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lebenfprubelnden Briefe, die der Genius   vor über 120 Jahren an tannt geworden ist. Dr. Korfalow hat seinen Standpunkt auch in feine Lieblingsschwester Nanette, an seinen Bater Leopold Mozart  , einem in russischer Sprache erschienenen Buche Ausdruck verliehen. an feine Konstanze und an andere ungenannt gebliebene Adressaten In seinem Vortrage ging Dr. Korsakow von der Frage aus, ob geschrieben hat. Die sonnige Heiterfeit seines Besens, die un- wir den Einzug der Best in Rußland   und in Europa   zu befürchten befangene Sicherheit seiner glücklichen Natur, der große fünstlerische haben. Die Beantwortung der Frage ist nur möglich auf Grund Ernst in allen Fragen der musikalischen Produktion und Erziehung, einer Kritik der sanitären und sozialen Verhältnisse in China  aber auch ganz neue Kennzeichen, wie eine gewisse Neigung zur und der von den russischen Behörden ergriffenen Maßregeln gegen Satire und ironischen Betrachtung seiner lieben Mitmenschen oder die Best. seine gründlichen theoretischen Betrachtungen über das Verhältnis Die sanitären Verhältnisse in China   sind so schlimm, als man bon Text und Musit in der Oper: das wird alles aus diesen Briefen sich nur denken kann. Eine wissenschaftliche Medizin hat es in flar. Daß Schaltheit und Diplomatie ihm, der ja viel in Hof- China bis in die letzten Jahre hinein nicht gegeben. Nach der Auf­diensten stand, oft die Feder geführt haben, möge folgende Stelle fassung der chinesischen   Aerzte" besteht der menschliche Körper aus aus einem Briefe an seinen Bater zeigen, in dem er seinem Er- mehreren Elementen": dem mineralischen, dem pflanzlichen, Wasser zeuger mitteilen will, daß eine Gräfin So und So die Maitresse und Luft. Die Krankheit ist eine Störung in der Harmonie der des bayerischen Kurfürsten war. Er tut das so: Sie ist Elemente; gegen diese Störung in der Harmonie anzufämpfen, ist die, welche einen Fuchsschwanz im Arsch und eine spizige die Aufgabe des Arztes. Manche Krankheiten sind aber bedingt Uhrfette am Ohr hangen hat und einen fchönen durch den Dämon, den bösen Geist, der in den Leib Ring, ich habe ihn selbst gesehen, und soll der Tod des Patienten seinen Einzug gehalten hat. Hier ist die über mich tommen, ich unglüdlicher Mann ohne Nase". Kunst des Arztes natürlich machtlos; und es gilt in solchen Fällen, Die Zusammenstellung der unterstrichenen Anfangsbuchstaben ergibt den bösen Geist zum Abzug zu veranlassen, zu welchem Zwede das Wort: Favoritin. In solchen und noch weit alberneren Scherzen war Gottes Mitleid durch Prozessionen und Gottesdienst zu erflehen ist Mozart Meister. Seine glückliche Natur gab ihm hiermit eine Art und Umzüge mit dem Drachen, der alles Böse verschlingen fann, zu unbewußte Selbsthilfe gegen den Druck aufreibender künstlerischer veranstalten sind. Zu den Krankheiten dieser Art gehört auch die Tätigkeit. Pest. Die Aerzte unterscheiden mehrere Arten, wobei die Einteilung Hugo Wolf  , der Bahnbrecher und zugleich Gipfel der mo- zum Teil sich mit der unsrigen deckt. dernen deutschen Lieder, wird international. Wie populär er schon Bevor der Arzt in der Behandlung der Krankheit dem Drachen bei den Engländern ist, beweist seine erste englische   Biographie. das Feld räumt, hat er zu versuchen, ob es vielleicht ( Hugo Wolf  . Von Ernst Newman  . Aus dem Englischen über- gelingt, den Siz der Krankheit oder des Bösen im des sezt von Dr. v. Hase. Verlag Breitkopf u. Härtel.) Es ist Newman Reibe Patienten zu erklären und den Dämon

