Nr. 249Mittwoch, 24. Oktober 1934Seite 8Sozialdemokratie bei den Landtagswahlen überhauptnicht verwirkte, die Entdeckung gemacht, daß dieschwedischen Sozialdemokraten bei den StadtratS-wahlen m Göteborg ein Mertel ihrer Stimmenverloren, daß hingegen die Nationalsozialisten dreiMandate gewannen. Sie trägt auf diese Weise da«gn bei, Henleins Geist und Methode zu feiern.(InGöteborg fand übrigens gar keine Wahl statt.)Der«Brünner TageSbote" ist vonHenlein so begeistert, daß er dessen lapidare SätzeWer Deutschland also entschuldigt:.... so liester sich bei diesen Formulierungen, wie man deutlich herausliest, gewist auch von derRücksichtaufgewisse Empfindlichkeiten vieler seinerAnhänger, die ja zum grasten Teil den Mitgliederreihen der aufgelösten deutschen Parteien entstammen, leiten. Wer auf solche und ähnliche Rücksichten must doch jeder Politiker, der nicht eines Tages.ohne Anhang dastehen will, Bedacht nehmen..."Ot sich die Demokratie diese Rücksicht auf das zarteGemiit der Mörderfreunde gefallen lassen wird, istallerdings eine andere Frage.Vie PartsiblLttvr.Die«Deutsche L a n d p o st", das Zentrock-organ des B. d. L., meint:,»Nach der Kundgebungvon B.-Leipa wird man wohl annehmen dürfen, daßauch die Gruppe Henleins nunmehr als eine völligernstzunehmende gewichtige Komponente der politischen Willensbildung von allen BerantwortungSträ-gern der Staatsgewalt angesehen und gewertet werden wird." Den Anfang hat bekanntlich der Bundder Landwirte schon lange vor der Programmerklärung Henlein- gemacht.Die.Deutsche Presse", das Zentralorgan der Ehristlichsozialen, redet dem Henlein gutzu. auf den Totalitätsgedanken zugunsten einer selbständigen katholischen Partei zu verzichten..Einheitspartei nein— Einheitsfront ja." Nach demHinweis, dast Mayr-Harting alles schon besser gesagthabe als Henlein kommt der sehr vorbehaltreicheSatz:„W e n n es Henlein mit seinen Worten«h r-li ch meint, dann sind die Aussichten der Einheitsfront positiver als früher zu beurteilen." Ob derHast gegen den Marxismus bei den einzelnen.Freunden" gröster sein wird als der Parteiegoismus bleibt noch abzuwarten.„Prager Presse'* lehnt ab.Scharf ablehnend äustert sich die.PragerPresse". Sie schreibt u. a.:.Man must denTag in Böhm.-Leipa gesehen haben, um sich von derHenleinbewegung einen richtigen Begriff zu machen.In der Tat: sie ist eine Bewegung abseits von allendemokratischen Parteiformen. Sie ist von der Ueber»zeugung durchdrungen, nicht unter die deutschenpolitischen Parteien als Gleiche unter Gleiche tretenzu können, sondern über die Köpfe der gewLhltenBolkSvertreter hinweg handeln zu müssen. Sie hatfür die deutschen politischen Parteien nur eines vorbereitet: da» Grab."— Die.Prager Presse" schliesstihre Betrachtung:.Der Tag von Böhm.-Leipa warein Durchbruch. Aber kein Durchbruch derDemokratie."Von Kreta Uber dieHenlelnfront zum VerräterDer Königswarter Obmann der SHF fünfJahre Kerker.Der vierundzwanzig Jahre alt« ledige Flei«schergehilfe Karl B u b e r l aus Bad Königswartwurde vom Kreisgericht in Eger schuldig erkannt,am 29. Mai, am 19. Juni und am 10. Juli 1984in Deutschland, und zwar erstens in Sch ö n b e r geiner fremden Macht unmittelbare Tatsachen,Vorkehrungen und Gegenstände ausgekundschaftet zu haben, die mit Rücksicht auf die Verteidigung der Republik geheim bleiben sollten; zweitens sich am 10. Juli inBoitersreuth beimZollamt einem Oberrespizienten der Finanzwache P e t i i k und dem Finanzer P u r k e r mitgewaltsamer Handanlegung widersetzt zu haben;drittens ohne behördliche Bewilligung einen Umzug veranstaltet und damit di« Verbrechen nach8 6, Zahl 1, 2, 3 d-S Schutzgesetze«, 88 81, 82des Strafgesetzes und die Uebertretung nach88 3. 