bringen. Später wurden sie bielfach durch Geld- und andere Metall-stücke ersetzt. Die von der Gewürznelke herrührende Bezeichnungfür diesen Schmuck bat sich aber bis heute erhalten. Prof. Luschanhat es selbst erlebt" daß eine Jndierin, um den Gastfreund zuehren, eine Gewürznelke aus der Nase zog und zum Kaffee anbot.Da» hat sogar der Gatte zu verlangen, und er kann beleidigt sein,Wenn dieser Höflichkeitsakt unterbleibt. Unsere neuen Landsleutei« Bismarckarchipel stecken sich lange Stacheln von innen durch dieNasenflügel, so daß sie in Abwehrstellung weit herausstehen. InReuguinea werden ganze Perlenschnüre durch die Nasenscheide ge-pgen, und bei den Australierinnen sind e» plumpe, dicke Holzstäbe.— Wie Nase und Ohren sind auch die Lippen ein sehr ein»ladendes Gebiet für Verunstaltungen. Im südlichen Sudan werdenBeine Kupfernägel in die Oberlippe getrieben. Hart an die Grenzeeiner funktionellen Störung reicht die Gepflogenheit einigerStämme in Ostafrika, große Pflöcke in die Oberlippe zu klemmen.Einige Bilder zeigen Leute, bei denen dadurch der Mund die Formeine? weitvorstehenden Rüssels bekommen hat.Ein großes Gebiet der Verunstaltungen bilden die Tätowierung en oder richtiger gesagt Tatanierungen. Ein Griechenamens Konstantin war der erste Europäer, der seinen tätowiertenKörper öffentlich zur Schau stellte. Interessant ist eS, daß von einemKönig eine Tätowierung bekannt ist. König Karl der XIV. Bernadottehatte auf seinem rechten Oberarm die Tätowierung:»I. B. La Mortan Boy 1789*(Tod dem König) und darunter einen Totenschädel.Bei den Samoanern findet man Tätowierungen, die wie Badehosenwirken. Die schönsten Tätowierungen findet man in Japan, siewirken, als ob die betreffenden Männer und Frauen die prächtigstenseidenen Kleider tragen. Die Tätowierung erfolgt überall mittelseines schwarzen Farbstoffes, der unter der Haut bläulich erscheint.Bei den farbigen Rassen ist die Tätowierung daher unmöglich,'anihre Stelle treten Ziernarben und plastische Operationen.Durch diese Reliefnarben entstehen fingerdicke Wülste aufdem Körper; mitunter nehmen diese auch die Form vonschönen Ornamenten an. Diese Prozedur ist ungemein Ichmerzhastund dauert monatelang. Aber wann hat die Eitelkeit sich vonSchmerzen abhalten lassen I Luschan erinnert hierbei an das Aus-sehen unserer Studenten. Auf der ganzen Welt findet fich die Ver-unstaltung der Hirnkapsel, aber eS ist nicht ein Fall bekannt,daß durch die Verschnürung oder Deformierung des Schädels eineSchädigung der Gesundheit oder der Intelligenz erfolgt ist. Einsehr reichhaltiges Kapitel ist auch die Verunstaltung der Zähne.Während man bei uns stolz ist, die Zähne unversehrt zu haben,oder nur unversehrte Zähne wenigstens vortäuscht, sieht man beiden verschiedensten Völkerschaften die ungeheuerlichsten Verunstaltungen.Ausfeilen und Ausschlagen der Schneidezähne. Ungemeine Ver»breitung hat auch die Amputation von Fingergliedern, meist deskleinen Fingers, offenbar als Opfer für die Götter.Alle diese manchmal sehr barock erscheinenden Verunstaltungenbedeuten im wesentlichen keine funstionellen Störungen. Alle diesesogenannten Wilden— die wissenschaftliche Ethnographie kennt keinewtlden, sondern nur kulturarme Völker— nehmen wohl rechttörichte Verunstaltungen de« Körpers vor, aber diese find noch langenicht so finnlos, wie die Moden bei den uralten Kulturvölkern, wiedie Verunstaltung der Füße der Chinesinnen. Roch viel törichterfind die Verschnürungen des Leibe«; das Wahnsinnigste ist derSchnürleib der Europäerinnen, durch den der ganz« Organismusgeschädigt wird. Merkwürdigerweise