Einen wichtigen Teil des Spongienkörpers haben wir bishernoch immer zu besprechen unterlassen ich meine das Skelett. Jenach dem Material, welches zum Aufbaue der Skelettsubstanz Ver-Wendung findet, unterscheidet man Kalk- und Kieselschwömme.Während bei den ersteren die Skeletteile aus kohlensaurem Kalkgebildet werden, bestehen sie bei den Kieselschwämmen aus Kiesel-säure. In ihrer chemischen Beschaffenheit sind letztere sehr nahedem Opal verwandt. Aus den Kieselschwämmen sind dann ferner-hin die Hornschwämme hervorgegangen. Bei diesen ist das Kiesel-ffelett mehr oder weniger stark zurückgebildet und durch ein Systemvon Hornfasern ersetzt. Der Ort, an welchem die Skeletteile cnt-stehen, ist das Mesckderm, und zwar sind es hier besondere Zellen,die mit ihrer Bildung betraut sind. Die Gerüstteile, wenigstensgilt das für die Kalk- und Kieselschwämme, bestehen hauptsächlichaus einzelnen, meist mikroskopisch kleinen Nadeln, Ankern,Klammern oder Sternen von oft sehr zierlicher Gestalt. InfolgeVerschmelzung können dieselben aber bei vielen Arten ein äußerstfestes Skelett bilden, das selbst Tod und Fäulnis überdauert. Dieherrlichsten Vertreter der Spongicn sind ohne Frage die Glas-schwämme, deren zierliche, an kostbare venezianische Kristallgefäßeerinnernde Skelette die Glanzstücke jeder zoologischen Sammlungbilden. Namentlich die deutsche Tiefsee-Expedition der Jahre1898/99, unter Leitung von Professor C h u n, brachte ein reichesMaterial dieser schönen Tiere aus den Tiefen des Weltmeeres mitin die Heimat. Immer von neuem ist man von dem schier un-erschöpflichen Formenreichtum und der Schönheit überrascht, dievor allen Blicken verborgen, in Meerestiefen gedeiht, die niemalsein Lichtstrahl erhellt.Besonderes Aufsehen erregte in Fachkreisen die Kieselnadeleines Schwammes, der an der Ostküste Afrikas mit dem Netzeherausgeschafft wurde. Waren bisher nur Nadeln von mikro-skopischer Kleinheit oder höchstens wenigen Zentimetern Länge be-kannt, so durchsetzte diese den Schwammkörper s iner ganzen Aus-dehnung nach und hatte die stattliche Länge von IV- Metern. Essind das in der Tat Dimensionen, von denen man sich bis dahinnichts träumen ließ. Dabei scheint dieser Schwamm noch gar nichteinmal der größte seines Geschlechtes zu sein, denn nach Nadel-bruchstücken, die später gefunden wurden, muß man annehmen, daßNadellängen von mehr als drei Metern vorkommen.Sehr interessant ist die Fortpflanzung der Schwämme. Wiewir bereits sahen, entstehen im Mesoderm die Geschlechtsprodukte,und zwar gleichzeitig bei demselben Tiere männliche und weibliche.Im Mesoderm findet dann auch die Befruchtung und die erste Eni-Wickelung des Eies statt, das endlich als freischwimmende Flimmer-larve den mütterlickzen Körper verläßt. Nachdem die Schwamm-larve eine Zeitlang im Wasser ein freies Leben geführt hat, setzt siesich auf einer paffenden Unterlage fest, verliert ihr Flimmerkleidund wandelt sich zum erwachsenen Schwamm um. Neben diesergeschlechtlichen Form der Fortpflanzung steht dann noch die Ver-mehrung durch Teilung. Die Tiere besitzen nämlich die Fähigkeit,sich der Länge nach durchzuschnüren. Meist ist diese Durchteilungjedoch keine vollständige, vielmehr bleiben die einzelnen Teilstückean der Wurzel mit einander in Verbindung. Es kommt also zurBildung von Kolonien. So viele Oskula eine derartige Koloniebesitzt, aus so dielen einzelnen Individuen besteht sie.Bei unseren Süßwasserschwämmcn findet man endlich nocheine dritte Art der Fortpflanzung. Beim Herannahen des Herbstes,wenn die ersten kalten Tage auftreten, zerfällt der Weichkörperdieser Tiere in zahlreiche kleine, rundliche