dauernd beschäftigt. Jeder Ort und jede Werkstatt suchte eine ge-wisse Eigenheit hervorzukehren. Längst hatte man schon begonnen,den weissen Zinnglasurgrund blau oder gelb zu färben und auf ihmhell zu malen, andre blieben bei dem weissen Grunde stehen. Forenzaund Casfagiolo gewinnen grossen Ruhm durch ihr Lüslrieren, dasVersehen der Glasur mit metallischem, fast rubinartigem Schimmer.Den höchsten Ruf in diesem Verfahren gewinnt Gubbio, wo sich deraus Pavia stammende Meister Giorgio Andreoli mit seinen zweiBrüdern niedergelassen hatte und in dessen Werkstätte man anderwärts gefertigte Majoliken brachte, damit sie mit Rubinglanz der-sehen würden. Die Majoliken mit figürlichen Darstellungen werdenvorzugsweise in Castel Durante und Teruta, später auch in Urbinogefertigt. Hier sind an den Malereien Künstler wie Tanto Avclloaus Romigo und Orazio Fontana beteiligt, deren Arbeiten zu denbesten einschlägiger Art gehören.In den folgenden Jahrhunderten breitete sich die Industrie derMajolika auch nach Süditalien, Ligurien und andren Gegenden derHalbinsel aus, aber den Höhepunkt ihrer Leistungen hatte sie bereitsüberschritten; sie gerät nach und nach in Verfall, der beschleunigt wirddurch die zunehmende Vorliebe für ostasiatisches Porzellan, dem mitBeginn des 13. Jahrhunderts ein Mitbewerber ini Meissner Porzellanund dem Fabrikat der bald erstehenden übrigen Porzellan-Manufak-turen Europas erwächst.Wird von den italienischen Majoliken geredet, so hat man auchder Arbeiten der Fanülie Nobbin zu gedenken, da die Technik ganzdieselbe ist. Es sind vornehmlich Thonreliefs mit Zinnglasur und der-hältnismässig geringer Anwendung von Farbe, Kunstwerke, die, soweitsie von Lüca und Andrea della Robbia herrühren, zu den bestenLeistungen der Plastik des Quattro- und Cinquecentro zählen. DasHaupt der Familie ist Luca(1400— 1482), der unter den Floren-tiner Bildhauern des IS. Jahrhunderts an künstlerischer Bedeutungneben Donatello und Ghiberti steht. Als Marmorbilduer und Erz-giesser war er zwar auch hoch geschätzt, sein Hauptruhm knüpft sichjedoch an die glasierten Thonreliefs. Meist sind es Madonnenbildervon edler Einfachheit, milder Ruhe und höchster Innigkeit. Die Ge-stalten heben sich in Weiher, malerisch geflossener Glasur von blauglasiertem Hintergrunde ab. Blumen und Fruchtgewindc in etwasreicherem Kolorit, bei dem eine braune, grüne und gelbe Farbe zurAnwendung gekommen ist, rahmen die Reliefs ein.Es konnte nicht ausbleiben, dass schon frühzeitig die Majolikender italienischen Töpfereien im Auslande zur Nachahmung reizten.Teutschland glänzt aus diesem Gebiete mit bunt bemalten Oefen, anihrer Spitze die Oefen aus der Schweiz. Süddeutschland fertigtebunte Favencekrüge, fälschlich bezeichnet als„Hirschvogelkrüge", dienoch jetzt die Sehnsucht aller Sammler sind, leider aber zu den höchstenSeltenheiten zählen. In Frankreich schuf man auf dem zwischenBlois und La Rochelle gelegenen Schlosse Oiron die prächtige Oiron-Fayence. Bernard Valissy(1510— 1589) gewann hohen Ruhm durchbunte Fayencen, iT/i denen Relief, meist nach der Natur abgefornsteSchlangen, Fische, Krebse und Muscheln, zur Anwendung gelangt ist;und einige andre Fayencefabriken aus späterer Zeit, wie jene zuRevers und Rouen, bieten gleichfalls tüchtige Arbeiten. Und inHolland beginnt zu Anfang des 17. Jahrhunderts die Schwärmereifür die Fayence von Delft, die zuerst chinesische Muster in Blau-malerei auf weissem Grunde nachahmt und später unter Hinzunahmeeiniger andrer Farben zu grossen figuralen Malereien übergeht. Aberdas Porzellan bleibt schliesslich Sieger, und die Majoliken und sonstigenFayencen wie sehr sie auch zu ihrer Zeit gefeiert wurden, sinken inVergessenheit, kaum dass die Technik noch für Bauerngeschirr