Nr. 295

Volkswirtschaft und Sozialpolitik

Die Arbeitsvermittlung im November

der Annahme, daß die Stellen noch frei find, Ar­beitslose zuweisen, die dann einen oft weiten und beschwerlichen Weg nuslos und sinnlos machen müssen. Die Rüdsichtslosigkeit dieser Arbeitgeber fchafft eine Quälerei für die Arbeitsuchenden und Unannehmlichkeiten für die Vermittlungsanstalten.

Von den erzielten Vermittlungen entfallen auf Bauarbeiter 2515, Textilarbeiter 2019, Tag­

arbeiter 1949, chemische Arbeiter 1779, Silfs­arbeiter 1775, landwirtschaftliche Arbeiter 1173, Metallarbeiter 698 und Glasarbeiter 553. Auf Haushaltspersonal entfallen 864 Vermittlungen. Ein teilweises Bild des Arbeitsmarktes gibt die nachfolgende Tabelle:

1937 Oft. 1.296

Bergbau

Ton

Glas

1933 1936 1937 November Landwirtschaft 3.468 3.858 2.334 3.755 3.029 1.882 2.005 1.680 1.286 19.318 10.477 6.533

1.726 801

6.002

Metall und

Maschinen 11.848 8.494 4.742 4.331 Holzbearbeitung 5.042 4.612 3.009 2.607 Tertil

Bekleidung

Bauarbeiter

Hilfsarbeiter

1.999 5.926 7.210

Donnerstag, 16. Dezember 1937

Wer Schokoladen kennt- wählt,

DIANA

BELIEBT SEIT 40 JAHREN

waren.

der öffentlichen Angestellten, der ebenfalls Mit- 1 glied der Liga wurde, wurde in den Ausschuß der Vorsipende- Stellv. Jaroslav Martan gewählt.

Kriegswirkung

auf Chinas   Außenhandel

BERSON

Seite 5

Heute weiss schon

dass

jedes Kind Berson die besten Absätze sind.

