14. Jahrgang
Nr. 249
Mittwoch, 24. Oktober 1934
IENTRALORGAN DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. Redaktion üno Verwaltung mag xii.,fochova a. telefon smn. Administration telefon sxn. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, FRAG.
Einzelpreis 70 Halter (einschlieWtch 5 HeHer Pofte|
Das Ministerium für öffentliche Arbeiten führt 40 stnndlge Arbeitswoche durch Die Verharzung der Arbeitszeit bei den staatsbauten bat die Vermehrung do* Zahl der Beschäftigten in größerem ilmlang ermöglicht Eine strenge Vergebnngsordnnng wird vorbereitet
Die gesetzliche Verkürzung der Arbeitszeit durch Einführung der Bierzig-Stundenwoche als eines der wichtigsten Mittel zur Ueberwindung der Arbeitslosigkeit konnte bisher wegen des Wider­standes der kapitalistischen   Parteien und insbeson­dere der Jndustriellenorganisationen tveder im internationalen Matzstabe, noch in der rschechoslo- waki scheu Gesetzgebung durchgesetzt werden. Die Verhandlungen. im Schote der Regierung sind zwar im Gange, aber sie gestalten sich sehr schwie­rig und ohne die großen Anstrengungen beider sozialdemokratischen Parteien in der Regierung würde diese unabweisliche Forderung verzögert werden. Es sind vor allem zwei Ministerien, die mit dem größten Nachdruck auf die Verkürzung der Ar­beitszeit hinarbeiten: Das Ministerium für so­ziale Fürsorge unter Leitung des Genossen Dr. A. M et ß n e r und das Ministerium für off e n tl i ch e A r beiten, das vom Gen. Dr. Ezech geleitet wird. Ueber die bedeutsame Tätig­keit des Ministeriums für soziale Fürsorge haben wir in den Hauptumrissen, aber bei weitem noch nicht-^pschüpfend, bei verschiedenen Gelegenheiten berichtet. Heute wollen wir auf die Bemühun­gen Hinweisen, die das Ministerium für öffentliche Arbeiten in der Frage der Verkürzung der Arbeits- zest entwickelt, denn das ist jetzt die wichtigste Frage für die Arbeiter. Der Öffentlichkeit ist entgangen, daß b ei staatlichen Li ef er ungen und Arbeiten, die vom Ministerium für öffentliche Arbeiten vergeben werden, die virrzigstündigr Arbeitswoche eigentlich schon seit mehr als einem halben Jahre praktiziert Wird. j;. Genosse Minister Dr. Cgech hat, gestützt auf einen Regierungsbeschluß vom Juli 1933, sofort nach seinem Amtsantritt die Verfügung getroffen, daß die viexzigstünd. Arbeitswoche bei allen staatlichen Bauten und Lieferungen, die das Ministerium für öffentliche Arbeiten vergibt, zum Bestandteil der Vergebungsbedingungen gemacht wird. Jede Firma, der eine Lieferung oder ein Bau übertra­gen wird: muß sich streng verpflichten, daß die Arbeiterschaftauf dem ihr über« tragenenBau nur 40 Stund» en wöchentlich beschäftigt wird. Das gilt auch für weitere Schichten, die das Ministerium für öffentliche Arbeiten zuläßt, denn durch Ein­führung einer weiteren Schicht wird auch bei Ver- lürzung der Arbeitszeit eine noch stärkere Beschäf­tigung der Arbeiter ermöglicht. Die Einhal­tung dieser Bedingungen wird mehrfach und streng kontrolliert, einerseits durch die Bauaufsicht des Ministeriums für öffentliche Arbeiten, andererseits durch die Ge- werbeinspektorate unter unmittelbarer Mitwirkung des Ministeriums für soziale Fürsorge. Die Löhne, und zwar nicht nur der Hilfsarbei­ter, sondern auch der qualifizierten Arbeiter, müssen nach den geltenden Kollektivverträgen bezahlt werden und die Arbeiter dürfen nur durch Vermittlung der öffentlichen oder gewerkschaftlichen Arbeitsver­mittlungsstellen ausgenommen werden- Durch Maßnahmen des Ministeriums für öffentliche Arbeiten gegen die überstürzteRationalisierung wurde bei diesen Bauten erzielt, daß eine möglichst große Anzahl von Arbeitern ausgenommen werden konnte. Da§ Ministerium für öffent­lichen Arbeiten hat im Laufe des heurigen Jahres« Arbeite«, insbesondere Straßrnbauten, für mehrere hundert Millionen Kronen zu diesen Bedingungen»ergebe«. Die Durchführung dieser Vergebungsbedingungen überwacht das Ministerium für öffentliche Arbei­
