Nr. 225

Proteststrelk bel Cichorius In Kratzau  

Im Betriebe Cichorius   u. Co., Mattospin­nerei in Strazau ,,, arbeitet" feit Wochen ein Rationalisierungsingenieur. Die Firma war bis­her ohne Rationalisator durchswegs gut beschäf tigt; sicher nicht zuletzt das Verdienst einer vor­züglich qualifizierten, fleißigen Arbeiterschaft, die eine Qualitätsware erzeugte. Jetzt wurden zuerst in den kleinen Abteilungen von den Arbeitern Mehrleistungen verlangt. So wurde von Abteilung zu Abteilung, bis zu den Selfaktorspinnern, mehr und mehr von den Arbeitern gefordert, ohne ihnen für die geforderte Mehrleistung eine entsprechende Entlohnung zuzubilligen. Der wegen seiner be= sonderen Qualifikation durch eine inländische Kraft unersetzbare ausländische Rationalisator ging so tveit, von den Fleyerinnen Leistungs­steigerungen von 100% zu verlangen. Dafür aber verdienten die Arbeiter, welche siersuchten, die mit fiiel Wissenschaft begründeten Forderun= gen der Firma zu erfüllen, weniger als früher.

Freitag stellte die Arbeiterschaft den Betrieb auf zirka eineinhalb Stunden ein und verlangte von der Firma die Wiedereinführung des früheren Arbeitssystems. Der Firmenvertreter gab die Ru­sicherung, Verhandlungen darüber mit den Ge= werkschaften einzuleiten.

Samstag, 26. September 1936

HIRSCH

SEIFE

IST DIE

BESTE

Sudetendeutschier Zeitspiegel

Reiseverein Eger aufgelöst

Wie für das Dritte Reich Propaganda gemacht wurde...

Eger. Mit Bescheid des staatlichen Polizei­tommiffariats Eger vom 24. September ist die Tätigkeit des Deutschen Reisevereines, Sitz Eger, bis auf weiteres eingestellt worden. Diese Maß­nahme ist mit der Begründung erfolgt, daß der Verein feinen statutengemäßen Wirkungskreis da burch überschritten habe, daß er ohne Konzeffion ein Reisebüro betrieben und dadurch die Ruhe und Ordnung gefährdete. Gegen diesen Bescheid steht ber Rekurs an die Landesbehörde offen.

Gleichzeitig fanden in Eger Haus such un­gen beim Personal und den Funktionären des Vereines statt, die jedoch kein Ergebnis hatten. Die Geschäftsstelle des Vereins in der Bayern­straße wurde behördlich gesperrt, das vorhandene Bargeld ebenso wie die Bankfonti wurden be schlagnahmt.

Der Streik bei Brück und Engelsmann beendet

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Kongreß und Festival

der tschechischen sozialdemokratischen Jugend

Mit dem Kongres der tschechischen sozialde­mokratischen Jugend, der am Samstag und Sonntag in Prag   tagen wird, ist ein großes Festival der Rezitations- und Sängergruppen der tschechischen sozialdemokratischen Jugendbewe­gung verbunden. Die Gesamtzahl der Mitwirken­ben wird 500 übersteigen.

Am Samstag abends um 20 Uhr wird im Lucerna Saal ein Defilee der Rezitations­gruppen, verbunden mit einem öffentlichen Wett­bewerb, sein. Es werden Agitationsgruppen ans dem ganzen Gebiete der Republik   auftreten und einen Querschnitt aus ihrer Tätigkeit zeigen.

Sonntag abends um 20 Uhr wird im Lucerna Saal die Revue ,, Všemu navzdory- hurá žijeme 1936"( Allen zum Trotz- Hurra, wir leben 1936!") aufgeführt werden.

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Am Montag wird im Steiner- Saal den ganzen Tag Betrieb sein. Die Teilnehmer werden ein kamerabfchaftliches Beifammenfein haben, das mit verschiedenen Vorführungen, Reden und fach­lichen Vorträgen ausgefüllt sein wird.

An dem Festival we hen auch Mitglieder des Sozialistischen Jugendverbandes aus dem Bezirk Teplitz  - Schönan teilnehmen. I. a. werden Darbic­tungen der Turner Fanfarengruppe der S3 zu hören sein. Die Prager deutsche sozialistische Ju gend hat ihre Mitwirkung gleichfalls zugesagt.