BERSON

Ausland

( Dr. H.) Nunmehr liegen die Gesamtziffern Die Reichenberger Landeszentrale für Ar des chinesischen Außenhandels im September bor. beitsvermittlung gibt einen Bericht über die Tätig keit der ihr unterstehenden 45 Bezirksanstalten. Sie zeigen deutlich die Wirkungen des Krieges im Fernen Often und besonders die Folgen der Bes Danach wurden im November 19.756 Arbeits­Yagerung Schanghais, sowie die Blockade durch und Dienststellen gemeldet und 15.995 Vermitt Japan  . Die chinesische Gesamteinfuhr ist von lungen erzielt. Diese Zahlen geben jedoch kein 55.47 Millionen chinesischen Dollar im August richtiges Bild der Lage auf dem Arbeitsmarkt, weil siele Stellen nur forma gemeldet, aber schaft erkämpft haben, in Abrechnung zu bringen auf nur 34.14 Mill. Doll. im September 1937 direkt von den Arbeitgebern ohne Benachrichtis und dann gefälligst bereinbarungsgemäß zu be- uns 80.39 Mill. Doll. im September 1936 ab gung der Vermittlungsanstalten besetzt werden. zahlen. Auf derartige Dinge ist besonders au gefunken. Gegenüber dem gleichen Vorjahres Das hat u. a. zur Folge, daß die Anstalten in achten. Sicher ist zwar, daß sich die Organisatio- monat macht das einen Rüdgang um 57.5 Bros Demokratische Wahlen nen nicht auf alle ihre Mitglieder verlassen fön- agent aus. Die Einfuhr über den Hafen von nach dem Siege nen, trotzdem wird aber der größte Teil der Glas- Schanghai allein( über Schanghai   gehen zu nor­schleifer auf der Hut ſein, um nicht wieder in jene malen Reiten rund 50 Prozent des gesamten Eine Rede Azañas Situation zu kommen, aus der sie mit so ungeheus chinesischen Außenhandels) ist im September ge­Barcelona.( Ag. Esp.) Während oft genug rer Anstrengung sich herauszuraffen imstande genüber dem gleichen Vorjahrszeitraum sogar um der Antrittsbesuch eines neuen Botschafters beim 84.8 Prozent gefunken. Dagegen haben die chine- Staatsoberhaupt nur eine zeremonielle Formalis fischen Erporte eine beträchtliche Steigerung tät ist, gab die Ueberreichung des Beglaubigungs Kündigung des Abkommens über den Por erfahren. Der Ausfuhrwert belief sich im Septem schreibens an Präsident Azaña   durch den neuen sellanerport nach Italien  . Die tschechoslowakische ber auf 67.16 Mill. Doll. gegen 59.53 Mill. Doll. Vertreter Frankreichs   den Anlaß zu bemerkens= Deutschland   und Italien   über die Porzellan- acht hervor, daß es China   gelungen ist, seinen nete als die Grundlagen der Politik seines Lan­Borzellanindustrie hat das Abkommen mit im September des Vorjahres. Aus diesen Ziffern werten Ansprachen. Botschafter Labonne bezeich Grund der Kündigung sind die der tschechoslos Landweg stärker in Anspruch zu nehmen, während menschlichen Persönlichkeit, ihre Freiheit des Den­ausfuhr nach Italien   zum Jahresende gekündigt. Export über andere Häfen zu leiten und auch den des und seiner Tätigkeit den Respekt vor der patischen. Industrie zugestandenen ungenügenden der Import durch die Kämpfe um Schanghai   tens und Ausdrucks, den Willen zur sozialen Ge­Exportquoten.( DND.) außerordentlich getroffen wurde. rechtigkeit und die Hoffnung auf wahre Brüders Tschechoslowakische Beteiligung an der mit­Trotz des großen Umsaßrüdganges im lichkeit zwischen den Völkern. Er gab der Hoff's teleuropäischen Hopfenrestriktionskonferenz. Am August und September betrug der gesamtchine- nung auf Wiederherstellung des Friedens Aus­13. d. M. fand in Nürnberg   eine Konferenz des fische Import in den ersten neun Monaten d. 3. druck, der allen Bürgern die wesentlichsten Güter Mitteleuropäischen Hopfenbüros statt. An den 819.76 Mill. Doll. gegenüber 684.71 Mill. Doll. sichern werde, die geistige und moralische Freiheit Besprechungen nahmen Vertreter der Tschecho- in der gleichen Zeit des Vorjahres, während die und die materielle Prosperität. Slowakei  , Deutschlands  , Frankreichs  , Jugosla- Exporte von 507.52 Mill. auf 684.2 min. Don. Präsident Azaña   wies in seiner Antwort iviens und Polens   teil. Der letzte Bericht über gestiegen sind. Der japanische Einmarsch hat den darauf hin, daß das innere Zerwürfnis längst zu­das Konferenzergebnis steht noch aus, doch wird Aufstieg der chinesischen Wirtschaft nicht nur auf- fammengebrochen wäre an dem Widerstand des 24.748 18.629 12.620 12.064 es von diesem Ergebnis abhängen, ob die Tiche gehalten, sondern ihn, zum Schaden sämtlicher spanischen Volkes, das seine Freiheit verteidigt, choslowakei zu einer Restriktion des Hopfen Länder, die mit China   Handelsbeziehungen uns wenn jenes Berwürfnis auf seine eigene Straft be= anbaues schreiten wird.