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11. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Donnerstag, 2. April 1931

Die Jugend in der Kampffront gegen

den Fascismus.

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Nr. 79.

Ein schwarzer Tag für Hitler und seine Garde. Thüringen  

von Frids Ministerschaft erlöst.

Ueberall dort, wo sich der Fascismus auf- Zeit steht die Diktatur.( ,, Die zweite Revolu­richtete, wo er begann politische und wirt| tion".) Berlin  , 1. April  .( Eigenbericht.) Im thü-| nicht mehr mitmachen. Die Volkspartei habe roy schaftliche Demokratie zu beseitigen, stellte sich Hier muß unsere Arbeit einsetzen. Auch ringischen Landtag sind heute die sozialdemokra- aller Krisen loyal mitgearbeitet und Geduld bis zunt die organisierte Arbeiterjugend in die vorder die Jugend gehört mit zu jenen, die dem Kö- tischen Mißtrauensanträge gegen die national- äußersten bewiesen. Er, Wizmann, habe die Koalition ſten Reihen der kämpfenden Arbeiterklasse. nig der Masse" zur Diktatur verhelfen sollen. sozialistischen Minister Frid und Marschler verteidigt, so lange es möglich gewesen sei. Er habe Sie hatte erkannt, daß Beseitigung der Selbst- Trotzdem die Nazis direkt einen Jugendkult mit 29 Stimmen der Sozialdemokraten, der aber jetzt die Initiative ergriffen und gefordert, verwaltung auch die Entmündigung der Ju- betreiben und in Wort und Schrift die Jugend deutschen   Volkspartei, der Staatspartei und der daß die Geduld der Volkspartei ein Ende gend bedeutet und daß die Vernichtung der verhimmeln, so ist dies nichts als Demagogie. teien angenommen worden. Daraufhin mußten Der Landtag wird am 14. April wieder zu­Kommunisten gegen 22 Stimmen der Rechtspar- haben müsse. Gewerkschaften, Abschaffung der Arbeiterschus Die Praxis sieht doch ganz anders aus. Nicht die beiden nationalsozialistischen Regierungsmit jammentreten, um die Erfagwahl zur Regierung gesetze und der Kollektivverträge, sowie voll- nur, daß die Jugend als zukünftiges Kano glieder ihren Rücktritt erklären. Ihnen schloß vorzunehmen. Heute nachmittags trat bereits das ständige Auslieferung an die Unternehmer nenfutter betrachtet wird und die Mädchen in sich der deutschnationale Staatsrat Kien an. Landtagspräsidium zusammen, um sich mit dieser der Bewertung wit hinter den Burschen kom Der heutigen Landtagsfizung wurde in ganz Frage zu befassen. Voraussichtlich werden jetzt men, setzt sich Hitler auch für die Prügelstrafe Thüringen   mit größter Spannung entgegenge- die bürgerlichen Mittelparteien eine Minder­ein. Gegen Schulreform und moderne Erzie- sehen. Noch am Dienstag war, wie verlautet, he i tsregierung bilden, die von der Sozial­hung marschieren die Hakenkreuzler und es itler selbst in Weimar  , um an den Ver demokratie unter gewissen Voraussetzungen tole war Frid, ihr erster Minister, der einen bru handlungen nach Möglichkeit persönlich teilzuriert werden dürfte. talen Schulabbau durchführte. Hier wurde wie nehmen. Die Deutsche Volkspartei   ging jedoch der bei der Volksschule der Löwenanteil des auf ein nationalsozialistisches Entgegenkommen Mit dem Sturz ihrer thüringischen Regie­Abbaues vorgenommen. Am schlimmsten er nicht ein und blieb fest. rungsmitglieder haben die Nationalsozialisten Abgeordneter Fröhlich begründete die sozial eine schwere politische Niederlage er ging es der Berufsschule. Es wurde nicht nur demokratischen Mißtrauensanträge gegen Frid litten. Vor einem Jahr ist Dr. Frid ausdrüd­die Pflichtstundenzahl der Lehrer und die Klas- und Marschler. Mit großem Interesse wurde der lich von Hitler   aus Bayern   in die thüringische senbesetzung erhöht, sondern auch die Wochen- Erklärung des volksparteilichen Abgeordneten Dr. Regierung entsendet worden, um von hier aus stundenzahl bedeutend herabgesetzt. Frid dachte 23 is manu entgegengesehen. euch die andern Länderregierungen zu erobern. an Goebbels  , der schrieb: ,, Wahrer National­sozialismus ist Instinkt, nicht Wissen" und Der Nationalsozialismus   ist eine Sache des Gefühls und nicht des Verstandes".

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mit sich bringt. Aber noch weit mehr wog die geistige Unterjochung, die Beseitigung der Meinungsfreiheit, die das fascistische System mit sich bringt.

