Schüsse der Gewehre und der explosive Knall der Handgranaten, die die Deutschen   in großen Mengen benützen, in der Hoffnung, Verwirrung anzustiften. Die französischen   Marinesoldaten jedoch, die hier zu den Elitetruppen zählen, wichen nicht davor zurück, sondern hielten das einmal gewonnene Terrain hartnäckig fest. Da ich nun wußte, daß oben an der Küste ein deutscher Durch- bruch nicht möglich ist, setzte ich meine Tour landeinwärts fort. Und zwar längs C o x y d e, W u l p e n nach V e u r n c. Dort fand ich die Dinge nicht mehr so, wie ich sie vor einigen Monaten gesehen hatte. Die Projektile hatten wiederum eine Anzahl Häuser vernichtet und eine Menge Einwohner vertrieben. Viele Läden sind geschlosseu. Immerhin konnte ich noch ein Quartier be- kommen. Die Position der Verbündeten an diesen Punkten ist noch die gleiche wie früher. Von hier aus zog ich längs D i x m u i d e n in der Richtung nach Upern. Ich kam durch Qostkerke und Lambernisse, die gleichfalls entsetzlich gelitten haben. In Lambernisse z. B. ist die 5tirche so beschädigt, daß das rechte Seitenschiff ineinander- füllt. Tie Qrgel ist total vernichtet. Einzelne Häuser sind total unbewohnbar geworden. Nichtsdestoweniger sind einige Ein- wohner damit beschäftigt, init Brettern und Stützen sich notdürftig jhrc Behausungen herzurichten. Zwischen Zntdschote, Boeringhe und B r e e t e n war es, da Gefcchtsterrain, unmöglich durchzukommen. Hier hatte Ende April ein Kampf gewütet, der tatsächlich fast einer Feld- schlacht nahekommt. Die Umgebung zeigte noch deutlich Spuren davon. U eberall längs den Wegen und Feldern waren noch zum Teil brauchbare Ausrüstungsgegenstände zu sehen, und hatte man unter den toten Menschen Aufräumung halten können, so nicht unter den getöteten Tieren. Die Bespannungen lagen vier und dort, zusammengeschossene Wagen und Autos waren rechts und links der Wege geworfen und harren einer späteren Aufräumung. Manches Tonristenauto, das voriges Jahr an den Feldern und Aeckern vorbeisauste, lag nun hier zerschlagen im Schlamm. Die Verluste müssen an diesen Punkten sehr groß gewesen sein. Auch einige hundert englische Offiziere sind gefallen. Umfangreiche Gräber bergen die Toten. Bemerkt zu werden verdient, daß die mohammedanischen Soldaten auf eine Weisung der verschiedenen Regierungen hin, nach ihrem eigenen religiösen Ritus beerdigt werden. Es ist merkwürdig, zu sehen, in welchem Zustand die Men- scheu ihre Wohnstätten verlassen, wenn sie unter feindliche Ge- schützfeucr zu kommen drohen. Einzelne scheinen so überrascht gewesen zu sein, daß sie den Rest ihres Mittagsmahles auf dem Tisch stehen ließen. Schränke und Schubladen stehen offen und zeugen von einem hastigen Mitnehmen von allerlei Dingen. In Brectcn sah ich, wie ein Topf mit dem halbvcrbrannten Essen auf deni Heerd stand. Die Bewohner waren da in der Tat nicht unnötig geflüchtet, denn das Haus hatte nicht wenig gelitten und das ganze Dach war in Flammen aufgegangen. Endlich kam ich ermüdet nach Poperinghc. Auch dieser Platz hat in letzter Zeit viel unter dem Geschützfcuer der deutschen  Artillerie gelitten. Die St. Jans Äruisstraat, die Kassel  - und Gasthausstraat waren nicht verschont. Nichtsdestoweniger sind noch eine Anzahl Menschen dageblieben. Ich sprach einen Schuhmacher, der seine Familie nach Holland   gebracht hat, selbst aber mit philo- sophischer Ruhe den Ereignissen entgegensieht. Was vielleicht nicht mehr allzulange dauern wird.... Nachdem ich in Poperinghe ein wenig