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PRAGER ZEITUNG

Gerichtssaal

Wer brach die Rippen des alten Drehorgelspielers?

,, Sozialdemokrat"

Tin unterwegs" war überhaupt der stärkere Teil des Programms. Die Satire auf die Presse müßte das Problem schon tiefer und mutiger angehen. Unter den Tängerinnen fielen neben Erudi Schoop selbst vor allem Ellen Diy, die eine sehr große fomische Begabung verrät, und Gitta wa II er stein, in den ganz drastischen Sze­

es, als ob im Tert des Zertifikates Radierun gen und sonstige Veränderungen vorgenommen worden seien und erklärte dem Anwalt, daß er das Dokument wegen Verdachtes einer Fälschung benen Edith Carola und als Afrobatin besonders Lili Sandberg auf. Ausgezeichnet war die Klavierbegleitung( Paul Schoop und Mar Fidel). Das Publikum war sehr animiert. E. F.

Repertoiränderung! Da die vorgestrige und gestrige Aufführung von Straßenmusit" nahezu ausverkauft waren, wird die Erstaufführung von Bratts Die Insel" auf Donnerstag, den 3. Mai, verschoben. Heute Freitag, 8 Uhr, Sonntag und Montag finden Wiederholungen von Straßenmusik"

schlagnahme. Der Anwalt protestierte erregt und erklärte, daß dazu nur die Gendarmerie das Recht habe. Der Steuerbeamte bestand aber auf Brag, 26. April. Es ist fast zwei Jahre her. seinem Beschluß, worauf Dr. P. das umstrittene Do daß der alte Leierfaſtenmann Wenzel 2 hotat im fument faßte, um es an sich zu nehmen. Da der Be­Strankenhaus von 3 dice erschien und mit zwei amte den unteren Teil des Papieres festhielt, wurde gebrochenen Rippen in Pflege genommen das umstrittene Dokument in zwei Teilezer wurde. Als Urheber der Verlegung bezeichnete Chotat den Aerzten den städtischen Polizisen und solcherart nach Auffaſſung der Anklage die im Zuge befindliche Amishandlung vereitelt bzw. it en Wenzel Mares aus 3 dice, der ihm angeb lich bei einer Beanstandung mit seinem Gummifnüt 3 vereiteln gesucht. Bei der beutigen Verband- statt. tel derart gefalbt" habe, daß die zwei untersten lung erflärte der angeflagte Anivalt, er babe in rechtsfeitigen Rippen in Stüde   gingen. Die Aerzte momentaner Aufwallung nach dem Vavier gegriffen, aber ohne jede böse Absicht. Das Gericht ichenfta erstatteten gegen den Polizisten die Anzeige und nun begann ein langes Verfahren, das oftmals vertagt dieser Verantwortung Glauben, zumal die Zeugen werden mußte. Denn der Schuldbeweis war sie beſtätigten, und sprach den Angeklagten frei. schwierig.

Der Polizist Mares verschwor sich hoch und teuer, den alten Lhotat in der fritischen Zeit über­haupt nicht zu Geficht bekommen zu haben und stellte die Anzeige als Rachealt hin, denn Lhotal war mit der Polizei schon mehrfach in Berührung gekommen. Lhotat blieb bei seiner ursprünglichen Darstellung. Nun stellte sich aber heraus, daß der Drehorgelmann einige Tage vorher von einem Motorrad um gestoßen und verlegt worden war, ohne daß er jedoch nach dem Unfall ärztlich untersucht worden wäre. Die Verteidigung bemühte sich nun darzu tun, daß die Rippenbrüche nicht vom volizeilichen Sinüttel herrührten, sondern von dem erwähnten Un­fall. GR. Kaplan als Einzelrichter führte nun nach dreimal vertagter Verhandlung den Fall zu Ende. Die aufgebotenen ärztlichen Sachvers ſtändigen äußerten sich über die Verlegungen dabin, daß bei Rippenbrüchen der vorliegenden Art nicht festzustellen jei, ob es sich um einen frischen Brud) handle, oder ob dieser schon einige Tage alt jei. Es sei möglich, sich mit solchen Rippenbrüchen zu bewegen, obwohl das Gehen natürlich Schmerzen macht. Ein Anhaltspunkt über die Veranlassung der Verletzung liege nicht vor. Das Gericht fand einen schlüssigen Schuldbeweis nicht für erbracht und sprach den angeflagten Bachmann frei.

rb.