benutztwurde.Länger als anderthalb Jahrhunderte hat die Alleinherrschaft desPorzellans gedauert. Tann aber trat eine Wandlung ein. die dieAlleinherrschaft brach.Als im Jahre 1351 die erste Londoner Weltausstellung die Not-wendigkeit eines Zusammengehens der Industrie mit der Kunst dar-gethan hatte, waren es vornehmlich die Vertreter der Keramik, die derMahnuihz folgten. Insbesondere wandte man seine Aufmerksamkeitder unter dem Einflüsse des Porzellanfiebers ganz in Vergessenheitgeratenen Fayence zu. von der der Orient so herrliche Proben anFliesen, Gesässen und Figuren in London ausgestellt hatte. Man er-innerte sich auch der schönen Fayencen, die in den Töpferwerkstättendes Mittelalters und noch mehr der Renaissance entstanden waren, undman begann alles, was von alten Fayencen an Fliesen. Kachelöfen,Krügen, Schalen, Apothckcrgefähen und verwandtem Geschirr nochvorhanden war, zu sammeln und im Verein mit den ausgezeichnetenSchöpfungen alter und neuer asiatischer Fayencekunst als Muster undBeispiel hinzustellen.ZurZest sind die Leistringen der Fayence-Industrie in den meistenKulturländern ausgezeichnete. Sie bilden in allen kunstgelverblichenAbteilungen der Welt-, Provinzial- und Lokalausstellungen eine dervornehmsten Zierden. Töpfer. Chemiker und Künstler teilen sich inden Ruhm dieses ausserordentlichen Fortschritts. Die Verarbeitungdes Thons, die Grösse der Stücke, die Fülle der Farben, die Meister-schaft im Glasieren, insbesondere die Kunst der geflossenen farbigenGlasuren und die Sicherheit und Korrektheit im Brande sind rühmendhervorzuheben.Was speciell die Majolikamalerei betrifft, so haben sich ihr schonlängst tüchtige Maler zugewandt, und auch das Dilettantentum suchtbereits seit einigen Jahrzehnten Lorbeeren auf diesem Gebiete zu er-ringen. Im Schmuck des Heims spielen auch diese Erzeugnisse ebensowie die zu neuem Leben erwachte Bauernmajolika keine unwesentlicheRolle. Aeorg Buss.Kleines f euilleton.cR. Eine afrikanische Tierfabel. Von„British Nigeria", demgroßen westasrikanischen Protektorat der Engländer, entwirft derOberstleutnant A. F. Mockler Ferryman in seinem dieser Tage inLondon veröffentlichtem Buche eine sehr interessante Schilderimg.Danach ist es ein Land, das eine große Zukunft hat. Seine Be-wohner sind Reger und Semiten. Von der Verfassung einer Durch-schnitts-Negcrgcmeinde erzählt der Verfasser einiges Merkwürdige:„Tie wunderbare Fruchtbarkeit des Bodens macht seine Bebauungleicht, und die Ernten sind so reichlich, daß man zweifeln kann, obirgend ein Teil von Nigerien jemals eine Hungersnot oder überhaupteinen Mangel an Nahrungsvorräten gekannt hat. Das Familien-systcm geht so weit, daß ein Torf oder eine Gemeinde eine kleinekooperative Gesellschaft bildet. Das Individuum taucht völlig unterin der Familie oder in dem Stamm, und unter den meisten Stämmenwird das Land gemeinsam von Familien gehalten. Beim Tode desFamilienoberhauptes erben die Kinder zu gleichen Teilen, und eineVeräußerung eines Anteils kann nur an ein Mitglied des eignenStammes geschehen. Sind keine Kinder da. die erben können, so gehtdas Besitztum an die Gemeinde über. In vielen Teilen besteht aberauch weibliche Erbfolge; wenn dort z. B. ein Mann stirbt, folgen nichtseine Kinder, sondern die Kinder seiner Schwester. Ein Häuptlinggab folgende Erklärung darüber:.Meiner Schwester Kinder sind meineBlutsverwandten, aber ob die von meinen Frauen geborenen KinderBlutsverwandte find, kann ich nicht sagen."Von diesen Negern teilt der Verfasser nun auch eine Anzahl Er-Zählungen und Tierfabcln mit. von denen folgende als ein Beispielfür die auch im dunklen Erdteil blühende Volksdichtung wiedergegebensei:„Die Schildkröte ging in den Wald und traf den Elefanten. Siesagte:„Mein Vater, alle Tiere sagen. Tu bist zu kräftig und gross.um in die Stadt zu kommen." Der Elefant war ärgerlich. Er sagte:„Die Tiere find Narren. Ich komme nicht in die Stadt, weil ich denWald vorziehe. Ausserdem kenne ich den Weg zur Stadt nicht."