Suuge! schvpfie tief Ate in und stieß die Lust wieder hervor.daß es pfiff. Er sah sich nach seinen,«ohne um. Der war nachden ersten zornigen Worten in die Nebenstube gegangen.„... Solch, was willst Du von mir?"Die Stimme des Fragenden klang heiser.„Ich?... NichtsI... Was kann man denn von einem Ab-geflogenen wollen?"Stingels Augen wurden für einen Augenblick ganz starr. Plötz-lich fuhr er sich mit beiden Händen über Stirn und Augen und lachteauf. Und lachend sagte er:„Mit Dir streiten oder gar raufen?,,. Nein, Solch, dafür bistDu mir seit jeher zu dumm gewesen!"Jetzt verlor der andere die Ruhe.„Dumm?... Ich?... Und Tu?,,, Ten Hof hast vcr-loren und keine Heimat hast mehr..."Stingel lehnte sich wieder an den Tisch. Ein Zucken, halbMitleid, halb Hohn lief um seinen Mund.„Was ich bin, weiß ich... Was kommt, muß ich tragen...Aber was hast denn Du erobert, Du Neunmalgescheidter?...Einen Hof. Und was hast drangegebcn?... Dein Leben...Schau einmal in den Spiegel, wiest ausschaust!... Ich bin zweiJahre älter..."Solch machte mit dem Kopf eine geringschätzige Bewegung.„Na, wie D' meinst... Aber Deine Buben können lachen!Jetzt kommt jeder zu einem Hof... Wann gehst denn auf'mAuszug?"„Ich Hab g'meint, Du hast's eilig?"„So viel Zeit ist schon noch."Stingel, der sich durch die häufigen Stadtfahrten und den Ver-kehr mit den Herren ans Reden gewöhnt, war voll im Zuge.„Lass' mich ausreden!" sagte er.„Auch der Ochs lebt. AberLeben und Leben ist zweierlei... Was hast Du in Deinem Lebeng'nossen? Warst wo g'wesen?... Ach, ja: In Adorf, in Bram-bach, in Sehönbcrg... Aber über Falkenau bist net'naus kommenund da hat Dich der Viehmarkt hinzogen..Solch gab keine Antwort. Da fuhr der andere fort,«in Tonklang aus seiner Stimme wie bei einem prahlenden Kinde:„Hast einmal Kaviar g'gessen? Weißt, was das ist?... Aufeiner Jagd warst auch noch net?... Du rauchst net, gehst alleheiligen Zeiten einmal in ein Wirtshaus, hast daheim ein bissigesWeib, das Schnaps trinkt... Weißt, für so ein Leben tat ich michbedanken."Solch blickte auf. Es schien, als hätte er gar nicht zugehört.Ruhig sagte er:„Ich hätt' mit'm Lenz z'reden."Ter Abgehauste rief den Sohn. Solch betrachtete ihn aufmerk-sam, als er vor ihnr saß. Eine leichte Röte stieg in sein Gesicht,und leise zitterte die Stimme, als er stockend fragte:„Lenz... Hättest Lust... da zu bleiben?"Der junge Stingel war ganz überrascht.„Ich weiß nicht, wie Ihr das meint."„So... ja... Ten Hos übernehmen, mein' ich... Eueren... Was Herst ja noch drauf stehen. Zinsen brauchst mir auch keinezu zahlen, bist D' eine gute Heirat gemacht hast..."Ter Junge wandte sich zu dem Abgehausten um.„Und der Vater?"Sölchs Gesicht zog sich zusammen, seine Stimme klang kalt,entschieden:„Das geht net! Dann bist in ein paar Jahren auch Dufertig."Lorenz Stingel war aufgestanden:„Ich geh' mit'm Vater."Sölch riß ihn am Aermel zurück.„Aber Du bist ja... Weißt Du sicher, daß der da Dein wirk-lichcr Vater ist."Lenz war im ersten Augenblick ganz verwirrt.„DaS wär' ja was ganz neues!"„So frag' ihn doch!"Der Junge sah Stingel an.„Zum Lache»!... Ich bleib' bei ihm."Jetzt griff der Abgehauste ein...Geh', Lenz, schau einmal nach dem Braunen. Wir fahrengleich."Er ging mit ihm bis zur Tür. Als er zurückkam, stellte ersich vor Sölch hin; sein Gesicht war ernst, aber nicht unfreundlich.„Jetzt kenn' ich Dich erst!... Ich weiß, was Du meinst...aber Du bist im Irrtum.".Ich?"„Du!_... Kannst Dich noch erinnern, wie ich nach Annas Todbei Dir drüben war? Ich wollt' mit Dir über was Wichtiges reden,aber Du Herst Dich verleugnen lassen."Ich brauch mich doch net anlügen z'lassen!"„Hat kein Mensch g'wollt... Das wollt ich Dir sagen, wasich Dir jetzt sagen muß... Als es mit der Anna immer sehlechterworden ist, hat sie mir eing'standen, daß sie in der Zeit, wo ichmit ihr g'gangen bin, Dich einmal in der Nacht hineing'lassen hat... Sie hat nichts dafür g'konnt... Es war finster, und wiesie hing'langt hat, ist sie an Deine mehlige, weiche Müllerwesteg'kommen und hat denkt, es ist meine manehesterne. In der Frühhat sie ein anderes G'sicht g'sehen... Aber es hat niehts g'schad't,da? Kind war schon auf'm Weg,,Sölch war aufgesprungen und schüttelte dcn anderen hin und„Hundl... Du lügst!"Stingel ließ den Sturm austoben.„Glaubst Du, daß eine Frau auf dem Totenbett lügt?... Wirhaben dann schnell heiraten müssen— der Lenz ist ein»Sieben-monatskind"..Er holte tief Atem.