ten strenge. Bei jeder Umgehung der Vergebungs­ordnung werden die in den Bergebungsbedingun- gen genau festgesetzten Konsequenzen gezogen. Selbstverständlich werden Firmen, die diese Ber- gebungsbedingungen nicht einhalten, in künftige« Fällen vom Wettbewerb ausgeschlossen. Unter Mit­wirkung des Ministeriums für soziale Fürsorge setzt das Ministerium für öffentliche Arbeiten aus diese Weise einen großen Teil des Planes zur Ver­mehrung der Arbeitsgelegenheiten, welchen die So­zialdemokratie verfolgt, in die Tat um. Daraus ist ersichtlich, um wieviel die Arbeits-
Belgrad.(Avala.) UzunoviL hat das Kabinett wie folgt gebildet: Ministerpräsident Uzunovii, Minister für AeußrreS I t» t 11, KriegSminister und Minister für Marine­wesen General Zivknviö  , Inneres L a z i L, Oeffentliche Arbeiten S r k u l j, Finanzen Georgieviö, Oeffentliches Schulwesen Sumenkovii, Körpererziehung Andjelinoviö, Forst-«. Grudenministerium U l m a n s k i, Justiz M a r i m o» i L, Landwirtschaft und soziale Fürsorge R o v a k und K o j i L, Handel, Industrie und Verkehr Kuzma- u, v i ö und Demetrovii. Minister ohne Portefeuille find die ehemali­gen Miuisterpräfidenten Marinkoviö und S r s k iS. Der Zusammenstellung der neuen Regierung Uzunoviä ging die Verhandlung mit den Führern der ehemaligen serbischen, kroatischen und slowe- nischen Parteien voraus, welche aufgelöst find. Wenn diese Verhandlungen gescheitert sind, so ist dies eher persönlichen, als prinzipiellen Gründen zuzuschreiben. Indessen muß betont wer­den» daß das jetzige Kabinett einen Sl»-
Am 21. Oktober gegen 8.50 traf der Extra­zug aus Teplitz-Schönau   in Bodenbach ein. Sämt­liche im Dienste stehenden reichsdeutschen Zoll­beamten, Grenzpolizei und Bahnbedienstete hatten, offenbar über höhere Weisung, auf den Bahnsteig vor der deutschen   Zollrevisionshalle Aufstellung ge­nommen und grüßten einheitlich, wie auf Kom­mando, mit zum Hitlergruß erhobe­ne r r e ch t er Ha n d und lauten Heilrufen. An dieser fasciftischen Kundgebung beteiligte sich auch der zu dieser Zeit diensttuende Fahrdienst­leiter der Reichsbahn namens Köhler. Während des Aufenthaltes in der Station Bodenbach begaben sich die reichsdeutschen Beamten zu den Waggons des Extrazuges und waren so­fort in angeregtester Unterhaltung mit den Hei- matfrontlern begriffen. Ms der Zug die Station gegen B.-Leipa wieder verließ, nahmen die reichs­deutschen Beamten wieder am Perron Aufstellung, grüßten wiederum einheitlich mit dem Hitlergruß und lauten Zurufen. Die Heimatfrontler hatten bei der Ein- fahrt des Zuges und seines Aufenthaltes nur mit Heilrnfen und vereinzeltem Handaufheben geant­wortet, bei der Ausfahrt streckten sich Hunderte zum
losigkeit, aller staatlichen und öffentlichen Investi­tionen ungeachtet, größer wäre, wenn bei diesen Arbeiten nicht schon die vierzigstündige Arbeits­zeit angewendet würde. Gestützt auf diese Erfah­rungen bereitet das Ministerium für öffentliche Arbeiten eine Aenderung der sozialpolitischen Bestimmungen der Bergebungsordnung vor, in welchem Bestreben es vom Ministerium für soziale Fürsorge unterstützt werden wird. Diese Aenderungen der Vergebungsordnung sollen auf alle staatlichen und öffentlichen Bauten und Arbei­ten Anwendung finden. Es wäre zu wünschen, daß der ja bereits geltende Rrgierungsbeschluß vom Juli 1933 auch bei Bauten und Lieferungen an­derer Ressorts mit gleicher Energie durchgefuhrt würde. Es würde dadurch ein noch größerer Pro­zentsatz der Arbeitslosen in den Produktionsprozeß eingegliedert werden. Aus diesen Tatsachen geht auch der Sinn und die Bedeutung der Tätigkeit der Sozialdemokratie in der Regierung und die Rich­tigkeit ihres Vorgehens hervor.
