Teile 6
„Sozialdemokrat"
onntag, 30. Dezember 1934. Rr. 304
PBAfiER ZMTIJMG
Aum Konflikt in der Länderbank Im Jahre 1933 verbündeten sich die drei Großbanken, Bub, Bebra und Länderbank, um einen Gehaltsabbau in allen drei Anstalten aus ÄonkurrenZgründen gleichmäßig durchzufiihren. Dieser Abbau stieß auf den schärfsten Widerstand der Angestellten, da er auf das Lebensniveau von verheerender Wirkung sein mußte. Es gelang zwar, Milderungen durchzusetzen, die jedoch nicht allgemeiner Natur waren. Es mußte bereits in den ersten Monaten des Jahres 1934 etwas geschehen, um wenigstens die Zinsquartale zu überbrücken. Es gelang sowohl in der Bub als auch in der Bebra die generelle Auszahlung der Hälfte der Remunerationen, aufgetcilt auf die Zinsquartale, zu erreichen. Schon in diesem Augenblicke, als es notwendig war, der Angestelltenschaft in ihrer Bedrängnis eine Erleichterung zu bringen, zeigte es sich, daß die Direktion der L ä n d e r b a n k ihren eigenen Angestellten lieber die geschloffene Faust zeigen will. Die Länderbank wies dieses Ansuchen der Angestellten als eine offensichtliche Solidaraktion der Gewerkschaft ab. Es gelang erst nach langer Mühe, die Bevorschussung Wer einen„unabhängigen" Verein auf individueller Grundlage durchzusetzen. Als nun gegen Ende dieses Jahres die Bc- txiebsausschüffe aller Prager Großbanken, unter anderen auch die Forderungen nach Auszahlung einer Notstandszulage, überreichten, erklärte die Länderbankdirektion, daß sie zu dieser Frage erst nach der Sitzung des Exekutiv-Komi- tees der Bank werde Stellung nehmen können. ES ist bekannt, daß inzwischen die Länderbankdirektion mit der Direktion der Bebca und Bub Fühlung genommen hat, daß ihr Einfluß dahin ging, möglichst wenig zu bewilligen. Wie stark dieser Einfluß war, beweist, daß die Direktionen der Bebca und Bub erst dann mit den Vertretern des B.-A. konkret weiterverhandelten, als die Länderbankdirektion auf eine direkte Anfrage erklären mußte, daß zwischen ihr und den beiden anderen Banken keine Bindung bestehe. Die Verhandlungen in den beiden genannten Banken führten zu einer positiven Erledigung— 25 Prozent der Remuneration wurden als Rotstandszulage ausgeschüttet. Dieses Ergebnis ließ die Angestellten der Länderbank hoffen, daß ihre Forderung eine ähnliche Behandlung erfahren werde. Es kam der Tag der Sitzung des Exekutiv-Komi- tees und— 4 Stunden vor dieser Sitzung mußten die Vertreter des B.-A. aus dem Munde des Präsidenten Direktor Freund erfahren, daß die Auszahlung einer Notstandszukage ans prin- zipie llen Gründen abgelehnt werden müsse und daß sich das Exekutiv-Komitee nicht mit diesen Fragen befassen könne. Es sei der Standpunkt der Bank, daß das Personen-Regie- konto keine neue Belastung erfahren dürfe. Zur gleichen Zeit wurde durch die Erweiterung des Vorstandes der Bank um eine Person— bekanntlich wurde Direktor Lengsfeld aus dem Konzernbetriebe„Sphinx" in den Vorstand der Bank berufen— das gleiche Konto mit einigen hunderttausend Kronen belastet. Es ist selbstverständlich, daß die Angestelltenschaft mit aller Energie ihre Forderung vertreten und verlangen wird, daß mit gleichem Maße gemessen wird.