scheint diese Sitte namentlichm Südeuropa sich jetzt bei jungen Männern einzubürgern.Luschan kommt zu dem Schluß, daß in der Tat lein Volk aufder ganzen Erde vorhanden ist, das nicht ein Kapitel der Körper-deformation aufzuweisen hat. und daß kein Glied des Körpers vonDeformationen verschont geblieben ist. Ethnographisch interessiert dieFrage nach den: Ursprung der Sitte. Aber man kann nur sagen, daßsie teils auf der geifttgen Anlage der einzelnen Völker beruht, teilsdurch Ueberttagung von einem Teil der Erde in einen oft weit eat-legenen anderen Teil zu erklären ist.kleines feiaUetou.Geologisches.Die Schwankungen de» Klima». Die launenhaftenWechsel, denen da» Wetter namentlich in den drei wärmeren Jahres-zelten der gemäßigten Zone unterworfen ist, find von vorübergehenderArt und genügen nicht zu einem Beweis einer Aenderung des Klimas.Da» Klima ist im Gegensatz zum Begriff de» Wetter« die Summevon mittleren Eigenschaften, die der Witterung einer bestimmten Ecd-gegend zukommen. Infolgedessen können fich Klimaschwankungen nurin längeren Zeiträumen bemerkbar machen. Mit ihrem Nachweis undihrer Aufklärung hat fich die Wissenschast seit einigen Jahrzehntenunablässig beschäftigt und sieht mit Recht in ihrer Aufklärung eineder wichtigsten Aufgaben der Forschung. Zweierlei kann jetztal» sicheres Ergebnis der wissenschaftlichen Untersuchungenbezeichnet werden, einmal das Vorkommen von großen Klima-schwankungen im Verlauf der Erdgeschichte früherer Epochen undein wahrscheinlich von der Sonnentätigkeit abhängiger Wechsel, derfich in Abständen von etwa 30 Jahren vollzieht. Die größte Klima-schwankuug im Vergleich zu den Zuständen vorher und nachher, vonVerantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln.— Druck u. Verlag:der sichere Beweise borliegen, ist die große Eiszeit, in der un-geheuere Gletschermassen das ganze nördliche Europa und Amerikasowie die Umgebung der Alpen und anderer Hochgebirge überzogen.DaS Klima ist damals vielleicht nicht sehr viel kälter, aber sicherviel feuchter gewesen als heute, so daß regelmäßig großeSchneemengen niedergingen. Der Abschnitt der Erdgeschichte,der dieser Eiszett vorausging, ist wahrscheinlich ungewöhnlichwarm gewesen, viel wärmer als das heutige Klima, übrigen» durchzahlreiche und große Vulkanausbrüche ausgezeichnet. DerarttgeGegensätze find auch in noch früheren Zeiten zu erkennen, dennschon auS dem Altertum der Erdgeschichte sind Erscheinungen bekannt,die nur durch Gletscherwirkung oder vermutlich wiederum durch eineEiszeit zu erklären find.Die wichttgste Frage ist nun, ob die Klimaschwankungen über dieganze Erde gleichzeitig und in gleichem Sinne eingetreten sind odersich nur über gewisse Teile der Erdoberfläche erstreckt haben. Wahr«scheinlicher ist die Antwort in der ersten Richtung zu suchen und dannmüßte man nach einer weltbeherrschenden Urt'ache der Klimaschwankungen forschen. Diese wird am ehesten wiederum in solchender Sonnenenergie zu finden sein, obgleich diese erst erklärt werdenmüßten. Es hat aber auch nicht an Versuchen gefehlt, die Sonnevon dieser Verantwortung zu entlasten und andere Einflüsse aufzu-spüren. Dr. Humpheys hat in einem Vortrag vor der astronomischenGesellschaft Amerikas eine Reihe von Tatsachen zusammengestellt,die ihn dazu bewogen haben, die Klimaschwankungen auf Verände-rungen innerhalb der Atmosphäre zurückzusühren. Er hat seine Auf-merksamkett insbesondere den Sonnenuntersuchungen zugewandt, dieetwa seit dem Jahr 1380 mehr oder weniger fortlaufend angestelltworden find. Danach sind deutliche Abnahmen der Sonnen-strahlung