Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077, HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: KARL KERN, PRAG  .

16. Jahrgang

Donnerstag, 22. Ottober 1936

Madrid   in Erwartung des Angriffs

-W

Azaña In Barcelona  Erfolge bei Huesca  

Madrider   Kinder aufs Land

vinzen der weitere Kampf vorbereitet und mate=

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 246

rielle Reserven sowie Truppen bereitgestellt Umgruppierung

werden.

Die Aufständischen verbreiten absichtlich wilde Gerüchte, um Paniken und Verwirrung an= zuftiften. So meldeten sie Mittwoch, daß Cabal leros im Laufe einer Auseinandersetzung der

Führer der rechtsstehenden Sozialisten, Prieto, niedergeschoffen habe. Die Regierung dementiert diese irrsinnige Nachricht auf das allerentschic­denste.

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Barcelona.( Havas.) Der Präsident| Gesichtspunkten zu beschleunigen, wird das Orga­der spanischen Republik Azana   begab sich Mitt- nisationsproblem gerade durch den Waffen­woch vormittags in, das Gebäude des katalanischen zu strom von Freiwilligen er­Parlaments, wo seine Kanzlei und in den Neben- fchwert, die sich in Madrid   zur Verteidigung met räumen sein Militärkabinett und sein Sekretariat den und erklären, getren der Parole Caballeros, eingerichtet wurden. Die offizielle Kanzlei des bis zum letzten Blutstropfen tämpfen zu lassen. Präsidenten befindet sich in den Räumen, welche Die Regierung verheimlicht keineswegs die Ge­früher der Vorsitzende des Parlaments innehatte. fahr, die für Madrid   besteht, ist aber andererseits Am Nachmittag traf in Barcelona   cine Eskadron überzeugt, daß ein Kampf um Madrid  , der Republikanischen Garde ein, deren eine Teil in dem die dort zur Hand befindlichen zahlreichen hat befchloffen, die Einberufung einer Konferenz ebenfalls im Parlamentsgebäude untergebracht Milizionäre sich so schlagen, wie sie sich in Irun  , der SAJ und des JGB nach Paris   zu fordern, wurde, während der Rest in verschiedenen Ka- vor Oviedo   und im Gebirge geschlagen haben, die fernen einquartiert wird. Kräfte der Rebellen erschöpfen in der über die Lage in Spanien   und die Frage fönnte, während zugleich in den Mittelmeerpro- der Neutralität beraten werden soll.

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Madrid  . Der amtliche Bericht der Re­gierung besagt: An der Nordfront setzen die Ne­gierungstruppen die große Schlacht gegen die Aufständischen in der Richtung Oviedo   fort. Die Bergarbeiter kämpfen mit großem Mut und fügen den Aufständischen ungeheuere Ver­Iuste zu.

Neue Spanienkonferenz der Internationalen gefordert Der Landesrat der englischen Arbeiterpartei

Leistung siegt über Demagogie

Der Erfolg des norwegischen Sozialismus Oslo  . Das endgültige Wahlresultat steht| produktive indu industrielle Anlagen ein. Alle Maß nunmehr fest. Lediglich das Ergebnis aus einem nabmen der Regierung standen unter der Tendenz, einzigen Wahlkreis wird noch erwartet, das aber durch staatliche Eingriffe Einfluß auf das Wirt­keine Verschiebung mehr bringen wird. Es er- saftsleben zu erhalten. Auf dem Gebiete der

An der Aragon  - Front hat ein Regierungs­flugzeug drei Flugzeuge der Aufständischen ab­geschossen. Die Vorhut der Aufständischen, welche die Regierungsabteilungen zu überraschen ver­auf dem Kampfplake. Die Regierungstruppen die Rechte 36( 30), die liberale Linte 28( 24), besetzten nunmehr zahlreiche Gebäude in Huesca   die Bauern 18( 23), die Christliche Volkspartei und rieben eine Eskadron maurischer Kavalle- 2( 4), zusammen 150 Mandate..

auf der tschechischen Rechten

Innerhalb der tschechischen Rechten vollzieht sich eine Umgruppierung, die auch von der deut schen Oeffentlichkeit nicht übersehen werden soll. Das Národní sjednocení"( Nationale Vereini gung), einst die Hoffnung der tschechischen Real­tion, befindet sich im Zustande allmählicher Zer­setzung und Auflösung.