19 des VersammlungSgeseheS begangen zuhaben und nach 88 6 und 1 des Schutzgesetzes,2. Strafgesetz(fünf bis zwanzig Jahre) z ufünf Jahren schweren Kerker«mit einmal Fasten vierteljährlich, unbedingt beiVerlust der bürgerlichen Ehrenrechte für dreiJahr« verurteilt. Vom Verbrechen nach§ 2 desSchutzgesetzeS wurde er freigesprochen. Sein Verteidiger, Dr. Tutzauer(Eger) meldete die Berufung gegen das Strafausmass und der Staatsanwalt die Nichtigkeitsbeschwerde an wegen der Freisprechung vom Verbrechen nach 8 2 des SchutzgesetzeS(Vorbereitung von Anschlägen gegen dieRepublik). Bei der Verhandlung War die Oef«fentlichkeit ausgeschlossen.Karl vuberl war der Gründer der OrtS-sruppe der Dudetendeutschrn Heimatfront in BadKöuigSwart und deren Obmann. Al« solcherwurde er von der Bezirksbehörde in Marienbadnicht anerkannt, weil er der verbotenen NSDAP-Partei angehört hatte. Die Obmannstelle bei derSHF in Königswart hatte er nach Weisung derBezirksbehörde in Marienbad freiwillig»iedergelegt.Ne tsdiedilsdien Genossenfür Zusammenarbeit mit allen sozialistischen and demokratischen Richtungen.Sonntag hielt der Brünner Gau der tschechischen sozialdemokratischen Partei in Brünn ein«Konferenz ab, welcher ein äusserst günstiger Orga,nisationSbericht vo^lag. Die ftriei zählt imBrünner Gau 424 Organisationen mit 14.000Mitgliedern. Ebenso erfreulich ist die Entwicklungder Frauen- und Jugendbewegung, sowie derandern Parteigliederungen.Da« politisch« Referat hielt Genosse Abg.H a m p l, der auf die KonzentrationsbestrebungenFreude bei Goebbels„Sehr begabt, unser Filialleiter in der CSR! Getarnt wie ein alter Osaf.—Schlagworte aus„Mein Kampf“, tade llos placiert— Im übrigen kennt er unsnicht— der alte Demokrat...!**in der letzten Zeit einging und sich für die Zusammenarbeit mit allen sozialistischen und demokratischen Faktoren in der Republik aussprach, die inder Zeit der Vereinigung des reaktionären Lagerseine eiserne Notwendigkeit ist. Diese Worte warenauch an die tschechischen Nationalsozialisten gerichtet. Die Zusammenarbeit mit den Kommunisten wird allerdings solange nicht möglich sein, alsihre Angebote nichts anderes als politische Manöver bedeute».Billigung des Marseiller MordesIn OesterreichDie monarchistische Zeitung»Staatswehr"billigt in einem Artikel den Mord von Marseilleund spricht die Hoffnung aus, dass er zur Vereinigung Kroatien» mit den anderen Donauländern unter Habsburgs Szepter führen werde.Die.Prager Presse" bemerkt dazu:»Es ist m e r k w ür d i g, dass eine derartigeAuslassung in einem österreichischen Blatt-zu einerZeit gedruckt und verbreitet werden darf, in derdi« Haltung der Presse von einer Stelle geregeltwird."Wir möchten besonder» der»DeutschenPresse" empfehlen, sich weniger mit der sozialistischen Emigration al» mit derartigen nettenKleinigkeiten aus Schuschnigg» Reich zu beschäftigen!Auch die„R e i ch» p o st" und die amtlich«»Wiener Zeitung" setzen sich heftig fürUngarn ein. Vielleicht erwägt Schuschnigg,demnächst auch seine Anleihen in dem zwar sogut wie bankrotten, aber dem Herzen der Vaterländischen Front so nahestehenden Ungarn aufzunehmen?20 Kroaten aus BelgienausgewiesenParis. Das»Journal" meldet aus Brüssel,dass die belgischen Polizeibehörden die Ausweisungaller kroatischen Irredentisten aus Belgien verfügt haben. Am Montag wurden zwanzig ausgewiesen. Diese Verordnung erfolgte deshalb, weilfestgestellt wurde, dass in der Sitzung der Zweigstelle der Organisation»Ustascha", die heuer imApril in Seraing unweit Lüttich stattfand» dieErmordung des Königs Alexander beschlossenwurde.Um die Auslieferungder VerschwörerDie jugoslawische Presse vertritt den Standpunkt, dass Italien verpflichtet sei, di« in Turinverhafteten Anstifter des Attentats, K v a t e r»n i k und P a v«I i L, an Frankreich auszuliefern. Italien scheint nicht gewillt zu sein, die Abkommen so auszulegen., In Frage kommt nebendem italienisch-französischen Auslieferungsvertragvon 1871 die„belgische Klausel", die nach derErmordung des Königs Umberto im Jahre 1901ausgenommen wurde.Die jugoslawische