„Oh!" sagte der kahlköpfige Kobold,„dann komm mit mir. Ich will.Dir den Weg zur Stadt zeigen, und Du kannst alle Tiere beschämen."So folgte der Elefant ihm. Als sie der Stadt nahe waren, sagte derkahlköpfige Kobold:«Lieber Vater, ich bin müde. Willst Du mirfreundlichst erlaube», auf Deinen Rücken zu steigen?".Schön," sagteder Elefant, kniete nieder, und die Schildkröte kletterte auf seinenRücken. Dann gingen sie den Weg entlang. Der kahlköpfige Koboldsagte:.Lieber Vater, wenn ich auf Deinen Rücken kratze, mußt Durennen, und wenn ich mit meinen Kopf gegen Deinen Rücken klopfe.mußt Du schneller laufen, dann wirst Du in der Stadt eine schöneSchaustellung geben." Ter Elefant sagte:„Sehr gut." Als sie derStadt nahe kamen, kratzte der kahlköpfige Kobold den Rücken des Elc-fante», und er begann zu laufen. Er klopfte mit dem Kopf auf seinenRücken, und der Elefant lief schneller. Die Tiere waren erschreckt,als sie dies sahen. Sie gingen in ihre Häuser, aber sie sahen aus denFenstern. Und die Schildkröte rief ihnen zu:„Sagte ich nicht, ichwürde auf meines Vaters Sklaven in die Stadt reiten?".Wasmeinst Du mit Deines Vaters Sklaven?" sagte der Elefant, ärgerlichwerdend.»Ich lobe Dich nur", sagte die Schildkröte. Aber derElefant sah die andren Tiere lachen und wurde noch ärgerlicher.„Ichwill Dich hier auf die harten Steine werfen und zerbrechen," schrieer.„Ja. ja. das ist recht." sagte der kahlköpfige Kobold.„Wirf michhier herunter. Das ist ganz recht. Aber dann werde ich nicht sterben.dann werde ich nicht verletzt werden. Wenn Du mich wirklich tötenwillst, solltest Du mich nach einem Sumpf tragen. Tann werde ichsogleich sterben, denn im Wasser und Schlamnie werde ich errrinken."Der Elefant glaubte dem kahlköpfigen Kobold, lief zu dem Sumpf undwarf die Schildkröte hinein. Tann streckte er den Fuß aus. um siezu stoßen; aber der kahlköpfige Kobold tauchte in den Schlamm undkam an einer andern Stelle herauf. Die andern Tiere sahen zu, unddie Schildkröte sagte zu ihnen:.Sagte ich nicht, ich würde auf meinesVaters Sklaven zur Stadt reiten?" Als der Elefant merkte, daß erdem kahlköpfigen Kobold nichts anhaben konnte, rannte er schleunigstin den Wald. Seitdem ist der Elefant nicht wieder in die Stadtgekommen."—Kunst.— Das Dar st ellbare in der Kunst. Titz.Züricher Post" veröffentlicht aus den Tagebüchern von OttoL a s i u s Aufzeichnungen über Arnold Böcklin. Aus dem14. Stücke möge das Folgende hier Platz finden: Ich war einmalZuhörer, als Böcklin über das Darstellbare in der Kunst ungefährfolgendes sagte: Es ist gewiss, dass bestimmte Natureindrücke, dieunser Hirn aufnimmt, in eigentümlicher Weise, durch eigenartigeJdeenverknüpfung, gewisse Gefühlsempsindungen hervorrufen.Diesen Umstand kann der denkende Maler sich zu nutze machen, ermuß nur die richtigen Momente zur bildlichen Darstellung zu findenwissen. Wenn ich zum Beispiel einen Betenden male, in der Ferneein Kirchlein in Abendstimmung, und ich weiss das knapp und be-stimmt zu geben und räumlich durch Tiefe und Höhe und durch diefarbige Anordnung recht eindringlich darzustellen, so kann ich denBeschauer meines Bildes derart beeinflussen, daß er glaubt, dasGlockenläuten in der Ferne zu hören. Ich mutz ihn nur durch diegeschickte Zusammenstellung geeigneter Momente in die Stimmung zuversetzen verstehen, in der er sich unter ähnlichen Verhältnissen inder Natur befand, dann klingen in ihm alte Erinnerungen und eSwerden die gleichen Empfindungen wieder in ihm wach. Ich mutz