Berni, vier Kroaten   und elf Serben zu seinen Mitgliedern zählt. Hinter dem nenen Kriegs- und Marineminister General ZivkoviL  steht die Arme». MarinkoviL repräsentiert im nenen Kabinett da» demokratische Element. . UzunobiL hat in sein neues Kabinett den Armeegeneral Z i v k o v i c, welcher der erste Ministerpräsident der Regietungsära seit dem 6. Jänner 1929 war,<^ls Kriegsminister in sein Kabinett beruien. Die beiden Nachfolger Zivkoviö im Amte des Ministerpräsidenten, Marinko- Vic und Dr. S r s k i ä, sind in das neue Kabinett als Minister ohne Portefeuille eingetre­ten. Infolge der Ernennungen dieser drei ehemali­gen Ministerpräsidenten ist man an politischen Stellen der Ansicht, daß es sich dem Regentschafts­rat darum gehandelt hat, das Regime, welches der verstorbene König Alexander I. durch den am 6. Jänner 1929 bzw. am 3. September 1931 er­folgten Umsturz inauguriert hat(Okroierung der Verfassung, welche gegenwärtig in Geltung ist), nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern zu befestigen. Wie in Regierungskreisen erklärt wird, bringt die Zusammensetzung der neuen Regierung das vom Ministerpräsidenten Uzunoviä in seiner Erklärung vom 21. d. M. dargelegte Regierungs­programm klar zum Ausdruck, daß er unbeirrt den Weg gehen werde, welchen König Alexander der Innen- und Außenpolitik vorgezeichnet hat.
Hitlergruß erhobene Hände aus den Waggonfen- steru und laut, daß man es selbst in den dem Bahnhofe   nächstliegenden Straßen Bodenbachs hören konnte, ertönte» immer und immer wieder ihre Rufe: Heil Hitler! Beim Eintreffen des Karlsbader Extrazuges um 10.45 wiederholte sich dasselbe Schauspiel: Wieder ft a ndendie reichsdeut sch e n Beamten auf dem Bahnsteig, grüßten demon­strativ mit dem Hitlergruß und Heilrufen. Die Karlsbader Henleinleute erwiderten diese Begrü­ßung mit Heilrufen, vereinzelt hörte man auch RufeHeil Hitler!" und hinter den Wag- gonfenstern erhoben sich die Hände der Henlein- nazi zum Hitlergruß. Auch am.Abend bei der Rückfahrt der Extra­züge setzten die reichsdeutschen Beamten ihre fasci- stischen Demonstrationen fort. Das Verhalten der reichsdeutschen Bahn- beamten ist um so auffallender, als sie noch n i e einen inländischen Sonderzug in der gleichen Weise begrüßt haben. Weniger auffallend ist allerdings das Verhalten der Henlefjileute: über sie wissen Nur schon lange Bescheid.
