Seite kMittwoch, 4. Dezember 1935Nr. 282JaSchmuggel per AutoIn O b e r l i e b i ch bei B.-Leipa ist es derLeipaer Gendarmerie gelungen, eine ganzeSchmnggelbande auszuheben und erhebliche Mengen geschmuggelter Waren zu beschlagnahmen.Der als Schmuggler bekannte Holzhändler KarlR e b i s ch aus Oberlichtenwalde fuhr in derNacht vom Samstag zutn Sonntag in die Garagedes Mechanikers H a ck e l in Oberlicbich. Zufällignahm zur selben Zeit die Leipaer Gendarmerieeine Kontrolle der Kraftfahrzeuge vor und be-obacht-te, daß Rebisch von seinem Auto mehrereKisten ablud. Da Rebisch als Schmuggler bekannt ist, nahm die Gendarmerie eine Kontrolleder abgeladenen Kisten vor und stellte fest, daß siedurchwegs Konterbande enthielten, und zwar nichtweniger als 85.8 Kilogramm Rasierklingen(etwa89.000 Stück), drei Mausergewehte, zwei Flo-bertgewehre, 43.2 Kilogramm Rasierapparateund Haarschneidemaschinen im Gewichte von 17.8Kilogramm. Die Waren haben einen Wert von37.000 KL. Der Betrag, um welchen der Staatdurch die Zollhinterziehung geschädigt wurde, beziffert sich auf 15.000 KL. Rebisch und seinChauffeur Paul S ch 0 l z e wurden verhaftet unddem Kreisgericht B.-Leipa überstellt, weitere Verhaftungen stehen noch bevor.Seit einem Jahr ohne RegenLondon. Aus Johannesburg wird berichtet,daß im nördlichen Teil von Transvaal eineDürre herrscht, wie sie seit Jahrzehnten nichtzu verzeichnen war. Das Vieh stirbt zuHunderten, Farmen, die früher wohlhabendwaren, sind wasserlose Wüste geworden. In manchen Bezirken hat es seit einem Jahr keinen einzigen Tropfen Regen gegeben.Felssturz auf der Gotthardt-BahnLuzern. Dienstag nachts verschüttete ein Felssturz zwischen Biasca und Osogna beide Geleiseder Gotthardt-Linie auf etwa 2Ö0 MeterLänge. Die Linie wurde sehr stark beschädigt.Der Zugsverkehr ist voraussichtlich aufzlvei Tage vollständig g e s p e r r t. Die Räumungsarbeiten wurden sofort ausgenommen-Berhaftung der Marseiller KindeS-entführeri«Marseille. Die Verhaftung der Entführerdes achtzehn Monate alten Knaben des ProfessorsMal me s a c war sehr dramatisch. Die einebestimmte Spur verfolgenden Polizeiinspektorendrangen Montag abends in eine Vorstadtvilla inMarseille ein, wo sie das Kind und eineFrau Rolland vorfanden, die das Kind ent-führt hat. Der 24jährige Sohn der Kindesentführerin hielt jedoch einen R e v 0 l v e r an dieSchläfe des Knaben imd erklärte, daß er dasKind erschießen werde, wenn ihm die Polizei nichtdie Flucht gestatte. Die Polizeiinspektoren willigSintelendeutidie DesdiidileDas Bedürfnis nach einer zusammenhängenden Darstellung des geschichtlichen Schicksals derSudetendeutschen konnte erst entstehen, nachdemdie Deutschen der Sudetenländer ein Volksstammmit einem politischen Sonderschicksal gewordenwaren, also seit 1918. Vorher war ihr geschichtliches Sein durch fast vier Jahrhunderte mit demder Alpendeutschen verbunden gewesen, die Ge-. schichte der Sudetendeutschen war aufgegangen inder Geschichte des österreichischen Deutschtums, indep Geschichte Oesterreichs. Die staatlich-politischeEinheit des Sudetendeutschtums in der Tschechoslowakischen Republik hat erst das Interesse erweckt für das besondere, Schicksal dieses Volks-stummes in der Vergangenheit. Deshalb wird manmit Neugier Alfred Sch midtmayers»Geschichte der Sudetendeutschen"(Adam Kraft-Ver-'lag, Karlsbad-Drahowitz und Leipzig) zur Handnehmen.Trotz mancher Belehrung, welche man ausdem Buche schöpft, obwohl anerkannt sei, daß esflüssig geschrieben ist und manche Partien fleißigund niit Liebe zur Sache dargestellt sind, mußdennoch festgestellt werden, daß uns die sudetendeutsche politische Geschichte, die wir brauchenwürden, als Weihnachtsgeschenk 1935 nicht aufden Tisch gelegt wurde. Der Verfasser geht