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Na... den Waggon für das anständige Publikum will ich| Unter den Vertretern der Stände befand sich auch der Bürgermeister noch gelten lassen, aber sagt mir nur in aller Welt warum müssen von Lübeck  , der eine Tapetenfabrik besaß. Den Leiter dieser Fabrik die Studenten ihre besonderen Waggons haben? Spielen sich als nahm er mit nach Paris  , damit er dort neue Anregungen gewänne. große Herren auf und bezahlen doch nur dasselbe Geld wie wir?" Dieser fah sich auch in Paris   ordentlich im und kaufte einen ganzen Warum dieser Unterschied? Das möchte ich bloß wiffen!! Vorrat von Mustern auf und gründete dann in Deutschland   eine philosophiert der angetrunkene Führer der Stredenarbeiter, indem eigene Tapetenfabrik. Er bestimmte im Testament, daß diese Blätter er mit der Faust auf den Tisch schlägt und mit seinem stieren Blick hundert Jahre lang berpackt bleiben sollten und als die noch das aufmerkjame Auditorium umfaßt, welches ihn das weiß er jegt bestehende Fabril einemnt Umbau unterzogen wurde, fand lange für etwas ganz Besonderes hält. man die Kisten und öffnete fie.

Schweigen. Niemand wagt fich an die Lösung dieser schwierigen Frage, welche augenscheinlich die Kräfte aller Anwesenden übersteigt. Man muß den Bürger" fragen", schlägt einer vor.

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Den Bürger" her 1"

Den Bürger" vor die Front!" rufen mehrere Stimmen. Hinter einem Tisch hervor schwankt in der Mitte ein alter, zer­lumpter Mann mit aufgedunsenem, trunkenem Gesicht. Er hat eine Jodeimüge auf dem Kopf, ein Bündel auf dem Rücken und einen Teelefsel an der linten Seite. Nach einer feierlichen Verbeugung beginnt er in pathetischem Ton:

Mit besonderem Vergnügen begrüße ich die verehrliche Ge­fellschaft."

Alle lauschen gespannt den Worten des Bürgers". " Bier!" fommandiert er dann ruhig.

Der Anführer der Streckenarbeiter bringt ihm eigenhändig ein

Glas Bier.

Es wird noch stiller. Sogar der Büfettier, der an ähnliche Szenen schon gewöhnt ist, hält mit dem Waschen des Geschirrs inne und lauscht erwartungsvoll.

Der Bürger" erhebt prophetisch die Hand und fordert mit einer märtyrerhaft ernsten Miene gespannteste Aufmerksamkeit.

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Alle halten den Atem an. Die Bauern, welche regungslos stehen, ftreden ihre von der Aufregung noch blaffen Gesichter vor. Die Erwartung der harrenden Menge teilt sich auch ihnen mit. Der Bürger" spricht langsam, gedehnt, beinahe im Flüsterton, während der Ausdruck von Begeisterung in seinen Mienen zunimmt: Warum dieser Unterschied zwischen den Studenten und unser­eins, fragft Du? Adliges Blut... nichtadliges Blut. Dann verstummt er, läßt die Hand sinken und betrachtet läßt die Hand finken und betrachtet lächelnd seine Zuhörer. Die brechen in derartig frenetischen Beifall aus, daß die Bauern ganz erschreckt einander anblicken.

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Der Anführer der Streckenarbeiter stürzt auf den Bürger" zu, um ihn zu füssen. Sie füssen sich mehrere Male laut schmaßend. Geschmeichelt von so viel Beifall, bittet der Bürger" um

weitere Aufmerksamkeit:

Nur noch ein Wort!"

Wieder hängen aller Augen gespannt an seinem Munde. Ebenso langsam wie vorher verkündet der Bürger": " Ich kenne nur eine Rettung für die Menschheit: die weißen Raben.. Hier ist ein weißer Rabe!"

Er stößt mit dem Finger auf seine Brust, kreuzt dann die Arme und blickt die Zuhörer siegesbewußt an.

