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Jugend

zum Henleinfascismus?

Ein Jugendgenosse schreibt uns:

Donnerstag, 2. August 1934

Nr. 178

n❘ Unwetterkatastrophe in Brünn  

Tagesneuigkeiten Not tötet!

Karlsbad  , 1. August. Heute gegen die dritte

in allen seinen Gliederungen als den allein zustän- und zwei Kinder. digen Erziehungsverband des Sudetendeutschtums. Sie bejahen vollinhaltlich die für die. Männer­

schaft und für die Jungmannschaft vom Deutschen

Turnverband aufgestellten Erziehungsziele. Sie erflären sich bereit, an dieser Arbeit mit allen ihren Kräften teilzunehmen, um die einheitliche gefamtitaatliche Jugend- und Männererziehung zu verwirklichen."

Kirchliche Ehrung der Blutmänner

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Ganze Stadtteile unter Waffer

Die deutschen Jugendbünde ordnen sich Nachmittagsstunde fand ein Arbeiter aus Draho- Mittwoch nachmittag wurde Brünn   von nur durch die Verstärkung von Militär möglich. ein..." also schreiben einige bürgerliche Blätter wiß im Walde unterhalb des Forsthauses hinter einem Unwetter heimgesucht, wie es selbst von den Bier Stunden lang hielt das Unwetter an. Der und geben bekannt, daß in einer Aussprache zivi- dem Bezirksgericht an einem Baume hängend eine ältesten Einwohnern der Stadt noch nie erlebt Brünner Rundfunk mußte die Sendung einstellen, schen den Vertretern der Jugendbünde Deutsche Leiche vor. Aus den Papieren wurde festgestellt, worden ist. Gegen brei Uhr nachmittags brach ein ebenso wurde die Straßenbahn ſtillgelegt, weil in Jungenschaft", Adler und Falken"," Wander- daß es sich um den 35jährigen Kaufmann Leopold Gewitter los, bem ein wolkenbruchartiger Regen einzelnen Straßen die Waſſerhöhe den Straßen­vogel", und der Deutschen Turnerschaft folgender Niederauer aus Karlsbad  , handelt. Man fand bei ihm auch einen Brief, aus dem hervorgeht, daß folgte, der in ganz kurzer Zeit die Straßen der bahnverkehr unmöglich machte. Die Arbeiter und Angestellten, welche von ihren Arbeitsplätzen Beschluß gefaßt worden sei: Stadt überflutete und- da die Kanäle bas famen, fonnten vielfach erst nach Stunden heim Die Jugendbünde anerkennen restlos und die entsetzliche Notlage seiner Familie ihn zu sei­ohne jeden Vorbehalt den Deutschen Turnverband ner Tat getrieben hat. Er hinterläßt eine Witwe Waffer nicht einmal zum geringsten Teil zu faffen oder mußten große Umwege machen, um in bie vermochten die Straßen überschwemmte, in einzelnen Wohnbezirke zu gelangen. In vielen Keller, Geschäfte und Wohnungen eindrang und Straßen erreichte das Waffer die Höhe von mehr unter der Bevölkerung das größte Entsetzen her als einem halben Meter und richtete in manchen vorrief. Einige Stadtteile, so iene an der Bo- Stadtgebieten, wie in Schimit, ein wüstes Chaos Wien  , 1. August. Die Politische Korrespon- navla gelegenen, wurden von der Ueberschwem- an. Die Feuerwehr arbeitete noch in der Nacht denz" meldet: Auf Ersuchen der Witwe des Bun- mung besonders bedroht. In der Bonavlaftraße, fieberhaft, um Ordnung zu schaffen, doch werden deskanzlers Dr. Dollfuß hat der österreichische der Breßburgerstraße und der Seile bildeten sich die Rettungsarbeiten durch den andauernden Regen Gesandte beim Sl. Stuhl die Bitte überreicht, die wilde Flüffe, die in der ungenügenden Kanalifa- sehr erschwert. Eine Uebersicht über die Wirkung endgültige Be i j e ung des Bundestanz- tion feinen Raum fanden und aus den Kanälen, des Unwetters und den Schaden ist zur Stunde Und zum Zeichen ihrer Bereitschaft zu dieſer Iers Dr. Doll fuß in der gegenwärtig im bie von allen Seiten gefüllt wurden, in hohem unmöglich, trotzdem das Waffer bereits wieder Mitarbeit erfolgt die sofortige Auflösung der ge- Baue befindlichen Seipel Gedächtnis- Bogen wieder hervorschoffen, sich einen Abfluß zu finken beginnt. Glücklicherweise find ernſte nannten Jugendbünde ohne irgendwelche Vor- tir che in Wien   bewilligen zu wollen, in welcher fuchten und vielfach unter dem Straßenpflaster Unfälle bis jeht nicht gemeldet worden, obzwar bekanntlich Altbundeskanzler Dr. Scipel beigesetzt Kanäle bildeten und dabei durch den ungeheueren die Feuerwehr in ungezählten Fällen Menschen werden wird. Dieser Bitte hat der Papst so Druck daß Straßenpflaster auf weite Streden von den sie bedrohenden Waffermaffen schützen gleich it att gegeben und eine diesbezüg- aufriffen. muste. Fest steht nach dem Unglück das Urteil fiche schriftliche Mitteilung an den österreichischen Die Feuerwehr, die sofort nach Beginn der über die Unzulänglichkeit der Kanalisation der Gesandten beim Hl. Stuhl gelangen lassen. Unwetterkatastrophe alarmiert wurde und schr Stadt, die selbst bei einem normalen Gewitter bald Zuzug aus allen Ortschaften um Brünn   er- das sich in den Straßen sammelnde Waffer nicht hielt, war nicht imftande, überall dort, wo fie ge- zu faffen vermag; bei einer Katastrophe aber wie braucht wurde, Hilfe zu leisten. Das Waffer rich der geftrigen wird sie zu einer drohenden Gefahr tete in einigen Häusern so gewaltigen Schaden an, für die Stadt und deren Bewohner, und hier Ab­daß Pölzungen vorgenommen werden mußten, hilfe zu schaffen, wird eine der wichtigsten und wenn die Einsturzgefahr beseitigt werden sollte. eindringlichsten Lehren des schrecklichen Natur­Diese umfangreiche Rettungsarbeit war schließlich ereignisses vom 1. Auguft sein.