Stücke, die sich mit einerfesten von Kieselklammern gestützten Hülle umgeben. Treten stärkereFröste auf, so geht der übrige Schwammkörpcr zugrunde, nur diese„G e m m u l a e" vermögen dank ihrer Hülle der Winterkältc zutrotzen. Sie sinken auf den Boden des Wassers und bleiben hierscheinbar leblos ruhen. Hat endlich nach mancher vergeblichenSchlacht der Frühling seinen Sieg errungen, erwacht allenthalbenin der Natur neues Leben, dann verlassen auch diese eingekapseltenSchwammteilchen ihre schützende Membran, wachsen und streckensich und erzeugen neue, jungkrästige Spongillen.—kleines Feuilleton.f. Tannenleben. Drunten in den Waldungen des Fürsten vonFürstcnbcrg, dem der Wald eine goldmilchende Kuh ist, stehen inden Lichtungen die Baumschulen mit den kleinen Tannenkindcrn.Schnurgerade in Reih und Glied stehen sie da mit ihren zartenhellgrünen Aermchen, die sich nach allen Seiten recken. Sic sindnicht auf die Welt gekommen im freien Wald, wo aus einemTannenzapf aus luftiger Höhe ein geflügeltes Samenkorn zur Erdewirbelte und im feinsten Waldboden Würzelchen schlug. Sie sind„gesetzt". Die Bravsten sind diejenigen, die ihre Aermchen schöngleichmäßig nach allen Richtungen strecken und sich Mühe geben,einen recht holzreichen Stamm zu bekommen. Das bringt demFürsten Geld. Mit den Hasen und Rehen spielen dürfen sie nicht,denn die Baumschule ist mit dichtem Stacheldraht abgesperrt, undhöchstens stößt einmal ein Bussard aus der Höhe in die Schule, wennsich's gerade eine Maus dort bequem machen will. Sind die schönenBäumchcn so hoch, daß sie über daS GraS hinausschaucn können,so werden sie neben die Wurzelstöcke alter geschlagener Tannengesetzt. Diejenigen aber, die nach ihrem eigenen Kopf wachsenwollten und sich mit dem Stämmchen da oder dorthin neigten odergar so eigensinnige Wurzeln bildeten, die werden ausgerissen undzusammen auf einen großen Haufen geschmissen, wo sie bald ver-dursten und verdorren. Die anderen aber wachsen wieder in ge-raden Linien als schöne brave Tannenbäume empor, halten treuzusammen, wenn der Sturm kommt, haben gerade keine freudloseJugend, aber auch keine sehr freudige. Immer geht der Försterdurch ihre Reihen, läßt das Gras ausroden und die Blumen, dieauf dem Waldboden aufgeschossen sind und Käfern und Schmctter-lingen lustige Waldgemächer bauten; und wenn eine der Tannenbesonders brav gewachsen ist und einen schenkeldicken Stamm hat.so bekommt sie zum Tank zwei Hiebe von des Försters kleinen! Beil.und nach einigen Monaten, wenn's Winter ist, kommen die Holz-schläger mit größeren Beilen, hauen die eifrige Tanne um, reißenihr die Rinde vom Leib, sägen sie in gleiche Stücke und schichtensie zu Kubikmetern auf. Das ist dann Papicrholz. Drunten imTal wartet seiner ein böses Ende. In großen Fabriken wird esvon eisernen Haken und Zangen in kleine Fetzen gerissen, mitSchwefelsäure ganz aufgelöst und fließt schließlich als dicker gelberBrei aus einem Rohr. Aus diesem Brei wird durch Pressen,Trocknen und Walzen das Zeitungspapier hergestellt. Aber auchder Papierholzwald hat seine schöne Zeit, die Zeit der Blüte. ImMai oder Juni, je nach der Gebirgshöhe, da blühen die Tannen.und auf den äußersten Zipfelchen ihrer Aeste wiegen sich die rotenZäpfchen, aus denen ein gelber Staub wie Schwefelblüte zur Erdegeweht wird. Da duftet's im Tannenwald gar süß und seltsam.Das wissen die Bienen, und wenn der Mai in der Ebene zu kaltund zu blütenarm war, da holen sie im Juni noch auS den dunkelnBergwäldern, was sie unten nicht fanden.Aber ein glücklicheres Leben hat die Tanne doch noch in denWäldern, wo noch keine fürstlichen Kammerrechncr