Es gilt nun, der Jugend das wahre Ge­sicht des jugendlichen" Fascismus zu zeigen. Er ist nichts anderes als die schwärzeste Reat tion, die brutalfte Vergewaltigung aller jugendlichen Regungen. Die Parole sei:„ Die Masken herunter."

Die Jugend gehört in die Kampffront gegen den Fascismus, sie gehört in die Reihen des Sozialistischen Jugendverbandes. Dort ist Trotz dem, nationalsozialistischen Pro- der Platz, wo sie Wissen und Aufklärung er gramm, das voll der gröbsten Irrtümer und hält, wo sie zu aufrechten, verantwortungsbe Widersprüche steckt, haben weite Schichten der wußten Menschen erzogen wird. Der Idealis­Jugend den Anschluß an die Hakenkreuzpartei mus der Jugend soll sich nicht an Phantomen gefunden. Viele tausende junger Menschen Flammern, sondern in der Befreiung der ge­schwören auf Hitler  , dem Goebbels   das Ver­dienst zuschiebt, daß er( Sitler) eine durch samten Arbeiterklasse ein erstrebenswertes Ziel Krieg und Revolution zerbrochene Jugend vor sehen. Die Begeisterung und die Aufopferings der Verzweiflung bewahrt hat. bereitschaft müssen dienstbar gemacht werden dem größten Kampf der Weltgeschichte, dem Kampfe der Unterdrückten gegen die Peiniger. Hier setze die Jugend ihren Körper und Geist, ihr gesamtes Leben ein.

Dieser betonte, die Veranlassung zur Strije liege Das ist ihnen aber nur in Braunschweig   gelun in den ungeheueren Beschimpfungen, die der gen; aber auch hier ist es fraglich, ob die bürger. Hauptleiter und Fraktionsführer der National- lichen Parteien noch lange mit den Nationalso sozialisten Sau del gegen die Volkspartei gerichtet zialisten zusammengehen werden. Mit dieser po­habe. Vermittlungsversuche der Nationalsozialisten litischen Niederlage ist freilich das Schicksal der tamen heute zu spät. Die Tätigkeit dieser Herren Nationalsozialisten noch nicht besiegelt, denn in­habe ich immer als eine unerträgliche Rebenfolge der Wirtschaftsnot haben sie ohne Zweifel regierung im Parteifinne ausgewirkt. Diese Art bis zulegt 3uzug aus den unzufriedenen Streifen parteilicher Bersonalpolitik könne die Volkspartei vor allem des Mittelstandes, erhalten.

Revolte der Berliner   Sturmabteilungen.

Eine viel schwerere Gefahr droht aber den Sturmabteilungen, nach Berlin   gesendet, der Hakenkreuzlern aus ihrer eigenen Bewe- Stennes ein Ultimatum stellen und die Tat­8ung. Zur Zeit befindet sich die Berliner   Orts- fache seiner Abseßung mitteilen sollte, falls gruppe in heller Revolution gegen die Parteifüh- Stennes nicht bereit sei, auf die Vorschläge Hitlers  rung. Bisher war der frühere Hauptmann einzugehen.

tennes Leiter der Berliner   Sturmabteilun= Wie sich diese Krise in der Hitlerpartei wei­gen. Man hatte ihn schon vor einigen Monaten ter entwickeln wird, ist noch nicht abzusehen. Mit über war, daß ihm kein Reichstagsmandat ver- Bestimmtheit wird aber behauptet, daß auch schafft worden war. Da er aber seine Sturmabtei Berlin   verschwinden soll. Goebbels   ist der ungen hinter sich hatte, versprach ihm sitter schärffte Konkurrent Hitters und dieser scheint höchstpersönlich durch Ehrenwort, daß er sich jetzt die Gelegenheit benüßen zu wollen, um sich niemals von ihm trennen werde. Goebbels  

, der Leiter des Berliner   Gaues, aus

Dieses Ehrenwort hat Hitler  , wie Stennes dieses Nebenbuhlers zu entledigen. hente öffentlich feststellt, gebrochen. Stennes ist plöglich seines Amtes enthoben und durch den Die Ursachen dieser Differenzen liegen aller­Fememörder Oberleutnant Schulz ersetzt dings viel tiefer. Sie sind darin zu suchen, daß worden. weite Kreise in der Partei, vor allem die prole­