Der Kongreß der tschechischen Jugend wird am Samstag um 3 Uhr nachmittags eröff=

net werden. Die Hauptberatungen werden

Nordböhmische

( Bergarbeiter treten an"

Fabrit in der Beile eingeführt werden, nicht aber in dem der gleichen Firma gehörenden Betriebe in Sonntag sein. der Dornröffelgasse. Wegen des Streits darf nie­mand entlassen werden und die am Donnerstag von der Firma verlautbarten Kündigungen wur­ben wieder zurückgenommen. Die Vertreter der lich noch, daß auch bei Einführung des Zweiſtuhl Firma Brück und Engelsmann erklärten schließ rück und systems der bisherige Arbeiterstand nicht verrin= qert werden wird. Die Arbeiter, die die Fabrik bis Mittag besetzt hielten, verließen sie um diese Beit und traten nachmittags die Arbeit wieder an. Die Polizeipatrouille, die während des Streits Dienst bei der Fabrik versah, wurde bereits ab­berufen.

Beim Brünner Gewerbeinspektorat fanden gestern Verhandlungen wegen Beilegung des statt, die schließlich zu einer Einigung führten. Streits bei der Firma Brück und Engelsmann Die Firma, welche das Zwei- Stuhlsystem durch sehen wollte, wird während der nächsten vierzehn Tage dieses nicht einführen und wird die Ver­handlungen, die in dieser Zeit wegen Beseitigung dieses Systems in den anderen Fabriken geführt werden sollen, abwarten. Sollte es zu feiner Einigung kommen, wird nach Ablauf dieser Zeit auch die Firma Brück und Engelsmann das Zweiſtuhlsystem einführen, und zwar bei zehn Wegen Vergehens gegen das Schutzgesetz Prozent der im Gang befindlichen Stühle. Das wurde dieser Tage in Barzdorf der Hen= Ten arbeiten würden. Das System würde nur in der und dem Braunauer Bezirksgericht eingeliefert. bedeutet also, daß in diesem Falle fünf Prozent Leinanhänger Bruno Ansorge verhaftet

Das Budget im Ministerrat

Kohlenpreisregelung Viehsyndikat bis Ende 1936 verlängert Prag  . Der Ministerrat befaßte sich in der abgeändert wird, und den Regierungsverord=

der definitiven Regelung die Vorschläge des Finanzministers.

Ferner widmete sich der Ministerrat der Be­

Die Wirksamkeit des Syndikats für die Ver­bis Ende des Jahres 1936 verlängert.

wertung von Bich und tierischen Produkten wurde

der ersten Seite einen Bericht aus Brür, in dem Die Rote Fahne" veröffentlichte gestern auf auch von einem einheitlichen Schritt der Sekretäre der verschiedenen Bergarbeiterverbände die Nede ist. Das soll bei den Arbeitern den Eindruck her­vorrufen, daß also die von den Kommunisten be= triebene Einheitsfront auf dem Wege ist. In Wirklichkeit handelt es sich hier um eine ganz alltägliche Sache.

Vom Kohinor- Schacht sollten zwölf Leute auf den Pluto  - Schacht versetzt werden. Beide Schächte

gehören den Brucher Kohlenwerfen. Gegen. Diese Versetzung wehrte sich die Belegschaft mit der Be­gründung, daß eine Verringerung der Zahl der Arbeiter von Nachteil für die Sicherheitsarbeiten wäre. Aus diesem Grunde erfolgte am 14. Sep­tember beim Revierbergamt in Brüg eine Inter vention. An der Aussprache hat damals der Bergfommissär teilgenommen. Am 17. Septem­

Mitgliedern des Betriebsausschusses am Kohinors Schacht erschien die Sache sehr bedeutungsvoll und unternehmen. So wurde vereinbart, daß die ört­lichen Sekretäre der verschiedenen Bergarbeiters nichts Neues; es fommt immer wieder vor,

man fam überein, einen gemeinsamen Schritt zu

In den Henlein- Zeitungen erschienen des öfteren größere Einschaltungen des Reisevereines Eger, der fast ausschließlich Reisen nach Deutschland   organisierte. Um nicht allzu am 24. September stattgefundenen Sitzung vor nungsentwurf über die Preise der Haus= ber wurde die Grube behördlich untersucht. Den sehr in die Augen springen zu lassen, daß es sich allem mit dem Staats voranschlag für brandkohle. dabei vor allem um eine Propaganda für den das Jahr 1937 und genehmigte vorbehaltlich braunen Faschismus handelt, enthielten diese An­fündigungen meist tein oder nur ein unbestimmtes Reiseziel. Trotzdem konnte man leicht feststellen, daß diese Reiſen zu ſolchen Zeiten, bzw. nach solchen Orten veranstal= tet wurden, wo gerade etwas los war", was bom Reichspropagandaministerium oder von der Deutschen Arbeitsfront   organisiert war. So konnte den Reiseteilnehmern das nazistische Deutschland  stets in festlicher Stimmung vorgeführt werden. Der Reiseverein, der in Eger in der Nähe des Bahnhofes seinen Siz hat, wurde nach unse­ren Informationen von Beamten der SdP gelei tet. Interessant ist weiters, daß sich unter den Eintragungen im Kassabuch auch eine Spende des unpolitischen" Bundes der Deutschen  

