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der von dem Wunderbaren, Unfaßlichen zur Demut gebeugten Menschen. I elenden Händeln verstummit, und angechts der todspeienden Natur Heute hält jeder Elektrotechniker die Donnerkeile des Zeus   in seinen verkündet er das große Leben und die hohen Ziele des Menschen­Händen, und die Elemente springen und hüpfen vor uns wie ge- geschlechts. Der Mensch fühlt in sich selbst die Kraft der Elemente. lehrige Hündlein. Wir selbst verstehen es, solche elementare Straf Freilich am Anfang des 20. Jahrhunderts, im Zeitalter der gerichte auszuführen, und so sehen wir auch in einem Vulkan, Beitungen, da jeder Tag neue Sensationen anspült, fehlt die Muße der Zehntausende von Menschen tötet und ganze Städte überflutet, zur verweilenden Sammlung. Der Bullanansbruch von Martinique  nicht mehr den rächenden Finger der Götter nicht eine Ahndung entfesselt teinen aufwühlenden Kampf der Weltanschauumgen, feine schwerer Sünden. Wir spielen ja selber Götterrollen. Kreuzzüge der Pfaffenzertnirschung, keine Auseinandersetzungen über Weil uns die Natur vertraut und künstlich nachahmbar ward, Wesen und Zweck des Daseins wie vor 150 Jahren. Es ist büßte sie nicht nur die Funktionen einer Vorsehung ein, ihre zer- schließlich nur ein Unglücksfall wie viele; bald wird er vers störenden Kriegszüge bilden für uns nicht einmal mehr ein besonders gessen sein. des Argument gegen den Glauben an eine gütige, großväterliche, gerechte Daß die Frommen von Saint Pierre in der Kathedrale vom Tode und weise Lenkung unsres Geschickes. Die Frommen von Saint Pierre ereilt wurden, erregt niemandes Erstaunen. Man würde es im Gegenteil stürzten, vom Schrecken überrascht, in die Kathedrale; sie brach über als unsinnig und frech zufällig empfinden, wenn das vulkanische Vers den Betenden, aufflammend, zusammen. Niemand mußt dies Ereignis derben just die Kirche geschont hätte. Nur ein paar verlorene zu einer leidenschaftlichen Anklage gegen den Kirchenglauben aus. Pastoren, die dieser Tage zu Berlin   in der Synode fich So loje hängt nur noch im Grunde die biblische Mythologie an der versammelten, hatten nicht übel Luft, aus der Katastrophe Christenwelt. von Martinique   ein Zeichen" zu machen, ein Strafgericht, Das Erdbeben von Lissabon   1755 erschütterte einst den religiösen weil die Berliner  , statt Sonntags die Kirchen zu bevölkern, Glauben des kindlichen Goethe aufs tiefste. In Wahrheit und in den Frühling hinauswandern. Aber nur schüchtern wagte sich der Dichtung" schildert er den Eindrud: Eine große, prächtige Residenz, iriste Versuch hervor, die Zerstörung von St. Pierre zu benutzen, um zugleich Handels- und Hafenstadt, wird ungewarnt von dem furcht- einen befferen Pfingstbesuch der Kirchen zu veranlassen. Wir werden barsten Unglück betroffen. Die Erde bebt und schwankt, das Meer dennoch Pflingsten fündhafte Ausflüge unternehmen. Mutter Erde brauft auf, die Schiffe schlagen zusammen, die Hänser stürzen ein, ist dennoch reich an Gnade, sonderlich, wenn sie Blüten im Haar Kirchen und Türme darüber her, der königliche Palast zum Teil trägt und die Sonne jubelt.- Joc. wird vom Meere verschlungen, die geborstene Erde scheint Flammen zu ſpeien denn überall meldet sich Rauch

und Brand in den Ruinen sechszigtaufend Menang d of time sen schen, einen Augenblid zuvor noch ruhig und behaglich, gehen miteinander zu Grunde, und der glücklichste darunter

