Schlepple. Er beobachtete cinen Käfer, der auf dem Rüden Tag und bergebliche Anstrengungen machte, wieder auf die Beine zu kommen. Ein schiefes Lächeln zog über das verwitterte Geficht. Vorsichtig legte er den Käfer herum. Sei froh und lauf! dachte er.

Sei froh... heut in der Nacht, bevor er mit dem Luderchen zu Füßen einschlief, war noch eine kurze, drückende Angst über ihn gekommen. Als hätt er mit der Befreiung des Hundes dunkle Mächte, die doch gerade hatten berföhnt werden sollen, doppelt er zürnt. Aber während jetzt die Helle ihn umgab, flärte fich alles wie von selber. Er zweifelte auch jetzt nicht daran, daß eingemauertes Leben mehr Glück auf eine neue Wohnftätte herabzwinge..

Doch als die leise Angst vor der Zukunft auffommen wollt, fiuzte er plöblich, ließ die Arme sinken, fah starr und ungläubig geradeaus und sprang mit einem Male empor. Er legte die Hände bor   die Augen, um nicht geblendet zu werden, und blickte nach seiner Hütte. Rauch stieg empor daraus, vertraut und heimlich lag fie da. Und der Gedanke, der ihn gepadt hatte, der als Frage, wie vom Wind getragen, ihn bewegte, ließ ihn nicht los.

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Warum bau ich denn? Muß ich denn bauen?" Antwort und Erlösung lag in der Frage schon eingeschlossen. Die Barade war alt. gut! Man fror im Winter drin gut! Dann ließ man sie fliden. Jung drin gewesen, alt drin ge­worden... und glücklich gelebt. Bum Dant dafür sollt' fie gestürzt und eingerissen werden? Und Nikolaus Brus fühlte, daß das un­möglich wäre, daß er an der Hütte hing als an feinem unber­äußerlichen Erdenanteil und recht, daß es zu spät für ihn war, fich in Neues und Fremdes einzuleben, daß er einst sterben wollte, wo er geboren war. Eine fefte und klare Erkenntnis war das, und er wußte gleichzeitig, daß die Qual der letzten Nächte ihn noch enger an die alte Barade gebunden hatte. Eigentlich sollt der ganze Bau ja auch mehr für den Jungen sein, als für ihn. Aber wenn er's recht bedachte: heiratete der Witold mal die Schulzentochter, dann fonnt er sich mit dem goldnen Hafer, der in die Strippe rollte, selber ein Haus bauen, wie's ihm pajte. Und geriet er an ein armes Mädel, dann tats die Hütte. Es war alles fo licht... so klar. Und war doch wochenlang so dunkel gewesen. An Stelle des ge­planten Wohnhauses aber sollte der Stall erstehen. Er war nötiger. Als ob ein Reifen von der Brust gesprungen wär', atmete Nikolaus Brus auf. So brauchte es fein Opfer, so war alles gut. Alles? Er dacht' an den Aberglauben der Dörfler, an das Grauen, das ihn selber vor seinem allzugroßen Glück beschlichen. Doch er fürchtete sich nicht mehr. Er empfand dumpf: daß er dafür schon mit den bitteren Qualen dieser Tage und Nächte gezahlt hatte, daß die Rechnung glatt war.

Einen Pfiff fchidte er in die jonnige Luft. E3 wollt aber noch mehr aus ihm heraus. Und er griff in die Tasche, berzog die Stirn, faßte noch einmal hin... pfia frew, die Freundin fehlte, die Mundharmonifa. Die lag ja da draußen, irgendwo im Feld

Wir holen fie, Luderchen... wir finden sie schon, Luderchen," rief er und schritt wie ein Junger aus.

Er fand sie wirklich. Er rieb Sand und Staub ab, puzte sie wieder blant, strich mit der Hand liebkosend über sie hin.

Und dann spielte er. Spielte zwischen den reifen Feldern unter Sonnenflimmern und dem heißen Ertebrodem auf der besten Freundin, und fiehe: etwas heiser noch und unsicher, aber in der alten gefühlvollen Weise begann das Luderchen mitzusingen.

Da brangen aus der Harmonika ein paar falsche Quietschlaute, die Melodie tam ins Schwanken, wie ein leises Lachen und Prusten flangs durch die bedenklich übereinander purzelnden, halb steden­bleibenden Töne:

Nikolaus Brus strahlte wieder. Nikolaus Prus war wieder ein glüdlicher Mann.