behalte.

Im weiteren Verlauf des Berichtes heißt es, daß jeder, der nur halbwegs ein offenes Auge für die Umschichtung im Leben des sudetendeutschen  Stammes hat, wird feststellen müssen, daß der Turnverein heute ganz anders ist, als vor, wäh­rend und einige Jahre nach dem Kriege.

Dies ist die Wahrheit und von hier aus wollen wir einmal aufzeigen, wie sich der Deutsche Turnverband besonders in den letzten Jahren gewandelt hat. Er hat sich insofern geän­dert, daß er heute blindlings dem getarnten Fascisten en Le in Gefolgschaft leistet. Er hat sich so geändert, daß heute seine Mitglieder die eifrigsten Anhänger Konrad Henleins, des An­wärters für den fascistischen Statthalter Hitlers  in Sudetendeutschland  , sind. Er hat sich so geän­dert, daß die frommen deutschen Turner die ge­tarnten fasciitischen Versammlungen Henleins gegen die Arbeiter schüßen", und zwar tun sie das manchmal mit allerhand niedlichen Dingen wie etwa: Schlagringen, Ochsenziemern, Messern

und dergleichen.

Aber nun sei einmal festgestellt: Damit die gesamte judetendeutsche Jugend einheitlich erzogen werden soll," gliedern sich alle bisherigen deutschnationalen und hatenkreuzleri schen Jugendbünde in den Deutschen Turnverband ein, geben sie ihre bisherige Selbständigkeit preis? In Wirklichkeit wissen wir sehr genau, daß ihnen nicht einen Deut an der einheitlichen Er­zichung der Jugend liegt, sondern es liegt ihnen chen daran, die sudetendeutsche Jugend dem Kon­ rad Henlein   zuzuführen, damit sie in den Reihen der SF( Sudetendeutsche Hitler- Front) zu waschechten Fascisten erzogen werden soll, um später eine zweite SA im Kampfe gegen die fude­tendeutsche und überhaupt gegen die tschechoslo watische Arbeiterklasse zu werden. Das ist der eigentliche Zweck der Vereinheitlichung aller sude tendeutschen Jugendbünde, in denen übrigens auch schon während ihrer gewissen Selbständigkeit das Horst Wessel  - Lied die Hymne schlechthin ge­wesen ist.

