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preßte sie an feine Hagere Mannesbrust und füßte fie wild Ejub mag die Wahl schneller fallen, aber die große Tradition gibt und stürmisch auf den Mund.

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In den ersten beiden Stunden nach Mitternacht   lag das weite Dorf in tiefer, durch nichts unterbrochener Ruhe. Zwar stieg hier und da ein Lachen auf, aber das unterstrich fie eher, als daß es sie störte. Einmal kam es von der Heckenreihe her, einmal aus der Richtung von Binsenbrocksdamm, es fiel aber rasch in die Stille zurück- die Lacher zweifelten an ihrem Recht, bei so später Stunde noch laut zu sein.

Die letzten Gäste von Büngershof waren zu Hause; nun verstummte alles, nur nicht die Stimmen und Nufe der Nacht.

Und noch immer schien und wanderte der Mond. Voll und satt erst über das große Torfmoor, das nach Süden liegt, dann über die Wiesen hin nach dem Hechtsee zu. Und immer sah er gelb und still und ruhig nach der Sternkate hin, die Stubenfenster des Häuschens beleuchtend.

( Fortsetzung folgt.)

Єjub,

die Stätte der Schwertumgürtung.

Jm äußersten Winkel des Goldenen Hornes liegt Ejub, cine Stätte träumerischer Abgeschiedenheit, die poetischste Ede der türkischen Weltstadt. Wer Ejub besucht hat, wird sich des überwältigenden Eindrucks nicht erwehren können, den die Stätte dauernd zurückläßt, fo malerische, märchenhafte, wechselreiche Bilder entrollen sich hier, Bypreffen und Pinien sind die charakteristischen Baumarten der bos­poranischen Landschaft. In Ejub drängt sich Stamm an Stamm, gewaltig und mächtig, und unter ihrem ewigen Schatten breitet sich der endlose Friedhof aus. Dies wirre Durcheinander der alters grauen Grabsteine scheint sich in malerischer Harmonie aufzulösen, würzige Sträuter und trauernde Sträucher find die stummen Wächter; nur schmale Lichtstreifen, die durch das Blättermeer huschen, beleben die in träumerischer Ruhe versunkene Stätte, auf der Jahrhunderte, eine ganze Weltgeschichte schwer lasten.

hier einen eigenen Reiz. Und so erkennen wir Reihe an Reihe die Großen des Reiches; es sind auf das glänzendste ausgestattete Marmor mit leuchtendem Gold auf schwarzem Grunde, alles in Mausoleen mit wohlgepflegten Blumenbeeten, Grabsteine aus weißem vornehmer Reinheit und Fülle und dazwischen die hochaufstrebenden gewaltigen Zypressen. Rings um die Moschee erheben sich die Grabmaler von Großwürdenträgern, Prinzen und Palaft beamten, Geistlichen und Geistlichen und bedeutenden Führern. Noch heute wählt das fromme Geschlechi feine Ruhestätte in der geweihten Erde von Ejub. Erst im vorigen Herbste waren hier die aus Frankreich  übergeführten sterblichen Refte des Prinzen Sabah- ed- din zur Ruhe bestattet worden, und auch von den Märthrern der letzten April­revolution find zahlreiche Vaterlandssöhne an der heiligen Stätte ge­bettet worden. Die Moschee von Ejub steht so heiligem Ansehen, daß sie jedem Nichtmoslimt verschlossen bleibt. wie die Kaaba zu Meffa in nur wenigen Christen soll es gelungen sein, sich als verkleidete Mohammedaner Einlaß verschafft zu haben, doch sind wir über die innere Einrichtung des Tempels und über die Reliquien auf das mangelhafteste unterrichtet. Als Kaiser Wilhelm II.   1889 als Gast Abdul Hamids in Konstantinopel   weilte, war der Besuch der Moschee von Ejub auf das Programm gefegt worden; ihm, als dem ersten Christen, eine unerhörte, außerordentliche Aus­zeichnung. In letter Stunde mußte aber auf Betreiben der empörten und auf das empfindlichste betroffenen Mewlewi Derwische, denen die Moschee angehört, auf den Besuch verzichtet werden! Seitdem hat man es nie wieder versucht, Fremds gläubige einzuführen, und es wird noch strenger denn je auf die Einhaltung des Verbotes geachtet.