ausgeruht hatte, begab ich mich weiter in der Richhuig nach V p e r n. Ich vernahm näm- lich. daß die Deutschen   dort noch immer bemüht find, den Ver­bündeten Terrain streitig zu machen. Mit einer Abteilung Eng- länder, die hier sehr zahlreich vertreten sind, machte ich mich auf den Weg. Wir waren noch in Vlamertinghe, 4Vj Kilometer von Vpern, als wir schon den Lärm des Kampfes vernahmen. Die Deutschen   hatten sich, wie es hieß, mit aller Kraft auf die eng- lischen Stellungen geworfen. Einerseits erfolgte der Angriff von Fortuin het Wieltje und an der anderen Seite von Gheluvelt aus. Der letztere Ort liegt zirka 7 Kilometer von Apern. Die Länge der Front war 12 Kilometer. Der Angriff war so ungestüm und heftig angesetzt, daß die Engländer einen Teil ihrer ersten Lauf- grüben im Stich lassen mußten. Diese Gräben sind nicht von jeher im Besitze der Verbündeten gewesen, vielmehr waren cS ver­lassene Gräben vom verflossenen Oktober, die damals, in aller Hast angelegt, jetzt ausgebaut werden sollten. Dazu schienen sie die Deutschen   nicht konimen lassen zu wollen. Beim Rückzug konnten nicht alle mehr die rückwärtigen Stellungen erreichen, so daß einige Bataillone mit ihren Offizieren in Gefangenschaft gerieten. Die Ecke hier wird durch vier Straßen gekennzeichnet, die ein unregelmäßiges Viereck bilden. Die Artillerie, die längs den Straßen postiert war, trug nicht wenig dazu bei, das Vorrücken der Engländer unmöglich zu machen. Dazu führten die Deutschen  aus der Richtung Zonnebeke   immer mehr Truppen heran. Nach- dem die Engländer ihre ersten Gräben aufgegeben hatten, hielten sie weiter rückwärts mit neuen Verstärkungen stand. Ein mör- derisches Gefecht Hub an, das mehrere Stunden dauerte. Alles was zur Deckung dienen konnte mußte her. Zusammengeschossene Auws, wie Bauernwagen dienten dazu, den Weg zu versperren. Nun denke man sich das Zurückgehen nicht als eine regellose Flucht, bei der jeder seine eigene Sicherheit im Auge hat, sondern die hintersten Linien machen Kehrt, während die vorderen schießend sie zu decken haben. Die vordersten Bataillone haben deshalb die schwerste Arbeit, und von den ersten Kompagnien bleibt in solchen Fällen wohl überhaupt nichts übrig.(Schluß folgt.) fin Italiens Gstküste. Mit einein kühnen Vorstoße auf Italiens   ganze Ostküste von Venedig   bis herunter nach Barletta   hat die österreichisch-ungarische Flotte den Seekampf eröffnet. Diese ganze Ostküste Italiens   bildet bekanntlich eine der schwächsten Seiten seiner Lage und Verteidigung zur See. Ganz langsam und allmählich dacht sich von dem das Rückgrat der Halbinsel bildenden Apennin   das Land ab, so daß das Meer an der Ostküste Italiens   im Durchschnitte auf jede Seemeile um nicht mehr als einen Faden Tiefe zunimmt und daher die Schiffs sechs bis acht Kilometer vom Lande Anker werfen müssen. Im Norden haben die Flüsse einen Saum von Sandbänken und Dünen vor ihren Mündungen aufgeschüttet und die ab- geschnittenen Meeresteile in träge Lagunen umgewandelt. DaS ganze apenninische Seeufer aber streicht einförmig und ganzrandig; Häfen fehlen auf einer Strecke von 100 deutschen Meilen gänzlich. Der Apennin   schickt an dreißig Ausläufer aus, die gleich Rippen an der Zentralkette ansetzen, gegen das Meer hin sich allmählich ver­slachen, aber bis zum Monte Gargano  , dem bekanntenSporn" Italiens  , hin nirgends für größere Ebenen Raum lassen. So ent- steht eine lange Folge von parallelen Ouertälern und Küstenflüssen, deren Mündungen als Ankerplätze