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10. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Die Arbeitslosen- Enquete.

Prag  , 10. Juli. Amtlich wird mitgeteilt: Auf Einladung des Ministers für soziale Für forge fanden sich heute die Vertreter der Gewerk­fchaftszentralen der Angestellten im Ministerium für soziale Fürsorge ein, um sich über den Stand

zweigen und in den einzelnen Gebieten zu

werden.

Freitag, 11. Juli 1930.

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monatlich

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Ke 16.­

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Nr. 161.

Ueber 150 Tote auf dem Kurt-Schacht. Kapitalistischer Menschenmord

Rettungsarbeiten unter schwierigsten Verhältnissen.

*

Entsetzensvoll sind die Nachrichten, die über das Grubenunglück, das sich am Mittwoch nachmittag auf dem Kurtschacht in Hausdorf der Arbeitslosigkeit in den einzelnen Industrie- des Aurt- Schachtes 211 geute zählten, von denen bisher 92 Sote in die Welt hinausdringen. Schon jetzt, da Sausdorf, 10. Juli. Amtlich wird mitgeteilt, daß zur Belegschaft bei Neurode   in Preußisch- Schlesien   ereignete, äußern, ferner um Anregungen zu geben, die geborgen find, während 70 noch als eingeschlossen gelten. Die einge- der volle Umfang der Katastrophe noch nicht nach ihrer Ansicht die jetzige große Arbeitslofig- fchloffenen Bergleute müssen als verloren angesehen werden. bekannt ist, kann man sagen, daß sie eine der leit und ihre Folgen in zweckmäßiger Weise mil­größten ist, die in den letzten Jahren zu ver­Neurode, 10. Juli  .( 9 Uhr vor- In den nächsten Tagen wird entschic- zeichnen war. Das Neuroder Steinkohlen­dern könnten. Ein detaillierter Bericht über den Verlauf flare Uebersicht über die Situation auf den muß oder nicht. Einer eventuellen weit von der tschechoslowakischen Grenze. Die mittags.) Erst heute ist es möglich, cine den werden, ob die Grube stillgelegt wer: revier liegt am Fuße des Riefengebirges, nicht und die Ergebnisse dieser Beratung wird morgen dem von dem Kohlensäureausbruch be- Stilegung steht das Bedenken entgegen, Gruben sind berüchtigt durch das Vorkommen in einem besonderen Rommuniquee ausgegeben troffenen Schacht der Wenzeslaus"-Grube daß das Waldenburger Bergbaurevier, Gruben sind berüchtigt durch das Vorkommen in Hausdorf zu gewinnen. Von der 193 das eines der ärmsten Reviere von ganz großer Mengen von gefährlichen Gasen, die Mann starken Belegschaft der Abteilungen Deutschland   ist, feine Möglichkeit zur bereits wiederholt zu tragischen Ereignissen Erhöhung der Zuder- und Biersteuer 17 und 18 fonnten bisher nur 49 gerettet anderweitigen Unterbringung der durch geführt haben. Der Sturtschacht wird von den werden, die im Neuroder Knappschafts  : Stillegung freiwerdenden Bergleute bietet. Arbeitern der Todesschacht" genannt, denn in Defterreich. Lazarett Aufnahme fanden und für die immerzu entströmen den dort zahlreich vor­Wien, 10. Juli  .