Jahrhundert mit dem ganzen Pomp, aber auch mit der ganzenZügellosigkeit byzantinischer Riten eingeführt worden war.Vom frühen Morgen an strönite alles, was zu denschismatischen und orthodoxen Korfessionen gehört, Russen,Nrmenier, Kopten, Bulgaren, Serben, Syrer, in das Basilika-gewölbe, zur Grabeskapelle, alle mit einem dreiunddreißig.arniigen Leuchter— zum Andenken an Christi Lebensalter—in der Hand.Dort erwarteten sie, eingezwängt, gebraten in scheuß-sicher Luft, mit einer Begeisterung und einem Glaubenseifersonder Gleichen, daß ein Funke vom Himmel in das GrabmalChristi falle, von wo aus der„Feuer-Bischof" es durch einein der Wand angebrachte Luke den Außenstehenden über-mittelt.Dann entsteht ein ganz unbeschreibliches Drängen dieserschwitzenden, halbtollen Menge nach dem Lichte und daraufein noch wilderes Hasten nach dem Ausgange, um das heiligeLichtstümpfchcn, an dem später alle Lämpchen vor den Heiligen-bildcrn angezündet werden, in Sicherheit zu bringen.Doch außer diesem reinen und tiefen Symbol— derhimmlischen Helle, die von einem Grabe ausstrahlt— schreibtman dieser Cercmonie noch andere Kräfte zu, die mehr andie alten Saturnalicn erinnern.An diesem Abende streckte Ziona sich nicht neben ihrenVater hin.Er rief sie, erhielt jedoch keine Antwort.Beunruhigt ging er sie suchen. Zuerst fand er sie nicht,endlich entdeckte er sie in einem Vorratskämmerchen. Sielag an der Erde, unter einem kleinen Fenster, durch dessenGitter der Mond schien.„Was tust Du hier und warum antwortest Du nicht,wenn ich Dich rufe?" fragte er, sich neben sie setzend.Doch sie blieb stumm und wandte sich mit fast feindseligerBewegung von ihm ab.„Komm, Liebling, was fehlt Dir?"Dabei versuchte er, ihre Hand zu streicheln, doch entzogsie ihm dieselbe.Nun beugte er sich zu ihr herab, hob ihren Kopf emporund betrachtete ihr vom Mondlicht beschienenes Gesicht. Siesah so blaß und schmerzbewegt aus, und ihre von Tränengeröteten, trüben Augen blickten ihn so verzagt und kläglichan, daß ihm fast das Herz stillstand.„Magst Du Deinen Kummer nicht mehr Deinem Vateranvertrauen?"Da wandte sie sich um, schlang ihre Hände um seinenHals und schluchzte herzbrechend.Als sie sich ein wenig beruhigt hatte, flüsterte sie:„O, Vater, warum hast Du mich belogen? Warum hastDu mich gelehrt, das Leben sei gut und die Liebe schock?Nun weiß ich, was die Liebe ist!. x. Also das ist's.-,jenes Widerliche... Schmutzige?"Und ihr schmächtiger Mädchenkörpcr schüttelte sich vorEkel; Schimpf und Scham schnürten ihr die Kehle zu, alssie erzählte, wie sie und ihre Amme während der Zeremoniedes Heiligen Feuers von einer Schar koptischer und syrischerPriester, die beim Tanzen ihre Soutanen hochaufschürzten,umzingelt und fortgeschleppt worden wären, und wie beiKerzenschein und Weihrauchduft, beim Kyrie eleison undHalleluja, ein Pope, mit langen Weiberhaaren sie in seineArme genommen, sich an ihren Lippen festgesogen und ihrenKörper betastet hatte. Nur ihrem verzweifelten Geschreiund der Dazwischenkunft türkischer Soldaten habe sie es zuverdanken, daß sie heil davongekommen sei.Und als sie halb ohnmächtig vor Furcht und Schreckdie Bethlehemitin gefragt, was all diese Unsauberkeit zu be-deuten habe, Hütte diese geantwortet:„Das ist die Liebe."„O, Vater, das soll Liebe sein? Und Du hast doch auchgeliebt!"Auf diesen Schrei der Enttäuschung seiner Tochter fandder Vater keine Antwort, weder für sie, noch für sich einWort des Trostes. Mit tränenden Augen seufzte er:„O, Jerusalem! Wann werde ich den Kelch DeinedBitternisse bis auf den Grund geleert haben?"Am nächsten Morgen lag Ziona im Delirium undDr. d'Amenjeu stellte ein typhöses Fieber fest. Einen vollenMonat wachten der alte Ritter und Elias abwechselnd anihrem Bette. Abgemagert, entstellt, gleichgültig gegen alles— und als Weib erhob sie sich von ihrem Krankenlager.Elias begriff, daß er sie nicht mehr bei sich in einerStadt behalten dürfe, wo nicht einmal die Kirchen vor Sitten-roheit