Presse ist sehr verstimmtüber den Besuch G ö m b ö» in Warschau. Da»Blatt,Breme" ergeht sich in heftigen Angriffen aufUngarn und fragt Polen, ob eS sich aller Folgenbewusst sei. E» erscheint als möglich, dass unterdiesen Umständen GömböS seine Reise nachRom wird verschieben müssen.MarinekonferenzLondon. Unter dem Vorsitze de» Ministerpräsidenten Macdonald begannen DienStag um 10Uhr in der Downingstreet die japanisch-englischenMarineverbandlungen.Arbeitermord in Oesterreichkostet 120 Millionen KtWien. Aus der Veröffentlichung des OberstenRechnungshofes lassen sich nunmehr die im Zusammenhang mit den Feber-Ereignissen entstandenen Mehrausgaben des Sicherheitsdienstes' errechnen. Insgesamt entfallen im ersten Halbjahrauf Landesverteidigung, Exekutive und Schutzkorps rund 120 Millionen Schilling gegen dasursprüngliche Präliminare von etwa 88 Millionen.Die Feberereignisse haben daher ein Mehrerfor-dernis von mehr als einem Drittel des Prälimi«nars, etwa 81.3 Millionen Schilling, veranlasst.2500 lote in Spanien?Paris. Nach einem Bericht der MadriderZeitung»Epoca" sollen bei den Kämpfen inAsturien mehr als 2000 Personen ums Leben gekommen sein.Explosion— 32 ToteMadrid. Bei einem Munitionsexport nachOviedo ereignete sich eine Explosion, bei der 82Soldaten den Tod fanden. Man glaubt an einenAnschlag der Aufständischen.Schlaganfall GaramlsBudapest. Der aus der Emigration heimgekehrte Sozialistenführer Ernst Garami sollte sicham MoNtäg vor dem Budapester Gericht wegenSchwähUng der ungarischen Nation verantworten,die er durch einige in Pretzburg erschienene Artikelbegangen Höchen soll. Garami war jedoch zur Verhandlung nicht erschienen, da er laut ärztlichemBefund wegen plötzlicher Gehirnblutung undrechtsseitiger Lähmung monatelang das Bett hütenmutz. Die Verhandlung ist bi» 19. Dezember vertagt worden.Die klerikale Presse, in einer Anwandlungvon Schamgefühl, von dem ihr ein Rest verbliebenist, bemüht sich, für di« Grausamkeiten der spanischen Konterrevolution eine Begründung herbeizuschaffen. Dollfuss und Gil Nobles,Fey und Baletin einem Jahr, das ist dochzuviel für das christliche Gewissen, zumal da inSpanien ein Präsident— allerdings kein, klerikaler— da ist, der die Menschlichkeit gegen diechriftkatholischen Hyänen verteidigt und sich weigert, die Bluturteile zu unterzeichnen, die seinerzeit M i k l a» mit einigen Gebeten genügend gedeckt glaubte.Um also die Bestialität der spanischen Klerikalen zu rechtfertigen, erzählen die klerikalenBlätter, dass man in Asturien Frauen ermordet,,Kindern die Augen ausgestochen hab« und was«inperverses Jesuitenhirn in seiner Skrupellosigkeitmehr an Lügen ausheckt, wenn es gilt, das heiligeBesitzintereffe zu rechtfertigen.Wie erlogen diese Grepelgeschichtensind, geht schon daraus hervor, dass die spanischeRegierung, gewiss daran interessiert, die Aufständischen aw Bösewichter hinzustellen, nichts vonsolchen Untaten erzählt, dagegen aber sehr breiteDarstellungen ihrer„Strafaktion" in Asturiengibt, bei der ganze grosse Betriebe dem Erdbodengleich gemacht, die fliehende Bevölkerung ausFlugzeugen mit Maschinengewehren beschossenwurde, und di« so grosse Erfolge hatte wie dieschon gemeldet« Verschüttung von 100 Bergarbeitern durch einen einzigen Artillerietreffer in denFörderschacht.Hem Aufschub mehr!Parteivorstand fordert Regelungder SemstverwaltungslinanzenIn seiner Aussiger Sitzung vomSonntag, den 21. Oktober, beschäftigte sichder Parteivorstand der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei auch mit derLage der Selbstverwaltung und faßte seineForderungen in der nachstehenden Entschließung zusammen:Der Parteivorstand der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei stellt nach Entgegennahme des Berichtes des kommunalpolitischenAusschusses der Partei fest» daß eine durchgreifende finanzielle Hilfe für dir Selbstverwaltungskörper keinen Aufschub