190
-
Was soll da werden? Es wird schon gut werden. Der artig aus. Sie trug eine prächtige Mantille und auf dem Herr Jesus in seiner Barmherzigkeit hat geholfen, und damit Kopfe hatte sie ein Tuch von seiner bunter Wolle. Sie schien basta! Das hab ich weder mit meinem Verstand ausgeflügelt, auch nicht hierher gekommen zu sein, um Einkäufe zu besorgen, noch mit meinem Willen erreicht, sondern fluge Leute habens denn sie hatte keinen Korb bei sich, und beide Hände verbarg ausgedacht und der göttliche Wille hat's gemacht. Du brauchst sie in einem hübschen Pelzmuff. Dich nicht zu bekümmern und Dir keine Gedanken zu machen, sondern nur an die Arbeit gehen."
Wohin gebt Ihr mich also, meine Teure?" drang Hanka in fie, offenbar von diesen orakelhaften Andeutungen nicht ganz befriedigt.
,, Wohin soll ich Dich denn geben? Zu Leuten geb' ich Dich. Ich hab' einen Dienstposten für Dich gefunden, wie man ihn nicht besser wünschen kann. Von den zwei jungen Herren von gegenüber, zu denen ich ging, um Geld zu fördern, hat einer geheiratet und ist nach dem andren Ende der Stadt gezogen, wo er eine Hausverwalterftelle gegen freie Wohnung bekommen hat. Ich geh hin, und sag ihm so und so, da ist ein Mädchen, nur ist ihr alter Paß schon ungültig und der neue ist noch nicht da..."
„ Ach, Jesus !" unterbrach sie Hanka mit erschrockener Stimme.
"
„ Sei nur still, sei nur still!" befahl die Walentowa energisch. Dahinter steckt nicht mein Verstand, noch Dein Verstand, sondern ein ungleich flügerer Kopf... Und der Herr Jesus wird in seiner Barmherzigkeit schon verzeihen, daß man nicht so ganz genau die Wahrheit sagt.... Aber es wird nötig sein, den Gemeindeschreiber zu gewinnen
Hanka schwieg. Ihr war es nicht um die Sünde zu thun, sondern sie fürchtete, diese Ausflucht könnte sie in eine noch gefährlichere Schlinge verwickeln. Sie sentte den Kopf und schritt düster neben der alten Frau dahin.
"
"
Hanka wandte rasch die Augen ab und ging ihr einige Schritte aus dem Wege. Aber es schien ihr, daß auch jene fie bemerkt und gleichfalls einige Schritte seitwärts getreten war. Einige Minuten später wagte Hanka wieder aufzublicken. Hinter der Walera schritt ein hochgewachsener Hagerer Mann. Die beiden flüsterten etwas miteinander, und das Mädchen wies mit den Augen auf Hanka. ( Fortsetzung folgt.)
( Nachdruck verboten).
Der Schwiegervaker.
Von Gny de Maupassant. Deutsch von Wilhelm Thal. Es ist die Saison der Lummen, jener Tauchervögel, deren Jagd namentlich in Frankreich viele Liebhaber zählt.
Bom April bis Ende Mai, bevor die Pariser Badegäste kommen, sieht man plöglich auf dem kleinen Strande am Etretat einige alté Herren in Stulpenstiefeln und Jagdjoppen erscheinen; sie halten sich 4-5 Tage im Hotel Hauville auf, verschwinden und tauchen wieder drei Wochen später auf; dann verschwinden sie nach neuem kurzem Aufenthalt endgültig.
Erst im nächsten Frühling sieht man sie wieder. Das sind die lezten Lummenjäger, die aus den alten Zeiten noch übrig geblieben sind; denn vor 30 bis 40 Jahren zählte diese Jagd etwa zwanzig fanatische Anhänger, jetzt sind es nur noch einige leidenschaftliche Schüßen.
heiten hat. Er wohnt fast das ganze Jahr in den Gefilden von NeuDie Lumme ist ein sehr seltener Zugvogel, der recht seltsame Gewohn= fundland, der St.Peter- Inseln und von Miquelon ; zur Zeit des Frühlings fliegt jedoch ein Schwarm von Auswanderern über den Ocean und alle Jahre legen und brüten sie an derselben Stelle, auf dem sogenannten Lummenfelsen" in der Nähe von Etretat . Nur hier findet man sie, nur hier. Sie sind stets hierhergekommen; man hat sie stets gejagt, und sie kommen immer wieder und werden immer wiederkommen. wieder fort und verschwinden auf ein Jahr. Sobald die Kleinen flügge sind, ziehen sie
Wie ich ihm das sage, ruft er gleich: aber liebe Frau, da kommt Ihr mir ja wie vom Himmel gesandt. Wenn's nur was Ordentliches ist, nehmen wir sie ja selber recht gern, denn diese Säuferin, die uns zu bedienen kommt, wird uns noch gänzlich zu Grunde richten... ,, Natürlich füß' ich ihm sogleich die Hand. Warum nicht, gnädiger Herr. Das ist ein Mädchen, wie man sich's nur wünschen kann. Da sagt er zu mir: seht Ihr, liebe Frau, ich empfange nämlich hier im Hause die Meldungen, das ließe sich also eins ums andre schon zusammenreimen. Ich füß ihm natürlich wieder die Hand... Der ist mir freilich schon über ein halbes Jahr Waschgeld für zwei Handtücher und fünf Kragen schuldig, aber ich denke mir, das kommt auf eins heraus, ob man die paar Groschen hat oder nicht hat..." Sie machte eine resignierte Handbewegung und schwieg. Noch an demselben Tage wurde Hanka in ihre neue Dienststellung eingeführt. Sie hatte ein Gefühl, als ginge es ausführte. Sie hatte ein Gefühl, als ginge es aufs Schafott, so sehr fürchtete sie diese fortwährenden Verlud jeden Frühling erscheinen auch dieselben Jäger im Dorfe, änderungen, von denen eine jede ihr neues Unheil zu bringen sobald der kleine Wanderschwarm sich auf dem Felsen niedergelassen drohte. Die Walentowa schalt sie zuerst, aber als die Stunde hat. Man hat sie meist als junge Leute gekannt; heut sind sie alt, des Scheidens da war, stürzten ihr selber kleine, helle, schnell doch noch immer bleiben sie dem alten Rendezvous getreut, das aufeinander folgende Thränen über die roten, schwammigen fie fich seit dreißig oder vierzig Jahren gegeben haben. Um feinen Backen. Preis der Welt würden sie es versäumen.