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ist der zu nennen, dem feine Empfindung, keine Besinnung über das is Unglüd mehr gestattet ist. Die Flammen wüten fort, und mit ihnen Kleines Feuilleton. wütet eine Schar sonst verborgener oder durch dieses Ereignis th. Der Pfingftausflug. Auf dem Bahnhof wimmelt es bon in Freiheit gesetzter Verbrecher. Die unglücklichen lebriggebliebenen Menschen. Von Minute zu Minute wächst die Masse. Ju das find dem Raube, dem Morde, allen Mißhandlungen bloßgeftellt, Dröhnen und Pfeifen der Züge mischt sich ein Gewire von Stimmen. und so behauptet von allen Seiten die Natur ihre schrankenlose Sobald ein Zug einfährt, tommt Bewegung in die Maffen. Man fürzt vor. Man drängt und schiebt. Vor jedent Coupé entspinnt ein Stampf.

Willkür."

Dann erzählt Goethe von der furchtbaren Erregung, die das Ereignis in den Gemütern hervorrief: Die Gottesfürchtigen ließen es nicht an Betrachtungen, die Philosophen nicht an Trostgründen, an Strafpredigten die Geistlichkeit nicht fehlen Vielleicht hat der Dämon des Schreckens zu feiner Zeit so schnell und so mächtig seine Schauer über die Erde verbreitet. Der Knabe.. war nicht wenig betroffent. Gott  , der Schöpfer und Erhalter Himmels und der Erden, den ihm die Erklärung des ersten Glaubensartikels so weise und gnädig vorstellte, hatte sich, indem er die Gerechten mit den ungerechten gleichem Verderben preisgab, feineswegs väterlich bewiesen. Vergebens suchte das junge Gemüt sich gegen diese Ein­drücke herzustellen, welches überhaupt um so weniger möglich war, als die Weisen und Schriftgelehrten selbst sich über die Art, wie man ein solches Phänomen anzusehen habe, nicht vereinigen konnten."

Das Erdbeben von Liffabon entfachte in der ganzen damaligen Welt einen leidenschaftlichen Kampf der philosophischen Meinungen. Voltaire, der Steptifer, empfand eine brennende Freude über das Ereignis; es ward ihm zum Triumph über Leibniz   und die andren Optimisten. Das also war die beste aller Welten! In einem um­fangreichen Gedicht verfpottete er die Philosophen, die schrien, alles sei gut: Stommt, schaut diese furchtbaren Ruinen, diese Trümmer. Hunderttausend Unglückliche von der Erde verschlungen? Werdet ihr noch sagen, das sei die Wirkung der ewigen Gesetze eines freien und guten Gottes?" Goethe   äußerte noch später( 1772) ähnliches gegen über Sulzer  : Was würde Herr Sulzer zu der liebreichen Mutter Natur fagen, wenn sie ihm eine Metropolis, die er mit allen schönen Künsten als Handlangerinnen erbaut und bevölkert hätte, in ihren Bauch hinunterschlänge?"

Rousseau   aber fam über die Ausdeutung der Katastrophe mit Voltaire zum Bruch. Er schrieb dem Spötter einen heftigen Brief: Er sei sehr betrübt über das Voltairesche Gedicht, weil er Gefühls­wirkungen von dem Erdbeben erwartet hätte, die würdiger der Menschheit seien, als die, welche es ihm offenbar eingeflößt habe. Und er stellt seine gegensägliche Meinung auf: Mit wie viel Uebeln immer das menschliche Leben befäet sein mag, es ist, alles in allem genommen, kein übles Geschenk; und wenn es nicht immer ein Uebel ist zu sterben, so ist es sehr selten eines, zu leben."

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Kommt nach hinten! Hinten ist es leerer." Ach hinten ist es ganz diefelbe Sache!"

Sie rennen mir ja' n Schirm ins Gesicht."