( DND.) terhalten, arg gefährdet. Wirtschaftlich Wirtschaftlich am schränkt geblieben wäre. So aber habe es sich zu Index der Großhandelspreise. Der nach dem stärksten getroffen wurde der chinesisch einem europäischen   Konflikt erweitert, der den 3.637 Stande vom 1. Dezember 1937 ermittelte Inder japanische Außenhandel, bzw. I a pan. Hernach allgemeinen Frieden bedrohe, nämlich den Fries 3.982 der Großhandelspreise sant um 1.6 Prozent, wurde am stärksten das Chinageschäft Deutsch  - den, der noch existiert, der aber in Wirklichkeit d. i. von 744 im November auf 732 im Dezem lands betroffen. Die Einfuhr deutscher   Waren schon gebrochen ist. Zur Befriedung sei es notwen ber. Der Nahrungs- und Genußmittelinder sant verringerte sich im September um 68 Prozent, dig, den innerspanischen Konflikt von jenen Fat von 724 auf 718, der Futtermittelinder blieb während die Exporte Chinas   nach Deutschland   um toren zu trennen, die ihn fördern und an ihm pro­unverändert, so daß der gesamte Nahrungs- Ge: 51 Prozent zurücgingen. Verhältnismäßig am fitieren. Die Lage Spaniens   zivischen zwei Mees nuß- und Futtermittelinder 699 gegenüber 705 besten abgeschnitten hat England. ren und seine Beherrschung einer der wichtigsten Desgleichen sinkt der Inder der Industriestoffe ber und November weiter verschlechtert hat, gclodt. Sobald die Herrschaft des Gesetzes ers Daß sich der Außenhandel Chinas   im Ofto- Meeresstraßen habe schon allzuoft Eroberer ans und-Erzeugnisse von 786 im November auf 767 braucht feiner besonderen Erwähnung. Es ist auch fämpft ist, wird im Frieden das spanische Volk ( um nicht ganz 3 Prozent). ( um nicht ganz 3 Prozent). flar, daß sich die Auswirkungen dieses furchtbaren berufen werden, um seinen Willen auszudrücken. Liga der Heilanstalten. In den letzten Tagen Krieges im Fernen Osten immer empfindlicher be- Was es beschließe, werde respektiert werden. wurde in Prag   die Liga der Heilanstalten gegrün- merkbar machen werden. Wenn aus den Vereinig det, zu der sich vorläufig 12 Korporationen anten Staaten und aus anderen Ländern Konjunk- Mexiko immer demokratischer gemeldet haben, die Besizer von Sanatorien und turrückgänge in verschiedenen Wirtschaftszweigen Megiko City. Der Präsident der sozias Genesungsheimen sind. Rieck dieser Liga ist, die gemeldet werden, so ist dies nicht zuletzt die Folge listisch- demokratisch regierenden Vereinigten Heilanstalten, insofern es die finanziellen Verhält- des chinesisch japanischen Krieges. Staaten von Megifo, Cardenas, hat sich ents nisse gestatten, zu verbessern, sie vor der Ver schlossen, auf die außerordentliche Vollmacht, die teuerung der Nahrungsmittel, der Textilwaren, Das neue Handelsabkommen Frankreichs   er noch im Jahre 1938 ausüben sollte, zu vers der Verbandstoffe, Apparate und Instrumente usw. mit Jugoslawien  . An französischen informierten zichten und legte außerdem dem Parlamente 311 schützen. Außerdem wird diese Organisation das Stellen wird zu dem französisch- jugoslawischen einen Entwurf für die Verfassungsreform vor. für Sorge tragen, daß die Kommunikationen um Abkommen, das eben in Belgrad   unterzeichnet Dieser Entwurf verbietet die lebertragung von die Heilanstalten in gutem Stande erhalten wvers worden ist, erklärt, das Zahlungsabkommen hebe außerordentlichen Vollmachten an den Präsiden den, besonders, daß die Straßen vom Staube be- das bisherige Clearingsystem auf und führe wie- ten der Republik  , abgesehen von Fällen, in des freit, die nächste Umgebung der Sanatorien und der das freie Zahlungsregime ein. nen die Republik   bedroht erscheint. In dem Mo Genesungsheime bewäldert werden, ferner daß das Ein Zusatz zum Handelsabkommen aus dem tivenbericht jagt Präsident Cardenas, daß die Anstaltspersonal, insbesondere die Strankenschives Jahre 1928 bringt einige Transporterleichterun- außerordentliche Vollmacht das republikanische, stern, für ihren Beruf geschult und ausgebildet gen für französische Waren. Das Abkommen über demokratische und förderative System bedrohen werden. Eine wichtige Aufgabe der Liga wird sein, die Kontingente wird durch den bisherigen Ver- und es in eine personelle Diktatur umivandein die Heilanstalten vor der unberechtigten Ber- trag verlängert, es gewährt aber Jugoslawien tönnte. steuerung zu schüßen, denn die Finanzbehörden einige erhöhte Einfuhrkontingente, so 3. B. für beurteilen die Heilanstalten, die im Interesse des die jugoslawische Holzeinfuhr. Demgegenüber öffentlichen und sozialen Gesundheitswesens er erneuert Frankreich   im fünften Jahre nicht den richtet werden, als Erwerbsunternehmungen. Als Getreideantauf in Jugoslawien  , sondern gewährt Borjizender der Liga wurde der ehemalige Ses nur das bisherige Präferenzregime für die Mais­nator Václav Johanis gewählt. Für den Heilfonds einfuhr.