Das junge Ehepaar war von dem neuen Dienstboten förmlich entzückt. Ueberhaupt waren die Leutchen geneigt, von allem, besonders von einander entzückt zu sein. Uebrigens war Hanka ihr erster wirklicher Dienstbote in dem eignen Heim, und darob kamen sie sich selber wichtiger, achtung gebietender vor. Besonders fühlte sich die Frau dadurch ge schmeichelt. Früher, als sie noch kein eignes Dienstmädchen hatte, war sie in Gesellschaft zum Schweigen verurteilt, jetzt fonnte sie zugleich mit den andern das Wort ergreifen, um über das unerschöpfliche Thema der guten und bösen Dienstboten lange Reden zu halten. Durchdrungen von einem wahrhaft erhebenden Selbstgefühl, fing fie ihre Diskussion mit den Worten an: Mein Dienstmädchen... oder: Meine Hanka, und sie schwamm dabei förmlich in Wonne.
Warum gehen sie nicht anders wohin, warum wählen sie keine andern Punkte diefer langen weißen, endlos gleichen Klippe, die sich von Pas de Calais bis nach Havre hinzieht? Welche Macht, welcher unbesiegbare Instinkt, welche Jahrhunderte alte Gewohnheit treibt sie hierher? Welch' erste Auswanderung, welcher Sturm hat ihre Bäter einft auf diesen Fels gefchleudert? Und warum sind die Söhne, die Enkel, alle Abkömmlinge der ersten stets hierher zurückgekehrt? einzige Familie diese Tradition hätte und diese jährliche Pilgerfahrt Sie sind nicht zahlreich: höchstens hundert, als wenn eine
#
Es war an einem Aprilabend des letzten Jahrs. Drei der alten Lummenjäger waren eben angelangt; einer von ihnen, Herr d'Arnelles, fehlte.
Er hatte an niemand geschrieben und nichts von sich hören lassen. Trotzdem war er nicht tot, wie so viele andre; das hätte man erfahren.
Endlich setzten sich die andern, des Wartens müde, zu Tisch. Die Mahlzeit ging zu Ende, als ein Wagen in den Hof des Gasthauses rollte, und bald trat der Erwartete ein. Appetit und versetzte, als einer seiner Gefährten sich wunderte, daß Er setzte sich; fröhlich rieb er sich die Hände, speiste mit gutem er im Gehrock war, in ruhigem Tone:
" Ja, ich habe keine Zeit gehabt, mich umzuziehen."
Man legte sich nieder, als man von Tische ausstand, denn, um die Vögel zu berraschen, muß man vor Tagesanbruch ausziehen. Es giebt nichts Neizvolleres als diese Jagd, als diesen Morgens spaziergang!
Um drei Uhr morgens wecken die Matrosen die Jäger, indem sie Sand in die Fensterscheiben werfen. In einigen Minuten ist man fertig und geht hinunter an den Strand. Obwohl sich der Tag noch nicht zeigt, find die Sterne doch ein wenig blaß; und plötzlich bemerkt man einen Strand, auf dem Hunderte von Möwen hocken, das ist der Lummenfelsen.
Auch Hankas Seele taute gleichsam allmählich auf. Ihre berdüsterten Augen fingen an, ruhig und sanft zu blicken. Anfangs besuchte sie die Walentowa sehr häufig und brachte ihr bald eine Schürze, bald ein altes Kleid, bald ein Stiffen oder eine geflicte Decke. Dann kam sie schon seltener, denn die Geschwulst an den Beinen erlaubte ihr nicht, den weiten Weg öfters zurückzulegen. Aber es verging keine Woche, ohne daß sie, stöhnend und ächzend, gekommen wäre, um nachzusehen, Es ist ganz einfach eine kleine Felswand, und auf den engen wie es ihrer Hanka erging, und ob es ihr nicht an etwas Felsspigen zeigen sich Vögelföpfe, die neugierig die Barken betrachten. Sie fizen unbeweglich wartend da und wagen nicht fortzu mangelte. fliegen. So versloß ein Monat, und auch der zweite ging schon Einige figen wie Flaschen auf den Felswänden, denn sie haben zu Ende, als Hanka eines Tags plötzlich auf dem Marktplay, so furze Füße, daß sie, wenn sie laufen, wie auf Rollen dahinzuwo sie Einkäufe machte, die Walera erblickte. Diese sah großgleiten scheinen; und zum Fliegen müssen sie sich, da sie keinen An