeisterte und dann wenige Jahre mischen Zeiten des Jahres 1848 fich auch für die .geringeres bejagt, als daß ein Teil der heutigen später bei dem berüchtigten Prügelpatent und bei Regierungsparteien bei den Vorberatungen ben rücksichtslosesten Wittein der Realtion landete. über den Inhalt des Verwal- Ganz dieselbe Entwicklung hat die tschechische De tungsreform Entwurfes bewußt mofratie feit dem Umsturz mitgemacht, nur daß getäuscht und hinters Licht ge= Bach den Mut gehabt hat, sich auch offen zum führt worden ist. Diese schwere Beschul- Absolutismus zu bekennen, während die Macht digung erhob Juriga direkt gegen den Leiter haber der tschechisch- deutschen Bürgerloalition fich der Regierung, und er behauptete, Švehla habe noch immer in den Deumantel der Demokratic den Vertretern der Parteien im Achterausschuß hüllen wollen. In seinen weiteren Ausführungen fonnte zweierlei und verschieden lau- Genoffe Dr. Czech mit Stolz darauf verweisen, tende Entwürfe als Grundlage daß unsere Partei schon vor Jahrzehnten das bei der Beratung übergeben, so Recht der Selbstverwaltung nicht nur für die daß die Slowaken erst später, als die Vovlage Deutschen  , sondern auch für alle Minderheitsvölker dem Abgeordnetenhause unterbreitet wurde, im alten Oesterreich gefordert hat. Dann legte er den richtigen Inhalt und die volle Bedeutung an Hand von Aussprüchen führender tschechischer desselben zu erkennen vermochten. Der Mi Politiker noch aus der jüngsten Zeit die vollstän nisterpräsident war während der Rede Jurigas dige Wandlung bloß, die sich in der Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Gauberfassung. die wir wie gewöhnlich nicht anwesend, er brachte seine überdies feineswegs in alien ihren Einzelheiten bekannte Nichtachtung vor dem Parlamente verteidigen wollen, unter den Tschechisch bürger­auch in diesem Augenblicke, da es in die Belichen vollzogen hat. Auf einmal ist die Gauber­ratung eines so schwerwiegenden Gesetzwerkes, fassung nichts wert, über die sich noch vor kurzem wie es die Verwaltungsreform ist, eintritt, walypetr als Minister, ja selbst Herr Cerny durch seine Abwesenheit zum Ausdruc. Was und Hodža äußerst anerlennend ausgesprochen geht es auch den Leiter einer Regierung an, haben. was die Redner der Parteien, und gar schon Die Ausführungen des Genossen Dr. Czech die Oppositionsparteien, zu dieser Vorlage zu tiefen im Ausschuß sichtlich einen großen Eindruck herbor; fic waren in der Argumentation jo gün­jagen haben! Aber auch, als Juriga die unge- bend, daß Kramar oft, wie von einer Tarantel heuerliche Beschuldigung der Täuschung gegen geftochen auffuhr, als ihm Genosse Dr. Czech seine ihn erhob, bequemte er sich nicht dazu, zu er Saltung zur Wahlrechtsreform im alten Dester scheinen und wenigstens den Versuch einer reich vorhielt, wo er den Herrschenden damals die Rechtfertigung zu machen, sondern überließ heftigsten Vorwürfe moshte, daß sie das Wahlrecht es Herrn Dr. Kramar, dessen Partei natürlich auf dem Steuerzensus aufbauen; heute geht Herr das größte Interesse an dem Zustandekommen Stramar selbst daran, das allgemeine Wahlrecht der Verwaltungsreform hat. Jurigas Rückgrat gründlich zu verfälschen und namentlich das Ge­heit wurde im Jahre 1920 das Gaugesetz von der zu biegen und ihn zur Zurücknahme feines An- meindeivahlrecht auf dem Steuerzensus auszu­revolutionären Nationalversammlung verabschie trages auf Abjegung der Vorlage von der det. Nun erklärt. man heute, daß man sich über­Genosse Dr. Czech führte aus: Tagesordnung zu bewegen. stürzt habe und daß namentlich der finanzielle Man wird vielleicht sagen, das Ganze sei Der Regierungsvorlage über die Berwal den vormtärzlichen Absolutismus in seiner ganzen Teil der Reform nicht geprüft wurde: man läßt eine Angelegenheit der Slowaken oder auch der tungsreform gegenüber gibt es nur ein entschie- Nadtheit wieder erstehen läßt, und deshalb noch deshalb das ganze Reformuvert einfach unter andern Paricien, die sich von Svehla hinein denes Nein. Sie verschüttet alle Hoffnungen viel gefährlicher ist, weil er in der Maske der den Tisch fallen. Herr Ministerpräsident Wisse­legen ließen, und es jei schließlich Sache ihres auf endliche Wandlung der Verhältnisse in diesem Demokratie einherschreitet und seine Miſſe Svehla war als Innenminister der Regierung Geschmad's, wenn sie sich einen Führer weiterande, fie begräbt jede Aussicht auf eine demokra- taten in einen gleißnerischen demokratischen Wort- Tufar der Schöpfer des Gaugejeßes und nun wirfi er in feiner Eigenschaft als Ministerpräsident die­gefallen lassen, der sie nach der Aussage eines gung des Obrigkeitsstaates, die Stabilisierung des Man beachte die Parallelität der Geschichte. ses Gaugesetz faltblütig von sich. Wir fragen, ob ihrer eigenen Angehörigen, geprellt hat. Aber Bolizeigeistes, sie ist in ihren letzten Wirfungen Auch Alerander Bach hatte seine revolutionäre das nicht eine veritable Kindeswegle. so ist die Sache denn doch nicht. Svehla ist die Permanenzerklärung der Fremdherr- Vergangenheit.. Mit glühender Begeisterung gung ist. Dabei der Ministerpräsident nicht nur für die Koali- xxxxxxxxxx xxxxxxxx