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an der Hand der deutschen Wolf- Literatur gelungen, ein Lebensbild direkter Weise auszutreiben. Es sind 84 Stellen im Körper des des Komponisten zu entwerfen, das historische Treue beanspruchen Menschen, wo die Krankheit ihren Siz haben kann. In verschiedenen darf, dabei persönliche Züge in Menge enthält und von tiefgehendem Körpergegenden hat nun der Arzt durch Hineinstechen einer spigen Verständnis des Wolfschen Schaffens erfüllt ist. An Größe der Nadel nach dem Sitz der Krankheit zu forschen. Natürlich hat der Konzeption steht diese englische Biographie wohl hinter der Klassischen Arzt auch seine Kräuter, um den Kranten zu heilen. In den letzten Wolf- Biographie Decseys zurüd, aber als wertvolle Ergänzung wird Jahren sieht man in den Straßen von Beling auch Aerzte", die fie doch Berechtigung auch bei deutschen Wolf- Freunden haben. öffentlich ihr Gewerbe ausüben. Es sind häufig Leute, die mit Einzelne Ueberschwänglichkeiten muß man freilich in Abzug bringen. Europäern längere Zeit in Berührung gewesen sind und nun Kur Ebenso die Ansicht Newmans, weder Schubert noch Beethoven   hätten pfuscherei betreiben. Mit einer gewaltigen, imponierenden Brille die Tiefe Goetheicher Gedichte erfaßt und musikalisch nicht zum Aus- auf der Nase hockt der Doktor auf einem ausgebreiteten Tuche, druck bringen können. Liebe zum Stoff soll gewiß den Künstler- worauf auch die Arzneien in Fläschchen aufgestellt sind.*) leben- Schilderern die Feder führen, aber sie darf nicht zur Blindheit und Ungerechtigkeit gegen andere Große führen.

Die sozialen Verhältnisse, unter denen der Durchschnittschinese lebt, sind schredliche. Namentlich im Innern des Landes, das Friz Volba ch, der bekannte Tübinger   Kapellmeister und Dr. Korsakow in Gemeinschaft mit einem französischen   Kollegen in Musikschriftsteller, macht sich mit einem in Teubners Sammlung: amtlicher Eigenschaft bereist hat, spotten die Zustände jeder Be­Aus Natur und Geisteswelt" erschienenen Büchlein: Das schreibung. Zusammengewürfelt in ihren engen Behausungen, leben moderne Orchester verdient, in dem die Entwickelungslinie der die Leute im Schmutz, Elend und Hunger. Man sieht die Chinesen Orchestrierung Brahms  , Liszts und Brückners und der von beiden häufig aus Müllhaufen sich ihre Nahrung in Form von benagten Sinfonitern abhängigen fortschrittlichen Richtung mit besonderem Knochen herausholen.