( Eigenbericht.) Der Finanz- nach ärztlicher Ansicht reine Lebens­Ein Ausbruch von noch nie dage handenen Erdhöhlungen in verhältnismäßig Finanzgefahr besteht. An Toten wurden ausschuß des Nationalrates hat heute die Er 81 geborgen. Alle, die bisher noch wefenen Dimensionen. fleinen Zeiträumen angesammelte Kohlen­höhung der Zuckersteuer und der Bier nicht übertags befördert werden konnten, steuer beschlossen. Diese beiden Steuern sollen nicht übertags befördert werden konnten, Breslan, 10. Juli. Zu der Katastrophe säuremengen, die das Leben der Bergleute zur Bebedung des Notopfers für die Landwirt zur Bebedung des Notopfers für die Landwirt- befinden sich in der Abteilung 18, die auf dem Schacht in Hausdorf wird von einem gefährden. Begreiflich, daß die Bergleute die­schaft dienen, während die ursprünglich geplante vollkommen unter Kohlensäuregas liegt, Bertreter des Ober- Bergamtes u. a. mitgeteilt: ser Grube in weitem Bogen aus dem Wege schaft dienen, während die ursprünglich geplante weshalb die Rettungsarbeiten nachts um Das Neuroder Revier ist durch Kohlensäureaus zu gehen suchen, aber was nüßt ihre Wei­Erhöhung der Warenumfassteuer von den Mehr­Erhöhung der Warenumsatzsteuer von den Mehr- 12 heitsparteien fallen gelassen wurde. Das Notopfer 12 Uhr abgebrochen wurden, da ein wei: brüche besonders gefährdet. Die von der Berg- gerung, die Furcht vor Beschäftigungslosigkeit foll 96 Millionen Schilling betragen und nach der teres Vordringen der Rettungsmannschaft behörde dagegen getroffenen Maßnahmen haben ist stärker als die Angst vor dem Tode, von Anbaufläche mit besonderen Bestimmungen für Leiter der Rettungsaftion ist der Ansicht, mit Lebensgefahr verbunden war. Der sich in vielen Fällen bewährt. der erfüllt sie sicher oft ihren täglichen Ab­die Gebirgsbauern verteilt werden. Diese beiden stieg ins Innere der   Erde unternehmen. Steuern follen Dienstag im Haus erledigt werden, dah sämtliche noch unter der Erde befind lichen Bergleute als tot zu betrachten Ihr Hunger und der Hunger ihrer Frauen möglicherweise am Mittwoch auch noch die Zoll- feien. und Kinder, der sie erwartet, wenn sie, da vorlage, doch ist das noch nicht sicher, da selbst sie anderswpo feine Arbeit finden, sich weigern innerhalb der Mehrheitsparteien darüber noch Der Ausbruch der Kohlensäure ist ver- Der Stohlensäureausbruch erschwert leider auch sollten, in die gefahrenvolle Grube einzufah leine Klarheit besteht und es heute in einer Be mutlich durch einen Sprengichuß and die Bergungsarbeiten, weil die Rettungsmann ren, peitscht sie in diese Sölle und von sprechung der Mehrheitsparteien zu heftigen Bugelöst worden, der ein Gasne staffschaften selbst außerordentlich gefährdet werden. Grauen umgeben müssen sie ihre Arbeit im sammenstößen zwischen Agrariern und Indu- nete. Die Gase verbreiteten sich mit un ſtriellenvertretern gekommen ist. Noch fraglicher geheuerer Geschwindigkeit im ganzen Rede Die Gefahr detonatori et Dienſte des Kapitalismus verrichten. ist es, ob auch das neue Bundesbahngejek noch vier. Die vorort arbeitenden Berglente erlebigt werden fann, gegen das die Sozial- stürzten sofort besinnungslos zufam demokraten im Ausschuß einen sehr scharfen men. Sofort wurden die Wettertüren zu Stampf führen. dem Unglüderevier abgedichtet, aber auch in den Nachbarrevieren erlitt eine ganze Anzahl von Leuten Gasvergiftungen. Von der 83 Wann umfaffenden 17. Steigerab: teilung ist rein einziger gerettet

