550 gab Pawel dem Bekreffenden einen Brief an einen bekannten Advokaten in der Stadt mit: wenn er konnte, klärte er den Fall selbst auf. Allmählich entstand in den Leuten Achtung für den jungen, ernsten Mann, der kühn und einfach über alles sprach und fast niemals lachte: der alles ansaht anhörte und hart- näckig jeden einzelnen Fall untersuchte, um in allem einen gemeinsamen, endlos langen Faden zu finden, der die Menschen mit tausend festen Schlingen verband. Frau Wlassow   sah, wie ihr Sohn wuchs, sie spürte bereits den Sinn seiner Arbeit, und wenn ihr das glückte, freute sie sich wie ein Kind. Besonders die Geschichte mit demSumpsgroschen" trug viel zu Pawels Ansehen bei.' (Fortsetzung folgt.) treulos. - Von Gustaf U II nt a it. Autorisierte Uebersetzung aus dem Schwedischen von Rhea Sternberg. In diesem Frühling wurde draußen in Södervik gebaut und gezimmert, als solle das ganze Fischerdorf neu geschaffen werden. besser und prächtiger als zuvor. Aber das war eine Arbeit voller Trauer. Der Winter hatte mit einer Reihe schrecklicher Stürme ihre Gehöfte und ihr Eigentum verödet, die Dächer von den Häusern geworfen, Brücken losgerissen, Boote und Werkzeuge versenkt und zersplittert und viele Menschenleben draußen auf dem Meere geraubt, junge und alte, von denen noch viele schutzlose Leben ab- hängig waren. Södervik war am schlimmsten von allen Plätzen an der Küste heimgesucht worden. Es lag so frei für Meer und Sturm. Und da gab es viel zu zerstören, denn es war ein dicht bebautes Dorf mit großen, wohlerhaltenen Bootshäfen auch diese hatten die rasenden, unermüdlichen Brandungen so gründlich beschädigt, daß nur eine gar kostspielige Reparatur sie wieder in Ordnung bringen könnte. Doch das Schicksal des Dorfes hatte alle Hülfsbereiten in weitem, weitem Umkreis gerührt. Einc� große Sammlung war zu seiner Unterstützung im Gange und hatte bereits ansehnliche Summen aufgebracht. Bon der nächst gelegenen Stadt aus, wo ein energischer Zeitungsredakteur die Allgemeinheit zu schnellen und reichen Gaben ermahnte, wurde sofort und andauernd eine der- hältnismäßig großartige Mildtätigkeit erweckt. Die Städter liebten das Fischerdorf, obwohl sie im gewöhnlichen Leben die merkwürdige, rauhe, unberührte und altmodische Bevölkerung gern ein wenig zum Westen hielten. Ja, seltsam verschieden von anderen waren sie, diese Männer und Frauen aus Södervik. Jahr für Jahr sah man sie scharenweise, die hohen, knotigen Gestalten, leicht gebeugt unter den Fischkörben, den Strandweg entlang wandern, über Sandbänke, Hürden und Berge, der Stadt zu und wieder zurück in ihr Dorf draußen am Meer. Ebenso, ohne zu scherzen und ohne zu klagen, trugen sie jetzt Unglück und Not. Denen muhte man helfen, und man tat es mit Freuden, sicher, daß die Hülfe zurecht und wohlverdient kam. Eine Vcrtrauenskommission war ausersehen, die geschenkten Spenden zu empfangen und sie nach Bedarf zu verteilen. In dieser saßen unter anderen der reiche und angesehene Bauer Mattes Tellin und sein zukünftiger Schwiegersohn, der weniger reiche, aber sehr geachtete Leuchtturmwärter Eskil Hake. Von der Treppe seines Hauses das aus Stein gemauert weit draußen auf der Landzunge sicher stand kam Eskil Hake heraus, in Sonntagskleidung, obwohl es mitten in der Woche war, und mit einem düsteren Ernst, der das breite, rauhe Gesicht gleich- sam versiegelte. Der bewölkte Maiabend dunkelte schnell, nur ein bleicher, goldroter Schimmer tanzte vom Westen her noch über die Wogenköpfe der Bucht. In den Häusern wurde hier und da schon Licht angezündet. Und von der Landzunge aus sandte die Wachtlaterne ihr ruhiges, rotierendes Licht über die Küsten und Wasserflächen. Eskil eilte an der niedrigen Landzunge entlang, an den teil- weise geebneten Steinwällen des Hafens vorüber und war gerade im Begriff, hinter den Fischspeichern des Dorfes den Strandweg nach der Stadt einzuschlagen, als ein gedämpfter doch gebieterischer Zuruf ihn anhielt. Ein junges Weib tauchte rasch, fast laufend aus dem Dunkel der Dorfgasse auf und vertrat ihm den Weg. Er ge- wahrte und erkannte sie sofort trotz des großen grauen Schals, den sie um den Kopf geschlungen hatte. Es war seine Braut, Mattes Tellins Tochter. Halb widerwillig verlangsamte Eskil seine Schritte. Sie ging dicht neben ihm, und ihre scharfen Augen blickten direkt in die seinen. Ida Tellins hochgewachsene, etwas eckige Gestalt trug-dies gewohnte, durchaus schlichte Gepräge der Fischerdorfbewohner. Doch dazu kam ein m aUen Bewegungen und Mienen hervortretender wahrer und selbstbewußter Stolz, der von den Vätern, den