Sette 8„Sozialdemokrat"Freitag, 21. Juni 1935. Nr. 144Trager RötungKorrupttonssaustall undBonzenverrat„Alte Kämpfer", die sich um den Kopf reden...In Berlin-Schöneberg hat vor einigen Tagen ein„D i s k u s s i o n s a b e n d alterKämpfer" stattgcfunden, auf dem es hoch herging. Redner war der SturmbannführerSchulz, Berliner Bezirksbürgermeister, der sichin dem Hagel von Zwischenrufender empörten Nazis, alles Leute mit Mit-gliedsnummcrn unter 100.000, nicht durchzusetzenvermochte. In der Diskussion kam es zu s ch w e-ren Tumulten. Die Debattcrcdner geißelten in den schärfsten Worten den„Bonzen-verrat" und den„Korruptionssau-st all", der es zuwege gebracht habe, daß diealten Kämpfer jämmerlichsch l-echt untergebracht und mit Hungerlöhnen abgespeist seien, toährend dieKonjunkturnationalsozialistenobenauf wären und in den besten Stellen säßen.Weite Kreise der alten Parteigenossenschaft wären,unter Bruch aller schönen Versprechungen, nochheute ohne Lohn und Bro t und könnten zusehen, wie arrivierte Bonzenin. Luxusautos spazieren führen•...In seinem Schlußwort, das größtenteils imLärm unterging, warnte Schulz von solcher„a l l z u f r e i m L t i g e r K r i t i k", die„allzu leicht als Auflehnung gegen den neuenStaat angesehen und dementsprechend geahndetwerden könne". Man müsse eben„Geduld haben"Und die großen Schwierigkeiten"mildernd in Rechnung stellen"—.Alltag im Dritten ReichAls die NSDAP noch in der Opposition kämpfte,war ihre bekannteste Forderung„Brechung der Zinsknechtschaft". Jetzt erscheint in der gesamten Nazipresse ein einseitiges Inserat unter dem Motto:„Die'Bank ist Dein Freund", in dem es u. a. heißt:„Keinevorgeschrittene Volkswirtschaft und kein« höhere Zivilisation ist denkbar ohne ein geregeltes Geld- undBankwesen. Leihkapital ist nützlich. Die Entrichtung eines Entgeltes für solche Leihe ist unentbehrlich für den Fortschritt jedes Volkes. Und Zinszahlung ist notwendig, wenn man Leihkapital verwendenwill." Ob sich nicht noch mancher Leser an das„aufewig unabänderliche" Parteiprogramm erinnert?Als einst Brüning die Gemeindekopfsteuer, di',verhaßte„Negersteuer", einführte, wurde er deshalbvon den Nazis aufs heftigste bekämpft. Wie siehtes jetzt auS? 1832 brachte die Negersteuer 137 3Millionen; 1833 aber 213.1 und 1934 gar 223Millionen. Arbeiter, die diese einst von den Nazisbekämpfte Kopfsteuer nicht zahlen können, werdenjetzt von nationalsozialistischen Beamten gepfändet.Das Arbeitsgericht in Dortmund hat entschieden, daß ein Vertrauensmann fristlos entlassen werden kann, wenn er eine Angelegenheit, die zur Verhandlung im Vertrauensrat gestanden hat, in einerBetriebsversammlung„unter Herabsetzung der Betriebsführung zur Sprache bringt und dadurch da?Vertrauen zwischen der Betriebsführung und derGefolgschaft erschüttert und gefährdet". Praktischbedeutet diese dehnbare Bestimmung, daß die Vertrauensmänner keine Möglichkeit haben, irgendeineSache, die vom Unternehmer abgelehnt worden ist,in einer Betriebsversammlung der Belegschaft auchnur mitzuteilen.Promotion. Genosse Franz Stein aus Saazwird am Samstag, dem 22. d. M., in Prag in derAula des Karolinums zum Doktor der Recht« promoviert werden. Genüsse Stein ist Mitglied desAtus und der RW..Der große Besuch auS der deutschen Provinzzur Freidenker-Tagung verpflichtet die Pragerdeutschen freiheitlichen Organisationen, sich diesesBesuches in bezug auf Führung durch die Stadt anzunehmen. Es kommen die Tage: 5. Juli nachmittags, 6. Juli vormittags und nachmittags in Betracht.