Reichsrat gegen Begnadigung der Fememörder.

worden. Berlin  

, 10. Juli  .( Eigenbericht.) Der Reichs­Im Knappschaftskazarett wurden 59 rat hat heute Einspruch gegen das vom Reichs Tote aufgebahrt, von denen bisher 51 tag beschlossene Amnestiegesez erhoben, durch das identifiziert werden konnten. Da an im wesentlichen die Mememörder begnadigt wer- Raum mangelt, mußten die Toten zum den sollen und dem auch die Kommunisten zueil im städtischen Krankenhaus unter gestimmt haben, um zwei oder drei ihrer eigenen gebracht werden. Leute freizubekommen. Zur endgültigen An- Die Erregung unter der gesamten Be­nahme dieses Gesebes ist nunmehr im Reichs völkerung ist naturgemäß überaus groß. tag eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Stommt Seute morgens ist die Belegschaft nicht diese, wie anzunehmen ist, nicht zustande, so muß mehr eingefahren, sondern trat, obwohl der Reichspräsident entweder das Gesetz von sich fie auf der Grube bereits erschienen war, aus verkünden oder einen Voltsentscheid den seimweg an. darüber herbeiführen.

Sozialdemokraten und dedungs­borlagen. Berlin  

, 10. Juli  .( Eigenbericht.) Die sozial demokratische Reichstagsfraktion beschäftigte sich heute mit der durch die Deckungsvorlagen der Regierung mit durch die Anträge, der Regie­rungsparteien auf Einschränkung der Darle­henspflicht des Reiches bei der Arbeitslosenver­sicherung sowie auf Einführung der Kopfsteuer geschaffenen Lage. Es herrschte Einmütigkeit dar­über, daß alle diese Maßnahmen, die die Lasten der Wirtschaftskrise fast ausschließlich den unte­ren Schichten aufbürden, den schärfsten Widerstand der Sozialdemokratic herausfordern. Die vom sozialpolitischen Aus­schuß vorgenommenen Verschlechterungen der Leistungen der Arbeitslosen- und Krankenversi cherung sowie die Aufhebung der Darlehens­pflicht des Reiches wird für die Stellung der Fraktion zu den Dedungsvorlagen von ent= scheidender Bedeutung sein.

Der gestrige Ausbruch im Kurt" schacht war aber von einem Ausmaß, wie er in euro­ päischen   Revieren überhaupt noch nicht beobachtet wurde.

dent

Kohlensäureausbrüche ist seit 1894 bekannt. Nur bis vier Gruben, die in der Hauptfache im Waldenburger In diesem Schacht, wahrscheinlich beim Revier liegen, sind in dieser Weise gefährdet. Das Schürfen nach einer neuen Kohlenader, ist Gas fommit aus dem Erdinnern, aus den tieferen es zu der furchtbaren Katastrophe gekommen. Schichten der Erdrinde, aus Spalten auf und ver- Bis zum gestrigen Worgen waren 67 Tote breitet sich in die Stohlenflöze und in das benach und 56 Lebende, von denen die meisten gegen barte Gestein. Beim Abbau tritt es dann zutage. wärtig im Spitale mit dem Tode ringen, zu Manchmal aber sammeln sich die Gasmassen unter startem Drud an, und es tommt zu Ausbrüchen. tage gebracht; ungefähr 80 sind wohl noch Die Ausbruchsgefahr hat auf der Wenzelslaus­grube in der letzten Zeit zugenommen.

Im Jahre 1929 wurden 35 Ausbrüche ver­zeichnet, ohne daß aber ein Menschenleben verloren ging.

Von der Bergbaubehörde sind umfangreiche Maß nahmen getroffen worden, von denen man glaubte, daß sie die Sicherheit der Belegschaft unbedingt garantieren. An gefährdeten Stellen hat man nach urüdziehung der Belegschaft durch Fernzündung das angesammelte Gas zur Explosion gebracht und dadurch die Erstichungsgefahr für die dort arbei­tenden Menschen beseitigt.

Rettungsmannschaften an der Arbeit. Berlin  

, 10. Juli. Seit den frühen Morgenstunden arbeiten die Rettungs­mannschaften in Neurode   angestrengt bei Einschung ihres Lebens. Der Luft­druck ist aber noch so start, daß selbst das Rettungsgerät versagt und den Mann­schaften die Masten vom Gesicht gerissen werden. Zahlreiche Personen wurden betäubt, andere schwer verletzt. 3wei Steiger mußten ihren Opfermut mit dem Leben bezahlen. Am Vormittag wurde versucht, eine der Wettertüren mit Gewalt zu öffnen. Die Rettungsmannschaften fonn­ten jedoch nicht vordringen, da ihnen erneut Kohlensäuregase entgegenfamen. Im Laufe des Nachmittags gelang es, die Lüftung im Schachte etwas zu beffern. Unter Führung von Bergrat Werne   fuhren fünf neue Silfsmannschaften ein. Es gelang, eine Wettertür zu öffnen und fünf Tote, die dahinter lagen, zu bergen. Um 5 Uhr nachmittags fonnten weitere sechs Mann tot geborgen werden.