Erotzmogulen des Dorfes, ererbt war. Ihr mageres, frisches Gesicht mit der Haken«! nase erhellte sich selten durch ein Lächeln, trübte sich aber leicht' durchs eine frostige Wolke harter Verachtung oder verletzter Eigenliebe« Dann war nicht gut mit ihr zu streiten. Doch Eskild war kein furchtsamer Mann. Er hatte sie nach gründlicher, leidenschaftsloser Bekanntschaft erwählt, und nicht nun aus Berechnung. Er liebte sie um ihres festen Sinnes willen, der dem seinen zu gleichen schien, er schätzte sie hoch wegen ihrer streng selbstüberwachten Jugend, die seinem eigenen einsamen, in aE seiner Anspruchslosigkeit streng abgeschlossenen Leben verwandt schien. Sie war das rechtschaffenste, fleckenloseste Mädchen, das ep kannte, deshalb sollte sie und keine andere seine Frau werden. So hatten sie sich bekommen, obwohl es nicht leicht gewesen war, die geizige und filzig berechnende Unentschlossenheit des alten Tellin zu besiegen. Doch das zielbewußte, eigensinnige Kämpfen um einander hatte sie mächtiger noch als die Liebe zusammen geführt. Kein verlobtes Paar fühlte sich seiner gegenseitig sichere« als Eskil Hake und Mattes Tellins Tochter.-- Bist Du es, Iba?. So spät draußen?" Eskil schien nicht sehr erstaunt. .Ja. Wohin willst Du heut abend?" Idas dünne, gleichsam pfeifende Stimme verriet keine Neugier. Nach der Stadt." Nach der Stadt? So spät?" Ein heimlich bekämpfter Eifer machte ihre Stimme fast unmerklich beben bei diesen scheinbar be- deutungslosen Worten.Ich begleite Dich ein Stück," fuhr sie fort. Wenn Du willst, tu'S." So wanderten sie an dem im Abendddunkel schweigenden Dorf vorbei, den schmalen, allmählich sich windenden Weg entlang, über Sand und Heide, zwischen dem öden, stillen Land und dem öden, leise brausenden Meere. Mitten auf dem flachen, weißschimmernden Sandgürtel um eine große, offene Bucht, wo der Wind wilder sauste, fragte Ida plötzlich in einem Ton, der gar zu verdächtig gleichgültig klang: Was willst Du in der Stadt?" Eskil antwortete nicht gleich; nach einer Weile murmelte er etwas Unverständliches in den Wind hinein. Dazu hustete sie wie in einem kurzen, boshaften Lachen. Ich weiß, was Du da willst" brach sie dann plötzlich los. Nun, also." Ja. Aber Eskil!" Und nun brach ihr lange erstickter Kummer in jammernde, unaufhaltsame Vorwürfe aus.Aber was beabsichtigst Du dann zu tun, Mensch! Es ist doch wohl nicht Dein Ernst? Eskil!" Ja, Ida." Er antwortete mit lauter Stimme, doch noch halb ausweichend. Das erhöhte ihren Mut. Sie ergriff seinen Arm und hielt ihn fest. Sie blieben beide stehen. Gerade gegenüber standen sie sich, beide fast gleich groß, Blick in Blick. Beherrscht, doch mahnend fragte da Eskil: Wer hat Dir etwas davon gesagt? Was hast Du gehört?" Nun, ich weiß über alles Bescheid.   Du willst in die Stadt gehen, nicht?" Ja." Zu dem Redakteur, nicht wahr?" Ja." Und ihm sagen, daß Du nicht mehr zu der Vertrauens- kommission gehören willst?" Ja. Ich für mein Teil verzichte darauf." Weil Du kein Vertrauen hast zu den anderen in der Kommission, nicht wahr?" Ja, Du. Das ist wahr." Aber Herr Gott  ! Wie kann das wahr sein?" Ida sah Eskil an, und er begegnete ihrem gespannten, eisklaren Blick. Es war, als sehen sie sich nun zum ersten Male. Hat Dein Vater das erzählt?" fragte er still. Ida verschluckte die aufsteigenden Tränen mit einem lebhaften Nicken. Ja. Er sagte. Du wärest ganz verrückt geworden. Ich wußte ja zuerst nicht, was ich glauben sollte. Ich konnte doch nicht Nun versagte ihre Stimme doch, und er wurde sicherer. Das kannst Du begreifen, Ida, wenn Du nur willst. Ich habe Eile, doch Du sollst gleich alles erfahren." O nein!-- Schweig Du nur. Und geh!" Mit einem Ruck hatte sie seinen Arm losgelassen und die Hände vor das Gesicht geschlagen, blieb aber stehen. Kein Schluchzen war hinter dem Schal vernehmbar. Der Seewind fegte den Salzschaum um ihre Köpfe und führte ihren Ohren das schrille, frühlingslüsterne, fast einem Lachen gleichende Lärmen der Seevögcl von den Sandbänken draußen zu. Beruhigend, erklärend, begann Eskil wieder: Die anderen, und besonders Dein Vater, haben eine andere Auffassung von der rechtmäßigen Verteilung als ich. Sie meinen, daß die, die am meisten verloren haben, auch am meisten bekommen müssen, wenn sie auch noch mehr als genug übrig haben. Ich meine"__ Ida wollte ihn mit einem heftigen Achselzucken zum Schweigen bringen.....- Ich für mein Teil meine, daß die, die am wenigsten besitzen» am meisten bekommen müssen, wenn sie auch nicht viel zu verlieren hatten. Denn sie gebrauchen es am nötigsten, dg sie am ärmsten > OMMttifiiä!-- fei