( Nachdrud verboten.)

daß der Chicagoer Berleger, der mit Wellman zwei Jahre Rellame machte, nun doch die Geduld verloren hat und kein Geld mehr aus. geben will. Die wissenschaftlichen Ergebnisse seiner Fahrt, wie sie Wellman vorhatte, sind mit Recht als geringfügig hingestellt worden; immerhin läßt sich nicht leugnen, daß man den Versuch des Nachfolgers des unglüdlichen Andrée überall mit größtem Interesse begleitete.

Nun geht zurzeit eine andere amerikanische   Expedition dem Nordpol   zuleibe, die des Arztes Frederick A. Cook  , eines ber­dienten Mitgliedes der belgischen Südpolarexpedition von 1897/99. Cook hat von seinem Unternehmen vorher wenig Aufhebens ge­macht, und man weiß deshalb von ihm nicht mehr, als daß er feines Landsmannes Bearys Spuren und zum Teil auch dessen Methode zu folgen beabsichtigt und den Winter 1908 in Etah am Smithsund   zubringt, von wo er dann in den ersten Monaten diefes Jahres mit Schlitten an den Küsten der Smithsundroute nach Norden vorgehen will, um von Nordgrönland aus auf gleiche Weise den eigentlichen Vorstoß polwärts auszuführen. Da Cook nur zwei Schlitten, die auch als Boote benutzt werden können, mit sich führt. fo hofft er von den Zufälligkeiten des Eises unabhängiger zu sein und schneller reisen zu können als Peary  . Der Nordpol   lockt die unternehmungsluftigen Polarfahrer also immer wieder. So steht auch für 1908 ein neuer Aufbruch Bearys bevor, während der Nor­weger R. Amundsen die Mittel für eine Wiederholung von Nansens Framfahrt nach dem Nordpol   sich zu sichern bemüht ist natürlich in Amerika  , wo eben die größte Borliebe für solche Ziele herrscht.

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Wichtiger als die bisher genannten Fahrten dürften aber zwei andere sein, obwohl bei ihnen von Polstürmerei keine Rede ist. Bu nächst die des Dänen Mylius- Erichsen, an der auch ein deutscher Gelehrter, der Physiker Wegener, teilnimmt. Mylius­Grichsen, der im Sommer 1906 im mittleren Oftgrönland landete, hatte sich zwei geographische Hauptaufgaben gestellt, nämlich die Erforschung des noch unbekannten nördlichen Stückes der Ostküste jenes Polarlandes bis zu dessen Nordspige( 500 Kilometer) und bann eine Durchquerung des eisbedeckten Grönlands   an einer nörd­licheren und breiteren Stelle, als fie 1888 von Nansen   vollbracht worden war, also etwa unter der Breite des Franz Joseffjords( 900 Ailometer). Wenn dieses Programm bisher hätte eingehalten werden können, so muß Mylius- Erichsen   von der Reise der Nord­spize Grönlands   längst zurüd sein. Man rechnete auch im ver gangenen Herbst auf eine Nachricht von ihm, da Fangschiffe faft in jedem Jahre die Ostküste Grönlands   anzulaufen imftande find. Diesmal scheint das aber nicht möglich gewesen zu sein, wohl in­folge der für die Schiffahrt überall ganz ungewöhnlich ungünstigen Gisverhältnisse des verflossenen Bolarsommers. Jedenfalls ist von dem Unternehmen nichts zu hören gewesen, und man wird bis zum diesjährigen Frühjahr oder Sommer Geduld haben müssen. Die Bedeutung eines etwaigen Erfolges Mylius- Erichsen   läge in der Ausfüllung einer empfindlichen Lüde unferer Bolarkarten und in dem Studium des grönländischen Inlandeises in seinen höchften, vielleicht 3000 Meter übersteigenden Zeilen.