Ah! Du bist schon wieder da?!"

In den Wartejaal tritt die den Bauern bereits bekannte, ge wichtige Gestalt des Gendarmerieunteroffiziers. Der Bürger" schlupft an dem Hüter des Gesetzes vorbei zur Tür, reißt sie zur Flucht auf und schreit, seine Schnapsflasche schwingend, pathetisch, aber gleichzeitig aufgeregt:

Es lebe die Freiheit... des Branntweinhandels! Fort mit dem Kronsmonopol!"

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Gefolgt von den begeisterten Burufen der Menge, macht sich der Bürger" glücklich aus dem Staube. Die Bauern find erstaunt ob feiner unerhörten Kühnheit.

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Ein dreister Mensch.

Aber sehr gelehrt.

" Gelehrt ist noch gar nichts... Ein Wohltäter der Menschheit!" unterbricht fanatisch ein Stredenarbeiter, ein glühender Verehrer des Bürgers".

Nachdem sie noch ein Weilchen mit den Bauern geplaudert haben, gehen die Stationsbeamten und Streckenarbeiter nach Hause.

Die hungrigen Bauern schickten Pantelä ins nächste, zwei Werst entfernte Dorf nach Brot, weil das Brot im Dorf um eine Kopeke billiger ist als auf der Station.

Kleines feuilleton.

Kunst.

Tapeten. Im Kunstgewerbehaus Friedmann u. Weber ift zurzeit eine Ausstellung von echten Tapeten, Friesen und Supra­porten( die abgepaßten Stücke über den Türen) zu sehen, die agn den Jahren 1780-1830 ftaminen!

Durch eine merkwürdige Verquidung von Umständen find diese fiber 100 Jahre alten Papiere, deren Muster und Ornamentit eine vergangene Zeit uns plöglich nahe bringen, erhalten worden und gerade jest wieder an die Deffentlichkeit gekommen.

Als Napoleon I.   ein Sohn geboren wurde, strömten die Ab­gesandten aller Rationen zur Huldigung nach Paris   zusammen.

In Frankreich   war die Tapetenindustrie zu hoher Blüte gelangt. m 15. Jahrhundert kam die Anregung, die Wände mit bedrucktem Papier zu bekleben, durch Seefahrer aus China   nach Europa  . Man beflebte die Paravents, die als Trennung dienten, mit den farbig geschmückten Bogen. Meist waren es Papiere aus China  , die man dazu mitbrachte und als Erinnerung verwandte.

Speziell in Frankreich   wurde dann die Herstellung von Papieren zum Zwecke des Wandbeklebens außerordentlich gepflegt. Tapeten druckte dann zuerst Jean Papillon   zu Rouen   im Jahre 1688. Die ersten Fabriken entstanden um die Mitte des 18. Jahrhunderts in England und Frankreich  . In Frankreich   entstand sogar eine tönigl. Tapetenmanufaktur, die unter Louis XVI  . aus einem Privat unternehmen umgewandelt wurde. Eine ganze Reihe erster Künstler, unter denen auch David fich befand, lieferten hierfür Entwürfe. Nach der Revolution nahm diese Industrie erneuten Aufschwung und so entstanden bald überall Fabrifen. Das Rollenpapier tannte man damals noch nicht. In vieredigen Stüden flebte man das Papier auf die Wand, die mit einem einfarbigen Fond versehen war. Auf diese Weise wurde die Wand panneauartig eingeteilt. Oberhalb der Türen wurden Supraporten angebracht, getvissermaßen als Krönung.