„Und jetzt weiß ich, weslvegen Du die ganze Zeit so hintermir her warst... Denkt hast, ich hätt' Dir das Madel g'nommenund das Kind dazu, wegen dem bißl Geld... Und sagen wollt'stDu nichts, weil sonst die Anna ins Gered' g'kommen wär'...und gern Heist sie noch g'habt, als sie schon tot war... So hastalles in Dich hineingefressen und ich hab's büßen müssen."Sölch ließ sich auf die Bank zurückfallen.„Es kau« nicht wahr seinl..„Du hast vorhin den Lenz genau angesehen... Hat er nureinen Funken von Dir?... Er ist die ganze Mutter, nur dieAugen sind die meinigen."„Aber dann hätt' ich Dich ja umsonst z'grund g'richt'tl"„Ja, Martin, siehst, da kann ich Dir net helfen."„Ich Hab' ja den alten Drachen nur g'nommen, um Geld indie Finger z'kriegen. Ich war schuld, daß Tu damals in denLandeskulturrat g'wählt worden bist, weil ich g'wollt Hab', daß D'Schulden maehen sollst. Ich hätt' ja nicht ankommen können.,,Heimzahlen wollt' ich Dir's."„Und jetzt siehst's: Die falsche Karten hast ausg'spiclt..Stingel öffnete ein Fenster und rief hinaus:„Lenz', richt' Dich z'samm', wir fahren!"Tann wandte er sich wieder an Sölch, dem der Kopf vornüberhing:..Lafl' Dir's gut gehen, kann ich Dir net sagen, Martin. Na«hast ja den Hof... Mußt es halt tragen, wie's kommen wird..,Mir geht es ja grad so... Ter Lenz wird bald ioas haben. TerBrief von seinem Professor ist schon da.„. Bleib' ich halt' so langbei meiner Schwester."Er setzte den Jägerhut auf und ging mit festen Schritten durchdie Tür. Bon draußen herein klang deutlich seine klare Stimme z„Gib mir die Zügel, Lenz! Ich will ihnen zeigen, wie eigStingel von seinem Stammhof fährt.,. Hüh, Bräunl!,,,Voran!"—kleines feuilleton.leb. Die Perlenstadt.„Die ganze Nacht hindurch war unserkleiner Dampfer an der Küste Ceylons entlang nach dem Golf vonManar langsam hinaufgefahren,"— beginnt ein englischer Kor-respondent die Schilderung eines Besuches bei den Perlenfischernvon Ceylon—;„in der schweigenden Nacht glänzte die leuchtendeSpur des Schiffes im Wasser auf wie ein Streif blitzenderDiamanten, und die aufsprühenden Waffertropfen am Bug leuchtetenwie glühende Funken empor und erlosehen. wenn sie am Bug zer-stoben. Ueber uns war der Baldachin eines dunkelblauen, mit zahl-losen Sternen bestickten Himmels ausgebreitet, und des MondeSmattschimmernde Scheibe versank allmählich im Meere. DieDämmerung zog purpurn herauf, und gehüllt in den zarten Nebel-mantel der Morgenröte glitten wir mitten hinein unter die Kähneder Perlenfischer, die auf das Emporsteigen der Sonne harrten.um nach den Austern ins tiefe Meer hiuabzutauchen. Bald warenwir an dem sandigen Strande von Marichchikadde, und nunumfing uns die exotisch seltsame Stimmung der„Perlenstadt"«Ein schwerer, penetranter Geruch hing in der schwülen Luft, un!seine Ekel erregenden Wellen umflnteten uns mit fast betäubenderStärke. Wie eine fühlbare, ja greifbare Gewalt drang dieser un»bcschrciblich widerliche Gestank auf uns ein. Nichts anderes wohlin der Welt riecht so grauenhast als die Unzahl der Millionenfaulender Austern, die hier aufgespeichert sind, und aus deren Unratund Schmutz sich die leuchtende Perle hervorhebt. Die„Perlen-ftadt" ist ein belebter, geschäftiger Platz, in dem wohl 40 000 Einwohner zusammengedrängt sind, aber nur während der Zeiten derFischerei ist sie belebt, schießt wie ein ungeheurer Pilz empor undbreitet sich aus. nach sechs Wochen schwerer Arbeit, regen Treibensund wilder Leidenschaften lagert wieder Totenstille über den wenigenTrümmern, in denen die Schakale Hausen und kaum eine mensch-liche Seele sich regt. Der wüsteste Pöbel des Orients, der Ab-schäum aller verkommenen und lichtscheuen Gesellen findet sich hierzusammen, um in einer gefahrvollen Arbeit Reichtum zu erwerbenund ihn auf die tollste und ausschweifendste Weise sogleich wiederzu verschweigen. Diese Söhne Allahs, die so treu an dcn Prophetenglauben, begehen mit derselben Gemütsruhe einen Mord, mit de»sie eine Auster aufbrechen. Und dieses wilde Chaos verzweifelterExistenzen wird von einer Handvoll Engländer in Ordnung ge,halten; es sind sechs englische Zivilbeamte, denen eine Schar ein-geborener Polizisten zur Seite steht. Ein Polizeigericht, eil»Krankenhaus, ein Friedhof sind in der Stadt; besonders dissanitären Einrichtungen müssen sehr genau gehandhabt werden«denn die Leute kommen zum großen Teil aus den Cholera- undPeftortcn Asiens. Eine Bank, ein Post- und Telegraphenamt, mAuktionslokal vervollständigen die Zahl der notivendigen Ein,