-
148
-
daß die Kinder selbst besser aufgezogen werden können, wenn ihrer Altes unvergängliches Gut vereinigt eine andere Publikation des wenige vorhanden sind. Vor allem auch heuen die Frauen aus Infel- Verlags: Deutsche Erzähler, ausgewählt und eingeleitet von Bequemlichkeit die große Kinderzahl.*) Es find also zum Teil H. v. Hofmannsthal ". In vier schönen blauen Bappbänden werden absichtliche. Beschränkungen der Kinderzahl maßgebend geworden. hier die reifften Früchte unserer Klassischen Novellentunst dargeboten. Wir pflegen dies als Neomalthusianismus zu bezeichnen. Er hat Da ist das Deutschland , das vor hundert Jahren war; der in der Neuzeit in allen Ländern große theoretische und praktische schwärmende Eichendorff und der idyllische Stifter, der volksliedhaft Verbreitung gefunden. dunkle Brentano und der düstere Kleist, Hoffmann, Fouqué , Tied, Endlich mögen auch rein physiologische Momente mitsprechen. die Droste, Jean Paul, Büchner. Und unter diesen und andern das Hier sind es einmal die Geschlechtskrankheiten, die die Fruchtbar- Schönste vom Schönen: Mörices Mozart auf der Reise nach feit vermindern. Wiederum sind diese in den Großstädten mehr Prag "; nicht mehr als ein zarter Hauch, ausmündend in das verbreitet als auf dem Lande. Anderseits kann auch der Rückgang melancholisch leise Zwei Tännlein grünen wo, wer weiß, im Walde", der Säuglingssterblichkeit von Einfluß sein; denn während der und doch eine der unvergeßlichsten, tiefsten Dichtungen, die wir Stillungsperiode ist eine Konzeption physiologisch unwahrscheinlich. haben. Mit Werken von solch vollendeter Schönheit, wie diesen So wirkt eine Mehrheit von Ursachen zusammen, die allgemeine deutschen Erzählungen, kann man lange leben; sie sind ein Heilbad Erscheinung des Geburtenrückganges in den Kulturländern zu er- für die Seele. flären. ( Schluß folgt.]
Kleines feuilleton.
"
Literarisches.
"
Bemerkenswert ist eine Ausgabe von J. P. Jacobsens Werfen, auf Dünndruckpapier, in einem Bande. Sie ist reichhaltiger und billiger als alle bisherigen Ausgaben. Sie bereichert die Gedichte wie das Entwurfhafte und gibt zum erstenmal im Deutschen Jacobsens Auffäße über die Darwinschen Forschungen und Probleme.
Kulturgeschichtliches.
Die Ahnen unseres Klaviers. Die Lyra, die Zither, der frühmittelalterliche Pfalterium, eine kleine dreieckige Harfe, der
"
zu können.
Insel Bücher. Der Insel- Berlag in Leipzig zeigt seit Dulcimer, das unter englischem Namen auftrende Hadbrett, dessen Der Insel- Verlag in Leipzig zeigt feit Stahlreifen mit zwei Hämmerchen geschlagen wurden, und wie all Jahren, daß billig und geschmacklos noch lange nicht dasselbe zu die anderen Vorläufer des modernen Klaviers heißen, waren auss fein braucht. Er hat es mit Glück versucht, wertvolle Werke in nahmslos tragbare Instrumente. Erst später entlich man von der guter, gediegener Aufmachung für geringes Geld unters Boll zuichon im 4. Jahrhundert bekannt gewordenen Orgel das System der bringen. Ich erinnere an die 2- und 3- Mark- Bücher, die unter dem Klaviatur. Im 14. Jahrhundert war aus dem Schlaginstrument das Zeichen des flaisischen Zeitalters unserer Literatur standen; an den Goethe zu 6 M., den Arnim zu 3 M. Preiswert sind auch die neu Clavichtherium, das erste Tasteninstrument hervorgegangen. Es seyte erschienenen illustrierten Bücher zu 4 M.: Verhaerens„ Rembrandt "- sich aus einem großen Schallfasten zusammen, der mit Darmsaiten Essay mit 80 Gemälde- Reproduktionen; Gobineaus" Renaissance" bespannt war, die vermittels der durch