für Fischerbarken ausreichen. für Seeschiffe unnahbar sind. Nur an zwei Stellen wird die Einförmigkeit durch vorspringende Halbinseln unterbrochen: durch das Vorgebirge Eonero, an dem Ancona   liegt, und den massigen Monte Gargano  . Elfteres bietet eine besuchte, aber ungeschützte Reede: am Fuße des letzteren dehnen sich seichte Lagunen, die mit ihren Miasmen die Luft verpesten und den Verkehr nicht anzulocken vermögen. Im äußersten Süden erst, wo die apulische Halbinsel vom Stamme des Landes sich lost, werden vorzügliche Häfen, Ivie Brindisi und Otranto   angetrossen, die im Altertuin wie heutzutage den Anforderungen des Verkehrs genügen. Versuchen wir nach dieser allgemeinen Kennzeichnung der Ost- küste Italiens   von ihren einzelnen Teilen, deren Natur und An- siedelungen ein Bild zu gewinnen, so besteht zunächst die Küste von der österreichischen   Grenze bis gegen Venedig   hin aus den Anschwemmungen von Piave, Tagliamento  und Jsonzo. Sumpfig und öde sind diese Striche: kein größerer Ort, kein Hafen ist dort zu finden, selbst das altberühmte Aguileja, das übrigens schon jenseits der italienischen Grenze liegt, hat sich weit ins Innere des Landes zurückziehen müssen. Aquileja   ist als ' Verantwortlicher Redakteur: Älkred Wielepp, Neukölln. Für de» Seebeherrscherin dieser Gegend eine der Vorgängerinnen von Venedig  , das dank seiner glücklichen Lage hinter den Lagunen zu seiner geschicht- lichen Bedeutung gelangen konnte. Aber südlich von Venedig   beginnt weithin wieder eine hafenlose, verkehrsarme Küstenstrecke. Der Po schiebt hier in einein sumpfigen, sandigen, sich unausgesetzt verändern- den Delta feine trägen Wassermaffen in die Adria   ab, und südlich von ihm liegt wieder eine lveite Lagune, die des Valle di Eomacchio. Dieser durch die Sandmasien des Po abgesperrte, flache Meeresteil ist von allen Seiten her in. Versumpfung und Versandung begriffen und nur als Laich- und Fangstätte für die Fischerei von Bedeutung. Früher haben die Apenninenflüsse von Remo bis zum Santerno sich in dies Becken ergossen und es so lang verkleinert, bis man die Wasser in Kanälen und Becken sammelte und längs seines Südrandes direkt in das Meer ableitete. Dadurch wurde auch der von Augustus vom Po abgezweigte Kanal, der bis R a v e n n a reichte, verschüttet, und Ravenna  , einst glanzvoll, ja selbst zeitweise Italiens   Hauptstadt, ist versandet, ins Land zurückgewichen, eine (von ihren Kunstdenkmälern abgesehen! bedeutungslose Landstadt ge- worden. Daran konnte auch die Anlage eines neuen Außenhafens nichts mehr ändern, die 1736 erfolgt ist. Es ist dies Porto C o r s i n i, wo jetzt ein Teil der Kämpfe stattgefungen hat: der wenig bedeutende Platz ist nur durch einen schmalen Kanal mit Ravenna   selbst verbunden. Wo der Apennin   an das Meer herantritt, da liegt R i m i n i mit seinem gleichfalls steter Versandung ausgesetzten Hafen. Ein Schiffahrtskanal für kleine Segler und Fischerboote verbindet die Stadt mit der See und vermittelt den Warenaustausch, vor allem die hier erhebliche Einfuhr von Fischen. Eine neue Bedeutung hat die durch die Geschichte und die Bauten des furchtbaren Geschlechtes der Malatesta berühmte Stadt in neuerer Zeit als Seebad erhalten. Rimini   ist das nördlichste und zugleich auch das eleganteste der ganzen Reihe von Seebädern, die von hier ab an Italiens Ostküste einander folgen. All die kleinen Küstenorte dieser Gegend, Ivie Pesaro.Fano und Sinigaglia, sind alte Römeransied- lungen, deren jede ihre