Angestellte Taglöhner  Haushalt

3.333 3.526 2.378 12.959 12.695 9.401 20.525 15.305 8.623 4.098 4.309 3.758 10.849 8.529 5.664 3.414 3.414 2.513 2.082 Die Verschlechterung während des Novem­bers ist am stärksten in den Saisonberufen, aber auch in der Glasindustrie und in der Textilindu­auch in der Glasindustrie und in der Textilindu­

strie sehr beträchtlich.

Im Gebiet der Landeszentrale stieg die Bah! der Arbeitslosen im November um 11.603 auf 71.022, b. i. um 19.5 Prozent, weniger schnell also als in ganz Böhmen  ( 27.7 Prozent) oder im ganzen Staat( 40.1 Prozent). Gegenüber den Jahren 1931 bis 1936 ist der Rüdgang be­trächtlich. Er beträgt gegenüber 1932 fast die Hälfte, 67.474. gegenüber dem Vorjahr 31.381, b. i. 30.6 Prozent. Auch gegenüber 1931 ist ein Rüdgang um 22.000 zu verzeichnen.

Die Lage in der Flakonerie

Aus dem Kamnißtal wird berichtet: Der Anfang des Jahres eingesepte Auf­schivung der Wirtschaft unseres Landes folgte der Periode der schärften Krise. Die Glasindustrie war an dem genannten Aufschwung stark beteiligt. Es fonnte festgestellt werden, daß die Produktion in der Mitte des Jahres dem Ausmaße nach an die beste Zeit der Konjunktur erinnerte.

Seit Anfang November ist jedoch der größte Teil der Glasschleifer bei den Stempelstellen zu sehen. Die Ursachen liegen zum Teil in dem Abflauen der stürmischen Entwicklung der wirt schaftlichen Produktionssteigerung, anderseits auch in der Fertigstellung der Weihnachtsaufträge, und vor allem in der Tatsache, daß die Kontingente der einzelnen Staaten, die der tschechoslowakischen Glasindustrie zugestanden wurden, erschöpft sind und erst wieder mit Beginn des neuen Jahres auf­gefüllt werden können.

im November beträgt( um 1 Prozent weniger).

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den heute wiederum vier Kommunisten nach dem Wien  . Vor dem Wiener   Schöffengericht wur Staatsschuhgesetz wegen illegaler Propagandatätig feit verurteilt. Ihr Führer, Dr. Ludwig Soswinsty. erhielt acht Monate schweren Sterfer, seine Genoffen drei, bzw. vier. Monate.

Es ist wohl feineswegs anzunehmen, daß die Botschaft aus Granada mußte, weil die Juben damals, als Träger und Ver- gebrochen werden, nun wird jeber Warrane, der Ge­