— Wir suchen daher freiwilligeFührer nir diese Tage. Die Anmeldung hiezukann schriftlich erfolgen, die persönlichen Weisungen werden in einer Konferenz der Führerschaft amMontag, den 24. Juni, um 7 Uhr abends imHeim in der Narodni 4, ausgegeben.— Wir ersuchen alle Vereinsfunktionäre, geeignete Mitgliederzu dieser Besprechung zu entsenden. Die Bezirksorganisation der DSAP— Die Naturfreunde.JCiwist und WissenSpielplan des Neuen Deutschen Theaters. Freitag148: G iud i t ta, volkstüml. Vorstellung. Abonnement aufgehoben.— SamStag 7 l A: Cosi f a nt u t t e. im Rahmen der Festspiele neu einstudiei?.B. 2.— Sonntag 744: Die Nachtigall,Gianni Schlecht, D 1.Spielplan der Kleinen Bühne. Heute Freitag: geschlossen.— Samstag 8: Fremdenverkehr,volkstümliche Vorstellung.— Sonntag 8: Ich Habsgetan, volkstümliche und letzte Vorstellung der Kleinen Bühne.Der Mm-Der gestohlene MissionärVon einem Film des Regisseurs MaxOphüls, der mit der„Liebelei" das letztekünstlerische Werk der Berliner Produktion vorBeginn der Goebbels'schen-Wirksamkeit geschaffenhat, durfte man mehr erwarten als diese ebensounwahrscheinliche wie geistlose Geschichte, die er inParis auf französisch verfilmt hat. Daß Ophülsein sicherer, auf gute Bilder und durchgearbeiteteSzenen bedachter Spielleiter ist, verrät er auchhier, aber der Stoff, mit dem er sich befaßt hat,ist zu wertlos, als das er ihn hätte genießbar machen können.(Und es ist zu hoffen, daß ihm di«Dichterin Colette, deren' Manuskript„Die Göttliche" Max Ophüls soebeit verfilmte, Gelegenheitgegeben har, sich zu rehabilitieren.)Die Geschichte vom gestohlenen Missionär istdie Geschichte einer seltsamen Freiheitsberaubung,begangen an einem Pariser Bankier, den ein Konsortium seiner Spekulationsopfer in einer Riviera-Billa einsperrt, um ihn an einer neuen Spekulationzu verhindern. Welche Vorteil« dieses kostspieligeManöver den Veranstaltern bieten kann, zumalder Bankier ohnehin auf Urlaub gehen wollte, wirdnicht ersichtlich, und daß«s dem schönen Lockvogelgelingt, durch ein Zusammentreffen im Speisewagen den großen Spekulanten unwiderstehlich insNetz zu ziehen, ist auch nicht gerade wahrscheinlich:Der gewitzte Zuschauer ahnt, daß die absonderlicheAffäre nur die Einleitung zu der herkömmlichenLiebesgeschichte ist, und seine Ahnung bestätigt sichleider in vollem Umfang.Die Spannung fehlt, die Witze sind spärlich,die beiden Hauptdarsteller(Lily Damit« und HenryGarat) sind nichts als hübsch und konventionell. Eshandelt sich also— bestenfalls— um einen Durch schnittsfilm. der die besseren französischen Filmenicht ersetzen kann, auf di«. wir(von Ozeps„Amok" und Rens Clairs„letztem Diktator" abgesehen) die. ganze Saison vergeblich gewartet haben.