Die Nationale Vereinigung" ist vor den Wahlen von 1935 durch den Zusammenschluß der von Kramář und Hodáč geführten nationaldemo­tratischen Partei und der von Stříbrný geleiteten Liga" entstanden. Durch diese Verbindung hoffte die Partei des Industrie- und Finanzkapitals die ihr fehlende Volkstümlichkeit zu gewinnen, Stří brný soilte ihr die Prager   Gaſſe in hellen Haufen zuführen. Aber das Schiff, das da mit vollen Segeln ins Meer hinausfuhr, strandete bald, statt mit 40 bis 50 Mann kehrten die Vereinigten" nur mit einem Fähnlein von 16 Aufrechten ins Abgeordnetenhaus zurück, der für den Wahlkampf verantwortliche Parteiführer Dr. Hodáč, einst Ge­neralsekretär und Allgewaltiger im Industriellen= verband, war auf der Strecke geblieben.

Bald nach den Wahlen haben einzelne der ehemaligen nationaldemokratischen Funktionäre eingesehen, daß die Verbindung mit Stříbrný für sie ein schlechtes Geschäft gewesen ist. Die Liga hatte ihnen wenig Stimmen gebracht, aber die Partei derart kompromittiert, daß eine Reihe an=

fuchte, wurde zurückgeschlagen und ließ 25 Tote halten: die Arbeiterpartei 71 Mandate( 69), andigungen gesehener Männer die Nationaldemokratie verlies

ric auf.

An der Guadarrama- Front ist es Regie­rungstruppen gelungen, den Feind nordöstlich von Robledo de Chavala zu überraschen, wo 25 Aufständische getötet wurden. Drei mächtige Ne­gierungstruppenabteilungen begannen einen gro= fen Angriff im Tajo  - Abschnitt. Die Aufständi­schen sind mit schweren Verlusten zurückgeworfen worden.

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Vor 14 Tagen wurde in Madrid   mit der Evakuierung der Kinder begonnen, die nach Mur­ cia  , Valencia   und Barcelona   übergeführt wur­den. Das Schuljahr in Madrid  , wo über 90.000 schulpflichtige Kinder find, hat heuer im Herbst überhaupt noch nicht begonnen. Die Evaluierung der Kinder wurde im Hinblick auf die Nähe der Kampffront und die mangelnde Nahrungsmittel­versorgung Madrids   vorgenommen. Aus Madrid  follen alle Kinder evakuiert werden. Es werden mit ihnen auch die Lehrer und Aerzte in die Pro­vinz fahren, wo die Kinder die Schulen besuchen werden.

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Der norwegische Ministerpräsident

Nygaardsvold  

der Lage der Klein- und Mittelbauern.

und obendrein behauptet wird, daß die Indu ſtriellen und Kartellisten die Jugend korrumpie­ren. So entwickeln sich die Gegensäße innerhalb der Nationalen Vereinigung" zu einer Schärfe, die den Zerfall dieses noch nicht zwei Jahre be­stehenden Parteigebildes in seine ursprünglichen Bestandteile Nationaldemokraten und Liga als durchaus möglich erscheinen lassen.