Der Deutsche Turnverband ist heute der Hort aller Fascisten, er übernimmt die ehemalige nationalsozialistische Jugend, um sie, wenn sie nach einiger Zeit genügend ausgebildet und er zogen" wurde, der SH   feierlich zu übergeben. Und darin liegt die Gefahr, in die sich die fudetendeutsche Jugend begibt. Hat fie denn aus den letzten blutigen Ereignissen des 30. Juni nichts gelernt? Weiß sie denn nicht, daß sie, wenn es ihr auch hierzulande möglich sein sollte, gleich der SA   sich an der Arbeiterklasse auszutoben, nach­her denselben Weg gehen wird, den die SA­Kameraden" Hitlers   nun gehen? Ist sie wirklich mit Blindheit geschlagen?

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Für uns aber, für die Arbeiterjugend dieses Staates wächst eine riesengroße Aufgabe heran: Mit unserer ganzen Kraft wollen wir unsere schwere Aufgabe fortsetzen, die jungen Menschen für den Sozialismus zu gewinnen. Gerade die heutige Zeit zeigt uns, daß die ersten Anzeichen des unaufhaltsamen Niederganges der fascistischen Welle in Deutschland   gegeben sind. Lassen wir uns durch nichts beirren in unserem Kampfe um die Herzen und Hirne der jungen Generation, die wir brauchen in den entscheidenden Kämpfen für den Sozialismus.

Das, was sich jetzt im sudetendeutschen   Bür­gertum abspielt, ist ein Beweis dafür, daß es sich rein fascistisch orientiert. Es sammelt seine gan= zen Streitfräfte zum Kampf gegen uns.

Und wir sagen es heute frei heraus: Der Deutsche Turnverband ist eine getarnte Fascisten­organisation unter der Führung Henleins und als solche werden wir ihn auch weiterhin behandeln.

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Unfall- Versicherungs- Pflicht der Geschäfts­reifenden Autolenter. Die Union   der Geschäfts­reisenden und Vertreter im Einheitsverbande der Privatangestellten, Prag   II., Jungmannova ul. 29, teilt uns mit, daß laut Bestimmung des Un­fall- Versicherungs- Gesezes diejenigen Geschäftsreisenden, die ihren Geschäftsreisen ein Auto ihrer Firma benüßen und die fc3 felber Tenten, gegen n fall versichert sein müssen.

auf

Ein Dampfer gescheitert

Liffabon, 1. August.( Havas.) Der Dampfer Huy Barbosa" scheiterte unweit von Oporto  . Er ist wahrscheinlich verloren. Der größte Teil der Besabung, die aus 125 Mann bestand, weiter 85 Passagiere und ein Teil der Ladung wurden auf ein anderes Schiff gebracht. Unter den Reisenden befanden sich auch 65 jüdische Auswanderer aus Deutschland  , die nach Brasilien   unterwegs sind.

Von Frau und Töchtern ermordet!

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aus Laibach: Der in Altenmarkt   mit Frau und Graz, 1. Auguft. Die Tagespost  " meldet Tochter sowie einer unehelichen Tochter seiner Frau lebende 59jährige Franz Serse wurde im Berlaufe eines Familienstreites von den drei Frauen umgebracht und die Leiche zerstückelt. Die Zeichenteile wurden zum Teil in das Klosettrohr geworfen, zum Teil im Ofen verbrannt. Die un eheliche Tochter der Frau beging dann Selbstmord durch Ertränken im Laibachfluß. Ein am Ufer hinterlassener Abschiedsbrief führte zur Aufdet­fung der grauenvollen Tat.

Für Verbrecher nur Rerker Wien  , 1. August. Scute wurde das Urteil gegen die Hopfgartner Mordbrenner gefällt. Die Angeklagten Lechner, Bachler und Clementi wur­den im Sinne der Anklage schuldig erkannt und zu lebenslänglichem Kerfer verurteilt. Das Urteil ba­siert auf dem besonders bei Bachler und Clementi, reuigen Geständnis der Angeklagten, die die Ver­fündung des Urteils ruhig aufnahmen. Lediglich Clementi ersuchte um Gewährung einer Be­dentfrist.

Mit dem Motorrad in die Zuschauer New York  , 1. August. Wie aus Latewood ( New Jersey  ) berichtet wird, ereignete sich bei einem Kirchenfest in dem benachbarten Holmans­ville ein schweres Motorradunglück. Bei Vorfüh­rungen famen zwei Motorradfahrer plößlich ins Schleudern und fuhren in die Zuschauermenge. zwei Personen wurden getötet und an 30 verlegt. Neun von den letteren trugen schwere Verlegun­gen davon.

Bor 20 Jahren...