banen.

von denen einer es über sich brachte, es im Aus­lande als großen Fortschritt auszurufen und als nationalen Gewinn anzupreifen. Nun zur Vorlage selbst, vor allem aber zur Denn die Vorlage bedeutet nichts mehr und nichts Methode, nach welcher sie hergestellt wurde und Sie wurde weniger als die vollständige Liquida dem Parlament präsentiert wird. tion dertschechischen Revolution. Sie ebenso wie alle früheren der Opposition hinte ist nicht eine der gewöhnlichen Attacken gegen die rüds versetzt. In seiner Regierungserklärung Demokratic, wie etwa das Schutzgesetz, das Ter- stellte der Herr Ministerpräsident der Opposition rorgeseh, die Wahlrechtsnovelle, das Preßgefeß, in Aussicht, daß jede gesunde Initiative, jede sach­der Angestelltenabbau, die Steuerreform, die Ver- liche und ruhige Kritik begrüßt und respektiert fchlechterung der Sozialversicherung, jie ist werden wird. Troßdem wurde auch diesmal weit mehr. Sie ist die Inkarnation des uner- wieder bittlichen, gewalttätigen Herrschaftswillens der im niemand aus der Opposition gehört, Bürgerblod vereinigten Reaktion, fie ist der Ver such, die letzten noch in der Hand des Proletariates die Vorlage wurde in der bekannten tschechoslo­befindlichen Positionen im Generalsturm zu neh- wakischen camera obfcura, hinter verschlosse men und dadurch die wirtschaftliche und politische nen Türen fertiggestellt und dann der Opposition einfach an den Kopf geworfen. Der Antrag der Macht des Bürgerblocks dauernd zu verankern. Opposition auf Vorlage des vorbereitenden Ma­terials wurde faltblütig abgewiesen und der Bin­weis auf die strikte Bestimmung des Restriktions­gesetzes, das zur Vorbereitung der Verwaltungs­reform die Einsetzung einer Sachverständi­gen- Kommission verlangt, ohne viel Auf­hebens übergangen. Nicht einmal die Lehren der Bergangenheit wollen sich die Herren von der Mehrheit zunuze machen. Mit gewaltiger Mehr­

So stehen wir in diesem Augenblick vor einer

wahren Schicksalsfrage unseres Volkes. Von dem demokratischen Aufbau dieses Staates wurde systematisch Stück für Stüd abgetragen, mun wird auch noch an die Fundamente gegriffen, um den letzten Rest der demokratischen Einrichtun gen auszurotten. Was wir hier erleben, ist nicht etwa bloß ein Auslöschen der Errungenschaften einiger weniger Jahre,

das ist ein Rüdschlag, der auf mehr als ein halbes Jahrhundert zurückgreift,

tische Selbstverwaltung, sie bedeutet die Verewi- schvall zu fleiden versteht.

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folgt die Tschechoslowakei   einfach instinktiv