Das zweite bedeutungsvolle Unternehmen, das wir hier im Auge haben, ist die sogenannte anglo- amerikanische Expedition des dänischen Kapitäns Ejnar Mittelfen, der eine noch größere Lüde in dem nordpolaren Kartenbilde ausfüllen will. Er machte Anfang September 1907 viel von fich reden, als von der Mackenzie mündung her die Nachricht tam, er sei wahrscheinlich verunglückt. Das war glüdlicherweise nicht der Fall, wie sich bald herausstellte; aber das im Norden der Westküste der amerikanischen   Eismeer­füfte vermutete neue Land hatte Mittelsen nicht gefunden. Zur Kennzeichnung des Zieles, das Mikkelsen sich erwählt hat, sei an folgendes erinnert. Nansen   vertritt auf Grund seiner Lotungen und Beobachtungen während der Framfahrt( 1893-1896) die Ueberzeugung, daß innerhalb des unbekannten Gebietes um den Nordpol   ein Tiefsee sich erstrecke und Land von nennenswerter daß es nicht unwahrscheinlich sei, daß es wenigftens in der Beaufort Mannigfach find die Ziele der heutigen Polarforschung, und see, dem weiten Meeresteil nördlich von Ostsibirien, der Bering­fie läßt sich daher nicht mit wenigen Worten kennzeichnen. In straße und Alaskas  , zwischen den Neusibirischen Inseln und dem früheren Jahrzehnten beherrschte gewöhnlich immer nur eine große Parrharchipel, größere Inseln, vielleicht eine Art Inselbrücke gebe. Aufgabe die Unternehmungen, z. B. die Nordwestdurchfahrt, die Es wird das geschlossen aus den Erfahrungen der Jeanette- Erpe­Nordoftdurchfahrt oder der Nordpol   selbst, in wechselnder Wieder- dition, aus Erzählungen der Eskimos über ihre westliche Herkunft holung. Heute aber spielen neben den Reflameaufgaben einer und aus Eispreffungs- und Drifterscheinungen an der amerikania Eroberung des Nord- und Südpols erfreulicherweise auch folche schen Nordküste und den Westküsten der Inseln des Parcharchipele. Expeditionen eine beachtenswerte Rolle, die sich mehr beschränkten, Man glaubt auch ein Kriterium dafür zu haben, ob in unbekannten doch darum nicht weniger wichtigen Einzelarbeiten widmen. Frei- Meeresteilen bor bekannten Küsten Land zu vermuten sei: in dem lich stand auch das Polarjahr 1907 unter dem Zeichen einer Sen- Ergebnis von Lotungen rechtwinklig zur Küste. Sinke dort der sation: der Amerikaner Walter Wellman   wollte nun wirklich kontinentale Sodel zur Tiefsee ab, so dürfe man auf Land nicht feinen fühnen Flug zum Nordpol   antreten. Die amerikanische rechnen; anders sei es im umgekehrten gall. Es ist das eine höchst Nordpolforschung gibt sich mit Kleinigkeiten" bekanntlich nicht ab, interessante Frage und das wichtigste geographische Problem, das ihr erscheint allein der unbezwungene Nordpol als ein ihrer die Nordpolforschung heute bietet, und Mittelsen wollte es lösen würdiges Problem. Pearh war 1906 unverrichteter Sache zurüd- durch eine weite Schlittenreise vom Parrharchipel( Banksland oder gekommen und mußte die geplante neue Reise aufschieben; so hatte Prinz Patrickinsel) in westnordwestlicher Richtung. Hierzu wäre denn Wellmann diesmal feine Konkurrenz. Sein Aufstieg Anfang es natürlich nötig gewefen, den Parrharchipel erst einma LE September 1907 vom Virgohafen( Spißbergen) mutete aber bes erreichen, und dazu hatte Mikkelsen, der mit Unterstübung eng­reits wie eine Verzweiflungstat an, und er scheiterte denn auch lifcher und amerikanischer Gönner reiste, ein eigenes Schiff. fläglich. Die Zweifler behielten recht. Während der Gegenwind Aber dieses sant schon während der Ueberwinterung auf 1907 in an Stärke zunahm, versagte ein Steuer des Luftschiffs, und dieses einer Bucht der Flarmaninsel, und so unternahm Miffelsen einen drehte sich hilflos um sich selber. So mußte Wellman landen. Er Rekognoszierungsvorstoß vom amerikanischen   Festlande aus in ließ verkünden, er fei mit seinem Fahrzeug trotz allem sehr zu- nördlicher Richtung. Er währte von Mitte Mära bis Mitte Mai frieden und würde 1908 den Versuch wiederholen. Allein es scheint, 1907 und führte ihn bis etwa 72 Grad nördlicher Breite, d. h. gegen

Die Polarforschung im Jabre 1907. Ausdehnung nicht zu finden fei. Andere Geographen aber meinen