ßen. Seit einem Jahre toben in der Nationalen Mit Recht konnte die Sozialdemokratie die Vereinigung" heftige Kämpfe, welche nach und Besserung der öfonomischen Verhältnisse zu ihren nach die Partei aktionsunfähig machen. Heute gibt Gunsten buchen. Sie führte den Wahlkampf unter es darin drei Richtungen, von denen sich die eine der Devise: Norwegen   für das Volk" um die Abgeordneten Ježek und Horák, die an­und..Das ganze Volt in Arbei t". Sie dere um Dr. Hodáč und die dritte um Stříbrný bevwvies auf ihre sichtbaren Erfolge und fündigte gruppiert. Besonders heftig ist der Gegensatz zwi­gleichzeitig weitere Maßnahmen zur Besserung schen Hodáč und Stříbrný, der es verhindert des Lebensstandards der Massen an. Die bürger hat, daß der Parteitag einberufen werden konnte. liche Opposition konnte die Argumente der Re- Hodáč' Stellung ist insbesondere unter der Par­gierung nicht bestreiten. Sie mußte zugeben, daß teijugend stark und diese hat am Sonntag den die gegenwärtige Wirtschaftsepoche als Hochton- Redakteur des Poledni list", Werner, die rechte junktur bezeichnet werden muß. Sie mußte wei- Hand Stříbrnýs, ausgeschlossen. Daraufhin hat ter zugeben, daß die ständig steigenden Zollein- Werner ein Flugblatt herausgegeben, in welchem nahmen darauf schließen ließen, daß die norwe- nicht nur Hodáč angegriffen, sondern auch die gische Ein- und Ausfuhr einen sehr günstigen Kassaführung der Jugendorganisation verdächtigt Stand erreicht hat. Auch die Finanzierungsmaß­nahmen des Krisenprogramms der Regierung bot ibr teinerlei Propagandamöglichkeiten. Es konnte also damit gerechnet werden, daß der Ausgang der Wahlen für die norwegische Arbeiterpartei ein glänzendes Ergebnis bringen würde, zumal die Erfolge in den übrigen skandinavischen Staaten die psychologische Voraussetzung für eine schlag­Der mögliche Zerfall der Vereinigung, welche fräftige Agitation gaben. Aus Mangel an sach der Kern einer faschistischen Bewegung wer= lichen Gegenargumenten bemächtigten sich die den sollte, wird auf die Gruppierung der tsche= Oslo.( Eig.Ber.) Als die norwegische Ar- bürgerlichen Parteien der Troßti- Affäre als chischen Rechten nicht ohne Folgen bleiben. Daß Während die Regierung bemüht ist, die Neu- beiterpartei 1933 die Regierung übernahm, war Propagandawaffe gegen die norwegische Arbeiter- es zu einer Vereinigung der Stříbrný- Leute mit organiſation der Miliz nach rein militärischen die Wirtschaftskrise auf dem Höhepunkte. Die partei. Seit vielen Wochen brachte die bürger- der Faschistengemeinde Gajdas kommen kann- Arbeitslosigkeit erreichte die Höhe um 100.000. liche Preſſe in ſenſationellſter Aufmachung alle wie tschechische Blätter andeuten Industrie und Landwirtschaft schienen einer Stata Meldungen in dieser Richtung. Die Konservati besonderen Bedeutung, der Glorienschein um das strophe entgegenzugehen. Die demokratisch ein- ven benüßen den Notenwechsel mit dem guten Haupt des einstigen Generals ist längst verblaßt. gestellte Bauernpartei radikalisierte so sehr, daß Kunden Sowjetrußland, das die Won weit größerer politischer Bedeutung ist die Marsch auf Brüssel  " fie fich schließlich gegen die bürgerliche Regierung Auslieferung Tropfis verlangte, als Wahlpropa- Fühlungnahme des rechten Flügels der Agrariér Mowinkel aussprach. Der Sozialdemokrat Ny ganda. Es kann nicht bestritten werden, daß diese mit Stříbrný. Trotz der Mißerfolge, welche die Brüssel.