Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 191.

2)

Andreas Völt.

Freitag, den 2. Oktober.

( Nachdruck verboten.)

Bauernroman von Ludwig Thoma  . Die Stimme des Pfarrers flang noch immer sanft, aber Seine Augen waren zornig.

Der Schullerbauer achtete es nicht. Wos?" sagte er, ös mögt's mei Geld aa net? Dös muaßt des erscht Mal sei, daß a Bauernmensch sei Geld net o'bringt." Geht heim, Vöst! Ich sage es zum letztenmal. Eure Gesinnung ist mir nicht unbekannt; ich weiß wohl, in welchem Hause die schlechtesten Reden geführt werden, und wo der Geist der Auflehnung waltet."

Der geistliche Hirte war heftig geworden, und er hatte alle Sanftmut verloren. Er hielt seine Hände nicht mehr ge­faltet, sondern streckte die Rechte gebieterisch gegen die Türe aus. Der Schuller blickte ihn an.

Nicht ängstlich und nicht zornig. Die Ruhe fam über ihn; als wäre er zufrieden damit, daß die geistliche Milde ver­

schwunden war.

Und er redete ohne Aufregung.

geh' scho, Herr Pfarra. Sie hamm g'sagt, daß's fenna. fenn Eahna' r aa, recht quat fenn i Eahna. i woaß aa, warum's g'rad bei mein Kind so hoafli is da Tauf."

Er ging zur Türe und hatte schon die Klinke in Hand. Da drehte er sich noch einmal um.

mi Und mit

der

Dös möcht' i no sag'n, Herr Pfarra. I bin net 3'wegen meiner da herganga. Es ist g'rad weg'n der Bäuerin g'wen. Cinscht hät's ini wohl net g'sehg'n."

Und nach diesen Worten ging er. Als er auf den Gang Hinaustrat, stand der Kooperator wenige Schritte entfernt, und Fräulein Lechner huschte eilig in ein Zimmer.

1908

Ihnen lag das Weltliche im Sinn, und sie meinten, daß es zuwider sei für einen achtbaren Mann, wenn eines so ohne Sang und Klang und neben hinaus begraben wird. Mancher glaubte, der Pfarrer hätte es nicht mit jedem so streng gemacht.

Schuller hatte. Die stammte von der Beit her, wo der Pfarrer Man wußte, daß er eine heimliche Feindschaft gegen den einen neuen Kirchtum bauen wollte. Er hatte den alten Linnersteffel und den Hanrieder überredet, daß fie etliche es langte nicht, und da wollte er die Gemeinde überreden, daß tausend Mark für den Bau ins Testament einsetzten. Aber fie Geld für den Bau hergebe. Selbiges Mal redete der hätte das Geld wohl brauchen können, das der Alte auf dem Schuller dagegen; er sagte auch, dem Linnersteffel sein Sohn Sterbebett herschenkte.

Der Pfarrer wurde rot über das ganze Gesicht und wieder schneeweiß. Er sagte, daß es schlecht aussehen müsse in dem Herzen eines Mannes, der den Priesterstand ver­unehre. Aber er wolle es verzeihen, wenn nur das gute Werk gelinge.

Schuller fiel der Antrag durch. Hernach probierte es der Das gelang jedoch nicht, denn durch den Einfluß des Pfarrer auf andere Weise. Er ließ feine Glode mehr läuten, und schrieb an das Bezirksamt, daß er auf dem Verbot be stehen müsse, weil der alte Turm so baufällig wäre. Es gab eine lange Streiterei hin und her. Die Gemeinde blieb fest, und der Schuller führte das Wort. Er sagte bei Lebzeiten des alten Pfarrers Held, der doch erst ein Jahr vorher gestorben sei, da habe nie etwas verlautet von der Baufällig­feit. Weil man aber einen neuen Turm wolle und die Mittel nicht gutwillig kriege, wäre der alte Turm auf einmal wacklig geworden.