die Tastatur bewegten harten und die von Fr. Schulze ausgewählten, in Korrespondenzen und Federfiele gerissen und dadurch zum Erklingen gebracht wurden. VerTruppenbefehlen das Werk des Mannes aufbauenden Napoleon - Klavichord, zum Harpichord, zur Dulcinelle. schiedene Verbesserungen verwandelten dann das Clavichtherium zum Das Klavichord, das Briefe, mit je 20 Abbildungen. Ein unvergänglicher Besitz ist dann die Bibliothek der Romane, mit ihren roten Leinenbänden von Bach in hohen Ehren gehalten wurde, klang so angenehm, daß zu 3 M. Da hat man Walter Scott mit Ivanhoe und Talisman, man es den„ Tröster der Bedrückten" und den sympathischen Gehat den alten teuren Robinson Crusoe in der originalen noffen der heiteren Laune" zubenannte. Bei den Engländern hieß Faffung, das belgische Nationalepos: den„ Ulenspiegel" des Virginal ". Alle die hier genannten und anderen Spielarten bezeichnen in Wahrheit nur das Spinett. Jm 16. Jahrhundert Charles de Coster . Dann Flaubert mit dem fchweren wurden die Darmsaiten durch Metallsaiten ersetzt, die gleichzeitig Schicksalsbuche Madame Bovary ", sowie der farbenvollen Salambo". Jacobien ist mit seinen Romanen vertreten; Dostojewski , doppelt gezogen wurden, um den Ton zu verstärken und aushalten Die Spinetts hatten nur einen Tonumfang von drei der Einzige, mit Schuld und Sühne ". Und eine Deutsche neben Dftaven. Das Instrument wuchs dann bis zu fünf Ditaven und Turgenjeff, Thakeray, Murger: Das Edelfräulein Luise v. François. Deutscher Landadel um die Zeit der Befreiungskriege. Edelmenschlich mehreren Klaviaturen heran und wurde so das Clavecin, das Klavicimbal, ein reizendes, mit Bildern und eingelegter und groß ist diese Frau, die viel zu wenig gekannt ist. Große Zeit- Arbeit verziertes Möbel, auf dem die nobeln Damen im Reifrod gemälde, aus denen ein bedeutendes Menschentum mit reiner Herzens- und Puderperüde, galante Kavaliere und nicht minder galante Abbés flamme mächtig emporschlägt, find ihre Romane„ Die letzte Medlen ihren Gefühlen musikalischen Ausdrud gaben. Auf allen diesen Inburgerin" und Frau Erdmuthens Zwillingssöhne". Den sichern Geschmack des Verlags bewundert man auch instrumenten wurden die Saiten durch Stäbchen, die am oberen Ende feinem neuesten Unternehmen, in den hübschen Bappbändchen der 50- Pf.- Bibliothek: Insel Bücherei " Da stehen nebeneinander Rilke , Verhaeren, Novalis , Ricardo Huch, Hofmannsthal mit lyrischen Gaben; Cervantes , Flaubert , Jacobsen mit ausgezeichneten Novellen. Zum 600. Geburtsfest des Boccaccio erscheinen fünf Geschichten des Defameron mit dem prachtvollen Aufsatz Friedrich Schlegels, der für die Aeſthetik der Novelle von großer Bedeutung ist. Das letzte Volksbuch der Deutschen , den Münchhausen Gottfried August Bürgers, liest man wieder einmal. Eine hübsche Gabe ist das Wanderbüchlein des Johannes Butzbach . Butzbach war ein gelehrter Mann und späterhin Abt des Klosters Maria Laach . Er stammte aus dem Heffischen. In seiner Jugend nahm ihn ein fahrender Schüler mit auf Reisen. Dem armen JoHannes erging es dabei sehr schlecht. Er gedachte in einen gelehrten Der Klavierbau ist vielleicht der Industriezweig, in dem die Drden zu kommen und war in einen Bettelorden geraten. Dann moderne Wissenschaft und Kultur in gemeinsamer Zusammenarbeit entwischte er seinem Studenten und trieb sich lange in Böhmen als ihren schärfsten Ausdruck finden. Zur Erreichung des Endzwecks, dem Pferdebursch und Gott weiß was herum, bis er endlich eine Ge- Ton die höchstmögliche Bartheit, Reinheit und Kraft