- 982

-

Es ist haarsträubend!" sagte Offeneder. Sie reden auf den Unterricht abfente. Darum ließ man die Wände kahl und immer, als wenn gerichtlich eine Fälschung festgestellt wäre. Das ist doch bloß Ihre Behauptung! Was fange ich damit an? Wenn ich sie weiter gebe, verflagt der Pfarrer mich. Das darf ich doch nicht!"

B

Dös derfen Sie net?"

Nein! Ich werde mich hüten."

( Fortsetzung folgt.)

strich ihre Flächen meist mit einem graugrünen Ton, der den Augen nicht schadet und die Seele nicht aufregt. Erst seit Anfang dieses Die Wände der Schulzimmer mit guten Bildern zu schmüden. Durch Jahrhunderts entstand und verstärkte sich allmählich das Bedürfnis, diese Wandbilder, die nicht nur für die Schul, sondern auch für die Kinderstube bestimmt sind, soll das Kind daran gewöhnt werden, solchen fünstlerischen Schmuck als einen unentbehrlichen Bestandteil seiner Umgebung zu betrachten. Es soll durch den täg­lichen Anblick guter Reproduktionen von malerischen, plastischen und architektonischen Meisterwerfen feinen Geschmad bilden und veredelit und den Kreis feiner Anschauung erweitern. Nicht ein neuer Lehr

Kunfterziehung und künstlerische gegenstand wird dadurch in die Schule eingeführt, fondern spielend

Kultur.

II.

"