Der ganze Stil einer vergangenen Epoche lebt hier sinnfällig vor uns auf. Es ist der Empirestil, der entstand, als man die Ausgrabungen in Pompeji  , die Wandmalereien und Friese entdeckte. Daneben schon ein Uebergang zum Biedermeier, und in dieser Bes ziehung fommen uns diese Tapeten besonders entgegen. Sie muten uns nicht fremd an, diese Blumenstücke, diese Girlanden und Amoretten und Veduten und Büsten und Rosetten. Manche zeigen direkt die Anlehnung an die pompejanischen Fresken. in der Farbe, in dem Zusammenstimmen von Schwarz und Not

Und auch darin berühren wir uns mit der Raumanschauung jener Zeit, daß wir nicht mehr die unruhigen, schreienden Farben an den Wänden lieben. Uniere Tapeten werden einfarbig, die Raumwirkung ist dadurch eine ruhigere, und wir wissen, daß gerade auf diesem ruhigen Grunde ein Schmud, ein Bild besonders gut steht. Die Wand erhält dadurch eine einfache, schlichte Gliederung, die angenehm auf das Auge wirkt, und dasselbe Prinzip finden wir bei diesen alten Tapeten, nur daß hier Grund und Bild noch eins heitlicher zufammenging.

Diefe ornamentalen Zierstücke haben enen fein geschlossenen und doch freien Stil. Sie wirken bildartig und haben doch einen leichten und zierlichen Zusammenhang mit der Architektur. Sie bleiben in der Fläche und schmücken sie im Sinne der Raum­gliederung, die sie nicht stören, der sie sich einfügen. Wie Silhouetten erscheinen manchmal schwarze Figuren in einer Zeit hingezeichneten Landschaft. Antike Vasen füllen ein Biered. Meist stehen die Farben auf schwarzem Grund, wo sie dann um fo frischer wirken. lleber diese unveränderte Frische der kecken Farben staunt man. Sie leuchten. Der Entwurf wurde mit weißer Leimfarbe in breiten Klatichformen auf den dunkelen Grund gedruckt. Zweite Formen geben die Mitteltöne. Und durch Stempel fügte man die Licht- und Schatteneffekte hinzu. Landschaften und Laubengänge erweitern die Mauer. Blument wachsen aus Vasen. Kandelaber unterbrechen die Fläche. Und auf die Wandmitte fezt man Stilleben, Landschaften, Fruchtstücke, die auch zuweilen Umrahmung erhielten durch Säulen einfaffung. Doch fagt uns mehr der Schmuck zu, der in der Fläche bleibt.

Fraglos geht von diesen Tapeten ein großer Reiz aus, auch wenn wir der herrschenden Biedermeierfeuche nicht zuneigen. Schon, daß wir echte Erzeugnisse vor uns haben, darin liegt besonderer Wert. Das Stilempfinden der Beit tritt uns sichtbar vor das Auge und davon können wir lernen. Wir können davon leruen, unserer modernen Raumanschauung zur Ent wickelung zu verhelfen. Und wenn wir damit auch 818 anderen Resultaten kommen, den Geist, den Geschmad kann das an­regen. In die Museen passen diese Stücke hinein, da sie Vorbilder sein können. Und vor allem sollen unfere Tapetenfabriken lernen, fich von Künstlern Entwürfe machen zu lassen, damit unsere Tapeten schöner werden als sie bisher waren und man fich ihrer freuen kann, während man sich jetzt über ihre Geschmacklosigkeit meist ärgert.

Erziehung und Unterricht.

e. s.

Die Frage des biologischen Schulunterrichts. Eine Abs änderung des naturkundlichen Unterrichts in den Mittelschulen im Sinne einer veränderten Auswahl des Lehrstoffes und einer verbesserten Methode feiner Behandlung ist in letzter Zeit oftmals in lebhafte Erwägung gezogen worden. Die organische Angliederung des Lehrstoffs an das Erfahrungsmaterial, das sich mit der Zeit von selbst aufgehäuft hat und eine Behandlung des naturkundlichen Gebiets vom bio­logischen Standumkt aus, der die Lebensgefeße und Zusammens hänge darlegt, ären zweifellos geeignet, eine Vertiefung des Ver ständniffes und eine Anregung und Belebung des Unterrichts