—eis—Sp-ort■ 8piek■ KörperpflegeDas Turn- und Sportfest in BrüffelEin« herrliche internationale Manifestationdes ArbeitersportsBei stürmischem Wetter fand am 15. und 16.Juni das internationale Turn- und. Sportfest inBrüffel statt. Trotz dem Regen, welcher des öfterenden Festzug und di« turnerischen Vorführungen stört«,kann man allgemein mit dem Ergebnis dieser Veranstaltung zufrieden sein. Vielleicht mutz man esbedauern, daß nicht mehr Teilnehmer aus derSchweiz und der Tschechoslowakei anwesend waren,was dem Feste einen größeren internationale» Charakter gegeben hätte. In der Leichtathletik gab es.nur schweizerische und belgische Konkurrenten, wasetwas zu wenig war. Das Nachtfest gelang sehr gutund die Fackelgruppen, die es abschloffen, erntetenlangandauernden Beifall.Am Samstag gab es 8000 Zuschauer undSonntag waren eS nahezu 20.000. Der Regen hieltzahlreiche Interessenten zurück.Ergebnisse der Leichtathletik:100 Meter: 1. Harle(Schweiz) 11.1 Sek.; 2. Dra-don(Belgien).— Hochsprung: 1. Googg(S) 1.82Meter, 2. Bernardsguittcr(S) 1.65 Meter; 4. Dra-don 1.55 Meter.— 400 Meter: Googg 57.2 Sek.,2. Bouward(53).— Weitsprung: Busang(S) 6.20Meter, 2. Dradon 6.17 Meter.— 800+ 200+200+ 400 Meter: 1. Schweiz 4:04 Min., 2. Belgien, 3. Lüttich.— 400+ 300+200+100: 1. Belgien 2:26 Min., 2. Schweiz.— 1500 Meter: Gaffer(S) und Bandenberghe(B) 4:36 Min.—4X100Meter:. Schweiz 48.5 Sek.Das Fußball-Länderspiel Frankreichgegen Belgien endete 3:6(i:3) für die Belgier.Das Resultat entspricht nicht ganz dem Spielverlauf,nachdem die Franzosen stark im Angriff waren.Der Länderkampf im Handball zwischenHolland und Belgien schloß mit dem 10:4-Siege Hollands, deffen Mannschaft«in schnelles undüberlegenes Spiel vorführt«.Die Nationalmeisterschaft im Baskettbällbrachte im Endspiel der zweiten Division den SiegFleuruS. das Mouscron mit 24:20 schlug; in derersten Diviswn gewann dagegen Mouscron gegenHerseaux mit 37:11.Die turnerische n Vorführungen be-gannen am Sonntag nachmittagstm- Stadt an- mitdem Aufmarsch der Tu Er, Turneriritten' und Leichtathleten bok der Tribüne, von welcher Genosse Bändervelde und zahlreiche sozialistische Deputierte dieSportjugend begrüßten. Die Zuschauer bedachten mitreichem Beifall di« Vorführungen der'S ch w e i z e ran den Geräten, die Uebungcn der holländischen und dänischenFrauen sowie die Massenfreiübungen der Männer.(1200).Zum ersten Male konnte man in Brüssel die Samar i t e r an der Arbeit sehen, welche mit einerimponierend starken Gruppe in Erscheinung traten.Zum Schluffe den Eindruck der Zeitung„L eP eu ple":„Wir wollen hier, kurz gefaßt, unseren erstenEindruck vom Turn- und Sportfest wiedergeben, welches sich am Sonntag nachmittags im Stadion vonHeysel abgerollt hat und bei welchem 5000 Athletendefiliert Hachen. Was bis auf diesem Tag kein Verband verwirklichen konnte. Während vier Stundengaben Holländer, Dänen. Schweizer, Franzosen undBelgier den anwesenden 20.000 Personen ein Schauspiel, welches sie