Von den Regierungsvorlagen für die Natio­handlung eines weiteren Abschnittes der vom nalversammlung genehmigte die Regierung den berbände die Intervention vornehmen. Das ist Vorsitzenden der Regierung angekündigten fyft e- Gefehentwurf, durch welchen das Gefch über daß in einem Betriebsausschuß eine solche Inter­matischen Unterstützung unserer die Aufhebung des Adels, dervention in Schachtangelegenheiten vereinbart wird. Wirtschaft und genehmigte folgende Ent- Orden und Titel abgeändert wird. würfe: Den Entwurf einer Regierungsverord- Auf dem Gebiete der Sozialversicherung ist Daß in einer ganzen Reihe von Orten be. nung, durch welche die Regierungsverordnung das Ministerium für soziale Fürsorge mit den reits einheitliche Beratungen von Gewerkschafts Nr. 221 aus dem Jahre 1936 über die Regelung Borarbeiten zur Durchführung der gefeßlichen Be- gruppen und Betriebsräten stattgefunden hätten, des Weizen-, Noggen-, Gerste- und Haferanbans ſtimmungen über die Versicherung der selbstän- davon weiß außer dem Berichterstatter der Roten im Wirtschaftsjahr 1936/37 hinsichtlich der land- dig erwerbstätigen Personen für den Fall der Fahne" niemand etwas. Die Kommunisten soll. wirtschaftlichen Betriebe, bei denen das Ausmaß Krankheit, der Invalidität und des Alters betraut ten endlich einsehen lernen, daß solche Erfindun des Ackerlandes fünf Hektar nicht überschreitet, worden. gen ihnen gar nichts nützen!

im Betrage von 6000 verzeichnet findet, des Brennglas- Glasbrenner schönen Dingen aus dem vergrabenen Schaß der Ausdrudsformen der Gegenwart vorwegzu=

selben Bundes der Deutschen  , der in wenigen Wochen wieder für seine befannte Arbeitslosenhilfe Spenden sammeln wird...

Wir haben das Treiben dieses Jungen schon satt...

Der Redaktion des Trautenauer Echo" ge­riet dieser Tage durch einen Zufall folgender ur­wüchsiger Brief in die Hand, den die SdP Frauen des Adlergebirges an die Kreis­stelle der SdP in Trautenau   richteten:

An die Kreisstelle Trautenau  !

Man weiß von diesem echten Berliner  , der auf dem Höhepunkt der napoleonischen Macht über Europa  ( 1810) in der Reichshauptstadt geboren ist, nicht viel. Man wußte auch damals von ihm in Berlin   nicht mehr und nicht weniger, als daß er der pfiffige Sohn eines biederen Kleinbürgers aus der Berliner Vorstadt war, der mit schlag­fertiger Naserveisheit diejenigen verblüffte, die sich mit ihm in eine Unterhaltung einließen, und tein Mensch ahnte, daß der junge Glasbrenner, dieser 23jährige Handlungsgehilfe, der Verfasser einer Schrift war, die unter dem Titel Berlin   wie es ist und trinkt", mit dem Verfassernamen Straßenecken herumgeboten und reißend abgesetzt Adolf Brennglas   gezeichnet, 1833 an allen wurde.

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Falls Sie den Gebietsgeschäftsfüh­rer Rud. Sch . Schramm nicht sogleich ab beru­fen, werden wir SdP- Frauen uns zusammen Die eifrigen Förderer von Sitte und Brauch­machen und denselben von der Gebiets tum im Dritten Reich   würden gewiß gerne etavas stelle jagen und dieselbe absperren, für den Nachruhm des Mannes tun, der mit dieser wenn die Männer nicht den Mut dazu haben. Schrift und mit der zwei Jahre später folgenden Wir haben das Treiben dieses Jun- Buntes Berlin  " das fulturhistorische Alt- Berlin gen schon satt. Die Gründe werden Sie literaturfähig gemacht und von all den berühmten schon erfahren. Im Falle die Kreisstelle mit ihm Figuren, von ,, Nante, dem Eckensteher", vom nicht in Verbindung steht, was wir schon lange Schuhmacher Pinne usw. erzählt hat. Aber es gibt denten, werden Sie sich wohl nicht vor ihm da gewisse Dinge, die es nicht geraten erscheinen fürchten..