Nachdruck gezeichnet ist. Wie die Farbe von jeher ein untrennbarer So fommt es, daß vier Epidemien in China   dauernd heimisch Teil des Wesens großer musikalischer Kunstwerke war, so gelangt find: Cholera, Boden, Typhus   und Best. Und bei dem oben be­die Orchesterfarbe in der neuen Kunst der von Liszt   geführten sprochenen Zustande der chinesischen   Medizin ist es leicht verständlich, Programmufit als selbständiger künstlerischer Ausdruck zur höchsten daß es in China   gegen all diese Geißeln einen Kampf nicht gibt, Bedeutung. Die Instrumente des groß besetzten modernen Sinfonies daß sanitäre Maßregeln gegen die epidemischen Krankheiten nicht orchesters waren durch Berlioz   und noch mehr durch Richard Strauß   ergriffen werden. Die Pestkranken werden nicht isoliert, da es ja als Individualitäten bekannt und verwertet worden. Ihre Klang feine Krankenhäuser gibt, die Leichen liegen in den Straßen, von seelen, so verschieden und persönlich als tönende Einzelkundgebungen, Hunden und Schweinen umwimmelt, weil es den armen Leuten an wurden durch die modernen Meister der Sinfonischen Dichtung  " Geld für Särge mangelt. Dr. Korsakow hat während einer Best­bald identifiziert mit den durch sie erregten musikalischen Vor- epidemie in den neunziger Jahren im Innern der Mongolei   ge­stellungen. Diese Auflösung der gewohnten Klanggruppen in Einzel- fehen, wie ein Vater seinem lungenpestkranken Kinde, das nicht aus­farben fonnte eine Konzentration der Phantasietätigkeit des Hörers husten konnte, den blutigen Speichel( in dem es von Beſtbazillen bedeuten, aber zugleich lag auch die Gefahr der Ablenkung von der wimmelt!) mit dem Finger aus dem Munde wischte, dann die Architektur und Zeichnung des musikalischen Kunstwerks auf die Finger an seinen Kleidern trocknete und, natürlich ohne sich zu Farbengebung vor. Die Technik wurde Selbstzweck. Und viele waschen, zum Essen ging. So nimmt jede Epidemie einen gewaltigen moderne Ideen- und Stimmungsmeister sind ja tatsächlich dieser Ge- Umfang an, wie z. B. 1897 in Kanton, wo 95 000 Särge hinaus­fahr nicht entronnen. Der Wert ihrer Kompofitionen stand mit den getragen wurden( übrigens die einzige Statistit, die in China   über aufgewandten Mitteln in Widerspruch. Sie glichen jenen ver- die Sterblichkeit an der Pest vorhanden ist) Häufen sich die schwommenen Pleinairisten und sensationellen Farbenchaotikern in Todesfälle in der Stadt, türmen sich die unbeerdigten Leichen in der Malerei, die das Zeichnen nicht gelernt hatten. Jedenfalls hat der Straßen, so greift der Chinese zum letzten Mittel zur Flucht der Verfasser recht, wenn er sagt, daß unsere Zeit einen Höhepunkt aus der Stadt, die zur Stätte des Todes geworden ist. Ein Bild, in der Kunst der Farbengebung, der Sprache durch die Farbe be- wie die russischen Zeitungen es uns jetzt alltäglich aus der Mandschurei  zeichnet, aber er hätte ruhig das in unseren Tagen bei der jüngst bringen. deutschen   Richtung, insbesondere bei der falophonischen Münchener Schule" eingerissene Mißverhältnis zwischen Farbe und innerem Gehalt und melodischem Wert des Werkes stärfer betonen können. Diefe Kleine Ausstellung fann aber den Wert des vortrefflich in formierenden, mit größter Sachkenntnis geschriebenen Buches, das der Handbibliothek jedes Musiters einverleibt werden sollte, nicht schmälern. M.

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Wird die Peft ihren Einzug in Rußland   und Europa   balten?

Aus Meskau wird uns geschrieben:

Dieses Thema behandelte am 24. Februar in seinem Vortrage im Verein Mostauer Aerzte der frühere russische Gesandtschaftsarzt in Beling Dr. med. Korsakow, der in letzter Zeit durch sein entschiedenes Eintreten für dauernde sanitäre Maßregeln gegen­über der von China   drohenden Pestgefahr in Rusland   allgemein be­

Die Pest ist in China   seit 1337 heimisch und hat sich namentlich in einigen Orten eingenistet, wo sie alljährlich in größerem oder geringerem Umfange im Frühling ihren Anfang nimmt, im Juni und Juli ihren Höhepunkt erreicht und zum Winter allmählich erlischt, um im tommenden Frühling aufs neue da zu sein.

Einer dieser dauernden Pestherde, der von den Russen auch wissenschaftlich erforscht worden ist, ist im Innern der Mongolei   ge­legen. Dieser Herd ist von besonderer Bedeutung, weil von ihm der Karawanenzug nach jachta   und ein Weg nach Charbin führt, die beide in stetigen Handelsbeziehungen mit Rußland   stehen. Namentlich droht Gefahr von den mongolischen Jägern, die mit den

*) Nicht nur die Chinesen haben zu diesen Doktoren" großes Butrauen, sondern augenscheinlich auch die Russen. In diesen Tagen wurde im Zentrum von Moskau   ein chinesischer Kurpfuscher ber­haftet, den ein reicher russischer Kaufmann sich eigens aus Irkutst ausgeschrieben hatte, um sich von einem schweren Rückenmarksleiden furieren zu lassen. Im Hause des Kaufmanns empfing der chinesische  Doktor täglich bis 70 Patienten, die ihm ein Honorar von 20 Kopelen bis 1 Rubel zahlten.