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erblühte. Sie war dreizehn Jahre alt geivesen zur Zeit Jh aber erkläre Ihnen, Ihr Zolltarif ist nicht nur edel und des schrecklichen Endes ihrer Eltern, von deren Körpern gewaltig, nein er ist auch von einer Großherzigkeit, die in unfren man nicht einmal eine Spur in der Asche hatte finden können, Tagen um so mehr Anerkennung verdient, je seltener sie ist. Daß und sie bewahrte noch lange schaudernd die entsetzliche Er- Sie den Pöbel gebührend für seine gefräßige Anmaßung bestrafen, sich mit Brot und Fleisch mästen zu wollen, das ist zwar eine innerung. Man drängte sie daher auch nicht, man wartete wundervolle Methode moderner Socialpädagogit, aber schon andre ab, bis sie ihr zwanzigstes Jahr erreicht hatte, damit sie Männer haben vor Ihnen, wenn auch nicht mit solcher Vollkommen selbst mit gereiftem Verstande, freien Willens über sich heit, dieses Mittel der Erziehung der Massen zur Bedürfnislosigkeit berfügen könne. Auch Nanet war übrigens noch jung, angewandt. Ein voller Bauch arbeitet nicht gern, arbeiten aber ist kaum drei Jahre älter als sie, und noch im Begriffe, seine notwendig, essen nicht. Der Hunger muß dem Volke erhalten Lehrjahre unter der liebevollen Leitung des Meisters zu werden, und mit Recht wird jeder freventliche Versuch der bollenden. Und sie waren beide noch so kindlich, so boll Sättigung mit schweren Geldstrafen geahndet. Wir aber, wir erfüllen modernen Geister auf den Höhen der Menschheit, heiterer Unbefangenheit, daß sie keine Ungeduld verspürten, eine herrliche Mission, indem wir diese Geldstrafen fammeln daß ihnen nichts zu ihrem Glücke fehlte, wenn sie nur fröhlich und sie zur noch höheren Entwidlung unsrer begüterten Jus beisammen sein und einander anlachen konnten. Sie trafen dividualitäten verwenden. Das Leben ist der Güter höchstes nicht, sich jeden Abend und unterhielten sich köstlich, indem sie sondern der Zoll hat schon vor einigen Jahrtausenden Ihr einander die Erlebnisse des Tages erzählten, unbedeutende Freund Aeschylos   gesagt, der Boll und indirekte Steuern so wunders fleine Ereignisse, die sich stets wiederholten. So saßen sie bar in den Gestalten der Erinnyen verkörpert hat, die den Königs­stundenlang Hand in Hand in glücklicher Gemeinschaft, und Königinmörder das Symbol für die alles Hohe begeifernde und nur beim Abschiednehmen für die Nacht gaben sie sich Masse in alle Winkel und Wege verfolgen, ihn niemals loslassen, einen einzigen Ruß. Freilich wurde dieses zärtliche Ein- ihn belantern, hetzen, zu Tode jagen. Wenn Aeschylos   Ihren Zoll­bernehmen hier und da durch einen Liebesstreit unterschätzter Mufifus Beethoven  - er hätte ihm seine zehnte Sinfonie noch erlebt hätte, oder gar Ihr von Ihnen so hoch ge­brochen. Nanet fand Nise zu stolz und eigenwillig, sie spielte gewidmet.