Glasindustrie, taum aus der einen Krise heraus, wieder in eine neue gleiten wird. Richtig ist aber, daß die Glasarbeiter augenblicklich vor nicht all­31 fleinen Aufgaben stehen. Man hört des öfte ren, daß die letzte Lohnausbesserung Schuld an der momentanen Atrise sei, daß die Kunden nicht be­stellen, weil sie die ähnlichen Sachen in anderen Gebieten billiger erhalten, daß die Regierung an der deutschen   Industrie kein Interesse habe usw. Das sind wohl die Argumente der Herren Unter­nchmer, die aber nicht damit rechnen, daß die Ar­beiter der neunziger Jahre nicht mit den heutigen zu vergleichen sind. Es ist sehr wahrscheinlich, daß bei jezigen Auspreisungen verschiedener Ar­tikel der Versuch gemacht werden wird, vorerst die 15 Prozent Aufschlag, die sich die Arbeiter vor einigen Monaten mit vieler Mühe und Aufopfe­rung der niemals müde werdenden Vertrauens männer mit Unterstüßung der gesamten Arbeiters

Man erhalt für 100 Reichsmark

Markmünzen

630.50 705.­

100 österreichische Schilling

529.50

100 rumänische Lei

100 polnische Zloty 100 ungarische Vengö

+

100 Schweizer Franken

100 franzöfifche Francs

0

1 englisches Pfund.

1 amerikanischer Dollar

4

4

.>

100 italienische Lire

100 holländische Gulden

100 jugoslawische Dinare a

NO

9

16.10 508.50 551.50 656.50 96.20 141.25

28.30 114.40 1577.­

62.30

Eine neue Zeit begann.

Immer wieder beginnt eine neue Zeit: mit jeder Entdeckung, jeder Erfindung, jeder neuen Religion, jedem neuen philosophischen System, jedem Regie­rungswechsel, mit jeder Revolution und mit der Niederlage jeder Revolution, mit Thronbesteigungen und Thronzertrümmerungen und jedesmal haben die Miterlebenden die Ueberzeugung oder doch das Ge­fühl, nun beginne wirklich eine ganz neue Beit, und manchmal, wenn dieser Glaube nicht start genug zu sein scheint, wird amtlich der Anbruch einer neuen und zumindest fünftausend, wenn nicht hunderttau­send Jahre währenden neuen Zeit verkündet.

Damals aber begann wirklich eine neue Zeit! Biel   später, als die Historiker etwas voreilig, ohne Berücksichtigung der gewaltigen Zeiträume der zu funft, die Geschichte einteilten in Altertum, Mittels alter und Neuzeit, da seßten sie den Beginn der Neu­zeit mit jenem ereignisreichen Jahre fest, von dessen wichtigsten Geschehnissen das Buch Botschaft aus Granada" erzählt, mit dem Jahre 1492.

1492: Jahr der Entdeckung Amerikas  ! Jahr der Eroberung der letzten maurischen Festung auf spanische Boden, Granadas, und also Sieg des Chris stentums über den Islam, wenn auch nicht als Idee, sondern durch die besseren Waffen. 1492: auch ein Jabr der Austreibung der Juden aus Spanien  , und also eines zweiten Sieges der Kirche und des staat lichen Christentums, aber freilich eines zweiten Sie ges der Gewalt. Daß eine neue Zeit begonnen hatte. das merkten damals die Mauren  , es merkten's die Juden, es wußten es das Königspaar und die des mütig- herrischen Briester, es fühlten's alle damals Lebenden. Wie groß, wie gewaltig die Umwälzung, das Neue, für Spanien   werden sollte, fonnte freilich niemand ahnen. Denn daß mit den Mauren auch eine ganz besonders eigenartige und besonders wert

volle Kultur vertrieben wurde, fonnte man es das mals wiffen? Daß die Verbanmung der Juden ber

hängnisvolle Folgen für das Wirtschaftsleben haben| eifrige Königin, auch mit aller religiösen Lässigkeit ges förperer der Geldwirtschaft, des Handels, eine be- heimen Judentums überführt wird, grausam bestraft, stimmte Wirtschaftsfunktion ausübten, die andere und da Torquemada   der Ueberzeugung ist, daß der Gruppen nicht zu übernehmen vermochten, wer Verkehr der Juden mit den Marranen diese immer hätte es damals ahnen können? wieder rückfällig macht, werden alle Juden des Lan des verwiesen. Die ewig Ruhelosen, ewig Gejagten werden zu neuer gefahrenvoller Wanderung ins Un­gewisse gezwungen. Und erschütternde Parallele!