an der Erdoberfläche verzeichnet worden in den Jahren1384, 138b, 1886, dann wieder 1903 und seit dem Juli1912. Diese Zeiten scheinen nun im Zusammenhang mit großenVulkanausbrüchen zu stehen. Die erste mit dem de» Krakatau inder Sundastraße, die zweite mit dem des Mont Pelv auf Martiniqueund die neueste mit dem des BulkanS Katmai in Alaska. Außerdemläßt fich noch«in Ausfall an Sonnenwärme von geringem Grade1891 ermitteln, der vielleicht auch mit einem vulkanischen Ereignisin Beziehung gestanden hat. Wie ein Bulkanausbruch zur Ver-ringerung der Sonnenwirkung führt, denkt sich nun HumphreySfolgendermaßen: Der ganz feine Vulkanstaub, dessen Körnchenvielleicht ein tausendstel Millimeter Durchmesser haben, steigt imLuftmeer aufwärts, bis er die sogenannte isothermale Schichterreicht, in der eine gleichmäßige, nicht weiter abnehmendeTemperatur herrscht. Hier befindet sich der Staub weit über demBereich der Wolken und kann fich nach allen Seiten um dieErde herum ausbreiten, wie eS nach den großen Eruptionen tat-sächlich der Fall gewesen ist. Durch ihn werden aber die kurz-welligen Sonnenstrahlen stärker verstreut als die langwelligenStrahlen, die von der Erdoberfläche zurückkommen. Die Staub-schicht würde also als ein Schirm wirken, der die Strahlung vonder Sonne her zur Erde schwerer durchläßt, dagegen die AuS-strahlung der Erde nach dem Weltraum hin leichter gestattet. Ja-folgedesien müßte eine Abkühlung der Erdoberfläche eintteten. Zu-gunsten dieser Theorie spricht die Tatsache, daß der großen Eiszeitdie gewalttgen vulkanischen Umwälzungen am Schluß der Terttär-Periode vorausgingen.Eprachkundliches.Anschauliches. Unzählige Wortbildungen in unserer Sprachebekunden auf das unzweideutigste, wie der Verstand keineswegs dieAlleinherrschaft in ihr beanspruchen darf, sondern wie sehr viele» inihr dem Gefühl entspringt. Dahin gehören z. B. gewisse verstärkteZusammensetzungen, wie sie der Deutsche bei manchen Eigenschafts-Wörtern liebt, wie: brühsiedendheiß, sacksiedegrob, sternhagelvoll,fuchsteufelswild, kreuzlendenlahm, kohlrabenschwarz, funkelnagelneu,mutterseelenallein u. a. Auch die Freude an der Klangmalereigehört hierher, die auf der einen Seite das Gewaltige, Furchtbare,auf der andern aber auch da» Neckische und Heitere uns besonder»nahezubringen weiß und so auch oft genug humoristische Wirkungenerzielt. Man denke dabei etwa an die bekannten Verse in GoetheSHochzeitslied:Da pfeift eS und geigt eS und klinget und klirrt,Und ringelt'S und schleift eS und rauschet und wirrt,Da pispert'S und knistert'S und flüstert'S und schwirrt.Nicht selten finden wir in derartigen Bildungen den als ein Erb«stück unserer Vergangenheit auf uns gekommenen Stabreim, nichtminder häufig aber auch den in der Dichtung heute an seine Stellegetretenen Endreim. Beispiele aus der Umgangssprache find Aus-drücke mit Stabreim wie KrimSkramS, Sammelsurium, zwickenund zwacken, trippeln und trappeln, kribbeln und krabbeln u. a.,und solche mit Endreim wie: Klimbim. Techtelmechtel, etepetete(— zimperlich), schlenzen und scherwenzen u. a. Aber auch ohne denReim wirken klangmalerische Bildungen wie Ruppsack, Rappelkopf,Quasselpeter, schlampampen, aufgeplustert, quietschvergnügt u. a,scherzhaft. Dies offenbaren deutlich auch manche Wortbildungen,wie die der Zeitwörter auf-ein, z. B. drängeln, sich kabbeln, einenverhohnepipeln, eS kribbelt einem in den Fingerspitzen, er tüfteltallerlei aus, e» wird fortgewurstelt, er drusselte langsam ein, e»fistelt vom Himmel herunter u. a.Vorwärts Buchdruckerei mVerlagSanftaltPaul Singer 8cCo.,BerlinLW.