( Savas.) Der Kampf zwischen gaardsvold bildete eine rein sozialistische wochenlange Pressekampagne auf einen Teil der siamesischen Zwillinge Vraný und Kahánek bis­der Regierung und den Registen tritt plötzlich in Regierung, die allerdings der Unterstützung der Kleinbürgerlichen Bevölkerung Eindruck gemacht her erlitten haben, gibt der reaktionäre und halb­eine gespannte Atmosphäre ein, da der Führer der Bauern bedurfte, da sie mit ihren 69 Mandaten hat. Dennoch enttäuscht das Wahlresultat nicht, faschistische Flügel der Agrarier das sind die­Registen Dégrelle mitgeteilt hat, daß er am von 150 keine absolute Mehrheit hatte. Das Die norwegische Arbeiterpartei gewann zwar nicht selben Leute, welche mit der SdP kokettieren Sonntag mit 200.000 organisierten Parteimit großzügige Krisenprogramm dieser Regierung, die absolute Mehrheit, aber sie erreichte eine wei- die Hoffnung nicht auf, zur Wacht zu gelangen gliedern auf Brüssel   marschieren werde und daß dessen Vorbild das Krisenprogramm der schwedi- tere Stärkung ihrer parlamentarischen Stellung. und ist bereit, sich gegen die Linke mit Tod und diefe die Regierung van Zeeland hinwegfegen" schen Sozialdemokratie war, führte neben der Ihre Stimmenzahl erhöhte sich um über 100.000, Teufel zu verbinden. Es ist bekannt, daß in der würden. Diefe Manifestation fällt auf den gleichen langsam einsehenden allgemeinen Wirtschafts- wobei festzustellen ist, daß sie weitaus den größlekten Zeit die Freundschaft der Induſtrie und Tag wie der sozialistische Kongreß in der belgi- konjunktur sehr bald zu einer Gesundung der ten Teil der Neuwähler für sich ge- des Finanztapitals mit den grünen reaktionären fchen Hauptstadt und die sozialistische Partei sieht ökonomischen Verhältnisse. Diese Besserung fand winnen konnte. Katastrophal ist der Wahlaus Buckerfabriks-, Spiritusbrennerei- und Reſtauts­darin eine ausgesprochene Provokation der Mexi- ihren sichtbarsten Ausdruck in der ständig zurück- gang für die Quisling   Faschisten, die, troß- befizern enger geworden ist und wie diese Gesell ften. Man nimmt an, daß zu dem sozialistischen gehenden Arbeitslosenstatistik. Die Maßnahmen dem sie von der Gestapo   finanziert werden und schaft es wagt, sogar gegen die im Geiste Masa­Kongres mehr als 100.000 Personen zufammen- der Regierung erstreckten sich u. a. auf den A u 8- durch den Einbruch bei Trokki über die Grenzen ryks und Benes' geführte Außenpolitik des Staa­tommen werden. Die interminiſterielle Kommif- bau de Berkehrsnese3 Anlage Norwegens   bekannt wurden, bei einer stärkeren tes aufzutreten. Die gelegentlichen Liebeserklä fion, die Mittwoch abends zufammentritt, wird neuer Verkehrswege, das durch die bürgerliche Wahlbeteiligung nicht nur tein, Mandat erhielten, rungen des agrarischen Hauptblattes an Konrad zur Sicherung der Ordnung Beschlüsse faffen. Regierung außerordentlich vernachlässigt worden sondern auch einen Stimmenverlust gegenüber Henlein und die außenpolitischen Seitensprünge war. Dieser Schritt der Regierung führte sebr 1983 zu verzeichnen haben. Obwohl die Arbei- sind in gewissen Kreisen der republikanischen Par­bald zu einer vermehrten Produktion in der terpartei die absolute Majorität im Storting nicht tei auf entschiedenen Widerstand gestoßen, weil raft wagenindustri e, wobei die gewinnen konnte, kann mit einer Beibehaltung eine solche Politik niemandem mehr schadet als Tendenz bestand, sich auf diesem Gebiete möglichst des gegenwärtigen Regierungskurses gerechnet der Agrarpartei selbst. Die besonneneren Ele vom Auslande unabhängig zu machen, um den werden, da die Bauernpartei, obwohl sie mente der republikanischen Partei wollen nicht, einheimischen Arbeitsmarkt zu entlaften. Ferner einige Mandate eingebüßt hat, nach wie vor an daß sie Vraný in eine zweite Niederlage führe, begünstigte die Regierung die weitere Glektri- eine enge Zusammenarbeit mit der Arbeiterpartei wie es jene bei der Präsidentenwahl gewesen ist. fizierung des Landes und setzte sich für neue interessiert ist. Die Agrarpartei tann ihre füha

Dégrelles

Dégrelles von Berlin   beraten

Brüssel. Der katholische Abgeordnete Bodart erklärte öffentlich, daß der Regiftenführer Dégrelle vor der Vereinigung der Registen mit den vlämischen Nationalisten am 27. September in Berlin   gewesen sei und im deutschen   Außen­ministerium verhandelt habe.

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- ist von keiner