Ein Anwalt unter Anklage der ,, öffentlichen Gewalttätigkeit"

Der

Kunst und Wissen

rb.

Alexander Zemlinity war vorgestern am Vuli Prager Tschechischen Philharmonie als Gast dirigent erschienen. Das bedeutete einen vollbesetzten Smetanajaal und große Begeiste rung des Publikums. Als Hauptwerk des Konzertes wurde die Fünfte Symphonie von Gustav Mahler   gespielt, jene fünfjäßige, Weltschmers, Resignation und beldische Kampfentschlossenheit offenbarende Lieblingssymphonie Mablers, die er wiederholt neu bearbeitet und verbessert bat ,, jenes grandiose Wert, das als Musikgemälde absoluten Musifinhaltes dennoch inhaltlich beſtimmt ist und durch seine Verwandtschaft mit den Kindertøten liedern" die eigentliche Grundstimmung empfängt. Bemlinity, der berufene Mahlerapostel, dirigierte die Symphonie mit aller erforderlichen liebevollen Sin­gabe, glutvoll in den Steigerungen, flanglich wunder voll abgetönt in den lyrischen und refleriven Var­tien, grandios geballt im leidenschaftlichen Schluß Rondo. Ganz herrlich spielte das Orchester der Tschechischen Philharmonie  , das glanzvoll in allen Instrumentengruppen befest war. Nicht die gleiche glanzvolle Orchesterbeseßung hätte man der zur Ein­leitung gespielten Ouvertüre zu W. A. Mo- arts Oper Figaros omzeit" gewünscht, die rhytömiſch faſzinierend, aber flanglich etwas zu massiv wirfte. Solist des Konzertes war der aus gezeichnete tschechische Pianist Ruda zirkusn v. der W. A. Mozarts klaviertonzert in D- Moll mit den Kadenzen Beethovens spielte; technisch blendend und mit delikatem Anschlag, nut in der Romanze" zu wenig voetisch und duftig. Bei diesem Klavierkonzerte bewährte sich auch die der Vorschrift entsprechende schwächere Beießung des E. J. Begleitorchesters.

Wegen eines zerrissenen Aftenstüdes. April, 26. April. Es ist kein alltäglicher Fall, daß ein Rechtsanwalt und noch dazu ehemaliger Richter vor dem Strafgericht erscheint, um unter der Bezichtigung des Verbrechens der öffentlichen Ges walttätigkeit auf der Antlagebant Platz zu nehmen. Dies passierte heute dem Smichower Anwalt Dr. P., der seinerzeit selbst ein Richteramt bekleidet hat. Die Tanzabend Trudi Schoop  . Die einst so be= ..Gewalttätigkeit" bestand nach der Auflage in der liebte Bantomime war durch den modernen Aus­versuchten Vereitelung einer Amt3- brudstanz lange Zeit von der Bühne verbannt. handlung. Der Sachverhalt entpuppte fich in Neuerdings wird sie wieder stärker gepflegt. Aller­beſſen ungeadytet des gefährlich flingenden Tatbe- dings ist sie wohl nur in ihrer komiſchen, alſo per standes als ein recht harmloser. Die Sache dreht jiflierenden und farifierenden Form noch erträg­jich um ein zerrissenes Stüd Papier  , aber freilich lich. Trudi Schoop   vom Züricher   Stadttheater war es fein gewöhnliches Papier, sondern ein Dohat eine Truppe sehr gut aufeinander eingestellter fument und dieses Dokument war im fritischen Tanzlomiler mitgebracht, die sicher noch mehr Augenblick Gegenstand einer geheiligten und unter fönnten, als sie gezeigt haben, wenn sie ein muti besonderem Schuß des Gesezes stehenden Tätigkeit, ger Leiter von den Aufgaben, die sie sich jetzt stel­nämlich einer A mishandlung", deren Stolen, zu stärkeren Satiren führte. In den beiden rung der Untertan nach dem Strafgefeß schwer zu Pantominen Zur Annoncenaufgabe" und" Fri­büßen hat. dolin unterwegs" herrscht im allgemeinen eine ebenso harmlose wie flache Komik vor, in der Aeußerlichkeiten gut faritiert, aber selten auf das Wesentliche eingegangen wird. Man merkt, daß die Künstler aus der Schweiz   fommen, wo manches noch febr originell und schon fühn erscheinen mag, was anderswo, als in dem Lande der flaiſiſchen flein  Behäbigleit,