Schutz bieten.Daher brachte er sie in eine Pension.5.Nun ergriff ihn ein Gefühl unermeßlicher Vereinsamung.Er versuchte es durch Arbeit zu bekämpfen, zog sich in dasObergemach in seine Steine und Pergamente zurück, undmachte sich wieder an sein Werk.Doch vor seinen Büchern und Schriften blieb sein Kopfebenso öde wie sein Herz, und sein Herz noch öder alssein Haus.Nur eine Erinnerung tauchte unablässig in ihm auf, diean die Göttin. Und er hatte sie doch aus seinem Gedächtnisgejagt, aus seinen Augen verbannt und bewahrte doch imGrunde seiner Seele vor ihr so etwas wie eine heilige scheu,einen dumpfen Vorwurf. Denn rührte nicht sein ganzesUnglück von ihr her? Ihretwegen hatte er sich von Jeru-salem abgewandt und war zur Eroberung Moabs fortgezogen.Durch ihren heidnischen Reiz und ihre göttlichen Ver-sprechungen hatte sie ihn an sich gelockt und sich ihm schließlichdoch nicht hingegeben, kaum den Schleier ihres Geheimnissesein wenig gelüftet.Doch bereits wieder besiegt, erhob Elias sich und holtedie beiden Basaltstücke aus seinem Sicherheitsschrank, wo ersie verwahrt hatte, hervor.Und sofort belebte seine Einsamkeit sich beim Hauchedieser Gottheit. Elias vergaß alles außer ihr. Ueber denTisch gebeugt, betrachtete er mit verzücktem Blick die auf denLeib des Idols gemeißelten primitiven Lettern, die seinenRuhm und seine Erniedrigung ausgemacht hatten.Während er mit der Hand liebkosend über den schwarzenStein strich, durchlebte er im Geiste noch einmal die letztenzwölf Jahre, sein Harren und Suchen, seine hoffnungslosenTage und ruhelosen Nächte und schließlich jenen Ostermorgen,wo er zur Stunde der Auferstehung Christi in dem vomMorgenrot überfluteten Gemache Astaroth aus ihrem langenTodesschlummer zu neuem Leben wiedererwcckt hatte. Auchseines Triumphmarsches durch Jerusalem, die Via dolorosaentlang und um die Wälle entsann er sich, wo er, das Herzvon übermenschlichem Stolz gebläht, inmitten aller christ-lichen Glückseligkeit sein heidnisches Hallelujah:„Astaroth ist wieder auserstandenund ich bin der Priester Astaroth's"gejubelt hatte.Und später noch, wieviel Freuden hatte sie ihm doch ver-schafft, welche Begeisterung, welche Lebensfülle! Nein, nichtsie hatte ihn getäuscht, sein Ungemach rührte nicht vonihr her!Im Gegenteil, nur dem Aufgeben seiner Forschungenhatte er es zuzuschreiben. Ach, hätte er sie gefunden, dieseungeheure Basaltstatue, würde man da wohl auf SlaminsLügen geachtet haben? Uebrigens hatten auch seine er-bittertsten Gegner niemals die Echtheit der Jdoltrümmer zubezweifeln gewagt. Ach, könnte er sie doch auffinden, ganzin seinen Besitz bekommen! Und wieder und wieder lasElms:„Ich... Königin von Moab.. � Dir AstarothKarnalm, auf Deinen Befehl, o Göttin der Göttinnen...Erhöht... Und zu Deinen Füßen erwürgt."(Fortsetzung folgt.)(Nachdruck verboten.)Der GänFehof»Von E. P r e c z a n g.Da hatten sie nun alles getan, um Waldfrieden zu einemwirklich vornehmen Villen ort zu machen, hatten alles Häßliche undProletenhaste ferngehalten, versteckten die notigen häuslichen Arbeitenhinter den Hofmauern, die Arbeitskräfte in Kellern und Stallböden,putzten und schmückten die Borderseiten aller Dinge— und nun saßdoch so ein Schandfleck ganz auffallender Art in ihrer Mitte, den sienicht loswerden konnten.Wenn Moser, der Gründer von Waldfrieden und Leiter desBodenwuchers, einen Kauflustigen aufgegabelt hatte, dann spürte erbis in die Fasern seiner Börse ein schmerzliches, zorniges Beben,wenn sie am Gänsehofe der Frau Trielewitsch vorbeigingen, derBesucher die Nase lrauszog und mit rätselhaftem Lächeln sagte:„Geslmde Landlust hier! Aber auf den: Vlatten Lande pflegen dieGrundstückspreise niedriger zu sein."„Es ist nur noch eine Frage der nächsten Zeit, daß dieser letzteUeberrest aus der ländlichen Vergangenheit verschwindet," erwiderteMoser darauf.„Ich stehe mit der Besitzerin in Unterhandlung.Die Alte ist ein wenig hartnäckig, aber mit der Zeit—" und so weiter.