Anterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 2..
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Donnerstag den 3 Januar.
( Nachdruck verboten.)
Madame d'Ora.
Roman von Johannes V. Jensen. Was will Du?" fragte Hall und wollte sich losreißen. " Nichts, nichts Ernsthaftes, Du," sagte sie noch tiefer und mit einem fast unhörbaren, dunklen Klang von Trauer. Haben wir uns nun nicht lange genug fremd gestellt, Edmund? Was hast Du nur, was ist geschehen? Ich sehne mich danach, mit Dir zu reden. Was bedeutet
Ich will Dich nicht kennen," rief Hall aus und schnob vor Wut.„ Es ist aus zwischen uns, und zwar schon lange, wie Du sehr wohl weißt. Du weißt auch weshalb. Wenn Du die Absicht hast zu zeigen, daß Du mich kennst-"
1907
,, Er ist ein großes Kind, dieser Evanston ," sagte Madame d'Ora und lachte unbeschreiblich harmlos." Ich mag ihn leiden. Was willst Du damit sagen, daß ich herausfordere, wie, Edmund?"
,, Wie magst Du nur so tun, als wüßtest Du nicht, was ich meine?" sagte Hall nervös. Ich hasse es zu sehen, wie führit, Leontine! Hier auf diesem armseligen Schiff, wie Du Deine aufsehenerregenden Künste auf Deck spazieren fannst Du nur, was gibt Dir die Kraft dazu? Den ersten Tag, als Du hier warst, machtest Du Dich daran, Deinen Ruhm mit einer wahren Weltausstellung von Kleidern, einem ornithologischen Museum von Hüten auszuposaunen! Und in vollster Kriegsmalerei! Du weißt, ich fann diesen Marzipanduft nicht vertragen. Du riecht auf mehrere Ellen weit eßbar, das ist doch gräßlich! Und dann eines Tages vertauschst Du die große Toilette mit einem schlichten Stück Leinwand, daß Du Dich bewegen kannst, daß Du nur ein Glied zu rühren vermagst zwischen allen den geblähten Nüstern um Dich her, das ist mir ganz unfaßlich
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Hall beugte sich erregt vor und fauchte: noch jede beliebige Entblößung oder Ueberladung „ Aber das muß ich Dir zugeben, Deine Gestalt verträgt
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" Ich habe gar nicht die Absicht, lieber Edmund. Du mußt doch wirklich einräumen, daß ich während der vier Lage, die wir jetzt an Bord gewesen sind, übermenschliche Beherrschung gezeigt habe. Nicht mit einer Miene habe ich verraten, daß ich Dich kenne. Als ich sah, daß Du so tateſt, als hättest Du mich nie mit Augen gesehen, wußte ich natürlich, daß ich mich zurückzuhalten hatte. Ich finde ja freilich, gestanden und siegesgewiß gelächelt, aber sie zitterte. Als sie Madame d'Ora zog ihr Gesicht zurück, sie hatte daDu müßtest wünschen, daß die Rollen, die wir spielen, ver- sprach, flang es, als habe sie eine Stimme aus alten Zeiten tauscht wären, das würde weniger ungalant sein. Wenigstens wiedergefunden, eine zuversichtliche Betonung: muß Du mir doch den Grund erklären, weshalb Du so zurückhaltend bist. Edmund, es ist nicht freundlich von Dir, mich so zu empfangen, jetzt, wo wir allein sind. Ich bemerkte, daß Du nicht zu Tische hinunterkamst, da beeilte ich mich, fertig zu werden, um die Gelegenheit, mit Dir allein zu sein, zu. benutzen. Man fann sich ja an Bord eines Schiffes nicht rühren. Geniert es Dich, hier mit mir zu sprechen, wo niemand uns sieht?"
Ach nein, ach nein," feufzte Hall. Ich sollte mich wohl geschmeichelt fühlen. Jetzt gudt man unsere leeren Stühle da unten an und weiß Bescheid. Madame geruhen also, einen neuen Glücklichen zu schaffen
" 1
Edmund!"
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"
" Dein Riff an Bord ist nicht der beste!"
" Jetzt bis Du nicht aufrichtig," sagte, Madame d'Ora ruhig. Du weißt ja selbst nicht, was Du sagst."
" Ja, mir ist es freilich ganz einerlei," sagte Hall vor sich hin. Er schwieg, und sie schwiegen lange, bis Madame d'Oras rauhe Kehltöne wieder erklangen, ganz, ganz leiſe.
Ich bin so traurig gewesen, Edmund. Jeden Tag, weil ich Dir nicht nahen durfte. Mit jemand muß ich doch sprechen," fuhr sie heiser fort..Hall wandte sich um und sah fie hart an.