Wenn es jedem recht traurig vorkomme, daß feine Glocke mehr auf Mittag und Abend läute, wäre die Gemeinde leichter bereit, das viele Geld herzugeben. So meinte der Herr Böst merkte es nicht, weil ihm zuviel im Kopfe herum- Pfarrer, aber die Erlbacher meinten es anders. Nach langen ging. Und so entging ihm leider auch die Frömmigkeit des Schreibereien entschied das Bezirksamt, daß der alte Turm Herrn Kooperators, welcher eifrig in seinem Gebetbüchlein feinen Schaden aufweise und das Läuten ertragen könne. las und mit halblauter Stimme den Inhalt vor sich hin sagte. Der Pfarrer war geschlagen und mußte seine Angst über Beschämung meiner selbst... Unglückseliges Ge- winden. Er ließ sich den Zorn nicht ankennen, aber im ge­dächtnis! Wie biele boshafte Gedanken hast du zugelassen! heimen hatte er sich seine Feinde gemerkt, und dem Schuller Unglüdseliger Wille! Wie viele unordentliche Begierder hast trug er es nach und freute sich, daß er Gelegenheit hatte, ihm du ausgefocht! Sünde! Wie lieblich scheinest du, da man eines auszuwischen. dich begeht! Wie bitter und abscheulich bist du, nachdem du geschehen!... JA.... ich schäme mich...

Den anderen Tag in aller Frühe wurde das Heidenkind begraben. Keine Glocke läutete, und kein Priester sprach ein Gebet.

2. Kapitel.

Den Sonntag bor Michaelis fand wie alle Jahre in Webling der Ball der freiwilligen Feuerwehr statt. Von Erlbach gingen viele hinüber; die jungen Leute schon bald nach dem Essen, die älteren nach dem Rosenkranz  .

Der Weg zieht sich eine leichte Stunde über einen Hügel durch das Schneiderhölzl; man sieht schon von weitem den Die Hebamme trug einen kleinen Sarg; hinterdrein Weblinger Kirchturm und den Maibaum, der vor dem Wirts­gingen der Schullerbauer, der alte Weiß und der Haberl- hause steht. Der Weg sah heute bunt aus. Schneider.

Die Erlbacher Mädel gingen in Scharen zu vieren und Sonst war niemand dabei. mehr miteinander. Ihre Kopftücher leuchteten luftig über die Der Totengräber Kaspar legte den Sarg ohne viele Um- Felder, und wenn sie beim hohen Kreuz am Waldfaum waren, Stände in die Grube und warf Erde und Gras darauf. Koa Kreuz derf ma net hi'stecken?" fragte der Schuller. kam der Wind in die Tücher und blähte sie auf. Die Zipfel flatterten wie Fahnen und verschwanden " Na," sagte Kaspar, dös geht gar it. Was moanst hinter der Höhe. Denn?" Die Burschen hielten sich auch zusammen und marschierten Macha net. Jett is scho gleich. Geaht's zua! Mi hamman den Mädeln vorbei. Sie führten laute Unterhaltung im da nir mehr z'toa." Vöst drehte sich um und ging. Die Gehen; einer blies auf der Mundharmonika, und andere anderen folgten ihm.

fangen:

In Erlbach redete man ohne große Aufregung über die Begebenheit. Die Weiber batten Bedauernis mit der Schullerin weil ihr das Kind so unversehens weggestorben war, und bloß ein paar recht Fromme wußten es zu tadeln. Am ärgsten die Bäcker Ulrich Marie; aber die konnte ma fich nie genug tun mit der Frömmigkeit. Sie war bei der Bruderschaft vom blauen Stapulier und beim Verein der Heiligen Kindheit, und machte jeden Montag den helden­mütigen Liebesaft für die armen Seelen.

Da mußte ihr das Heidnische weh tun.

Die Männer in der Gemeinde dachten nicht viel darüber nach, wie es mit dem Kinde im Jenseits bestellt sei,

Bier

Dieses scheane Land, Es üst mein Heimatlano, Dieses scheane Land...

Jadi, heunt fauf'n am r' ins grad gnua."

Da Peter isch Zechmoasta. Hast as Geld bei dir, des 3'samm g'legt hamm  ?"

scho. Dös g'langt überall'n hi. Bal no an Wirt' net ausgeht."

Herrschaftseiten! Und Juhu! Suit"

Dieses scheane Land, Es üst mei Heimatland."

Toni, spiel auf!"

loggob asines