Wie überquere ich die Straße? Der Autoklub , plant die Einführung von„Sicherheitskursen" für Kinder, bei denen die Schulkinder unterwiesen werden sollen, wie fie sich am besten vor den Gefahren des Straßenverkehrs schützen können. Zu diesem Zwecke hat der Autoklub einen von der Sa- fettz Corporation in London hergestellten Film erworben, der jetzt für die hiesigen Verhältnisse etwas umgearbeitet wird und hierauf bei den Kursen zur Vorführung gelangen wird. Die Kurse werden im Jänner stattfinden und möglichst alle Prager Schulen erfassen. Gastod. Freitag wurde in der Wohnung ihres Dienstgebers in Prag H. das 22jährige Dienstmädchen Marie F a l t u s mit Leuchtgas vergiftet tot aufgefunden. Es wurde festgestellt, daß die Faltus das Opfer eines Unglücksfalles geworden Ivar. Sie wurde von einer Ohnmacht befallen und stürzte auf den Ofen, an dessen Rand ein Gaskocher stand. Der Gaskocher glitt zu Boden und aus dem freigewordenen Rohr entströmte Gas, das den Tod des Mädchens verursachte. Falsche Stenerbeamte. Ein ungewöhnlicher Betrugsfall ereignete sich in Zizkov , Dvoräkova Nr. 13. Bei der Offizialswittve Marie Fischer erschienen zwei Männer, die sich als Vertreter des Steueramtes ausgaben. Sie behaupteten, erfahren zu haben, daß Frau Fischen über Barmittel verfüge, die sie in ihrem Steuerbekenntnis nicht angeführt habe. Die beiden Männer führten eine genaue Hausdurchsuchung durch und fanden schließlich in dem Bett von Frau Fischer unter dem Polster 50.000 KC. Sie beschlagnahmten das Geld und verschwanden damit. Zunächst pellte die Polizei fest, daß es sich um falsche Steuettbeamte handle. Nun geht sie den Angaben der Frau Fischer nach, ob diese wirklich 50.000 Xö oder, wie sie sagt, 25.000 Gulden zu Hause hatte. Vorläufig hat sich keine Spur der angeblichen Steuerbeamten gefunden.
Silvester-Fanfaren vom Rathaus-Turm. Prag erneuert heuer die alte Tradition des Abschiednehmens vom alten Jahr und der Begrüßung des Neujahres. In alten Zeiten erklangen aus diesem Anlasse vom Turme des Altstädter Rathauses die Posaunen über dem Altstädter Platz und den anliegenden Straßen. Heuer wird erstmalig dieser alte Prager Brauch wieder geübt werden. Pünktlich um die Silvester-Mitternacht, so wie die Töne der Turmuhr des Altftädter Rathauses verklungen sein werden, werden die Posaunen alttschechische Fanfaren ertönen lassen. Ausflug in die Hohr Tatra. Die Staatsbahndirektion Prag veranstaltet in den Tagen vom 5. bis 13. Jänner 1935 einen Sonder-Ausflugszug in die Hohe Tatra für K£ 575.— pro Person. Im Preise ist die Schnellzugsfahrt, Unfallversicherung, Logis, Verpflegung und Führung inbegriffen. Anmeldungen mit Anzahlung von 50 KC übernimmt täglich das Referat für Ausflugszüge im Bazar neben dem Wilsonbahnhof, Telephon 383-35 . Bei Stnhlverstopfung, Verdauungsstörungen, Magenbrennen, Wallungen, Kopfschmerzen, allgemeinem Unbehagen nehme man früh nüchtern ein Glas natürliches„Franz-Josef"-Bitterwasser.
Kinderfreunde Prag Rückkunft der Roten Falken aus dem Winterlager am Dienstag, den 1. Jänner, um 21.37 Uhr am Wilsonbahnhof.
Kunst und Wissen I. B. Foerster— 75 Jahre. Samstag fanden sich in der tschechischen Akademie der Wissenschaften und Künste Vertreter der Gesangsvereinigung „Foerster" aus dem ganzen Bereiche der Republik ein und beglückwünschten Josef Bohuslav Foerster, ' den Präsidenten der Akademie zu seinem 75. Geburtstage, den er am Sonntag begeht. Wochrnspielplan deS Renen Deutschen Theaters. Heute Sonntag, nachmittags 3: Gastspiel des Gras- litzer Kinder-Blasorchesters; halb 8: Der singende Traum, Gastspiel Richard Tauber , Ci.— Montag, halb 8: Hoch kling: das Lied vom braven Mann; halb 11: Die schöne Helena, Silvestervorstellung.— Dienstag, halb 3: Blaubart ; halb 8: Lucia vonLammermoor, AI.— Mittwoch, halb 8: Gesellschaft. Gastspiel Ernst Deutsch , B 2.— Donnerstag, halb 8: Der Barbier von Se Villa, neueinstudiert, C2.— Freitag, halb 8: Der singende Traum, Dl-— SamsilW, halb 8: Hoffmanns Erzählungen , Gastspiel Alfred Jerger , D 2. Wochenspielplan der Kleinen Bühne. Heut« Sonntag, 30. Dez. nachmittags 3 Uhr: Fremdenverkehr; 8: Mädels im Nachtbetrieb.— Montag, halb 8: Sensationsprozeß; halb 11: Kleine Bühne etwas verrückt.— Dienstag, 3: Nacht vor dem Ultimo; 8: Fremdenverkehr. — Mittwoch, 8: Mädels im Nachtbetrieb.— Donnerstag, 8: Mädels im Nachtbetrieb.— Freitag, 8: Mädels im Nachtbetrieb, Kultur- verbandsfreunde und freier Verkauf.— Samstag, halb 5: Max und Moritz; 8: Fremdende r k e h r.