mehr vertragt.Der Parteivorstand fordert daher dir eheste Verwirklichung gesetzlicher Maßnahmen zu diesemZwecke. Diese Maßnahmen müssen einerseits dmlaufenden Haushalt der Selbstverwal»tungskörper sanieren, so daß diese imstande sind,dm Aufwand zur Erfüllung ihrer sozialpolitischmAufgabm durch sichere Einnahmen zu deckm.Anderseits müssen sie den Schuldrndirnstder Gelbswerwaltungskörprr sicherstellm undihnen die Aufnahme von Darlehm zur Bedeckungdringender außrrordmtlicher Bedürfnisse und zurDurchführung gemeinnütziger Arbeitm zumZwecke der Milderung der Wirtschaftskrise undMassenarbeitslosigkeit ermöglichen.Der Parteivorstand betont hiebei mit allemNachdruck, daß solche gesetzliche Maßnahmen selbstverständlich nur unter voller WahrungderSelbständigkeitderSelbstver»waltungskörper durchgeführt werden müs-sm und weist alle Versuche, dir Selbstverwal»tungskörper unter dem Vorwande der Sanierungemrut und im verschärftm Maße unter Kuratelzu stellen und auch finanziell zu schädigen, mitaller Entschiedmheit zurück.Der Verband der tsdiedio-siowaklsdien Gemeinden gegendie RelerentenvorlageSonntag hielt der Verband der tschechoslo-wafischen Städte und Gemeinden einen Kongressab, auf welchem der Prager Stadtrat Genosse Dr.Langer über die finanzielle Lage der Selbstverwaltung Bericht erstattete. Die beantragteBorstige, sagte er, sei zum Schaden der Selbstverwaltung. Sie ist von einem der Selbstverwaltung feindlichen Geist erfüllt und bringt ihr keinefinanzielle Hilfe. Sie schränkt bis zum äusserstendie bisherige Kompetenz der Gemeinden in finanzieller Beziehung ein. Sie bringt der Wirtschaftder Selbstverwaltung keine Erleichterung, sondemnur eine Einschränkung der Rechte. Die Vertreter der Selbstverwaltung stimmen keinesfallsmit der Vorlage überein und fordern ihre gründliche Umarbeitung.In einer Entschliessung wird die Ausarbeitung einer neuen Gemeindeordnung verlangt.Die Herausgabe neuer Gesetze gegen die Selbstverwaltung bedeutet, dass die Grundlagen derRepublik untergvaben werden. In der Nationalversammlung möge eine SelbftverwaltungSkmn-Mission au» Abgeordneten und Senatoren gebildetwerden, die in der Selbstverwaltung arbeiten.Die Beratungskörperschast für di« Selbstverwal«tungSfinanzm beim Finanzministerium müsseumgebildet und auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Die Erhöhung de» Umlagenlimite» wird abgelehnt. Die Boranschlagshoheit derGemeinden darf nicht so weit eingeschränkt werden, dass Budgetposten durch ein andere» Organals die Gemeindevertretung festgestellt werden.ES war auch in Spanien wieder gerade umgekehrt» als die Klerikalen lügen.Die Revolutionäre waren human und dirKonterrevolutton, die ihren Sieg nicht zuletztder Humanität der Arbeiter dankt, antwortetmit Todesurteilen und Metzeleien.Der ehemalige katalanische InnenministerJoseph DencaSist über die ftanzösische Grenzeentkommen und berichtet nicht nur von den Grausamkeiten der Polizei und deS Militärs gegen dieGefangenen und die als Geiseln behandeltenFrauen, sondern erzählt auch, was seiner Auffassung nach die' Hauptursache der Niederlage inBarcelona war.Die Revolutionäre haben zu lang gewartet. Sir hatten Dynamit genug, um die Kasernen in die Lust zu sprengen. Sie taten es nicht,um Menschenleben zu schonen. Die hatten Maschinengewehre, nm ganze Kompagnien desaufmarschierende« Militär» niederzumähen.Die wollten nicht znerst schießen, kein Blntbabanrichten.So vergingen wertvolle Stunden. Batetliess unterdessen seine schwere Artillerie auffahrenund ihre Ziele suchen. Der Waffenstillstand warnoch nicht abgelaufen, da eröffneten die Mörserund Kanonen ihr Feuer auf die Gebäude, in denen sich die Zentren der Erhebung befanden. OhneRücksicht auf Menschenleben warf Batet durch denMasseneinsatz schwerster Waffen di« Revolutionnieder. An ihrer Humanität war die katalanischeRevolution zerbrochen.Humanität im Bürgerkrieg