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die Prinzessin, wie er sagte. Sie war ihm auch zu gefall- Indessen, diese Zölle auf Brot und Fleisch, auf das, was die süchtig, liebte schöne Kleider und die Feste, wo sie Masse trinkt und mit dem sie sich fleidet, find doch nicht das sich darin zeigen konnte. Es war gewiß nichts Arges Bewunderungswürdigste an Ihrem Wert. Das Unsterblichste ist an babei, schön zu sein, im Gegenteil, je schöner man ihm, daß Sie zwei Gegenstände zollfrei gelaffen haben: Särge mit Menschenleichen und Orden! Das war sein konnte, desto besser. Aber es war nicht recht, wenn man seine Schönheit damit verdarb, daß man andre, weniger Be- nicht nur großmütig, fondern auch genial, ja modern! Wenn das günstigte, von oben herab ansah. Nise, in der etwas von Shakespeare   und Michel Angelo noch erlebt hätten, die Ihnen so viel verdanken. Sie hätteit sich unzweifelhaft in Brandenburg  ihrer genußsüchtigen Mutter und ihrem despotischen Vater an der Havel   begraben lassen, blos um den Genuß der Zollfreiheit lebte, wurde erst böse, denn sie wollte haben, daß Nanet fie für genießen zu können. die Vollkommenheit in Person erklärte. Da sie aber heftig berliebt in Nanet war, unterwarf sie sich schließlich, hörte auf feine Ermahnungen und bemühte sich, ihm zu gefallen, be­scheiden und sanftmütig zu werden. Und wenn ihr das nicht ge­lang, was häufig genug der Fall war, sagte sie lachend, daß ihre Tochter, wenn sie eine haben sollte, in dieser Hinsicht gewiß besser sein würde. Man müsse eben dem Blute der Vornehmen dieser Welt Zeit lassen, sich in einer immer brüder­licher werdenden Nachkommenschaft zu demokratisieren. ( Fortfegung folgt.)

Sonntagsplandevei.

Au Se. Excellentz den Grafen v. Bülow, z. 8. Neichskanzler in Norderney  .

Moderner Mensch I

Soeben ist Ihr Geschenk glücklich angelangt! Eine bedauerliche Indiskretion hatte uns zwar schon ein Gutteil der Ueberraschung boriveg genommen, indessen als wir Ihre Gabe ganz auspackten, waren wir doch noch geradezu überwältigt. Sie haben sich selbst übertroffen, modernster aller Menschen! Wie dürfen wir uns glüdlich preisen, daß, während Sie, unfre Zukunft, auf dem Wasser liegen und Ihr gottbegnadetes Grübchen am Kinn von all dem Staub des politischen Getriebes ausspülen, wir doch auch hier im Geiste mit Ihnen weilen können, und Position um Position jedes Stück Ihres uns gewidmeten Werks genießen dürfen wie köstlichsten Wein.

Also laffen Sie es sich sagen und erröten Sie nicht in Ihrer Bescheidenheit vom Grübchen bis zum Scheitel und umgekehrt: Wilbrandt hatte recht, als er den Sang auf Bülows dichtete: hr Bolltarif ist geradezu großartig! Wenn Goethe, Fichte, Perikles   und Otto Bismard, Ihre leider zu früh gestorbenen Freunde, heute noch lebten, wie würden sie in Demut sich bengen vor Ihnen und Ihrem grandiosen Zolltarif!

Ich erinnere mich noch des historischen Augenblids, als Sie, hoch aufgerichtet, mit edel gerötetem Antlig und stolzer Miene, die nur ein Phidias   würdig wiederzugeben vermöchte, diesen Genossen auf der Linken des Reichstags zuriefen:" Sie fennen mich ja noch gar nicht." Ich saß damals auf der Reichstagstribüne, erschauernd vor Ihrer Redegewalt. Aber ich kann Ihnen versichern: Ich habe Sie ftets gekannt, ich habe Sie nie unterschätzt. Ich wußte, daß ein Freund der Goethe, Fichte, Berifles und Otto Bismard nichts Niedriges jemals thun tönnte und so war ich niemals ziveifel­haft, daß Sie jene erhabene Höhe erklimmen würden, auf denen die Säße Ihres Bolltarifs schwindelnd gipfeln...

Es ist traurig, daß die Tagespresse in ihren Pöbelinstinkten im allgemeinen so gar teinen Sian für die Höhe eines Menschengeistes hat, der proportional und fongenial in der Höhe von Bollsägen zum Ausdrud gelangt. Die Bued, Zedlig und Diedrich Hahn ahnen ja wohl ungefähr Ihre Größe aber auch sie übersehen gerade die feinsten Eingebungen Ihres von den erhabensten Geistern der Mensch­heit geweihten Genies!