interessanten Denkmäler und Ueberreste besitzt, aber mehr wie Fischereiverkehr haben sie heute alle nicht; sie sind ganz und gar stille Landstädte, und den Hasen bildet in Sini- gaglia wie in Fano   ein Kanal zum Meere hin. Bei diesen Ver- Hältnissen ist es zu begreifen, daß Ancona   an Italiens   mittlerer Ostküste zu beherrschender Bedeutung gelangen konnte. Der Golf von Ancona   ist herrlich. Er bildet fast einen Kreis, der ein 900 Meter langes und 87 Meter breites Becken faßt. So war denn Ancona   auch schon seit �urgeschichtlichen Zeiten ein vielbegehrter Hafen, aber seit die Stellung der Stadt als Freihasen mit der Gründung des Königreichs Italien   im Jahre 1866 ein Ende hatte, war auch ihre große Blütezeit vorüber. Die Hilfs- quellen der Stadt und des Hinterlandes sind vom neuen Italien   nicht voll ausgenutzt und ausgebildet worden, und wenn shier ein Hamburger Dampfer anlegte, um Asphalt einzunehmen, so waren es die Deutschen  , die die wertvollen Asphaltlager in den Abruzzen entdeckt und die Ausfuhr ihrer Ausbeute nach Ancona   in die Wege geleitet hatten. Als Handelsstadt still und von geringerer Bedeutung bietet Ancona   dem malerischen Auge reichen Genuß. Am Nordabhange des isoliert dem Apennin   vorgelagerten Monte Eonero zieht sich zwischen zwei Vorgebirgen die Stadt amphitheatralisch den Berg hinauf mit engen Straßen in der Tiefe, einem weiter gebauten, neuen Viertel auf der Höhe und den alles beherrschenden FestungS- werken über dem Hafen am Monte Astagno. . Lassen wir Ancona   hinter uns, um weiter nach Süden zu wan- dern, so treffen wir wieder auf öden, nur mit einigen Fischerdörfern besetzten Strand. Schier weltverlassen träumen diese kleinen Dörfer und Städtchen am heißen Ufer der Adria  , umkränzt von ihren Reb- bergen und Olivenhainen. Erst die isolierte, mächtige Masse des Monte Gargano  , der geschlossene Forste von Buchen und Eichen zur Küste hinabsendet, unterbricht die Eintönigkeit der Küstenfahrt. An der Südseite diesesSporns", durch den Gargano  gegen die kalten Nordwinde des Winters und des Frühjahrs geschützt, liegt M a n f r e d o n i a, das sich durch seine üppige Vegetation und gartenähnlich ausgebaute Umgebung auszeichnet. Seinen Namen hat es von dem Hohenstaufenkönig Manfred, der die Stadt begründet hat. Erst wenn wir Barletta   erreichen, beginnt die gedrängte Reihe der Häfen Apuiiens, die mit Barletta   beginnt und mit Brindisi  endet. Gemeinsam ist allen der ungünstige Ankergrund, der Mangel an geschützten Buchten und die unablässig drohende Versandung. Es sind weiße, in der heißen Sonne Apuliens   glühende Städte, an deren Kais sich jedoch ein flottes Handels- und Verkehrsleben entfaltet, und besonders Barletta   mit seinem bedeutenden Weinhandel ist eine rege und betriebsame Stadt. Die �Einbürgerung". Häufig genug kann man noch hören und lesen, daß zur Be- Zeichnung der Aufnahme eines Bürgers, der bisher nicht deutscher Staatsbürger gewesen ist, in unserem Staatsverbaud die häßlichen fremdsprachigen Ausdrücken aturalifiere n" undN a t u- r a l i f a t i o n" angewandt werden. Es scheint vielen noch nicht bekannt zu sein, daß diese beiden Bureaukratenwörter bei uns kein Bürgerrecht mehr besitzen. Das deutsche Reichs- und Staatsange- Hörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1L13, das am 1. Januar 1914 in Kraft getreten ist, hat sie ausdrücklich durch die gut deutschen Bezeich- nungeneinbürgern" undEinbürgerung" ersetzt. Zu bedauern hat man nur, daß unsere bureaukratische Welt