-

COU

und unbewußt nimmt das Kind die fünstlerischen Eindrücke in fich auf. Besonders nachahmenswert erscheint dabei das System der englischen Pädagogen, den Kindern geeignete Blätter als Fleiß prämien zu geben. Einzelne Nummern der wohlfeilen und sehr geichmackvollen Seemannschen Wandbilder( Lichtbrud Die erste Form, in der bildende Kunst dem Kinde entgegentritt, reproduktionen nach Botticelli  , Dürer, Franz Hals  , Holbein, Ruis pflegt das Bilderbuch zu sein. Die von ihm ausgehenden dael, Donatello  , Michelangelo  , Anselm Feuerbach  . Moritz v. Schwindt Wirkungen auf die Entwidelung des findlichen Geschmacks müssen und anderen), die vom Kunst wart herausgegebenen Blätter und nicht notwendig, aber sie können jedenfalls sehr schwerwiegende und Mappen, die farbigen Originallithographien, die die Leipziger unter Umständen entscheidende sein. Daher hat man sich in den Firmen Teubner und Boigtländer publiziert haben, die legien Jahren mit Recht einer gründlichen Reform dieses Erziehungs- affimiledrucke nach Lithographien von Hans Thoma   und die mittels zugewandt. Die alljährlich um die Weihnachtszeit von schönen Zeichnungen von Fidus   würden sich für diesen Zwed be unierem Bildungsausschuß veranstalteten Ausstellungen empfehlensfonders eignen. Wo sich unter den Lehrern geeignete Sträfte finden werter Jugendschriften geben einen( natürlich nicht lückenlofen) aber auch mur in diefem, heute noch seltenen Ausnahmefall praktischen Ueberblick über das bisher auf diesem Gebiete Geleistete. fann es nüglich sein, die Kinder durch zwanglose Unters In einem uns vorliegenden kleinen Sammelband) wird das Problem haltung vor den Wandbildern zum Kunstgenießen anzuregen. historisch und fritisch behandelt. Der Direktor der Bremer   Kunst- Freilich muß hierbei immer mit großer Vorsicht zu Berfe halle, Dr. Pauli, schildert die Entwickelung des deutschen Bilder- gegangen werden, da durch lehrhafte Einwirkung bei der Jugend buchs während des letzten Jahrzehnts. In der Zeit, da der Schul- leicht ein wertloses, weil oberflächliches, funstgeschichtliches Wissen meister und der Paftor ausschließlich darüber entschieden, was dem erzeugt wird, das das naive Kunst empfinden irreführt oder Kinde zu gefallen habe, gab es fast nur ganz moralische oder ganz ganz unterdrückt. fromme Jugendbücher. Daneben allenfalls noch solche, in denen das alltägliche Leben der Kinder in idealisierender" poetischer Form Außer der Gelegenheit zum Kunstgenießen muß aber den dargestellt wurde. In den Werken von Ludwig Richter  , Kindern auch Anregung zu selbständigem, fünstlerischem Schaffent Dstar Pletsch usw. sind die Kinder immer musterhaft artig und gegeben werden. Natürlich nicht in der Absicht, einen selbst erleben nichts Außergewöhnliches. Sintemalen aber die Tugend auch zufriedenen, fingerfertigen Dilettantismus großzuziehen, sondern schon bei Fünfjährigen mehr geehrt als beliebt ist, wandte das find- lediglich zu dem gwed, die ästhetische Naturbeobachtung zu weden liche Bublifum feine Gunst Büchern wie Struwwelpeter" zu, und zu entwickeln und den Geschmad zu bilden. Dazu sollen in die zwar auchh moralische Tendenzen verfolgen, die Moral aber in erster Linie der Zeichen und der Arbeitsunterricht in den Schulen direkt und weniger langweilig in der Form phantastisch aus dienen. Ueber die Ziele und die Organisation dieser beiden Lehr­geschmückter Uebeltaten zum Ausdruck bringen.( Bom Struwwel fächer geben in dem oben erwähnten Sammelwerk zalvei berufene peter" erschien im Verlage der Literarischen Anstalt in Frankfurt   am Fachleute, der Prof. Ballat aus dem preußischen Kultusministerium Main   fürzlich die 300. Auflage.) Die Richtung der Pletsch und und der Direktor Peter Jessen   vom Berliner   Kunstgewerbemuseum, Richter wird allerdings auch heute noch gepflegt und als ihr eine in mannigfacher Hinsicht lehrreiche Auskunft. Die Anregung tünstlerisch bedeutsamfter Vertreter erscheint Hans Thoma   mit zur Umgestaltung des Zeichenunterrichts in den preußischen feinem ABC- Buch und seinen Mal- und Postkartenbüchern, die Schulen ging von Hamburg   aus. Die Reform begann bei uns biele wertvolle farbige Lithographien enthalten. Aber die Kunst im Jahre 1901. Man gab das bisher übliche stumpffinnige Thomas ist, ebenso wie die Ludwig Richters, im Grunde mehr für Kopieren von fertigen Vorlagen auf und fezte an feine Stelle das findlich gesinnte Erwachsene als für Kinder geeignet. Andere, zu geidmen beziehungsweise Malen nach der Natur und aus dem derselben Gruppe zählende Jugendfchriften, wie z. B. die vor kurzem Gedächtnis. Das Ziel des Unterrichts ist: die naive Auf­neu herausgegebenen Tierbilder von Otto Spedter, gehören in fassungs- und Darstellungsweise des Kindes