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Eine besondere Weihe hat die Stätte noch dadurch gewonnen, daß sie seit Jahrhunderten das Schwert Dsmans, des Begründers der Herrscherdynastie, hütet, das Schwert, das bei dem Zeremoniell der Schwertumgürtung, die jeder Thronbesteigung, gewissermaßen als unerläßlicher Krönungsaft, vorangeht, seine Rolle spielt. Es ist dies ein Vorrecht des Oberhauptes des vornehmsten türkischen Drdens, der tanzenden Derwisch e. Ursprünglich fand die Umgürtung, ebenfalls in feierlicher Handlung, jedesmal, wenn der Sultan   ins Feld zog, statt.

Krönung. Legendarisch wird das Zeremoniell dem Gründer der Später erst trat die Schwertumgürtung an die Stelle der Mewliwiselte Zschele bi Effendi, oder wie er sonst heißt, Dichebaleddin Rumi  , zugeschrieben, von dem sich das Amt auf seine Nachfolger

bererbte.

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Wie die Feierlichkeit sich vollzieht, fönnen wir aus einer älteren Es ist das die dem Jelam geheiligte Stätte, die durch die feier- Schilderung der Thronbesteigung Mustafas III.( 1757) entnehmen: liche Schwertumgürtung der neu geschaffenen Sultane und Kalifen Ein glänzender Aufzug brachte den neuen Herrscher in die Krönungs­ihre besondere Weihe erhält, eine Stätte von reicher legendarischer moschee. Schon seit Sonnenaufgang versammelten sich alle Klassen Bergangenheit. Sie fnüpft an Ejub Ansari Ahalid ben Seijid, der Staatsbeamten im ersten Hofe des Serail. Den Zug eröffneten den Fahnenträger des Propheten, an, der 672, bei der dritten( fieben- die Offiziere der Polizei, der Stadtvogt und Polizeileutnant, mit jährigen) Belagerung Konstantinopels   durch die Araber fiel und dem den befoldeten und belehnten Tschauschen und Muteferrit, mit den vor den Mauern der Hauptstadt auf Betreiben der Derwische und Generalen der Reiterei, den Stammverwandten des Propheten, den Scheiche ein Grab errichtet ward. Als bei der Eroberung vom Herren des Diwans und der Kammer. Ihnen folgten die drei Jahre 1453 die Türken vor der Stadt lagerten, war das Grab Defterdare, der Nischandschi und Reis Effendi, der Reichsmarschall, längst verfallen und verschollen. Da soll dem Scheich Atschemseddin, die beiden Oberstlandrichter, die Wefire, der Großwesir und Mufti. demselben, dem die Weissagung von Tag und Stunde der Auf diese letteren folgten 32 Handpferde des Sultans, auf das prächtigste Erstürmung geglückt war, Ejub im Traume erschienen sein, gezäumt, 12 davon mit silbernen, juwelenbesetzten Schilden. Dann erst um ihm seine Grabstätte zeigen, zu fam der Sultan  , von den Helmen der Peiks( Edelknaben) umblißt, von genau so, wie bei der Belagerung von Antiochia   der Apostel Andreas dem Geist- den Reiherbüschen der Stelaks( Bogenschützen der Leibwache) um­lichen Beter aus der Provence erschienen war, um ihm die Stelle zu schattet. Den linken Steigbügel hält der Oberstallmeister, den rechten zeigen, wo die heilige Lanze verborgen lag. Der glückliche Fund der Obersttämmerer, den linken Zügel der zweite Stallmeister, den belebte den bereits gefunkenen Mut der Belagerer aufs neue und rechten der Träger des heiligen Banners, und