Haben Sie nicht damit geradezu ein neues Ziel menschlichen Ehrgeizes geschaffen, indem Sie die gollfreiheit für Särge mit Menschenleichen proklamierten? Wird nicht jeder Deutsche fünftig im Auslande sterben wollen, nur um einmal wenigstens vor der Anf­lösung in die chemischen Bestandteile zollfrei über die deutsche Grenze fommen zu dürfen! So wird es erreicht, daß der größte Moment des Lebens in die Zeit der Leichenstarre verlegt wird. Auch ich werde, das habe ich mir fest vorgenommen, in Neapel   sterben, um mich dann nach Berlin   zollfrei transportieren lassen zu tömten. Ich danke Ihnen, moderner Mensch, schon jetzt für diesen seltenen Genuß, der mich erwartet, und werde Sie in meinem Testament bedenken.

Daß Sie in diesem Fall keine Rücksicht auf das Geschrei der Junung der Leichenwäscher genommen haben, die den Schutz der nationalen Leichenproduktion im Inland forderte, macht Ihre Kühnheit um so bewunderungswürdiger. Allerdings, Sie konnten ja in stolzer Sicherheit darauf hinweisen, daß Ihr Zolltarif solche riesige Ver mehrung, solchen folossalen Aufschwung der nationalen Leichen­produktion verursachen würde, daß wir keine Ursache haben, die ausländische Konkurrenz zu fürchten. Und wenn wirklich die besseren Gesellschaftsklassen künftig es vorziehen, jenseits der Grenze zit sterben, so würde das durch die größere Sterblichkeit der Armen, die ans Inland gefesselt sind, hinreichend ausgeglichen werden, also, daß die nationalen Leichenwäscher keinen Schaden haben würden. dankens hat Sie nicht abgeschreckt, zu thun, was Sie für richtig Selbst der zu erwartende Mißbrauch Ihres prächtigen Ge bielten. Es ist ja sicher, daß die ausländischen Holzhändler künftig ihre Bretter zu Särgen verarbeiten und sie mit billig aufgekauften Leichen füllen werden, um auf diese Weise ihr Holz zollfrei nach Deutschland   zu schmuggeln. Jedoch mit Recht haben Sie gemeint, daß eine große Idee nicht deshalb schlecht wird, weil sie von elenden Personen mißbraucht werden kann: Nein, troz alledem blieben Särge mit Menschenleichen zollfrei!

Nicht minder hehr ist der Einfall, die Orden zollfrei zu lassen. Auch das verrät das frohe Kraftbewußtsein, daß die heimische Produktion auf diesem Gebiete so vollkommen und gewaltig ist, daß sie vor keiner ausländischen Konkurrenz geschützt zu werden braucht. Und außerdem ist nichts so geeignet, die internationalen diplomatischen Beziehungen zu fördern, als diese sinnige Aufmerksamkeit, daß die Auszeichnungen der fremden Potentaten zollfrei feien. Bald wird Ihnen, Excellenz und moderner Mensch, die Kaiserin- Tante von und es wird zweifellos China   den Tiger- Orden übersenden die internationale Lage bedeutend heben, wenn Sie die wertvolle Gabe nicht erst verzollen brauchen. Die Politik der offenen Thür ist auf dem Gebiete des Ordenswesens zweifellos notwendig und nüglich. llebrigens müssen die aus China   geholten Lorbeeren als getrocknetes und gedörrtes Gemüse für den feinen Tafelgebrauch verzollt werden, oder gehören sie zu den Orden?

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Nachdem ich bisher meiner unergründlichen Bewunderung für ihr Zollwerk vollen Ausdruck verliehen, gestatten Sie mir aber auch einige Bedenken oder vielmehr Anregungen. Keine Some ohne Fleden- also darf ich auf Ihrer Schöpfung einige fleine Mängel nachweisen. Schon Goethe, Fichte, Dante, Berifles, Raphael und Otto Bismarck   haben klagend ausgerufen: Warum sind Ge= d anten zollfrei? Ja, warum? Ich gebe zu, in früheren Beiten wäre solch ein Mittel zweischneidig gewesen. Aber heute