Der Fascismus ist ein Kind unserer Zeit. Demokratie und aufstrebende Arbeiterklasse er schüttern die Grundfesten der Alleinherrschaft des Kapitalismus  . Das Bürgertum perleug Das Verhältnis zwischen Stennes und Hitler tarischen Elemente, an die sozialistischen   Verspre­net seine eigene Geschichte, es verläßt den Bo hatte sich in letzter Zeit start zugespitzt, zumal chungen geglaubt haben und nun enttäuscht Wir rufen die Jugend zu diesem Kampfe, Stennes bei der Auswahl seiner Unterführer darüber sind, daß die Hakenkreuzler immer offe den der Demokratie und ergibt sich dem Fascis­mus. Der Fascismus stellt sich stets in einem wir fordern sie auf, in den Reihen der blau feinerlei Rüdficht auf Vorschläge Münchens   nahm ner als Schußtruppe des Unternehmertums und sozialen Gewande dar, er bezeichnet sich als die gekleideten sozialistischen   Jugend, unter den und die Norddeutsche S. A. zu einer Organisation der politischen Reaktion auftreten. Daneben be zusammenschloß, die Befehle nur noch von steht noch ein anderer Gegensaß zwischen der Zukunft, als ein neues Heldenzeitalter, als flatternden Sturmfahnen mit uns zu mar- Stennes felbst entgegenzunehmen bereit Legalität", die Hitler predigt, um den Anschluß die Jugend. Er ruft das Heldenhafte, das Ro- schieren. Die Jugend kämpft gegen Unfreiheit, war. Auch die Affäre Scheringer( bekanntlich an die bürgerlichen Rechtsparteien nicht zu ver­mantische und das Kämpferische im jungen Menschen an und bezeichnet sich als den Trä- gegen Diftatur, gegen Ausbeutung und Elerd wegen nationalsozialistischer Umtriebe in dem lieren, und den Bestrebungen der Sturmabtei­Ulmer Prozeß verurteilt, später zu den Kommu- lungsführer, die auf dem sogenannten„ revolutio ger des Jdealismus, als den Verfechter einer und deshalb gegen den Fascismus. Die prole- nisten übergegangen) hat die vorhandene Span- nären" Weg zur Macht kommen wollen. Auf Politik des Unmöglichen". Stets hüllt er sich tarische Jugend gliederte sich in die Kampffront nung noch erhöht. Aus diesem Grunde hatte jeden Fall stehen interessante Ereignisse im Hit­in Phrasen und Unbestimmbarem, nie stellt er gegen den Fascismus ein und schließe sich dem Hitler Hauptmann Röhm, den Stabschef der ferlager bevor.

ein konkretes, klar umrissenes Ziel in den Vor­dergrund. Ganz besonders wirkt die Berun glimpfung der Demokratie. Sie wird als Fut­terkrippe und Bonzentum bezeichnet und für unfähig erklärt, aus den chaotischen Verhält­nissen der Gegenwart einen Ausweg zu finden.

Das alles wirkt zweifellos auf die Ju­gend. Es ist doch auch so einfach, so greifbar für jeden: Diktatur. Nicht denken und Ver­antwortungsbewußtsein fordert der Fascismus, sondern Gehorsam und blinden Glauben. Die Masse wird nur als Sprungbrett für den oder die zukünftigen Diktatoren betrachtet. Die Ju­gend weiß nicht, daß mit dieser Ideologie ihr eigenes Grab geschaufelt wird. Denn hören mir Goebbels  :

,, Wir leben im Zeitalter der Masse. Aber nicht der Masse gehört die Zukunft, sondern dem, der die Masse mit organischem Leben er­füllt. Dent Werber, dem Former, dent Rö= nig der Masse gehört das neue Jahrhundert. Auch am Ende der Massenbewegungen unferer

Sozialistischen Jugendverband an. R. G.

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,, Bonzentum“ und„ Byzantinismus“

werfen die Berliner S. A. Hitler   vor. Berlin  

, 1. April. In einer Versammlung| vorgeworfen wird. Die Entschließung endet mit der Vertrauensleute der Berliner   SA wurde den Worten: heute eine Entschließung gefaßt, in der Hitler 1. a. Flucht vor der Verantwortung, Abschließung hinter einem Apparat verbonzter Parteifnuttionäre, Behagen an chaotischer Un ordnung und an byzantinischen Geschmacklofig Teiten, Aufgabe der ursprünglich flaren Ziele

,, Wir haben unseren Führer Stennes   beauf tragt, alle Schritte zu ergreifen, um die   SA in gewohnter Disziplin zusammenzuhalten. Unsere Führer haben für den einzuschlagenden Weg unsere absolute Vollmacht. Wir tampfen nicht für Partei und Bonzen, sondern allein für Deutsch­ land  ."

Rervenzufammenbruch Hitlers  ? Erregung auf, gestikuliere mit Händen und Füßen und mache den Eindruck eines vollkommen zer­Das Organ der bayrischen Volkspartei rütteten Menschen. Der Führer der österreichi­Bayrischer Kurier" bringt eine weitere Sen- schen Heimwehr, der kürzlich mit Hitler in fation, wornach Adolf Hitler   mit seinen München   über die Zusammenarbeit verhandelte, Nerven vollkommen zu Ende sei. Er könne habe seinen Freunden vertraulich mitgeteilt, daß mit niemanden und über nichts zusammen mit Hitler überhaupt nicht vernünftig zu hängend und ruhig sprechen, nicht einmal mit sprechen sei.

seinen Freunden. Er springe immerfort in größter