noch lange in Erinnerung behaltenMitteilungen aus dem Publikum.Unangenehme Kopfschmerzen können durch einfaches Bestreichen von Schläfen und Stirn mitAlpa-Franzbranntwein gelindert werden. Einreibungen mit Alpa lindern auch rheumatische Schmerzen und erfrischen bei Ermüdung. Einige Tropfer»Alpa in ein Glas Wasser und Sie haben ein gutesMundwasser 4werden; eine Erinnerung, welche aus lebenden, farbigen Bildern zusammengestellt war, die Kraftund Schönheit in sich vereinigten. Im Augenblicke,wo wir diese Zeilen niederschreiben, verlassen dieTausenden von Turnenden den grünen Rasen untergroßen Ovationen des Publikums, welche noch unterdem starken Eindruck der exakt ausgefübrten Hebungen standen. Sie haben ein herrliches Beispiel gegeben, eine ausdrucksvolle Demonstration dessen, wasmeirschlicher Wille,' angefeuert durch ein Ideal, zuleisten vermag."Handball-Verbandsspiel Holland—Schweiz inBrüffel. Nach dem Sportfest fand am Montag inBrüssel auf dem Sportplatz der sozialistischen Arber-terschule in Uccle ein Freundschaftsspiel der holländischen Verbandsmannschaft gegen ein Team decSchweizer Genoffen, welches zum großen Teile ansden Leichtathleten zusammengestellt war, statt. DieHolländer blieben auch diesmal siegreich, und zwarmit 7:4(2:2). Das Spiel verfehlte seine propagandistische Wirkunr nicht und hat mit dazu beigetragen, für den Handballsport in Belgien neue Anhänger zu gewinnen. Dieses Treffen war erst inBrüssel festgesetzt worden und entsprang dem Wunich,daß auch einmal schlveizerische und holländische Genoffen ihre Kräfte messen.Französischer Arbeiter-Radsport. Der GroßePreis des Gemcinderates von d'Jvrv, ein Straßenrennen über 100 Kilometer, vereinigte mehr als 100Teilnehmer. Sieger wurde Thuillier(Belleville) in2:39:25 Std. Anschließend fanden vor 10.000 Zuschauern einige Bahnrennen statt. Neber 1000 Metersiegte Wartel in 12 Sek.(200 Meter).— 15 Kilometer hinter Schrittmacher: Lotz(Paris USO)16:40 Min.— Halbe Stunde: Deconurcell«(ParisUSO) 20.250 Meter.— 40 Kilometer: Thibont(2t. Denis) 41:55 Min.— 40 Kilometer(amerikanisch): Decourcelle—Suffert(Paris) 56 Min.'DereinsnacftricMenVerein für Geschichte der Dentschen in Böhmen.Hauptversammlung am Mittwoch, dem 26.Juni 1935, im Bereinsheim, Prag III., NerudovrNr. 19. Beginn 5 Uhr nachmittags.Urania*Kino, Klimentshä 4.Fernsprecher 61628.Ad FreitagDie Freundin e nes grossen MannesSn den Hauptrollen Käthe von Nagy, Karl LudwigTiehl, Hans Brauscwettcr.Kakteenmit„3tuiOerOinia M begossen,werden zauberhaft schön.Senden Sie uns Kö 5.60 in Briefmarken, wir liefern Ihnen dafür denguten Blumenzauberdung, den bestenDungguß für Ihre Blumen.Sie werden staunen, wie herrlich dannIhre Blumen gedeihen.Benvaltnng„Frauenwelt", Prag XII.,Fochova tr. 62, und durch alle Kolporteure erhältlich.Abstieg in den FrühlingEs kann Vorkommen, daß man auf demRiesengebirgskamm noch Mitte Mai knietief inSchnee watet, während in Hohenelbe schon dieObstbäume blühen. Dann ist der Abstieg vomKamm gleichsam ein Abstieg durch die Monate,aus dem Winter in den Vorfrühling und in denFrühling. Die