Hetze gegen die Emigranten Seit dem Attentat von Marseille   hat die Hetze gegen die Emigranten, die von den besol- deten und den freiwilligen Helfern der Hitlerei seit Fahr und Tag betrieben wird, neue Nahrung bekommen. Kein Tag vergeht, ohne daß gewisse Blätter in unserem Gesichtskreis vor allem die sudetendeutsche Provinzpresse, aber auch ge- wisse nationalistische und klerikale Partei­blätter die Walze gegen die Emigration ein­legen. Eine Sorte tschechischer Blätter ist immer bereü, in den Chor einzustimmen, worauf die deutschen HitlerbVtter wieder dievernünftigen tschechischen Stimmen", beifällig registrieren. Da­bei verfolgt jede Gruppe natürlich ihre Sonder­interessen. Die Henleinblätter haben es besonders auf die deutsche Emigration abgesehen. Die kl e r i k a l e P r esse möchte den deut- s ch e n Emigranten manches verzeihen, wenn nur gegen die österreichischen scharf vorgegangen würde. Merkwürdigerweise finden sich in all diesen Blättern keine Bemerkungen über die sudctendeutsche Nazi-Emigrätion in Deutschland  , über die B a e r a n, L e i b l, Krebs, P l e y e r, die im Dritten Reich als Agitatoren gegen die Tschechoslowakei   tätig sind. Einen der scheinheiligsten Hetzartikel leistet sich dieSübetendeutsche T ä g e r. z e i t u n g" vom81. Weinmond". Dieses de- rüchtigte Fascistenblatt schreibt nach einer län­geren, von Pazifismus nur so triefenden Einlei­tung folgendes: Was in diesem Zusammenhang von beson­derer Dringlichkeit ist, das ist die Frage der po­litischen Emigration in Europa  . In allen euro­ päischen   Ländern gibt es heute viele Tausende po­litischer Flüchtling«, die aus ihrem Heimatland vertrieben sind und in der Fremde kein anderes Ziel kennen, als gegen die Regierungen ihres ehemaligen Vaterlandes zu schüren. Diese Emi­grantenlager sind die eigentlichen Herde ständiger!! nruh en und eine fast unerträgli ch e B e l a st u n g der offiziellen Außenpolitik, die dauernd von der unterirdischen Wühlarbeit solcher E l e m e n t e durchkreuzt wird, die nichts zu ver­lieren haben. Europa   ist von einem wahren Schützengrabennetz der politischen Emigration durchzogen, die mit allen Mitteln darauf hin­arbeitet, Unruhen herbeizuführen, und nur die Rache als einzige Triebkraft ihres Handelns kennt. Unter diesen Uniständen schlagen die bewegten und unruhigen Wellen der Innen­politik in verhängnisvoller Weise auf das Gebiet der Außenpolitik hinüber, wie wir es eben jetzt an den Folgeerscheinungen des Marseiller   Attentats erleben. In einer Reform pes veralte­tem Asylrechtes läge eine d an kb a r e Aufgabe des Völkerbundes, um einem Mißbrauch der Emigration durch einzelne Staa­ten vorzubeugen. Man beachte, wie raffiniert hier mit dem Begriff Emigranten umgegangen wird, als handle es sich bei der Ustasa   und der So­ft a d e, bei der U m r o und der österreichischen Emigration, bei der spanischen   und der weiland deutschvölkischen Emigration um dieselbenEle­mente"! Wo sind die Emigrantenlager, in denen Attentäter geschult und von denen sie mit Geld, Waffen und Pässen versehen zur Tat ausge­schickt werden? Man findet sie n u r i n f a s c i- st i s ch e n Staaten, denen die ganze Liebe derSudetendeutschen Tageszeitung" und ihrer finanziellen und polifischen Hintermänner gehört. Nach Ungarn   find die Erzberger-Mörder ge­flohen, die in derSudetendeutschen Tageszei­tung" mehr als einmal als nationale Heroen ge­feiert wurden. In Ungarn   sind die Hejas- banden bewaffnet worden, die das Burgenland  überfielen und die Praxis des Polstischen Mor- des nach Oesterreich   trugen. Aus Ungarn  sind die Attentäter von Marseille   gekommen, ausgerüstet mit allem technischen Komfort moderner Verschwörer. Aber auch in Berlin  , wohin es die Sudetonazi so nahe haben, bestan­den seit 1938 Verschwörerzirkel der Mordorga- nisation, in Berlin   erschien ein Blatt der
Kabinett Uzunovic mit drei Früheren Ministerpräsidenten
Fascistische Provokationen in Bodenbach
Reichsdeutsche Bahnbeamte und Henleinleute:Heil Hitler  !