Dr. V. intervenierte mit einem Stlienten beim Königsaaler Steueramt, das diesem Stlienten als vermeintlichem Inhaber eines Auto­transportgewerbes eine Mahnung auf Bezahlung von 60.000 Steuerrückstände geschickt hatte. Der Ge­mahnte wendete ein, daß nicht er, sondern sein der Betriebsinbaber

Vorträge

Freitag, 27. April 1934

Mr. 98

Daring" Brüssel einen englischen Klub und die Mannschaft des Kölner Vereines Schalt" einges laden. Als die deutsche Mannschaft am Spielfeld erschien und den Hitlergruß darbrachte, ents stand unter den 20.000 Quidhauern eine große Ents rüstung. Es wurde gepfiffen, Rufe ,, Nieder mititler" ertönten. Die gleiche Demonstra tion gegen Sitler wiederholte ich auch am Montag,

Bürgerlicher Sport

Estland   will Sportverkehr mit Sowietrußland. Der bürgerliche Verband in Estland   hat sich an die ifa um Genehmigung des Spielverfehres mit Ruß­ land   gewandt. Der estländische Verband weist dar auf hin, daß die Türkei   Länderfämpfe mit den Rus­fen austräat und plant einen Länderkampf, der ent­weder in Moskau   oder in Tallnin zur Austragung gelangen soll.

Ungarisch rumänische Sportfämpfe abgesagt. Vor einigen Tagen wurden abgeschlossene Fußball. spiele zwischen ungarischen und rumänischen Mann schaften abgesagt, da die rumänischen Behörden weder Einreise- noch Ausreisebewilligungen erteilten. Der Grund soll in der von den rumänischen Behörden vor genommenen Umbenennung ungarischer Städte und Straßennamen sowie in der Forderung, ungarische Blätter mit rumänischen Zeitungsköpfen zu verschen, liegen. Diese Maßnahmen sollen in der ungarischen Oeffentlichkeit große Erregung" hervorgerufen haben.

Die Stellung der Kunst im Weltbild der Wissenschaft" ist das Thema eines Lebr- und Einführungszyklus, den Dr. Mar Deri in der Masaryk- Volkshoch schule vor zahlreichem Publikum hält. Die Methode diefes glänzend begabten Kunstpädagogen, an simp­len Erempeln die logische Klarheit des Komplizier Die drei norwegischen Eisschnelläufer, Ballan­ten zu erhärten und zu veranschaulichen, tritt auch hier wieder suggestiv in Erscheinung. Diese Art, grud, Statsrur und Engnestangen, die befannilich eine Analyse aus dem Blidfeld vorausseßungsloser gegen den Willen ihres Verbandes in Rußland   star Naivität zu geben, ist die einzige Möglichkeit, einem teten, haben jest nach ihrer Rüdfehr eine Strafe" intereſſierten, aber intellektuell und bildungsmäßig erhalten: Statt der vorgesehenen lebenslänglichen sehr gemischten Kreis gediegene Kenntnisse zu vers Disqualifikation wurden sie vom norwegischen Eise mitteln. Metaphyfif, Glaubensunbedingtheit, Ob- laufverband ,, wegen ihrer ausgezeichneten Erfolge" jeftivität der steptischen Wissenschaft, intelleftuelle nur mit einer einjährigen Sperre bedacht. Im nächs Phantajie, Themen, die man oft rubriziert, felten sten Winter werden sie dann wieder für die finan jedoch klar gegliedert und geflärt sieht, nimmt er zielle Stärkung des Verbandes laufen in Ruß­aus dem Geftrüpp des Schlagworthaften heraus, um land gings auf eigene Rechnung... fie unter der Lupe schlichter, einprägsamer Defini tion zu betrachten. Deri, der Freidenfer, weiß fich als Pädagoge von seinem Befenntnis zu datanzieren, wobei er es feineswegs verleugnen will. Diese Bucht der inneren Diftion gibt ihm jene llniversali­tät des Weltbildes, die den fruchtbaren Pädagogen ausmacht. Anekdoten und private Beispiele sind die plastischen Hilfsmittel seines stets undogmatischen, immer improbisiert wirkenden Lehrmethode. Ein fleines amüsantes Erlebnis mit Professor Albert Einſtein   sei erwähnt. Deri und Einstein fommen aus einem Vortrag Einsteins  , von dem der Kunst­wissenschaftler, wie er freimütig versichert, fein Wort verstanden hat. Sie wollen also. Professor", sagt Deri, daß die Menschen die Relativität verstehen und anerkennen sollen." Selten haben Sie fol­chen Unsinn geredet, Deri". erwidert Einstein  lächelnd,., ich will gar nichts. Mir ist es ja völlig einerlei, ob relativ oder absolut! Ich will nur wissen, ob relativ oder absolut!" Voraus­fegungslosigkeit der gefühlsmäßig desinteressierten, objektiven Wissenschaft! Ais.