nicht schon früher auf diese glückliche Verdeutschung verfallen ist. Der Ausdruck Naturalisation gehörte ursprünglich nur der Sprache der Sprach- gelehrten an und ist aus dieser in den Wortschatz der Verwaltungs- spräche gewandert. Als naturalisierte Wörter bezeich- neten die Sprachgelehrten im 17. Jahrhundert solche Wörter, die zwar einer fremden Sprache entstammen, aber in unserer Sprache Bürgerrecht erlangt haben, wie beispielsweise das WortMauer", dem das lateinische Wort nuirus zugrunde liegt. Die Sprach- gelehrten haben schon längst das Wortnaturalisieren" in dieser Bedeutung durch den gut deutschen Ausdruckeinbürgern" ersetzt; sie verwenden diesen schon seit mehr als 166 Jahren, die Verwal- tungssprache hat aber bis jetzt unentwegt an den Wortungetümen Naturalisation  " undnaturalisieren" festgehalten. Man hat die in Rede stehende Verdeutschung deswegen als besonders glücklich anzusprechen, weil man bei ihr mehrere sehr schlimme Fehler ver- mieden hat, die vielen in der neuesten Zeit unternommenen Ver- deutschungsversuchen anhaften. Einige Beispiele sollen dies klar machen. An sich läßt sich gegen die Ersetzung der WörterPhantasie" undMusik" durchEinbildungskraft" undTonkunst" nicht das geringste einwenden, und doch haben sich diese beiden Ver- deutschungen als unbequem und unpraktisch erwiesen. Der Grund liegt darin, daß von den beiden Verdeutschungen nur das Wort Tonkunst" die AbleitungTonkünstler" zuläßt, während sich von den beiden fremdsprachlichen Wörtern eine größere Anzahl anderer Ausdrücke ableiten lassen, wiePhantast",phantasieren",phan- tastisch",Musiker",Musikant",Musikus",musizieren",musi- kalisch" undMusikalien". Die Tatsache ist nun einmal nicht aus der Welt zu schaffen, daß die Fremdwörter in weit höherem Matze als die Wörter unserer Sprache uns die Möglichkeit gewähren, aus ihnen durch Ableitung neue Ausdrücke zu bilden. Die deutsche Militärverwaltung hat das WortQuartier" in seiner besonders militärischen Bedeutung durch den deutschen AusdruckOrtsunter- kunft" ersetzt. Das ist ebenfalls das Muster einer Verdeutschung, wie sie nicht sein soll. Denn erstens ist das aus drei Bestandteilen zusammengesetzte WortOrtsunterkunft" allzulang und zu schwer- fällig, so daß es weitere Zusammensetzungen direkt unmöglich macht. So kommt es, daß man trotz der Verdeutschung fürQuartier" da- neben die BezeichnungNotquartiere" beibehalten hat. Der Haupt- fehler der in Rede stehenden Verdeutschung liegt eben darin, daß sie gleich den oben erwähnten Verdeutschungen nicht einmal die Bildung eines entsprechenden Zeitwortes zuläßt, das bei dem Worte Quartier" ohne weiteres durch das Worteinquartieren" gegeben ist. Wollte maneinquartieren" mit Zuhilfenahme des Wortes Ortsunterkunft" verdeutschen, so müßte man zu diesem Zweck eine Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin  . Druck u.VerIag:Borwärl» lange schwerfällige Umschreibung vornehmen. Man tut dies aber vernünftigerweise nicht, sondern verwendet nach wie vor das be- quemc und praktische Worteinquartieren". Alle diese Nachteile, die die unglückliche Ersetzung vonQuartier" durchOrtsuntcr- kunft" aufweist, sind glücklicherweise bei der Wiedergabe des bisher in der amtlichen Sprache üblichen AusdruckesNaturalisation" durch das gute deutsche WortEinbürgerung" vermieden worden, denn dieses ist bequem, praktisch und kurz, jedenfalls kürzer als das schwerfällige Fremdwort; dann aber ist bei ihm ohne weiteres das Zeitwort.einbürgern" gegeben. kleines Feuilleton. Serlin