Sport• Spiel• Körperpflege Das Parlament der polnischen Arbeitersportler tagte Am 22. und 23. Dezember d. I. fand inKat- t o w i tz der fünfte Kongreß des Verbandes der Ar- beitersporwereine in Polen statt. Ueber 5 0 0 Delegierte aus allen Teilen Polens waren erschienen. Der Kongreß wurde am Samstag durch den Verbandsvorsihenden, den Sejmabgeordneten Genossen Kasimir P u z a k eröffnet. In seiner Ansprache betonte er den internationalen Charakter der Tagung, der dadurch zum Ausdruck kam, daß auch Vertreter aus anderen Staaten erschienen und aus 15 Ländern Glückwunschtelegramme eingegangeN waren. An den Nestor der polnischen Sozialdemokratie, den 100jäh- rigen Genossen Limanowski, wurden telegraphische Grüße gesandt. Der Kongreß gedachte der verstorbenen sowie der für den Freiheitskampf des Sozialismus im Gefängnis feilenden, Genossen. Sodann übermittelten die Vertreter befreundeter Organisationen ihre. Glückwünsche der Tagung. Jeder der Redner entbot auch den Danziger Vertretern herzliche Begrüßungsworte. Das Hauptreferat hielt der Generalsekretär des Verbandes Dr. M i ch a l o w i c z. Man konnte dem Bericht entnehmen, daß die polnische Arbeitersportbewegung fich in einem guten Entwicklungsstadium befindet. Aber es fehlen, auch hier die notwendigen Mittel, um ganze Arbeit zu leisten. Genosse Michalowicz kam auch über die Vorgänge in Deutschland , Oesterreich und Danzig und deren Auswirkungen auf die Arbeitersportbewegung zu sprechen. Die den Berichten folgende Debatte war sehr umfangreich. Ueber die einzuschlagende Taktik und die weitere Arbeit in technischer Hinsicht gab es zwei Richtungen. Es waren hauptsächlich die Vertreter der jüdischen Vereine des Krakauer Bezirkes, die Abänderungen wünschten. Auch bei der Besetzung des Haupworstandes brachten fie Wünsche vor, die aber abgelehnt wurden. Am Sonntag wurde die Tagung mit der Be- schlußfassung der vorliegenden Anträge forgtsetzt. Erwähnt seien u. a.: Jeder Verein hat eine Frauenabteilung zu gründen. In jedem Verein mutz eine
touristische Abteilung vorhanden sein. Ein Arbeiter- Sportabzeichen wird eingeführt. Die sportlichen Beziehungen zu Sowjetrutzland werden ausgenommen, soweit es di« Beschlüsse der SASJ zulassen.(Die Danziger Arbeitersportbewegung hat diesen Schritt bereits unternommen und Verhandlungen anknüpft.) Alle Anträge wurden mit über- grotzer Mehrheit angenommen. Die Wahl des Zentralvorstandes ergab: 1. Präsident Genosse Puzak(Warschau ), 2. Präsiden: Genosse Jordan(Lodz ), 3. Präsident Genosse Racho- wiak(Kattowitz ), Generalsekretär Genosse Michalowicz, Kassier Genosse Domoslawski, für den Bezirk Danzig -Pommerellen Genosse H. Thomat. Mit dem Abfingen der„Internationale" fand der Kongreß seinen Abschluß. Skikurse der polnischen und Danziger Arbeiter- Wintersportler i.r Zakopane . Auch in diesem Winter finden Skikurse des Verbandes der Arbeiter- sporwereine in Polen statt. Die Zeit von Weihnachten bis Neujahr hat man ausgenutzt und einen Oki- kurs nach Zakopane gelegt. Daneben fand zu den Weihnachtstagen die Einweihung eines Unterkunftshauses des Arbeitersportverbandes statt, zu der viele Hundert Arbeitersportler nach Zakopane gefahren waren. Auch Danziger Arbeitersportler waren vertreten und haben die Tage zu ihrer Vervollkommnung benutzt.