allmählich zu Form und Inhalt bereits der Vergangenheit an und haben daher einem bewußten Beobachten und Wiedergeben der Dinge feiner für die Kinder, die heute an einen ganz anderen Stil in Umgebung zu entwickeln. Der Schüler soll die zu zeichnenden ihren Bilderbüchern gewöhnt sind, etwas Fremdartiges und schwer Gegenstände selbständig und frei auffaffen, in allem Befentlichen Berständliches. So ist es fein Wunder, daß heute die nähere oder getreu und mit Verständnis darstellen und in flaren Borstellungen entferntere Nachkommenschaft des Struwwelpeter" den Sieg davon im Gedächtnis bewahren lernen. Als Lehrstoff dienen in den getragen hat. Schlichte, eindringliche Deutlichkeit der Zeichnungen, naive, unteren Klaffen Gebrauchs- und Naturgegenstände, bei deren Dar­meist mit Humor gewürzte Phantastik und ein einheitlicher beforas stellung die Tiefenausdehnung keine oder doch leicht zu überwindende tiver Stil, der sich auch auf die äußere Ausstattung, den Einband Schwierigkeiten macht. Auf die perspektivischen und Beleuchtungs­und das Vorsatzpapier erstreckt, find die hauptsächlichsten Vorzüge erscheinungen wird erst eingegangen, wenn die Schüler das Alter dieser modernen Bilderbücher. Aus der Fülle des Hervorragenden von 12 bis 18 Jahren erreicht haben. Farbe wird von Anfang an und Brauchbaren, das in den letzten Jahren auf diesem Gebiet ge- verwandt, und zwar zuerst der Buntstift, später die Wasserfarbe. schaffen ist, find vor allem die Bücher von Ernst Kreidolf   In den unteren Klaffen werden die gezeichneten Flächen nur farbig ( Figebuge", Blumenmärchen", Die Wiefenzwerge" ,, Die schlafenden angelegt, allerdings möglichst bald in der Lokalfarbe des dargestellten Bäume", die in diesem Jahr erschienenen Sommervögel"), Gegenstandes. Das eigentliche Malen, d. h. das Modellieren mit bon Wilhelm Schulz( Bruzeltopf"), Karl Hofer  , Er. R. der Farbe, beginnt erst, wenn die Schüler 13 bis 14 Jahre alt find. Weiß, Arpad Schmidhammer  ( Mudi"), und K. F. von Bildliches Komponieren und Entwerfen von Ornamenten werden Freyhold zu nennen. Auch unter den im Berlag von Georg W. lehrplanmäßig nicht betrieben, da fie beim Lehrer wie beim Schiller Dietrich erschienenen Münchener   Künstler Bilderbüchern eine befondere schöpferische Beanlagung vorausiegen. Wo das Ornamen findet sich manches Brauchbare( z. B. Hänschens Stifahrt von tieren von Gegenständen geübt wird, beschränkt man sich auf praktische Elsa Besto w), während die zu derselben Serie gehörenden Versuche im Handarbeitsunterricht. Und zwar entwirft man Bublikationen von Heinrich Schlitt  , Dito Kubel und Georg Lang   nicht Ornamente mit Bleistift oder Pinsel, sondern man stidt mit weder in den Illustrationen noch im Tert den modernen Anfordes der Nadel, schnitzt mit dem Meffer, fnüpft, treibt usw. Denn es ist rungen genügen. Das uns vorliegende aus dem Jllustrations- eine alte Erfahrung, daß man zu einem befferen Ornament tommt, material der Münchener Jugend" zufammengestellte Bilder- wenn man sich vom Material und Werkzeug zu einer Deforation buch Das deutsche Jahr im Bilde"( Verlag der anregen läßt, als wenn man nur auf dem Papier   Entwürfe macht " Jugend" 1908) ist fünstlerisch einwandfrei und zum Teil und diese dann dem Stoff und der Technit aufzwingt. Was schließ sogar recht wertvoll. Die schönen, von R. M. Eichler, Walter lich das Studium des historischen Ornaments anbetrifft, so wird Georgi, Angelo Jank  . Adolf Münzer  , Rudolf Sied u. a. entworfenen Blätter entsprechen aber, obwohl die Auswahl unter Mitwirkung der Berliner Freien Lehrervereinigung für Kunstpflege" geschah, gar zu wenig dem findlichen Auffassungsvermögen. Bis vor kurzem waren die Pädagogen der Meinung, ein Schul­zimmer müsse so gestaltet sein, daß nichts von der Aufmerksamkeit

11

*) Deutsche Kunsterziehung. Im Auftrage des deutschen Landesausschusses für den dritten internationalen Kongreß zur Förderung des Beichen- und Kunstunterrichts veröffentlicht. Berlag bon B. G. Teubner in Leipzig   und Berlin  . Preis 2 M.

dieses heute nicht mehr, wie früher, an der Hand von Vorlagen und Gipsmodellen betrieben, sondern man legt den Schülern wirkliche, den Originalen in echtem Material nachgebildete Gegenstände( Bafen, Leuchter, Kannen usw.) vor und versucht ihnen an dieien Beispielen einen Begriff von antifen, mittelalterlichen und Renaissanceftilen zu geben. Alles in allem aber dürfen auch im Arbeitsunterricht die Ornamente durchaus nicht die Hauptsache sein. Nicht die Lust am schmücken, sondern der Sinn und das Verständnis für Gediegens beit ist unserer Werfkunst im Laufe des 19. Jahrhunderts ab handen gekommen. Daher muß der erste Grundsatz des Hand­arbeitsunterrichts lauten: Mehr Konstruktion, weniger