als hellste Weltstadt. Berlin   steht mit der Beleuchtung seiner Straßen wohl an erster Stelle und sucht diesen Platz auch zu behaupten, indem es alle erfolg- versprechenden Neuheiten aufjiem Gebiete des Beleuchtungswesens im weitesten Maße einführt. So geht es mit der Preßgasbeleuchtung allen anderen Städten mit gutem Beispiel voran und hat im vorigen Jahre zu den bereits vorhandenen über 4666 Preßgaslalernen 863 neue aufgestellt, wodurch deren Zahl auf rund 6666 Stück mit einer Leuchtkraft von 16 Millionen Kerzen stieg. Auch in der Ersetzung der menschlichen Laternenanzünder ist Berlin   weit vorgeschritten. Flammen doch die Preßgaslampen abends zur bestimmten Zeit alle selbsttätig ziemlich zu gleicher Zeit auf, um morgens ebenso rätscl- Haft wieder zu erlöschen. Ebenso ist man jetzt bemüht, auch alle anderen Gaslampen von der Gasanstalt aus zu passender Zeit an- und auszumachen. Der anscheinend rätselhaste Vorgang beruht darauf, daß man abends und morgens, wenn die Lampen ein- oder ausgeschaltet werden sollen, auf der Gasanstalt den Gasdruck etwas erhöht. Dadurch wird eine Schaltvorrichtung ausgelöst, die das Auf- flammen und Erlöschen der Lampen bewirkt. /lugenverlehungen beim Kriegsspiel. Die Kriegsspielerei, die jetzt in der Jugend grassiert, führt leider häufig zu ernsthaften Verletzungen. Beachtenswert ist, was Prof. Dr. Otto Schnaudigl, Vorstand der Universitäts  -Augenklinik in Frankiurt, derFranks. Zeitung" zu diesem Thema schreibt: Seit Kriegsbeginn habe ich eine solche Masse schwerer Augenverletzungen, die beim Spielen entstanden sind, zu Geficht bekommen, daß ich es für gerechtfertigt halte, davon die Oeffentlichkeit zu unterrichten. Unsere Jugend geht im Sturm der Kriegsbegeisterung und im Haß gegen den fingierten Feind sehr oft zu weit. Holzsäbel, Lanzen, Steine als Wurfgeschosse richten ab und zu schweren Schaden an. Wenn nun noch unvernünftige Eltern kleinen und halbwüchsigen Jungen Luftgewehre und Teschins schenken, ent- stehen die schwersten Verletzungen. Ich greife aus dem Material der Klinik nur einiges heraus, um den Unfug, der beim Spielen getrieben wird, klarzulegen: Ein Wurfgeschoß von Holz trifft mit der Spitze, die sorgfältig geschnitzt war, einen 13jährigen Jungen unterm linken Auge, dringt zwischen Auge und Unterlid ein, zerreißt den Muskel der das Auge nach unten bewegt, und reißt den Sehnerven aus dem Augapfel, wie man einen Stiel aus einer Birne zieht. Totale Erblindung, Schielen des Auges nach oben, maximal weite Pupille. Hieb mit dem Holzsäbel, Bluterguß in das Auge, Heilung ohne Schaden. Zunr Glück waren die inneren Augenorgane nicht stärker verletzt. Lanzenduell zwischen zwei Gymnasiasten; die Lanzen sind zur Ver- schärfung des Zweikampfes mit langen Nägeln versehen: genaue Durchbohrung des einen Auges, das entfernt werden muß. Säbelstich mit Wunde, der das Auge eines dreijährigen Mädchens durchbohrt. Heilung nach Operation.   Steinwurf mit schwerer innerer Blutung. Heilung nach vierzehntägigem klinischen Auf- enthalt. Pfeilschuß mit gespitztem Pfeil; das Opfer ist ein fünf- jähriger Knabe. Das Auge ist durchbohrt, die Regenbogenhaut vor- gefallen. Heilung nach Operation. Solcher Fälle könnte ich noch eine Reihe anführen, will aber nur noch sechs schwere Schußverletzungen angeben: Schrotschuß mit Teschin auf einen durch ein Kellerfenster �sehenden fünfjährigen Jungen. Beide Augen zerstört. Fünf Schüsse mit dem viel annonciertenDiana-Lustgewehr". dessen hohe Durchschlagskraft, wenigstens