Der Film
Iwan Petrovic in,Mebe am Zarenhof"« Mitzklänge aus Berlin Zwischen den beiden reichsdeutschen Filmen, die uns in der Weihnachtswoche beglücken wollen, ist kein Unterschied zu entdecken: die verfilmte Lehar -Operette„Paganini" ist musikalisch ebenso dürftig geraten wie die andere Operette„Ein Walzer für dich" und daß der kerndeutsche Louis Graveure ein schlechter Tenor ist, während der ebenfalls kerndeutsche Ivan Petrovich überhaupt nicht fingen kann, ist unerheblich. Auch die Handlungen der beiden Machwerke sind in ihrer schlechten Phantastik einander würdig. Während es im„Paganini" immerhin sozusagen historisch zugeht, handelt es sich im„Walzer für dich" um einen Herzog, der lieber singt als regiert, woraufhin Camilla Horn sich des verwaisten Landes annimmt(das sie hoffentlich nicht wieder I
verlassen wird, damit wir fie im Mm nicht mehr zu sehen brauchen). Der Dämon Wen es gelüstet, einen scheintoten Aeghptvlo- gen aus seinem(bei London befindlichen) Pharao - nengrabe nicht etwa als Mumie, sondern als Gespenst in Hemd und Hose entweichen und grimmig herumrennen zu sehen, weil man ihm das„ewige Licht" gestohlen hat, ein alt-ägyptisches Kleinod, das er mit ins Grab zu nehmen wünschte,— wen es interessiert zu beobachten, wie ein Diener, ein Advokat, ein Araber und zwei Erben einander das Kleinod abjagen wollen, bis man es in die Hände der Polizei und die Erben einander um den Hals fallen sieht,— dem sei dieser englische Film angelegentlich empfohlen. Bei der Premier« dieses Schauerspiels hat es Lachstürme gegeben. Ein Erfolg, den die besseren englischen Filme wie der„Unsichtbare Mensch", das „Haus Rothschild " und die beiden neuen Werke von Basil Dean und Alexander Korda wahrscheinlich nicht haben würden, weshalb man sie in Prag auch nicht zeigt.—eis—
Ans der Partei S. I. Prag . Mittwoch, den 2. Jänner finden in allen Gruppen Heimabende statt. S. I. Smichov und Weinberge politische Referate, Vorlesungen. Musik und Gesang.— Sonntag, den 6. Jänner, 4 Uhr nachmittags, Verkündung des Jahres der Kameradschaft. Es ist Pfiicht aller Mitglieder, an dieser Veranstaltung teilzunehmen.
Mltleitangea der»Urania « Heute halb 11 Uhr:„Der Rundfunk im Mm". Interessanter und allgemein verständlich gehaltener Kulturfilm. Heute halb 4 Uhr:.^umsti-Bumfti". Das reizende und lustige Märchenspiel von Tilla Bunzl wird heute und Dienstag wiederholt. Kleine Preffe. Rege Kartennachfrage. Unvergeßliche Filme. In der erfolgreichen Reihe zeigen wir Chaplins Meisterwerk:»Lichter der Groß stadt ". Montag(Silvester) viertel 9 Uhr. Lustiger Kindernachmittag. Der Märchenfilm: „Hänsel und Gretl". Außerdem der Märchenonkel und sein Kinderwettbewerb. Mittwoch, 3 Uhr.
Filme in Prager Lichtspielhäusern Adria:.Aergert nicht den Großpapa"(Bl. Burian— Tsch.)— Alfa:„Die wilde Last"— Avion:„Moskauer Rächte"(Annabella, H. Baur— Fr.)— Beränek:„Mutter Kraömerka"(Tsch.)— Finix:.Polenblut"(Tsch.)— Flora:„Mutter Kraämerka"(Tsch.)— Hvizda:„Aergert nicht den Großpapa"(Burian— Tsch)— Jnliö:„Mos- | feuer Nächte"(Fr.)—' Kinema, B.-Th.: Journale, Groteske, Reportage. Ab hab 2 bis viertel 8 Uhr.— Koruna:„Der Dämon"— Kotva:„Frigo, der Löwe t bon Paris '(53. Keaton— Fr.)— Lurerna: '„Frigo. der Löwe von Paris "(B. K e a t o n— Fr.)— Metro:„Notturno "(Regie G. Machaty D.)— Olhmpic:„Ein Walzertramn"(Fr.)— Praha :„Der Dämon"— Radio:„Bei uns in Krähwinkel"—(Tsch.)— Alma:„Bei uns in Krähwinkel"(Tsch.)— Bajkal:„Mutter Kraömerka" (Tsch.)— Beseda:„Maskerade"(D.)— Favorit: „D ietreueNymphe"(E.)— Lido:„Bengal".