Schneekoppe ist 1605 Meter hoch,die Spindlerbaude liegt 1208 Meter hoch, Spindelmühle verstreut sich über 850 bis 710 MeterHöhenlage, in Hohenelbe zeigt die Höhenmarkenur noch 484 Meter an. Dieser Unterschied von1121 Metern umfaßt, auf 15 Kilometer Luft-sinienentfernung zusammengedrängt, die meteorologische Folge eines Vierteljahres, lieber winterliche Kammhöhen, sibirisch in ihrer Einsamkeit,schreiten weiß und rauh durch Sturm und Nebelund Kälte die Eisheiligen. Dann, im Abstiegdurch den Wald, liegt der Schnee immer dünnerund der Fuß sinkt hindurch in nasse, sandige Erde.Weiter hinab blühen Himmelschlüssel, Pestwurzund Buschwindröschen im Walde, den österlichesLicht durchglänzt. Durch letzte Schneeschauerleuchtet die Sonne auf die Dächer von Spindelmühle; Märzensonne im Mai. Und um Hohenelbe blühen die Kirschbäumc; dort ist derFrühling.Spindelmühle ist der erste Ort, dem diejunge Elbe begegnet, ein Luftkurort am Sockeldes Gebirges, von dunklen Bergwäldern umrahmt, mit hellen Hängen nach Süden geöffnet.Es bietet in seinem lockeren Gemisch von dörflichem Dasein und kurortgemäßen Komfort dastypische, in den Prospekten als anmutig gerühmteBild aller Sommerfrischen; photographiert sehenalle diese Orte mit Hotels und Fremdenheimen,Cafes, Frisier-Salons und Ansichtskartenständeneinander zum Verwechseln ähnlich, und die Photo-Postkarten scheinen bestimmt, daß der Sommergast über das jeweilige Haus sein Tintenkreuzelmachen kann:„Hier wohne ich". Ihm, dem zahlenden Sommergast, ist alles zugewendet. SogarSt. Nepomuk, der früher als barocker Brückenheiliger auf der alten Brücke stand, jetzt aber, seitdie neue Betonbrücke gebaut ist, einen Restaurationsgarten schmückt und sich nun mit der Geschäftsgesittung eines zuvorkommenden Wirtesden Gästen an den Gartentischen zuwendet undder Brücke, deren alter Schutzherr er war, denRücken zukehrt; Eisenbeton braucht keinen Schutzheiligen.Von altem, reinem Uebereinklang mit derLandschaft sind die schlichten Baudensicdlungen,hie flußabwärts in lockeren Schwärmen überkurzrasige Bergmatten verteilt sind oder wie farbige Friese hoch am Saume der Talhänge sichhinziehen: die Krausebauden, die Dreihäuser,die Kläuselbauden, die Häusergruppen von Frischwasser und Ochsengraben, die Kuckuckshäuser, dieSechsstätten. Es sind echte alte Riesengebirgs-baudcn, denn Baude heißt ja hier das Wohnhausdes Gebirgsbewohners schlechthin; die Berggasthäuser auf dem Kamme haben sich erst aus solchenalten Gebirgsbauernhäusern entwickelt, die block-hauSartig aus Balken gebaut und mit Schindelngedeckt sind. Meistens ist das Dach mit einemBelag von Teerpappe überzogen, deren Schwarzim schrägen Lichte heidelbeerblau leuchtet. DieHausflur ist mit Steinplatten belegt, die imGlimmerschiefergcbiet den Silberschimmer dessauberen Gesteins bis ins Haus tragen. DieHausflur trennt den Wohnraum vom Viehstall.Sehr oft fließt Quellwasser als natürliche Wasserleitung durchs Haus und rinnt draußen durch denWiesenplan weiter, der als„Baudengarten" dasHaus umgibt. Anheimelnd sind diese schlichtenHäuser, wohltuend