" Flirten, meinst Du! Du bist leicht. Ein Plebejer darf kommen und mir von Deinen Extravaganzen erzählen. Ist Dein Geschmack so schlecht geworden, oder ist es ein letztes Raffinement, daß Du jezt Betstunden mit einem Mormonen abhältst?"
" Du kannst Dich ja ausdrücken, wie es Dir beliebt," sagte Madame von oben herab. Hall schnob vor Wut. ,, Geh und laß mich in Frieden!"
Sie schwiegen eine Weile, und Madame d'Ora stand da, in die Dämmerung hinaussehend, sie lächelte schwermütig. Aber sie war noch immer die Sorglose, Unberührte, als sie wieder sprach:
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,, Was hast Du eigentlich an Herrn Evanston auszusetzen außer daß Du ihn nicht kennst und wie kannst Du mur auf den Einfall kommen, zu sagen, daß er ein Mormone ist? Herr Evanston ist Missionar in Indien und China gewesen. Er erzählt köstliche Geschichten von Tigern und Fakiren und anderen wilden Geschöpfen. Er ist selbst so ein unbezahlbar Gieriger, er ähnelt einem wilden Schwein mit all' den Borsten auf dem Kopf. Er grunzt hungrig, wenn man seinem Käfig oder seinem Walde nahe kommt, denn er hat ja so einen unsichtbaren Dschungel um sich. Du bist selbst immer ein Bewunderer von dergleichen Urwäldern in Menschengestalt gewesen.
"
,, Er ist ein gefährlicher Affe," sagte Hall gereizt ,,, nimm Dich in acht, daß Du ihn nicht herausforderst! Locke ihn nicht von seinem Baum herab!"
„ Rede doch keinen Unsinn, Edmund! Du hatest mich doch selber, ich möchte mich ein wenig originell fleiden, weißt Du das nicht mehr? Natürlich, damit man Dich beneiden sollte, Edmund. Sind wir etwa nicht mehr jung?"
die See hinaus, wo die Wellen immer kraftlofer wogten. Der Sall schwieg, und sie ließ ihn schweigen. Er starrte in Mond war am Horizont aufgestiegen, und bei seinem Licht sah Madame d'Ora , wie sich die Züge in Halls Antlitz beruhigten. Aber als er sprach, lag kein Friede in seiner Stimme, nur Müdigkeit und Kälte:
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Da wir nun einmal mit einander reden, was willst Du hier? Warum kann ich keine Ruhe vor Dir haben?" Sie zuckte zusammen, machte eine ängstliche Bewegung auf ihn zu, antwortete aber in leichtem Ton:
" Ich wußte nicht, daß Du hier an Bord seiest, ich kann doch auch Lust haben, mich ein wenig umzusehen?" Hall seufzte tief.
,, Singst Du noch?" fragte er.
" Ja. Was sollte ich sonst wohl tun, Edmund. Ich habe noch immer Erfolg. Das weißt Du natürlich recht gut, aber nun bist Du ärgerlich. Ja, ich habe meine Kunst. Und dann wollte ich auch gern mal nach drüben. Ich habe vorläufig ein großes Engagement in New York ."
Sie schwiegen.
" Der Kapitän steht oben auf der Brücke und horcht," sagte Hall endlich, sonderbar sanft und niedergeschlagen, als sei er im Begriff, einzuschlafen, wo er stand. Er sah nicht, wie Madame d'Ora ängstlich nach Luft schnappte.
,, Laß ihn doch, Edmund," rief sie klagend aus.„ Man darf gern wissen, daß ich Dich wiedergefunden habe, Edmund." Sie ging dicht an ihn heran und sprach vertraulich, während ihre Bewegung sich legte.
„ Es ist doch lächerlich, daß wir hier nun über vier Tage nebeneinander hergegangen sind wie zwei Menschen, die sich völlig fremd sind, die sich nie gesehen haben. Ich bin ein wenig besorgt um Dich gewesen... alle die anderen Passagiere glauben auch, daß Du sie auffressen willst, sie fizzen da und sehen Dich von der Seite an, mir ist oft ganz unheimlich zumute gewesen. Du siehst wirklich gar nicht gut aus, Edmund! Deine Augen sind wohl schlecht, Du trägst ja eine fast schwarze Brille. Hör' einmal, set' Dich hierher auf die Bank. Findest Du es nicht tapfer von mir, daß ich gar nicht seekrank gewesen bin?"
„ Ja, Gott weiß. Du bist ein Musterkind," entgegnete Hall furz. Er setzte sich, stand aber gleich wieder auf und lachte:
„ Nie vergesse ich den Tag in Cherbourg , als Du in Deiner ganzen Glorie die Schiffstreppe hinaufgestiegen kamst mit Hutschachteln und Blumensträußen und tausend Bafeten, Kammerzofe und Kanarienvögeln im Bauer