des Klangs und Legenheit fand zu fliehen und zu feinen Eltern zurückzukehren. In dem Gesamtwert die Solidität zu geben, die dem Temperaturwechsel feiner schlichten, treuherzigen Art erzählt Buzbach von seinen wie den Fährnissen des Transports trogt, ist das teuerste Material Irrfahrten und auch von seinen späteren Studien bis zu feinem Eintritt ins Kloster. Da Butzbach gut beobachtete und ohne alle gerade gut genug. Der Staften ist aus dem widerstandsfähigsten Holz Prätension das Gefehene wiedergibt, ist fein Büchlein ein Manche große Fabriken balten so Holzbestände auf Lager, die einen ist sein Büchlein ein verfertigt, das jahrelang lagern muß, um vollkommen auszutrodnen. bedeutungsvolles Dokument des fünfzehnten Jahrhunderts geworden, Wert von mehreren Millionen darstellt. Der Innenkörper wird aus aus, dem man sich über das Leben der Fahrenden, über Buche, Eiche, Linde und amerikanischem Nußbaum hergestellt. Er die allgemeinen Zustände und auch über das geistige, religiöse Wesen enthält als wichtigsten Teil den Rahmen, an dessen Tragkraft die des Bolles gut unterrichten, fann. Freude bereitet die Aufnahme höchsten Anforderungen gestellt werden; muß er doch der starten von Schlafs Skizzenbuch In Dingsda", das mit seinen zarten Spannung der Stahlsaiten standhalten, die einen Druck von 15 000 Bildchen aus einer stillen Welt den Lefer in eine idyllische Stimmung Kilogramm repräsentiert. Das foftbarste Holz bleibt für den subeinspinnt. Ganz bedeutend ist Oskar Balzels Effah über Henrif tilen Resonanzboden, die Seele des Klaviers, reserviert. Das Klavier Jbsen ". Das ist höchste psychologische Einfühlungsfunft, wie hier der dialektische Prozeß des bienschen Schaffens dargelegt wird. Bei hat übrigens unter den Musikern auch seine Verächter. Reher, der uns wohl gänzlich unbekannt ist eine föstliche Novelle:„ Der Mantel " Schöpfer der in Frankreich hochgeschätzten Oper„ Sigurd" zum Beibon Gogol , eine scharfe Satire auf Beamtenhochmut und Beamten Spiel bezeugte ihm eine Gegnerschaft, die einem gegen einen zu dünkel, die sehr empfohlen werden muß. teueren Freund genährten Groll entsprach. Alphonse Kare, der den mittelmäßigen Musikern nicht gerade hold war, erklärte:„ Der größte Mißstand des Klaviers ist der Klavierspieler", ein Wort, das Sie Qual der unglücklichen Hausbewohner verallgemeinert, dem drei oder vier mißhandelte oder verstimmte Klaviere das Leben zur Hölle machen."
*) Hier fommt der bürgerliche Standpunkt des Autors zum Ausdruck: für die Arbeiterschaft besteht vielfach die Unmöglichkeit, eine große Kinderschar aufzuziehen.
Federfiele trugen, geschlagen oder geriffen. Ihre harte, abgerissene, näselnde, verschwommene Tongebung konnte den echten Musiker nicht sonderlich befriedigen. Die kleinen Luchstücke, mit denen man die Köpfe der Stäbchen aus Horn oder Elfenbein bekleidete, milderten wohl die Härte des Tones, vermochten ihm aber keine schärfere Klarheit zu geben. Endlich erfand im Jahre 1711 der Italiener Bartolomeo Cristofori das Hammerklavier, das" Pianoforte", wo das Anschlagsplektrum erstmalig durch kleine Hämmer ersetzt wurde, die die Saiten von unten trafen. Damit war das moderne Pianoforte geboren. Dank den Bemühungen Erard Silbermanns und feines Schülers Stein hatte sich am Ende des 18. Jahrhunderts das Pianoforte die musikalische Welt erobert. Die Unbegrenztheit der Tonnuancen, die man auf ihm erzielen konnte, machte es zum Alleinherrscher.
Verantw. Redakteur: Alfred Wielevy, Neukölln.- Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.
-