ihre Ilebereinstimmung mitder Landschaft. Einfach und schön, eins mit Bergund Baum, mit Gras und Stein reihen sie sichhin, im Abendlichte vollgesogen von warmen,leuchtenden Farben, weiß, rostbraun, schwarzblau vor dem dunkelgrünen Walde, über dessenFichienzacken die Mondsichel schmal und blaß amAbendhimmel steht. A*Immerfort geht mit uns der volle Ton desFlußrauschens. Er füllt das enge gewundene Tal.Unterhalb von Spindelmühle zähmt eine Talsperre die junge Elbe. In der hohen Sperrmaueraus roh behauenen Granitquadern verwächst derFels mit technischer Architektur.Der Fluß rauscht weiter. Das Tal wird nocheinmal ganz eng. Steil steigen die felsigen Hängean. Sie tragen noch die Spuren alter Magneteisen-Bergwerke, Hammerwerke, Hochöfen, sogenannte„Plackhäuser", und Köhlereien warenim Gange. Manche der alten Baudcnsiedlungenauf den Bergplänen und an den Hangstufenmögen ihren Ursprung auf den Bergbau zurück-führen. Das verschollene Dorf, auf dessen wüstemGrund später Hohenelbe gegründet wurde, hießGießdorf; ein echter Bergbauname, der an verschwundene Gießhütten erinnert. Im 15. Jahr hundert ging das alles zugrunde; der Hussitenkrieg hinterließ seine Spuren.Zwei Jahrhunderte später wird wieder geschürft. Der königliche Berghauptmann Chriswfvon Gendorf, Schatzmeister und Verweser allerBergwerke Böhmens, erwirbt die Berggerechtsame im Riesengebirge, aber nicht nur da, sondern überall,„wo er und seine Erben künftiglichim Königreich Böheimb und der Kron auf eigenGrund und Boden ein Bergwerk selbst aufmachenwollen oder durch andre findig werden lassen."Von den Untergewerken erhält er ein Drittel desgeförderten Erzes, aber auch ein Drittel des geschmolzenen reinen Silbers und GoldeS. Späterwird ihm bewilligt, eine eigene Münze zu etrich-ten, soferne in seinen Gruben genügend Gold undSilber gefunden wird. Aus der Münze ist nichtsgeworden. Aber das Recht, alles Metall aus seinenGruben außer Gold und Silber innerhalb desLandes der böhmischen Krone freihändig verkaufen zu dürfen, hat diesen Bergherren reich gemacht. Drei Jahre nach seiner Berufung alsBerghauptmann ist er in der Lage, die ganze„Herrschaft Elbegebirge" käuflich zu erwerben.Dieser Gendorf gründete die Stadt Hohenelbe.»Aber soweit sind wir noch nicht.Zlvischen steilen Felsen rauscht der Fluß.Oberhalb der Bergsiedlung Hackelsdorf zwängter sich in scharfer, wirbelnder Kurve durch de»zwei Meter breiten Spalt der„Elbklemme", dener in die Granitklippen gesägt hat. Und aus derKlemme durch eigene Kraft befreit, fließt er weiter, dem Städtchen Hohenelbe entgegen. E. H.Bezugsbedingungen: Bei Zustellung ins Sans oder bei Bezug durch die Post monatlich Xö 16.—. vierteljäbrig KC 48.—. halbjährig Kd 96—. ganzjährig Kt 192.—.— Inserate werden lautTarif billigst berechnet. Bei öfteren Einschaltungen Preisnachlaß.— Rückstellung von Manuskripten erfolgt nur bei Einsendung der Retourmarkeu— Die ZeitunaSftankatur wurde von der Post- und Tele-graphendirektion mit Erlaß Rr. 13.800/VIl/1930 bewilligt.— Druckerei:„OrllS". Druck-. Verlags» und ZeitungS-A.-G.. Prag.