was Menschenaugen anlangt, ich der Fabrik bescheinigen kann. Vier Augen wurden schwer verletzt, drei nach Ausheilung der Blutungen am Sehnervenkopf   und in der Netzhaut wieder hergestellt, das Schicksal eines vierten ist noch unentschieden, jedenfalls wird eine Einbuße an Sehvermögen zurückbleiben, ein fünftes Auge mußte ich entfernen. In diesem letzten Fall war ein Stück harter Gummi als Geschoß verwendet worden, der das Auge des sieben- jährigen Opfers glatt durchschlug und eine für das andere Auge gefahrdrohende Entzündung auslöste, so daß das verletzte Auge nicht mehr zu halten war. Ich denke, daß die angeführten Fälle genügen, um diesen Ver- letzungenhinter der Front" mit ihren schweren Folgen und den nachkommenden Klagen auf Schmerzensgeld und Ersatz Beachtung zu schenken. Wahrscheinlich haben Kollegen ähnliche Erfahrungen gemacht. Ich will nicht wieder der Schule die Aufgabe auferlegen, hier durch Ermahnungen Wandel zu schaffen; ich glaube, daß die Eltern in erster Linie da zusehen müssen, ihre Kinder vor Schaden zu be- wahren und sich selbst, da sie haftpflichtig sind. Daher sollte man Kindern und unreifen Jungen keine Gewehre schenken, die solche Zerstörungen verursachen können, und Eltern, deren Kinder mit derart bewaffneten Altersgenossen spielen, verbieten am besten' jeden Ver­kehr, bis die Schutzwaffen eingezogen sind. Das Gift öer Srennestel. Ueber die chemische Zusammensetzung des Brenuesselgiftes hat man bisher wenig Genaues gewußt. Einige Forscher haben es analog den Sekreten der Abwehrorgane verschiedener Tiere und Pflanzen für Ameisensäure gehalten. Auch hat Ameisensäure gleich wie das Brennesselgift die Eigenschuft, unter die Haut gelangt, diese zu reizen und zur Quaddelbildung zu veranlassen. Das Gift stammt bekanntlich aus den Brennhaaren der Brennessel(Drtic» urons). Die Haare sind verkalkt und verkieselt, daher steif. Wenn die spitze berührt wird, bricht sie ab, und die in dem Haarkanal enthaltene Flüssigkeit tritt heraus. Untersuchungen, die mit dieser Flüssigkeit von Dr. Karl Berchart angestellt worden, haben, wie in der Wiener  Tierärztlichen Monatsichrift' mitgeteilt wird, den Erfolg gehabt, daß zwei wirksame Substanzen aus bem Brennesselsast isoliert werden konnten. Die eine war eine anorganische Verbindung, die das Ele- ment Kalium enthielt. Dieses Salz, in die Haut von Tieren ge- bracht, erzeugte die für Brennesselstiche typische Quaddeln. Von viel größerer Wirkung aber war der zweite Bestandteil, dessen genaue chemische Konstitution aber nicht ermittelt werden konnte. Offenbar handelt es sich um einen organischen Körper. Wenn das Gift in den Kreislauf dringt, kann es zu allgemeinen schweren Vergistungs- erscheinungen führen, die sich in hochgradigen Erregungszuständen und starker Ueberempfindlichkeit der Nerven äußern. Bei großen Tieren sind die Erscheinungen vorübergehender Natur, bei kleineren können sie tödlich enden. Notize«. Vorträge. Im Deutschen   Monistenbund spricht Freitag, den 28. Mai, abends 9 Uhr, im Nollendorfhof, Bülowstr. 2, Dr. Mockrauer überDie Philosophie der Freudschen Lehre". Der Münchener   Hygieniker Prof. G r u b e r spricht Freitag, den 28. Mai, abends 8 Uhr, in den Kammersälen, Teltower Straße, überKrieg, Frieden und Biologie". Karten kostenlos am Saaleingang. Ein bekannter Gabelsberger Stenograph, Prof. E. Clemens, der Leiter der sächsischen stenographischen Landesamts, ist gestorben._____________ Luchdruckeret u. Verlagsanstalt Paul Singer St Co, Berlin   SW,