tionsparteien, sondern des ganzen Parlamentes schwächung erfahren, denn wurden sie übers fie unter honigsüßen Redensarten, die ihnen den Spuren Oesterreichs  , wad Staates, und das Bewußtsein, einen Men- Ohr gehaut, dann wäre es ihre Pflicht gewesen, die erstrebten aktivistischen Erfolge in greifbare das durch viele Jahrzehnte bis zu seinem Unter­schen an der Spitze des Staates zu wissen, der Svehla zur Verantwortung zu ziehen, als sie Nähe zu rüden schienen, zur Annahme des gang an der Verwaltungsreform herumgedoftert sich solcher sauberer Methoden bedient, müßte die Täuschung an dem inzwischen gedruckten Rüstungsfonds und zur Zustimmung zur Ver- und herumexperimentiert und fich niemals zu für alle Parteien wenig erhebend sein. Gewiß Entwurf erkannten, waren sie aber über die längerung der 18monatigen Dienstzeit verlockt, einer großzügigen modernen Verwaltungsreform geht es niemanden etwas an, wenn die Re- volle Tragweite der Reform in Stennis gesetzt nun hat er sie so fest am Schnürchen, daß sie aufgerafft hat. Von der Gubernialverfassung über gierungsparteien untereinander Praktiken be- worden, dann ergibt sich ihre Verantwortung es nicht wagen können, aus der Reihe zu efironierten Verfassung, die das Schicksal der tsche­tätigen, die sonst nur unter berufsmäßigen von selbst. Wie sollten sie auch den Mut und tanzen. Es ist selbstverständlich nicht so, daß choslowafischen Gauverfassung teilte und niemals Roßtäuschern üblich sind, wenn sie, deren Ko- die moralische Straft aufbringen, gegen Svehla, die Deutschbürgerlichen alles fressen, weil sonst in Wirksamkeit getreten ist, und dann in einem alition angeblich auf Beton" begründet sei, der wie ein Sklavenhälter mit ihnen verfährt, die alte tschechische Koalition wieder fäme, ewigen Kreislauf, ohne und mit Streisregierun gegeneinander hinterhältige Ränke spinnen, aufzutvumpfen! Es ist schon leicht möglich, daß welche ja doch alles tun würde, dessen sie sich gen, ohne und mit Bezirkshauptmannschaften, aber die Herrschaften spielen ihr Spiel nicht auch an ihnen die Täuschung, wie sie zuriga weigern, sondern es ist so, daß sie von Svehla, ohne und mit Autonomie der Länder, bald zentra zum Privatvergnügen, sondern es geht dabei so anschaulich zu schildern wußte, verübt wurde. dem sie sich blind anvertraut haben, aufs Eis listisch, bald föderalistisch, bald beides, bald feines geradezu um Stopf und Stragen der Bevöl- aber als sie drauffamen, mußten sie, die ihre gelockt wurden und nun den Weg zurückzugehen von beiden, furzum immer nach der jeweiligen ferung. immer weniger werdenden Getreuen doch in sich nicht getrauen, weil dies das volle Einge- politischen Situation. Um so erstaunter muß man daher sein, dem Wahne zu erhalten suchen, es werde mit ständnis ihrer beschränkten und bornierten Die Tschechoslowakei   scheint nun einmal dem selben Schicksal wie Desterreich verfallen zu daß die in der Regierung stehenden Deutsch  - ihnen als Gleiche unter Gleichen" verhandelt, Politik bedeuten würde. wollen. bürgerlichen das auch noch mitmachen und hübsch ruhig bleiben und das graujame Spiel Man darf neugierig sein, wie sich der von nichts daran auszusetzen finden, daß ihr Svehla weiter mitmachen, denn welche ungeheure Juriga enthüllte Standai weiter entwickeln Innerhe eines Zeitraumes von acht Jahren cines beispiellojen Täuschungsmanövers be- Blamage wäre es, gewesen, wenn sie enthüllt wird. Er ist troß seiner Veriagung feineswegs wird nunmehr schon die zweite Verwal zichtigt wird. Sie sind schon derart restlos seine hätten, wie sie von Svehla als Gleiche unter zu Ende. Der Schuldige wird, daran zweifeln tungsreform durchgeführt. Die Gauverfas­Hörigen geworden, daß sie zu allem schwei- Gleichen an der Nase herumgeführt wurden! wir nicht, seine Verteidiger finden, aber ist es fung des Jahres 1920 bleibt einfach auf dem Pa­gen. So schwiegen sie auch zu dem unglaub- Herr Svehla weiß, was er alles seiner deutschen nicht ein Eingeständnis der Schuld, daß die pier und soll nun durch eine andere Reform ersetzt werden, die lichen Intermezzo im Verfassungsausschuß und Avantgarde zumuten fann, ohne den Verlust den Mitgliedern des Achterausschusses ge­wagten es nicht einmal, zu erklären, ob auch ihrer Gefolgschaft befürchten zu müssen. Er hat gebenen Exemplare des Entwurfes nach der dem nachten Klasseninteresse eines reaktionären fie zu den Getäuschten gehören oder ob sie ihr Ansehen in der Wählerschaft nach allen Beratung wieder eingesammelt wurden, richtig informiert. In feinem Falle würde Kräften vamponiert, hat sie bei der Drosselung den Vergleich mit der später erschienenen Vor- ist. Sie wird nicht nach den Bedürfnissen der Be­ihre Verantwortung für das der das der parlamentarischen Freiheiten und der lage zu verhindern? Nach reizenden Methoden völkerung, nicht nach nasionalen, sozialen und Schandwerk, der Prügelreform eine Ab- Demokratie als Hausknechte roboten lassen, hat werden wir regiert, das muß man schon sagen! wirtschaftlichen Gesichtspunkten zugeschnitten, son­

num

Bürgerblocs entsprungen