Lints: Die Wir fung der deutschen 42 Zentimeter- Gra­naten in einem der Forts von Lüttich Rechts obe 11: Französische   Küras­fiere auf dem Marsch zur Front. Recht é unten: Eine eng­lische Kolonne, die zum Teil mit In­dern besetzt ist, in Nordfrankreich.

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Granfiges Schattenspiel. Noch ist der uralte und verlebte, während die betrogenen Wähler menschliche Schatten von Neudeck nicht völlig aus- unter den Streichen der Sadisten verröchelten, gelöscht und schon lauern am noch warmen Kör- feine langen Tage ruhig und voll Frieden auf per jenes Mannes, der einmal das Wort von der Gut Neudeck. Jenem Gut Neudeck, um das der Treue, die das Mark der Ehre" sei, gesprochen Schmutz des Osthilfeskandals in üppigster Weise hatte und der diese Treue seinen Wählern in so wucherte. Jetzt werden sie ihn, als Lesebuch. fürchterlicher Weise brach), die diversen Nachfol- legende herausgeputzt, unter dem verlogenen ger und mit ihnen ein Seer widerwärtigster In Pomp kitschigster Legendenbildung, zu Grabe trigen. Unter der Devise Wer begaunert wen?" tragen. Die letzten siebzehn Monate seiner Prä. schreibt man ehrfurchtschauernde Leitartikel, läßt sidentschaft waren siebzehn Monate tiefsten deut. man das Arsenal der heroischen Clichés aufmarschen Niedergangs. Eines Niedergangs, der durch) schieren, mit denen die Deutschen   so oft besoffen den Märtyrertod unzähliger der besten Deutschen  gemacht worden sind. Der ruhingekrönte Heer- gekennzeichnet ist. Auf seinem Grab aber wird führer", der Vater des Vaterlandes", der vielleicht der Endakt jener grausigen deutschen Geld von Tannenberg  " tritt wieder einmal in Tragödie gespielt werden, an der Paul von Sin Aktion, aber während sie angestrengt in Tradi- denburg, der Treueste der Treuen  ", sein gerüt­tion und Heldenverehrung machen, fliegen die telt Teil Schuld trägt! 3ynismen nur so hin und her. Es ist ein Spezi­Wahrscheinliches Wetter heute: Im Westteile fifum der Diktaturen, daß sie die Menschen nicht des Staates zunächst wechselnd bis vorwiegend bes beffer, sondern schlechter werden lassen. Hinter wöltt, nur vereinzelt leichte Schauer, im allgemei der Maste des tiefsten Respekts grinjt nackte nen etwas kühler, später wieder Abnahme der Schamlosigkeit und die Skrupellosigkeit des Bewölkung. Im Osten noch warm, zunehmende schmierigen politischen Geschäfts. Noch nie ist in Gewitterneigung. Deutschland   so oft von Treue gesprochen worden Bubenstreiche. In Počedělice bei Louny ver­wie jetzt in den Tagen der barbarischen Difta- nichtete der Häusler V. K. auf dem Felde des tur und noch nie ist diese Treue so oft gebrochen Landwirtes Strejcovský 20 Schock Hopfen. Auf die worden wie unter ihr und durch sie. Das Wer- Spur des Täters führte ein Polizeihund. Der den des deutschen Fascismus war gekennzeichnet Täter wurde verhaftet. Der Schaden wird auf durch eine ununterbrochene Sette von Verräte- 15.000 geschäßt. In Viči bei Louny beſchä­Papen, der den Dolch gegen seinen besten fahndet nach dem Täter. reien. Durch die Galgentricks der Herren von digte ein unbekannter Täter die Švehla- Linde, die wahrscheinlich absterben wird. Die Gendarmeric Freund", den gemeuchelten Kurt von Schleicher  Macht. Jener Herr von Hindenburg   aber, dem Ontario  , der vor mehreren Wochen seine Heimat­Opfer des Retordwahns. Der junge kanadi. zückte, kam das Regime der Kameradentiller zur sche Seemann John Smith   aus Petersborough in sie jetzt Lorbeerkränze des nationalen Mythos stadt verließ, um in einem fünf Meter langen winden, hatte sich kurz vorher von den Feinden Stanoe nach Großbritannien   zu rudern, ist ertrun­der Terroristen zum Präsidenten wählen lassen. ten. Seine Leiche wurde etwa 100 Meilen vom So abanciert, ließ er den Wolf in die Hürde ein Lande entfernt von einem Dampfer geborgen.