Auch der Dichter Ernst Sommer   läßt in seinem Roman Botschaft aus Granada"*) das alles, was unausbleibliche Folge der großen ent­scheidenden Ereignisse des Jahre 1492 war, kaum ahnen, deutet es nicht an, er zwingt den Leser ganz in jenes Jahr, in jene Zeit, in das damalige Spa nien hinein, macht ihn zum Miterlebenden, und weil er das bermag, weil er die Lesenden so ganz zu Ge­fährten der Torquemado und Arbues, Isabellas und Ferdinands, Abravanels und Colons( Columbus) macht, weil er die Vorstellung zu erzwingen vermag: so war es, so sprachen und handelten diese Menschen, Geschöpfe ihrer Zeit und zugleich deren Gestalter, ist Botschaft aus Granada" ein im besten Sinne histos

rischer Roman.

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Die Maurenherrschaft zerbröckelt. Längst find die Mauren nicht mehr fühne Eroberer, nur noch Verteidiger find fie, mehr und mehr zurückweichende Verteidiger. Nur noch in Granada   vermochten sie sich zu behaupten und wissen schon, daß auch diese ihre Teßte Bastion nicht mehr zu halten ist. Eine Beit der religiösen und nationalen Duldsamkeit und der Freiheit der Wissenschaft und der Kunst geht da mit zu Ende, eine Epoche der härtesten Intoleranz steigt herauf. Im allmählich wieder christlich ge­mordenen Spanien   hatten sich viele Juden taufen Tassen, zumeist nur einem Zwange gehorchend. Diese getauften Juden, die Marranen, sind nur selten wirklich Christen geworden. Innerlich hängen viele dem Glauben der Väter an, heimlich werden jüdische Gebete gesprochen, wird an jüdischen Gebräuchen feft­gehalten. Nun aber, da mit der Vertreibung der Mauren Spanien wieder gana chriftlich wird, soll, so will es die Inquisition  , so will es die glaubens

*) Verlag Jul. Kittls Nachfg., Mähr.- Ostrau.

während sie zur Fahrt in die Verbannung, in an­dere Knechtung, in andere Verfolgung, in neue Hei matlojigkeit sich rüsten, stoßen die drei Schiffe des Kolumbus ins weite Meer hinaus zu anderer Fahrt in andere Ungewißheit.

Ernst Sommers Roman ist, was zunächst ein wenig seltsam erscheint, gerade von jüdischer Seite nicht gerade begeistert begrüßt worden. Er ist den einen zu wenig religiös gestimmt, den anderen zu wenig national( jüdischnational). Abgesehen davon, daß aus solchen Einwänden eine Unduldsamkeit und

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- Die Ge

eine Selbsterhöhung sprechen, die nicht minder un sympathisch sind als die des Antisemitismus, es ist gerade einer der Vorzüge des Buches Sommers, daß es völlig frei ist von Reflexionen, daß feine Ur­teile über Menschen und Völker und Religionen ab­gegeben werden, daß der Dichter sich zu höchstmög lichster Objektivität durchgerungen hat, just dadurch zwingt, Partei zu nehmen! Ja, der Leser nimmt Partei für die vertriebenen Juden! Er wendet sich gegen Torquemada   und die Inquisition! schichte ist eine sehr zweifelhafte Lehrmeisterin der Menschheit, da ja allüberall und von jedem Ge­schichtsdeuter die Geschichte anders ausgelegt wird. Aber wern ein historischer Roman mehr gibt als flüchtigen Lesegenuß und kurzez Miterleben bunten Geschehens, wenn ein historischer Roman die Gedan­fen des Lesers aus der Vergangenheit heraufführt in die Gegenwart und zu Vergleichen anregt und zur Brüfung der Gegenwart, dann Sommers Botschaft aus Granada". Und deshalb erhebt sich Sommers Dichtung hoch über die Unterhaltungsliteratur, ist sie dauernden Wertes. J. H.

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