Aus der Partei

Vereinsnachrichten

Touristenverein ,, Die Naturfreunde", Prag  . Am 29. April 1984 Zusammen unft um 8 1hr am Vysočaner Bahn­hof. Fahrt nach Mötetice Ostrov. Wan­derung nach Brandeis, Besichtigung des Schlosses und des Schloßgartens; dann nach Alt- Bunzlau mit seinen alten, berühmten Kir­chen, hierauf durch das idyllisch gelegene Bad- Houšila Rait mit Vallspiel; Rüdweg entlang der Iser über und durch die Wälder zur Iser. An der Iser große Karánh nach Celatovice. Fahrpreis etiva 6. Le gitimationen mitnehmen. Führer Kapuschinski.

Boranzeige: Pfingsttour ins Egerial. Anmeldun gen und Informationen jeden Freitag in der Ges schäftsstelle Národní třída Nr. 4, 2. Stock.

Allgemeiner Angestellten Verband, Brag II., Amtsstunden Mittwoch von 7-8 Uhr in der Narodni 4/8. Monatsversammlung am 9. Mai im Gewerkschaftshaus Perštýn: Das Aktionsprogramm des Angestelltenverbandes." Sprecher Sefr. Ploh s. geim um 8 Uhr. Bu Pfingsten nach - Ausschußsizung am 2. Mai Mittwoch im

April, Sibung der Bezirksvertretung acht ihr abends Bezirfsorganisation Brag. Freitag, den 27. im Heim Národní. Sirschberg: Erste Gruppe Samstag; 2. Gruppe S. J. Kreis Prag  , Sozialpolitische Sektion. Sonntag früh im Autocar über Jungbunzlau  - Be­Mittwoch, den 2. Mai, um halb 8 Uhr im Partei- steigung der Burg Bösig  - Aufenthalt im Erholungs­heim, Narodni. 4, zweiter Vortrag über die Heim der Arbeiterfürsorge am Hirschberger See Grundlagen der Sozialpolitik. Erscheinen der So zialfunktionäre ist Pflicht! Alle Mitglieder will- Spaziergänge in den Tiergarten- Rüdfahrt über kommen. Leipa- Dauba- Station in Melnik  . Fahrtkosten mit Nachtlager für Mitglieder 55.-. Nach Pfingsten Besuch der Urlaubsreisenden in Prag  .

Sport Spiel Körperpflege

Körperpflege

Einen leichtathletischen Vereins- Dreikampf führt der Prager   Atus morgen, Samstag, um 3 1hr nachmittags auf dem Turnplay der beginsel durch. ihnen dieser Sport Freude macht. Der Dreifampf! umfaßt für beide Gruppen folgende Disziplinen: 60 Meter Lauf. Weitsprung und Kugelstoßen.