voneiner primitiven Geschichtsauffassung aus, die denGeist einer Kinderstube oder einer weiland österreichisch-ungarischen Unteroffiziersschule atmet.In jedem Volk gebe es, wie er uns erzählt,»zweiParteien: die Mutigen und die Feigen". Das erweise sich auch am deutschen Volte seit den Tagendes Kampfes zwischen Markomannen und Cheruskern, wobei Marbod die Feigen und Hermann,der Sieger des Teutoburger Waldes, die Mutigendarstellt. Hermann»galt die Freiheit alles, dasLeben nichts", während Marbod in einer Schicksalsstunde den»kultivierten Mann"— das istnach dieser»heldischen" Geschichtsauffassung einFeigling— spielte. Ebenso naiv und von jedersozialen Einsicht frei ist die romantisch-märchenhafte Auffassung, daß»auf den Einfall, sich hinter Stadtmauern niederzulassen... ein reinesten zum Schein ein,- eine- verstärkte Bereitschaftaber, die im Freien vor der Villa wartete, verhaftete ihmFrau Rolland hatte bereits im Septenibereinen mißglückten Versuch zur Entführung desK i n d e s eines Arztes unternommen.Im Herbst lockte sie einen MarseillerAdvokaten in eine Falle und ihr Sohn Rolland beraubte diesen mit der Waffe in der Hand.Interessant ist der Umstand, daß man nurg a n z z u f ä l l i g den Entführern auf dieSpur kam. Einer Frau in einer Vorstadt Marseilles war es aufgefallen, daß der junge Rollandsehr häufig Bananen kaufte,wiewohl sich in der Familie keine Kinder besan-den. Sie machte die Polizei, darauf aufmerksam,welche daraufhin eine Hausdurchsuchung vornahm, wie solche in vielen anderen Häusern vorgenommen wurden. Dadurch wurden die Entführer entlarvt.Mit dem Stemmeisen... Vor einiger Zeitging eine Welle der Empörung durch die Welt,als jener infame vertrauliche Erlaß des Propagandaministeriums bekannt wurde, in demdie Austilgung der jüdischen Na-men von den G e d e n k st e i n e n derKriegsgefallenen angeordnet wurde.Als die Kulturwelt ihren Abscheu vor sovielRoheit bekundete» zog man den Erlaß zurück;nach einer vielfach umlaufenden Version inhibierte das Reichskriegsministerium die Goebbels-Verordnung. Nun geht durch englische undfranzösische Blätter der Bericht einesAugenzeugen, der auf einem BerlinerFriedhof beobachten konnte, wie aus einemGefallene nm a l für die Toten des Weltkrieges die jüdischen Namen mit einemStemmeisen ausgemeißelt wur-den. Zu feig, offiziell zu dieser Schändung der15.000 für Deutschland gefallenen jüdischenSoldaten zu stehen, schleichen sie jetzt inoffiziell,wie Kassenknacker, mit den: Stemmeisen zu den„Ehrensteinen" der Toten—!Der Verband der tschechoslowakischen Arbei-ter-Sängcr-Vcreine in Prag schreibt einen Wettbewerb aus A) einen gemischten und B) einenMännerchor aus. Die Gedichte müsien eine sozialistische Tendenz haben. Die Preise wurden gesondert für die beiden Chöre ausgeschrieben, undzwar beträgt der 1. Preis KL 300.—, der 2.Preis KL 200.— und der 3. Preis KL 100.—.Die Kompositionen müssen in ihren Ausdrucksmitteln sowohl dem breiten Publikum als auchinsbesondere den Arbeiter-Sänger-Vereinen zugänglich sein. Komponisten, die sich an demWettbewerb beteiligen wollen, mögen ihre Arbeiten anonvm an die Adreffe des Verbandes(svaz delnickhch päveckhch spolkü Lsl. v Praze)zu Händen des Berbands-Chormeisters Prof.Bohumil Spidra, Prag VII., U letenskeho saduNr. 4, Telephon 74229 senden. Der Name unddie Adresse des Autors sind gesondert in einemverschlossenen Briefumschlag beizulegen. Diepreisgekrönten Kompositionen werden mit allenRechten Eigentum des Verbandes. Die Arbeitenmüssen bis zum 1. März 1936, 1 Uhr mittags,eingesendet werden.Dreimal Einbruch. In MukaLev 0 wurdeim Steueramt ein Einbruchsversuch unternommen. Einige Täter, offenbar„Anfänger",.drangen in die Amtsräumlichkeiten em, wo sie dieKaffe an zwei Seiten anzubohren versuchten, jedoch erfolglos, da sie keine entsprechenden Werk-!zeuge besaßen.