rings um das groß­entflammte zu begeistertem Fanatismus. Mohammed II. ließ später herrliche Roß gruppieren sich die neun Herren des kaiserlichen Steig­neben der erneuerten Grabstätte eine prächtige Moschee errichten, da bügels. Wenn der Sultan   absteigt, treten an Stelle der letzteren die wo einst auf den Ruinen eines Zeustempels eine vom Eunuchen acht Herren der kaiserlichen Achsel", so genannt, weil sie berechtigt Farasman, dem Kämmerer Justinians  , gestiftete Kirche des heiligen sind, dem Sultan   unter die Achsel zu greifen! Hinter dem Sultan  Mamas sich erhob, zugleich die Gruft des Kaisers Mauritius   und tragen Pagen zwei Turbane des Sultans, die symbolisch die Herr feiner Söhne. schaft über zwei Erdteile und zwei Meere, über die zwei heiligen Der moslemische Tempel, die Krömungsmoschee, ist aus weißem Stätten Melka und Medina darstellen sollen. Die Bagen neigen fie Marmor errichtet, mit einer großen Zentralfuppel, fleineren Neben- hin und her, um den Gruß des Sultans anzudeuten. Ein und zahlreichen Halbtuppeln. Zwei Minarets mit je zwei Altanen weiterer Page trägt den Schemel, auf dem der Sultan  ragen hoch auf, wie zwei Arme, um das Morgen- und Abendopfer zu Pferde steigt, ein anderer die Gießkanne zum Waschen. des Gebetes des Volkes darzubringen". Schattige Bäume erheben Der Chasinedar endlich, der den Zug beschließt, beschließt, streut sich im Hof, Inorrige Ahorne und eine breitastige ungeheure Platane. Gelb unter die Leute. So bewegt fich der Zug zwischen In dem marmorgepflasterten Vorhof nun liegt in vornehmer Ein- zwei Reihen von Janitscharen. Bei der Moschee angelangt, fachheit das Grabmal des Fahnenträgers, umgeben von einer großen besucht der Sultan   das Grab des Fahnenträgers des Propheten. Zahl Ampeln und Leuchtern aus edlem Metall. Feierliche Ruhe Dann umgürten der Mufti und der Vorsteher der Emire den Sultan herrscht an dieser heiligen Stätte, die dem Fremden verschlossen mit dem heiligen Säbel, und in diesem Augenblid werden vor der bleibt. Nur durch das Gitterwerk überblicken wir den Raum, der Moschee 50 Hammel mit dem frommen Wunsche geopfert, daß das wie ausgestorben, hohl und leer sich vor uns öffnet. Alles schläft Gesicht des Sultans weiß, sein Säbel siegreich sein möge". in dieser Totenstadt, nur die Vögel, von denen ungezählte Geschlechter in dem dunklen Blätterwerk hausen, umzwitschern den Tempel. Die engen Straßen find menschenleer, zwischen dem Pflaster wächst Gras; hier und dort erblicken wir ernste Gestalten mit grünen Turbanen und langen Mantelröcken. Sie haben vor sich die farbenfatten Teppiche gebreitet, und in würdiger Gebärde neigen sie sich zum Gebet.

Ejub ist im wahren Sinne eine Totenstadt. Zu beiden Seiten der hochummauerten Straßen breiten sich die Grabmäler vieler Generationen vornehmer Geschlechter aus. Zwischen Slutari und

Von der Höhe werfen wir noch einen letzten Blick auf Ejub, auf seine Bauten, Gräber und Gärten, auf seine Bypressen und Ahorne, auf seine Menschen und Philosophen, auf seine Vergangen heit. Bunte, farbenreiche Bilder ziehen an uns vorüber; Märchen aus Tausendundeine Nacht.... Adolf Struck  , Athen  .