Don Zuan in Kowno Der Mann mit den 30 Frauen— Die gesammelte Kaution Ganz Litauen spricht augenblicklich von den Abenteuern eines jungen Mannes, der in der Tai ein richtiger Don Jüan zu sein scheint. Es handelt sich um einen gewiffen Jan Kamanskas, der in der kurzen Zeit von einem Jahr nicht mehr und nicht weniger als sechsmal geheiratet hat und geschieden wurde. Daß dieser unternehmungslustig» Herr nebenbei noch eine ganze Reihe von anderen Frauen hatte, mit denen er Liebesbeziehungen unterhielt, war sozusagen Ehrensache. Der„Betrieb" wuchs ihm allmählich sogar über den Kopf, so daß fich Herr Kamanskas eines Tages genötigt sah, sich einen Privatsekretär zuzulegen, der für ihn di« zahllosen Telephon- gespräche von früh bis spät, sowie die umfangreiche Korrenspondenz zu erledigen hatte. Das ging alles genau nach den Eintragungen in emem Notizbuch, in dem alphabetisch die Kosenamen der Angebeteten aufgeführt waren. Wochen- und Monatelang lief alles wi- am Schnürchen. Infolge der Ordnung, die in seinen „Büchern" herrschte, kam es auch zu keinerlei unangenehmen Zwischenfällen. Ausgerechnet Helena, die sanfte, stets'-reundliche Helena, mußte diesem Don Juan von Kowno dann einen bösen Streich durch die Rechnung machen. Sie lief nämlich eines Tages zum Kadi, erklärte diesem, sie fühl- sich scheußlich betrogen, und Jan müsse dafiir bestraft werden. Der Richter zog Informationen ein. Es mutz tatsächlich mit diesem Don Juan doch nicht so ganz alles in Ordnung gewesen sein, denn eines Tagei erging dann ein Haftbefehl gegen Jan Ka
manskas. Jan wurde verhaftet. Kaum hatte sich jedoch die Kunde von seiner Festnahme in der Stadt verbreitet, da vollzog sich ein wahres Wunder. Alle die Frauen um diesen Don Juan taten sich nämlich in seltener Einmütigkeit zusammen und beratschlagten, wie dem Armen zu helfen sei. Eine Delegation, bestehend aus der derzeitigen Ehefrau, einer der geschiedenen Gattinnen sowie zwei Freundinnen des Kamanskas, begab sich zu dem Richter und forderte die Freilassung. Dieser erklärte sich gegen eine hohe Kaution dazu bereit. Man munkelte in Kowno , datz der Richter an 40.000 Mark verlangt habe. Rach 24 Stunden war dieser Betrag gesammelt, und die Kaution konnte bei Gericht hinterlegt werden. Jede von den 30 Frauen deS Kamanskas hatte je nach Vermögenslage ihr Scherflein zu dieser Kaution beigetragen. Als Kamanskas am nächsten Vormittag, nach seiner Freilassung, aus dem Ger'chtsgebäude heraustrat, wollte er seinen Augen kaum trauen. ES wimmelte von Hunderten von Neugierigen vor dem Portal, die bei seinem Erscheinen in begeisterte Ovationen ausbrachen. Einen besonders sinnigen Empfang hatten sich auch die 30 Frauen und Freundinnen ausgedacht. Sie standen Spalier und jede hielt einen großen Strauß Blumen bereit. Wer die Wahl hat, hat die Qual! Schließlich entschloß sich der Don Juan von Kowno , das Anerbieten* seiner vierten von ihm geschiedenen Gattin, zunächst einmal ein paar Tage bei ihr zu wohnen, anzunehmen. Er stieg also in die elegante Limousine, mü der seine frühere Frau angekommen war, hüllte sich behaglich und genießerisch in den warmen Pelz, den sie vorsorglich mitgebracht batte, und fubr mit ihr davon...
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