— In der gleichen Nacht brachenunbekannte Täter in der Liquerfabrik Weinberger in M u k a L e v 0 ein, indem sie eine Mauerdurchbohrten. Die Handküsse, in der sich ein größerer Betrag befand, ließen sie unbeachtet. Sieschleppten bloß einen großen Vorrat von Liqueu-ren fort. Zugleich brachen unbekannte Täter indas Büro der Geschäftsvereinigung der wirtschaftlichen Genoffenschaften in U z h 0 r 0 d ein,wo sie die Kaffe zu erbrechen versuchten. DieEinbrecher wurden jedoch aufgestört und flohen,ohne den in der Kasse vorhandenen Betrag von5000 KL zu entwenden.ZugseNtgleisung. Die StaatsbahndirektionBrünn meldet: Dienstag um 6.38 Uhr entgleisten bei der Einfahrt des Perfonenzuges Nr.4611 in die Station Hrusovanü der Lokalbahnstrecke Hrusovanh u Brno—Zidlochovice dreiPersonenwagen. Verletzt wurde niemand.. Die Ursache der Entgleisung wird voneiner Kommission der Staatsbahndirektion Brünnuntersucht.Wenn die Ofenröhre einfällt... Dienstagvormittags fand sich wie gewöhnlich früh in derWohnung der Sabine Goldstein in Mährisch-Ostrau ihre Bedienerin ein. Als ihr auf ihr Läuten lange nicht geöffnet wurde, rief die Bedienerin den Bruder der Goldstein herbei, worauf siegemeinsam die Türe erbrachen. Aus der Wohnungströmte Kohlengasgeruch. Die 37jährige Goldstein und ihre beiden Söhne, der sechsjährigeJoseph und der elfjährige Nathan, waten bewußtlos. Sie würden alle drei ins Krankenhaus geschafft, wo festgestellt wurde, daß der ältere Sohneiner Kohlengasvergiftung erlegen war. DieMutter und der jüngere Sohn blieben in Krankenhausbehandlung. Die Ursache der Vergiftungwar ein unglücklicher Zufall. Es war nämlich inder Nacht die Rühre aus dem Ofen gefallen unddas Gas ftei in die Wohnung entwichen.Die Lose der Jugendfürsorgelotterie, die nunwieder zu haben sind, bieten jedem, der auch nur einLos um 5 KL kauft, die Möglichkeit eines Haupttreffers zu 100.000 oder 20.000 KL zuzufallen.Und wenn es schon nicht gerade der Haupttrefferist, so kann eS doch einer der übrigen 9204 rechtansehnlichen Gewinste sein, die außerdem verlostwerden.— Lose sind zu haben bei allen DeutschenBezirkSjugendsürsorgen, in Trafiken, Geldanstaltenoder direkt zu beziehen von der Deutschen LandeS-kommiffion. Reichenberg, Waldzeile 14.‘ Lieferung von Deckmaterial für Staatsstraßen.Mit Erlaß,'§1. 1082/303—35/dW). 42a vom 28.November 1935, schreibt die Ländesbehörde in Pragdie öffentliche OffertauSschreibung für die Lieferungvon Deckmaterial für die Staatsstraßen im LandeBöhmen für das Jähr 1936 aus. Es wird auf denauthentischen Wortlaut in den Zeitschriften„ZprävyVereine sluzbh technicke" und im„Amtsblatt derCechoslowakischen Republik" hingewiesen. Informationen erteilt die Bezirksbehörde in Tetschen, technische Abteilung. Die Offertabgabe erfolgt am17. Dezember 1935 bei der Landesbehörde in Prag.Weihnachts- und Neujahrs-Gespräche mitUeberfeeländern. In den Tagen Vom 21. Dezem-Unser Nikolo-Wunschber 1935 bis zum 6. Jänner 1936 können zwischender Tschechoslowakei und Aegypten, Argentiniers(nur mit Buenos Aires), Brasilien, Japan, Palästina, Siam, Syrien, Uruguay und VenezuelaWeihnachts- und Neujahrs-Glückwunsch-Telephongespräche geführt werden. Die Gebühr für dieseGespräche beträgt nur die Hälfte der normalen Gesprächsgebühren der betreffenden Relation. DieDauer dieser Gespräche ist auf drei Minuten beschränkt und kann in keinem Falle verlängert werden. Nähere Mitteilungen werden Jntereffentendurch die Anschlußzentrale oder Sprechstelle erteilt.Die Aussichten für die Weiterentwicklung deSWetters sind ziemlich u n g ü n st i g. lieber demGolf von Biscaya hat sich eine neue Druckstörungausgebildet, die von einer warmen, vom Ozean stammenden südwestlichen Luftströmung gespeist wird.Im Zusammenhang damit geht in Frankreich andauernd Regen nieder. Nach einer kurze»Unterbrechung muß auch bei uns mit einer neuenWetterverschlechterung gerechnetwerden.