Man muß jcht leider damit rechnen, daß die noch eingeschlossenen Bergleute verloren find. Wann die Bergung der Eingeschlossenen glückt, weiß zur Stunde noch niemand.

jetzt in der vergifteten Grube eingeschlossen, die, um nicht weitere Menschenleben zu ge­fährden, abgeriegelt werden mußte, und es besteht faum noch eine Hoffnung, daß von ihnen auch nur ein einziger gerettet werden fönnte, so daß die Zahl der Todesopfer wohl 150 erreichen dürfte. Hundertfünfzig Tote! Hundertfünfzig Menschen, vielfach Familienväter, die gesund, wie eben Men­schen, die einen großen Teil ihres Lebens ab­geschlossen von Licht, Luft und Sonne im finsteren Erdinnern bei schwerster Arbeit ver­bringen müssen, gesund sein können, die also gesund ihre Arbeit antraten, werden wenige Stunden später als Leichen herausgetragen! Hunderte schredensbleiche Angehörige der in der Grube Vergifteten drängen sich oben an der Schachteinfahrt. Unvorstellbar die Jam mer und Schredensszenen, die sich ereignen, als die Angehörigen, Frauen und Kinder, die hier des Liebsten, des Ernährers zitternd und flagend harren, die einzelnen Leichen hervor­tragen sehen, bei jeder neuen davor bangend, in dem Toten ein Familienmitglied zu er kennen. Hundertfünfzig Gefallene auf dem Schlachtfelde der Arbeit! Man stelle sich die endlose Reihe der Särge vor, die Länge des Trauerzuges, das Weinen der Hunderte von Kindern und Frauen, die ihren Ernäher ver­loren haben ein wahrer Festzug des Todes!

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An den Särgen dieser eineinhalb Hun­dert Gefallenen erhebt sich nun die Frage: war es notwendig, unausweichbar, doß sie ihr Leben eingebüßt haben? War es under­

Verlegung der Gewerkschafsinternationale nach   Berlin. Stockholm  , 10. Juli. In der heutigen Sibung behaltung der Zentrale in Amsterdam   gestimmt meidbares Unglück, das Walten einer unav­des Kongresses der Amsterdamer Gewerkschafts  - hatten. Die Vertreter Polens   und Rumäniens   wendbaren Naturgewalt? Was jetzt schon Francesco Morofini" schuldtragend. Internationale wurde die Frage der Verlegung der waren bei der Abstimmung nicht zugegen. Der wendbaren Naturgewalt? Was jetzt schon Zentrale der Internationale besprochen. Die eng- Seongreß beschloß mit 55 gegen 30 Stimmen, die darüber bekannt geworden ist und was selbst Belgrad  , 10. Juli. Nach Meldungen aus fische und die schwedische Abordnung hatten Berfür Amsterdam   abgegeben wurden, daß der Sit fapitalistische Blätter zugeben müssen, das Spalato wurde heute die Unfallstelle des lin als Sitz der Zentrale vorgeschlagen. Die belgi- der Zentrale der Internationale fünftighin besagt, daß es nicht Gefallene, nicht Staragiorgie" von einer gemischten jugo- sche Abordnung hatte dagegen die Beibehaltuna der Berlin   sein soll. unvorhergesehen Verunglüďte flawisch- italienischen Fachkommission besichtigt. Zentrale in Amsterdam   deantragt. In sem Siebei wurde einwandfrei festgestellt, daß das fünften Ausschuß des Kongresses, in dem dieſe Nach diesem Beschluß des Kongresses dankte sind, sondern Gemordete, die in Haus­Unglück das italienische Motorboot Francesco Frage einer vorbereitenden Besprechung unter der Generalsekretär Graßmann- Deutschland dorf als Leichen aus dem Schoße der Erde für das dem deutschen Gewerkschaftsbund gegebene Morosini" verschuldet hat, da es den für das zogen wurde, hatten Dänemark  , England, Schwe- Vertrauen. Der Kongrek beschloß sodann anläß- Rücksichtslosigkeit, die Unmenschlichkeit, die h sgezogen werden. Gemordet durch die Passieren des Pasman- stanals vorgeschriebenen den, Desterreich, die   Schweiz, Ungarn   und Deutschlich der Neuroder Katastrophe ein Beileidstele- grenzenlose, gefühllose Profitfucht des Kapi­Kurs nicht eingehalten hat. Der am Starag- land für eine Verlegung nach Berlin   gestimmt, jorgie" verursachte Schaden wird auf acht Milwährend Belgien  ,   Frankreich,   Holland, Spanien  , grammi an den deutschen   Grubenarbeiterverband talismus und seiner Schergen! Schon vor lionen Dinar geschätzt. Luxemburg   und die Tschechoslowakei   für die Bei- abzusenden. vier Jahren fam es auf dem genannten