Sollte er nicht wegkommen, dann werden Sie erleben, daß er eines Tages von uns Frauen fortgesteinigt wird.

Ein beliebter Vertrauensmann, das tann man wohl sagen! Und er muß allerhand auf dem Kerbholz haben, wenn die Frauen gar so energisch gegen ihn vorehen. Der Deffentlichkeit wür den die Dinge, die die Frauen nicht beim Namen nennen, aber schon sehr interessieren!

lassen, diesen Berliner   auch in die neudeutsche Ge­schichte aufzunehmen. Denn er unterschied sich von seinen Landsleuten oder jedenfalls deren großer Mehrzahl durch etwas, von dem er in den höchst attuellen Zeilen sprach:

,, Sie vernichten Stadt und Land, Geist ist nicht zu finden."

,, Brennglas"-Dichtung ans Licht der proletari­schen Gegenwart gehoben hat, ist nicht nur in die­fen Zeilen wert, auch heute wieder überall dort rezitiert zu werden, wo man gegen die immer noch herrschenden Buckelducker"," Zarucker, Mucker, Achselzucker, Zinsenschlucker, Polizei­drucker und Kniehucker" protestiert, wie Glas­brenner die Reaktionäre aller Art genannt hat. Denn dieses Märchen vom Geist, gegen den hun­derttausend Mann Soldaten aufgeboten werden, und den dennoch niemand, niemand auf der Welt fesseln und unterdrücken kann, hat hundert Jahre vor der denkwürdigen Verwirklichung bereits die Bücherverbrennung durch die Nazis vorwegge­nommen. Der Geist versteckt sich in einem Buch und schon richtet sich die ganze Wut seiner Feinde negen dieses:

,, Schließt das Buch und bindet's au! Ohne zu bekennen,

Soll er auf dem Markt sogleich Mit dem Buch verbrennen! Richtet schnell den Holzstoß her Auf. Soldaten, ins Gelvehr! Lodert, lodert Flammen! Gott   soll ihn berdammen!"

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Spricht die Prophetie für Glasbrenner oder gegen jene Deutschen  , die nicht alle werden? Man weiß es nicht. Sicher ist, daß er die ganze Groteske der Gegenwart vorausgeahnt zu haben scheint. Glasbrenner war es, der bereits den raffestolzen Arier abgezeichnet hat-

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,, Er hat zweiundzwanzig Ahnen Und ist ungeheuer dumm..." ,, Das Märchen vom Geist", das Glasbren- den blädsinnigen Personentult vorausahnte, den ner gedichtet und der alte Förderer revolutionärer er als pofpoet bei der Geburt eines Prinzen" Dichtung, Franz Diederich, mit vielen anderen ſtlich gloſſiert hat, nicht ohne auf seine Art auch

nehmen-

..Heil uns! Seine Durchlaucht geruhen bereits zu schreien, ..Heil uns!

Und der Natur Höchstihr erstes Opfer zu weihen. Heil uns!"

und er hat auch Die allerhöchste Logit" jener Leute klassisch festgehalten, die mit einem., der Führer will's" jeden Widerspruch der Vernunft, soweit solche vorhanden, zu beruhigen wissen: ..So sei's!

Bu meiner Ehre, zu meinem Preis: Schwarz ist weiß!

Genug des Geschrei's,

So sei's.

Salt's Maul, seid ſtill! Ich will."

Ein Berliner  , der soviel Geist inmitten cines Ameisenhaufens von Spießern und Realtio­nären verschendete, konnte zwar der Lieblingsdich­ter aller derer werden, die sozial im Schatten lebten, und mit seinen Versen gern den Bedrückern eines auswischten, für die deutsche Literaturs geschichte blieb er der Vorstadtpoet, dem man keine Träne nachweint. Um so mehr schloß ihn die für Wiz und Satire als Kampfmittel begeisterte Be­wegung ans Herz, die er, der den schmachvollen Verlauf von 1848 lebhaft bespöttelte, noch heran­wachsen sah: die sozialistische. Der echte Volks­

wiß, dem er diente, die ausgesprochen demokra= tische Gesinnung, die er vertrat, der scharfe Kampf vor allem auch, den er gegen Jesuiten   aller Art führte, lassen sein Wert zum unveräußerlichen Bestand proletarischer Dichtung werden. Deshalb gedenten auch wir dankbar des tecken rebellischen Poeten, der vor sechzig Jahren, am 25. Septem­ber 1876, in Berlin   den Spöttermund für immer schloß.