— Wahrscheinliches Wetter von heute:Im West, und Südwestteil der Republik vorwiegendumzogen mit Niederschlägen, im übrigen Gebietunbeständig, aber nur vereinzelte Schauer, mäßigkühl, auf den Bergen Frost, vorherrschend westlicherWind.— Wetteraussichten für D 0 n n e r s t a g:Fortdauer der unfteundlichen Witterung, in den'böhmischen Ländern wieder ein wenig wärmer.Vom RundfunkImHahlaniwerlu au* den Programmen'Donnerstag:Prag, Sender L: 10.05: Deuts:che Preffe,12,10: Operettenmusik, 13.40: Leichte Musik,18.45: Deutsche Sendung: Rainer Maria Rilke:Die Weise von Liebe und Tod des CornetS Christoph. Sender S: 7.80: Leichte Musik, 14.15: Deutsche Sendung: Dr. Spitaler: Was will die Binnenhandelsforschung? 14.35: Opernszenen,' 14.50:Deutsche Preffe.— Brünn 13.20: Deutscher Arbeitsmarkt, 17.15: Tanzmusik, 17.40: DeutscheSendung: Dr. Künstel: Arbeiterunfälle.— Mähr-Ostrau 18.10: Deutsche Sendung: Zu Platens 100.Todestag, 19.10: Schallplatte».— Kascha« 15:Rundfunkorchesterkonzert.Bauernvolk nie von selbst komme", weil»dieseBeengung... dem naturnahen Menschen ebenfounleidlich sei,'»wie dem Vogel der Käfig". Daßes im Mittelalter zur Entstehung der Städte gekommen ist— dieser ganze wirtschaftlich und kulturell hochbedeutsame Prozeß, wobei das deutscheVolk im allgemeinen und das sudetendeutsche imbesonderen eine außerordentliche Rolle spielte—,scheint dem Verfasser keine Sympathien abgewonnen zu haben und auch kein Verständnis bei ihmzu finden. Diese Wald- und Wiesenauffassung derGeschichte ist eng verbunden mit der reaktiv-nären Gesinnnng des Autors.Sem Idealist das feudale Mittelalter und er jammert über„die platte Aufklärerei des 18. Jahrhunderts",welche die Menschen aus der geistigen Gebundenheit ritz und üher den'»unüberlegt handelndenKaiser Josef II.", der 1783, die Zünfte aufhobund ihnen ihre„geheiligten Laden" und Fahnenwegnahm. Dafür lobt der Verfasser Luther, der»wider die stürmenden.Bauern das Schwert derordnenden Obrigkeit gestellt" und nicht geduldethat,»daß seine Gedanken nach Tabpxitenart inein kommunistisches Manifest umgedeutet wurden" ebenso wie er eine Ehrenrettung für FranzJpsef den Vorletzten unternehmen und von ihmsagen zu müssen glaubt, er habe„menschlichesMitgefühl und persönliche Achtung... unter anständigen Leuten immer gefunden." Danach zerfällt also die Menschheit nicht nur in Mutige undFeige, sondern auch in Anständige und Unanständige, wobei das Kriterium die Einstellung zu Kaiser Franz Josef ist..So schaut die Geschichtsauffassung jener jungen Generation aus, die den»Aufbruch" des sndetendeuffchcn Volkes darstellt!Wie wenig Schmihtmaver dem wirklichensudetendeutschen Volk gerecht wird, zeigt, daß eran jenen Epochen, wo die Massen der Sudetendeutschen in das Rad der Geschichte eingegriffenhaben, einfach vorübergeht. Der große Heldenkampf der südetendeutschen Bauern im Jahre1680, unser sudetendeutscher Bauernkrieg, wird mit wenigen Zeilen abgetan,der tapfere Führer dieser Revolte, der SchmiedAndreas S t e s z i g, wird in dieserX,,völkischen"Geschichte deS SudctcndeutschtumS gar nicht ge nannt! Ebenso findet der große Wahlrechtskampfder sudetendeutschen Arbeiter von 1905 keine Erwähnung. Wie soll das auch einem Verfassernaheliegen, der die Studenten von 1848 tadelt,weil sie Barrikaden gebaut und geglaubt haben,»daß die wahre Freiheit nur hinter einem Wallvon Pflastersteinen sich bewähren kann", der ganzentsetzt ist, daß der Reichstag von 1849— dieAbschaffung des Adels beantragt, hat, der sichgegen den