Behauptung übergab er ein auf den Namenje i liche Gesellschaftsfritif versucht wurde: nes Bruders lautendes 3ertififat in der Parodie auf den Gesangverein, auf die Da jeinem Anwalt Dr. V., der mit diesem Dolument men der Gesellschaft, auf die lieben Anverwandten, ausgerüstet bei dem zuständigen Steuerreferenten zeigte sich beachtliches Mönnen in der Einzelleistung Abfuhr von Nazifußballern in Brüssel  . Für das Musita intervenierte. Dem Steuerbeamten schien wie im Zusammenspiel. Die Tanzkomödie Frido- jährliche Osterturnier hatte der bürgerliche Klub

Das ist der Frühling

in Wien  

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Kameradschaftabend am 28. Mai im Heim. Urania- Kino, Klimentská 4.

Ab Freitag:

Fernsprecher 61623.

,, La Maternella"

( Kinder ber Großstadt)

warteten wir auf den Befehl zum Losschlagen nur wenige, auch das muß gesagt werden, denn kutieren, die ungeachtet der warnenden Stim nossen. Jetzt ist es sinnlos, über die Fehler zu dis viele waren unauffindbar, die sonst die lautesten men, an denen kein Mangel war!- geschehen Schreier gewesen sind. Aber da die Führer unse- sind. Wir müssen uns nur vor alten oder neuen rer Abteilung zum Teil verhaftet waren, die Phrasen hüten und trachten, uns ein Recht auf Unterführer keine Verbindung mit den anderen den Frühling zu erwerben, so wie wir die die Gruppen herzustellen vermochten, ja nicht einmal sem Unglück heil entkommen sind uns das die Waffenverstede genau fannten, so war die Ver- Leven neu verdienen müssen. wirrung eine grenzenlose. Was wir vier, die wir zum Schluß noch, nur mit einem Revolver in der über der Donau   und taucht die Türme des Karl­Golden schimmert der heraufkommende Abend Hand, im Zimmer saßen und endlich auf das er- Mary- Hofes in sein Licht. Da verscheucht Trop  lösende Wort zu einer andern Abteilung stoßen die Müdigkeit und die Gegenwart selbst, sorgt da= zu könnenwarteten, litten, als wir völlig zer- für, daß nichts uns einschläfert. Keine Sentimen niert, die Heimwehrkolonnen unter unserem Fen- talität, feine( blutgefärbte) Bruderhand  ", am ster vorbeiziehen sahen und die Haubißen über das wenigsten die Drohung. Nicht einmal die ge­Pflaster rattern hörten, wird keiner von uns ie nießerische Lauheit des Frühlingsabends. Denn vergessen. diese Wunden heilt keine Zeit.