fortwährend amErtrag Herumaddieren.In den alten Wäldern reicher Bauern, die keine Kahlhiebemachen müssen, um den hypothekenbclasteten Hof zu erleichtern, dastehen sie auf moosbcdecktem Waldbodcn wie Säulen gothischerSpitzbogcnbauten. Stolz und gerade empor ragen die mächtigensilbergraucn Stämme, aus denen die knorrigen Astkronen heraus-wachsen. Von den Zweigen hängen die grünen MooSbänke, undaus den Rissen trieft der duftende Harzbalsam. Das sind dieVeteranen des Waldes, die Meister geworden sind über den Sturmund die Borkenkäfer und anderes Waldungezieser. Sie genießenin Sicherheit ein glückliches Alter, und wenn einst die Holzschlägermit den Aexten, der großen Säge und dem langen Seil kommen,dann stürzen sie krachend mit Urgewalt in das Unterholz und sterbenwürdig. Die Balken aus ihrem Holz halten drei bis vier Jahr-hunderte, während das Holz des rasch aufgetriebenen NutzwaldeSkaum seine fünfzig Jährlein aushält. Aber dieser friedvollenWaldriesen wird es da oben immer weniger. Der moderne Forst-betrieb rückt ihnen stets mehr zu Leibe, und die Zeit ist nicht mehrferne, wo man von ihnen nur noch erzählt, wie mir gestern einalter Hirt erzählt hat von dem Zwcrgtannenwalt, der noch vorfünfzig Jahren am Seebuck stand, der jetzt kahles Waidfeld ist.Das waren die Ausgestoßenen und Verschlagenen der Tannen.Der Wind hat die beflügelten Samenkörner vor Hunderten vonJahren da hinauf zwischen das Heidekraut getragen, und in dessenSchutz haben sie Wurzel gefaßt. Jahrelang haben sie nur Wurzelngetrieben und sich mit den Spitzen nicht über das Heidekraut hinaus-gewagt. Denn der Sturm, der auf diesen Höhen ein toller Gesellist und alles an den Boden drückt, war ihr schliurmster Feind. Sohaben sie am Boden in Jahrzehnten ein zähes unentwirrbaresWurzclgeflecht gewebt und haben dann, als sie sich mit tausendWurzelfingern in die Erde gegraben, alle Kraft in den Stamm ge-sandt, der kurz und buckelig wurde, aber fest wie Eisen. An diesemZwergstamm aber sahen einige dürre knorrige Asstlein heraus, diedem daherfahrenden Sturm keinen Widerstand boten und ihn aus-lachten, wenn er sie fassen wollte. Was aber der Sturm mit diesemhundertjährigen Volk der Zwcrgtannen nicht fertig brachte, das er»reichte Menschenhand mit Feuer und Axt. Nur drüben an derSt. Wilhelmshütte, da steht noch solch vielhundertjähriger Ziverg-wald. Nach eigener Laune und eigenem Bedürfnis sind sie hiergewachsen. Die Stämme haben Krümmungen wie Trompeten.steigen auf und ab und wieder auf. Kein grüner Zweig wächst mehrin dem wirren Dickicht dieses Baumzwergvolkes, das sich mir er-sterbenden Armen umklammernd festhält. Aus den Gestalten dieserkrummen und buckeligen Tannen, zwischen denen Bergahorne mitduftigen Laubschöpfen protzig stehen, muß sich das SchwarzivatderVolk seine Zwerg- und Koboldsagen zusammengedichtet haben.Schöner als dieser unheimliche Zwergwald ist es, die Sonder-linge und Einsamkeiten unter den Tannen zu sehen. Sie habeneinen gewaltigen Felsblock mit den Wurzelarmen umschlungen undstehen kühn und stolz allein auf weiter Berghcide. Alles ist vomSturm niedergemacht, nur nicht die stolze Einsame. In ihrenWipfeln webt das Himmelblau, und wenn der Frost und Winterkommt, dann steht sie im strahlenden Silbergcschmeid von Schneeund Eis wie ein trotzig unbeugsames Leben. Doch auch sie stürzteinmal. Zwischen dem Seebuck und Baldenweger Buck liegt derTanncnkirchhof. Das waren einige Dutzend der letzten Mohikanerauf diesen rauhen Höhen. Eine nach der anderen hat der brüllendeSturm in den letzten fünfzig Jahren nach langem Ringen gci nicktoder entwurzelt. Sonne und Regen haben sie geschält und das