englischen Parlamentarismus wendetI unb behauptet, es gäbe keine Demokraten,„wenndie Könige keine Fehler Machten71''(Wie ist esmit den Demokratien Englands, Belgiens, Däne-> marks, Schwedens und Norwegens?)Aus welchem Geist' die Verurteilung derDemokratie und der Masse kommt, zeigen vieleStellen des Buches. Obwohl der Verfasser dieGeschichte eines deuffchen Volksstammes zeigt, dersich durch Jahrhunderte blutmätzig mit ftawischemElement gemischt hat, hegt er die Hoffnung, manwerde„einmal jedem Volke vorrechnen können,aus ioelchen Rassenelemeiften es sich zusammensetzt— als ob die Geschichtschreibung keine größeren Aufgaben hätte. Än wie enger Verbindungaber diese neueste Geschichtschreibung zu polfti-schen Strömungen im deutschen Volke— drübenund hüben— steht, zeigt der Nachweiszder Geltung des Führerprinzips in der Geschichte(dessenBedeutung sich angeblich schon in der deuffchenKolonisation Pes 13. und 14. Jahrhunderts gezeigt hat), die Betonung des Einigungsgedankens im deutsches Volke(Napoleon hat angeblichalle seine Siege erfochten, Weil die Deuffchen uneinig wären!), seine Polemik gegen nationaleVersöhnlichkeit(„Zwischenvölker ernten, wenn siemäkeln wollen, nur Mißtrauen von allen Seftenund werden zum Unglück für sich und die andern.Man denke nur an die Elsässer, denen man auchimmer eingeredet hat, sie könnten Deutschlandund Frankreich einander näherbringen"). Ganzdeutlich wird schließlich der Verfasser, wenn ergegen die protestantischen Theologen vom Lederzieht, die immer dann,„wenn die höchste Einigkeit Not tat, die größten Unterschiede entdeckten",was nur als Anspielung auf den Kampf des Nationalsozialismus in Deutschland mit der protestantischen Bekenntniskirche verstanden werdenkann. Ebenso deutlich versteht man es, wenn derAutor das Selbstbewußtsein der Sudetendeutschen aufstacheln will, indem er sie daran erinnert, daß sie„aus einem großen Reich" gekommen sind und daß„dies alte Gefühl als einlebendiges Erbgut weitergegeben von Jahrhundert zu Jahrhundert" wird. Wie bedeutsam ihmdieser Zusaimnenhang-ist, dafür zeugt, daßSchmidtmayer fein Werk damit schließt, die Sudetendeutschen hätten im Laufe ihrer Jahrhunderte langen Geschichte„immer gleichen Schrittgehalten mit der geisffgen Entwicklung der gesamten Naffon" und daß hierin auch die jetzig«Generatton nicht zurückbleiben dürfe. Heißt das,daß die Sudetendeuffchen gleichen Schritt haltensollen mft dem Hitlerdeuffchland der Konzentrationslager und Bücherverbrennungen, der Gleichschaltung der Universitäten und der Religionskämpfe, der Sozialistenverfolgungen und Judenpogroms?So handelt es sich hier um ein Geschichtswerk, das den Geist Hit-le r s und Henleins atmet, eine Art geschichtlicher Begründung des Bestehens der Sudetendeuffchen Partei, ein Buch, welches durchausnicht geeignet ist, die eigene Geschichte zur Lehrmeisterin der Sudetendeuffchen zu machen. Indieser„Sudetendeutschen Geschichte" steht keinWort über die sudetendeutsche Politik von 1848bis 1918 und von 1918 bis 1935» kein Wortüber die sudetendeuffche Politik im Sturmjahre1848 und in der Verfaffungsära seit 1867, di«Namen Ludwig Löhner, Eduard Herbst, ErnstPlener kommen darin gar nicht vor! Die großevolkliche Aufgabe, die sudetendeuffche Bevölkerungzur Realpolitik zu erziehen, ist wieder einmal voneinem Autor versäumt worden, der uns ein Geschichtswerk hätte geben können, das uns in denpolitischen Geschehnissen der Zukunft Wegweiserund Führer hätte sein können, das aber keine andere Wirkung haben wird als»in den Sudetendeuffchen neue Illusionen zu wecken, welche inderselben Enttäuschung enden werden, wie jenerromanffsche Nationalismus, den einst Schönererund Wolf ebenso gepredigt haben wie ihn heut«Konrad Henlein verkündet. E. Sfc