ich doch die Eroica zum Testenmal?... Und die Unvollendete?- Oben, auf der Hohen Warie greifen die Hände wie spielend nach den gelbbli­tenen Zweigen und ich sehe geblendet, verzaubert, vom Balkon eines Hauses über die schöne Stadt. Ach ja, man hat sie selber oft gesummt, die Der Frühling ist von jeher eine gefährliche Melodie, und wenn man in der Fremde war und Jahreszeit für sensible Gemüter gewesen und ich der Frühling plößlich kam, dann fielen einem die brauche immer einige Tage, bis ich mich nach der blühenden Kastanien in der Kriau ein, der Franz Zeit der Dunkelheit, wiewohl gemildert durch helle und die Marie", man dachte gern an die Prater- Schneefahrten, an ihn gewöhnt habe aber so auen, an die lieben Wege um Grinzing  , Sievering wild, mit so unbändigem Schmerz hat es mich und empfand Sehnsucht nach dem Ausblick, den noch nie gepackt, wie diesmal, da ich über Wien  man vom Nußberg auf Wien   hat. sah. Denn es gibt einen Frühling in Wien  , trob Es war doch unser Wien   wie? Die Kitsch und Verfälschung, er ist vielleicht nicht so Kraft unserer Idee ist es doch gewesen, die es aus aufdringlich wie die Lieder, die ihn besingen. Er dem Dreck der Kriegsjahre zu der vorbildlichsten will nur gefunden werden. Es sind nämlich nicht aller Weltstädte erhoben hat! Und nun. Kann viel Straßen in der Welt wie die Nußdorferstraße man es fassen? Vor meinem Auge leuchten die Sind wirklich schon givei Monate seither ver­und ihre Verlängerung, die Döblinger Haupt- Bauten, heilig durch das Blut des Februar, das gangen? Es ist wie gestern, nein, es scheint, als paraden abhalten, Dantmessen lesen und herab­Drum mögt Ihr die Sieger- Frühjahrs­straße, in der zu beiden Seiten so viel Kunst- zu ihrer Verteidigung geflossen ist. Sier standen geschähe alles noch in diesem Augenblick, oder man laſſend eingestehen, daß die Arbeiterbüchereien auf erinnerung und zugleich eine solche Menge an die Geschüße der Erefutive und begannen ihr Zer- ächzte unter einem schrecklichen Traum. Weltberühmtheit zu finden sein wird. Beethoven  , störungswert und durch die eben genannten Stra­hohem Niveau standen wir kommen wieder. Inzwischen ist es Frühling geworden und Kein Doppeladler wird Euch schüßen und kein Schubert, Bauernfeld, Grillparzer  , Ferdinand v. Ben rasten die Lastwagen und Neberfallautos mit lachende Menschen ziehen hinaus, ſizen in den Kreuz Euch erlösen. Denn der einfache Prolet. Saares sind nur einige, die in diesem Um jenen traurigen Geschöpfen, die bereit waren, ihre Staffeehäusern, so wie sie im Fasching dort saßen, der sein Leben eingesetzt hat in diesen Tagen, wird freis gelebt und geschaffen haben. Und ist solch Minderwertigkeitsgefühle durch jegliches Verbre= ihren Motta tranten und die Sensationsnachrich- Euch nicht vergeben, weil er auch in den eigenen ein warmer Frühlingsabend wie heute der chen auszutoben. So daß sich die Melodien ten verschlangen, während in Hör- und Schweite Reihen strenges Gericht halten wird. Wind trägt den Duft junger Erde und aufstreben Schuberts und Beethovens scheu in die abgelegenen Menschen einen Verzweiflungskampf fämpften, von der Sträucher aus den Gärten ringsum und Gartenhäuschen verkrochen. Aber die Schamröte deſſen Heldenruhm sie später sicher auch für sich Saat tönnt Ihr doch nicht vernichten, denn sie ruht Ihr habt uns eine Ernte gestohlen, aber die man wendet den Kopf ein bißchen nach rechts und steigt jedem anständigen Menschen ins Gesicht, der einen Teil beanspruchen werden wie es ja das ein wenig nach links, nur so weit, als es notwen- weiß, daß es Zivilisten gab, die seelenruhig der liberale Bürgertum immer verstanden hat, andere Jungen oder erst eine folgende Generation die vielfältig in tausenden Herzen. Ob noch wir dig ist, um die Gedenktafeln beſſer lesen zu können, Beschießung beiwohnten und sich nur belustigt und für sich ins Feuer zu schicken. Darum ist dieser neuen Keime schen werden? Daß die Saat auf­oder man achtet auf die Namen der Seitengassen feige duckten, wenn die Kugeln der Belagerten all- Frühling so qualvoll, veitscht dieses Blühen unsere gehen wird, ist ohne Zweifel, denn sie hat treue und Pläve, die zu überqueren sind, so füllt einem zuscharf über sie hinwegjausten. Das war das Er- Trauer und unseren Jammer so unsagbar hoch, und gute Gärtner: Unsere Schuld an die Toten, manch bittersüßer Vers ein, rauschen verklungene schütterndste: Wiener   ſahen zu, wie Wiener   in weil wir beim Anſchaun jedes Grashalmes denken die Liebe zu unserer Stadt und der Haß auf Euch. Feſtſtunden in unserer Seele auf... Wann hörte ihren Häusern ermordet wurden. Unterdessen müſſen: er ist gedünnt mit dem Blute unserer Ge- Das ist der Frühling in Wien  . Bezugsbedingungen: Bei Zustellung ins Haus oder bei Bezug durch die Post monatlich 16.-, vierteljährig 48.- halbjährig 96.-. ganzjährig 192.-.- Inferate werden laut Tarif billigst berechnet. Bei öfteren Einschaltungen Preisnachlas. Rücstellung von Manisfripten erfolgt nur bei Einsendung der Retourmarfen. Die Beitungsfrankatur wurde von der Post- und Telegraphen direktion mit Erlaß Nr. 13.800/ VII/ 1930 bewilligt. Druderci: Orbis". Drud. Verlags- und Zeitungs- A.- G., Prag  .

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