" Kinder habt Euch nicht, drängeln gehört zum Vergnügen." dritter Klasse? Wir haben doch zweite jenommen." " Justab", schreit eine junge Frau," Justav, was willste denn

" Zweite is voll! Rein, rein, daß wir bloß mitkommen." " Stein, rein!" Andre Stimmen rufen es nach. Ein Mann mi einem Kinde auf dem Arm will ste fanft in den Hintergrund schieben, fie dreht sich aber um und stellt sich in die Thür und hält den Arm davor. Nein, hier kommt keiner mehr rein. Hier kommt nur noch meine Schwester rein. Hete, wo biste denn? Mach doch!" mit dem Kinde versucht von neuem, das Coupé zu erreichen. Die Wir kommen ja aber alle mit. Nuhe doch nur!" Der Mann junge Frau giebt ihm einen Stoß vor die Brust, daß er fast herunterstolpert:" Wollen Sie mal die Dame zuerst hereinlassen, Sie alter Drängelberger!"

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Aber Sie Perfon..." Schließlich ist der Mann hinter Hete her doch noch ins Coupé gesprungen. Er hält sich die Brust, der Puff hat gefeffen.

mann fährt wütend auf ihn los: " Wie können Sie zu der Dame Berfon!"

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" Das ist' ne Dame, teine Person" fagen?" Der Che

Schöne Dame, die mit Fäusten pufft."

" Det tommt von de Feinheit!" ulft ein junger Mann. " Ja, das sind die vornehmen Manieren, davon verstehen wir bloß nichts."

,, Reilerei mit Pfingstvergnügen."

Wenn Sie hier frech werden, können Sie auch noch eins kriegen." Der Ehemann feucht fast vor verhaltenem Zorn. Die andern lachen.

Berfon" ist überhaupt' ne Jujurie." Die junge Frau wendet sich, über die Köpfe der andern weg, hoheitsvoll zu ihrem Mann. " Du könntest das sogar bestrafen lassen."

Aber nich, wo Sie zuerst gehauen haben, Fräuleinchen." " Ich rede gar nicht mit Ihnen. Was wollen Sie denn über Haupt von mir, fümmern Sie sich um sich." Sie wirft dem Manne mit dem Kinde einen vernichtenden Blick zu.

Der Deutsche Kant zog schließlich in einer besonderen Schrift über das Lissaboner   Erdbeben im Jahre 1756 die Folgerungen, die uns heute am nächsten liegen. Er schildert mit der wissenschaftlichen ,, Na ich meine man, weil sie wat von Injurie sagen." Ruhe des Naturforschers Erscheinungen und Ursachen der Katastrophe, Wo sie ihn erst fast hingeschmissen hat," entrüstet sich eine Stimme zum Schluß aber erhebt er sich zu einer stolzen Betrachtung über im Hintergrund. den Nuzen" der Erdbeben, er weist auf die höheren Ziele der Gott, Sie sind ja alle Luft für mich!" Die junge Frau fächelt Menschheit hin, auf welche jene Verheerungen der Natur aufmerksam sich Kühlung mit dem Taschentuch.

machen, die nicht als Strafgerichte der Menschen anzusehen," Und wenn hier jetzt das Gequaddel nicht aufhört, dann hole vielmehr in der Dekonomie der Natur unabhängig von den ich in Halensee   die Polizei," schreit der Mann, das ist ja eine Menschen begründet seien. Das sind die Empfindungen, die auch schreckliche Gesellschaft." den modernen Menschen beseelen. Er läßt sich von den gewaltigen Na ja, Polizei!" Es erhebt sich ein Murren. Die junge Frau Ansbrüchen der Elemente nicht niederdrücken, er höhnt nicht in faßt des Mannes Hand. hämischer Selbsterniedrigung über die Ohnmacht des Lebens und die Jännerlichkeit der Kultur, nein, im Anblick des Großen und Er­habenen, das auch in der Zerstörung liegt, erivacht sein Kultur­stolz und fein wagender Schöpferdrang reckt sich um so kithner Sehr viel Böbel! Stimmt auffallend!" ruft zum zweitenmale empor. Das Kleinliche des Tages mit seinen muffigen Sorgen und die Stimme aus dem Hintergrunde.

" Justav, nu halt Du doch man bloß den Mund. Ich habe es Dir ja jleich jejagt, was mußte denn in de dritte Klasse steigen. Da fährt immer so viel Pöbel."