Nr. 26.- 1916.Unterhaltungsblatt öes vorwärtsDikustag,!. Februar.Albanien und öie Libanesen.Von Heinrich Cunow.I.In schnellem Vormarsch dringt das österreichisch-nngarischeHeer, nachdem sich Montenegro ergeben und Skutari(Skodra), diegrößte der albanischen Städte, in seine Hände gesellen ist, vonNorden in das Küstengebiet Albanrens vor. Alessio am Drin mitseinem Hafenplatz S. Giovanni di Modua ist von österreichischenTruppen besetzt, die nach den letzten Meldungen bereits bis zumJschmifluß vorgerückt sein sollen. Nur wenige Tage noch und siekönnen trotz des traurigen Zustandes der alten Landstraße vonAlessio' nach Durazzo(albanisch: Durresi) vor der letztgenanntenStadt stehen, der ungefähr 5000 Einwohner zählenden Hauptstadtdes vor drei Jahren neugegründeten Fürstentums Albanien. Unter-dessen sind, wie nichtamtlich gemeldet, die Bulgaren auf der Ge-birgsstrahe von Monastir über Koritza(Gortscha) bis Berat vor-gedrungen und haben dort die befestigten Straßensperren genom-men. Damit wären sie in den Besitz eines der wichtigsten Straßen-knotenpunkte Südalbaniens gelangt, denn von Berat aus führt eineungefähr 5% deutsche Meilen lange, ziemlich gut erhaltene Ver-kehrsstraß« nach Valona(Awlona), dem Hauptstützpunkt der italie-nischen Landungstruppen an der albanischen Küste, und zugleichist Berat durch eine fast ebenso lange direkte Landstraße mit deman der großen Berbindungsstrahe von äCchrida nach Durazzo gelegenen Elbasan verbunden.Es wären demnach, wenn nicht die italienische Heeresleitungnoch im letzten Augenblick die Wiedereinschiffung der gelandetenitalienischen Truppen vorzieht, bald blutige Treffen im albanischenKüstenland zu erwarten. Damit erlangte auch Albanien und seineBevölkerung ein größeres Interesse als bisher.Albanien ist ein hohes Bergland, das besonder« in seinemnördlichen und nordöstlichen Teil ein unwegsames Felsenlabyrinthbildet. Im Schar-Dag erreicht es eine Höhe von mehr als'2600Meter. Von diesen sich von Westen nach Osten erstreckenden Ge-birgsinassen, den Nordalbanischen Alpen und vor allem dem Schar-Dag, laufen von Norden nach Süden, ziemlich parallel der Küste,mehrere Höhenzüge aus, die sich bis in Epirus und Thessalienhineinziehen und sich in einzelnen Gebirgsknoten zu beträchtlicherHöhe erheben. So erreicht z. B. der Gipfel des Tomorgebirges östlich von Berat eine Höhe von 2478 Meter und das Stogowogebirgesüdlich von Dibra eine Höhe voll 2297 Meter. Die Albanesennennen denn auch mit Recht ihr Land Schkiperia, das heißt Fels-gebirge, und sich selbst bezeichnen sie als Schkipetari, als Fels-bewohner.Im einzelnen weist dieses wilde albanische Bergland die größtenVerschiedenheiten auf. Unteralbanien zeigt in hohem Maße einevulkanische Natur. Die Gebirge treten hier als zerrissene Höhenmit tiefen Kesseln und ausgebrannten Kratern auf und fallen imWesten meist steil in das Meer ab. Nur auf der der Insel Korfugegenüberliegenden Küste findet man ausgedehntes flaches Vor-land. Anders im nördlichen Teil Albaniens. Auch dort senkt sichdas Gebirge durchweg ziemlich steil zum Meer hinab, aber es habensich teilweise durch die Anschwemmungen der mit starkem Gefälledem Adriatischen Meer zueilenden Flüsse breite, flache Lagunen-küsten gebildet.Durchfurcht ist dieses Gebirgsland von engen Tälern. Größere,breitere, fruchtbare Talbecken sind selten. Die größte Talebene istdie, die sich von Tirana längs des Rufchka- und Jschmiflusses undvon dort nordwärts an der Meeresküste entlang bis Alessio erstreckt,ungefähr sieben deutsche Meilen lang. Ferner kommen in Betrachtdie große Drinebene zwischen Alessio und Skutari und die Mat-ebene(zu beiden Seiten des Matflusses). Auch große schiffbareFlüsse gibt es in Albanien nicht, nur die Bojana, der Abfluß desSkutarisees, trägt leichte, flachgehende Dampfer.Dem GebirgScharakter Albaniens entspricht sein Wirtschafts-leben. Ausgedehntere Waldungen sind nur im Hochgebirge zufinden, und zwar vornehmlich Eichen, Tannen, Fichten, Buchen undUlmen. In den tieferen Lagen und in den Küstengebieten sindeinigermaßen ansehnliche Waldbestände selten. Dagegen bietendie Hochflächen und Berghalde ic gute Viehweiden. Die Viehzuchtspielt denn auch im Erwerbsleben, abgesehen von den Küsten-gebieten, die Hauptrolle. Zumeist werden im Hochland Schafe undZiegen gehalten; Rinder und schwarze Büffel(letztere vornehmlichzum Ziehen der schweren Wagen und Karren) gewöhnlich nur inden Tälern und Ebenen. Schweinezucht ist im ganzen ziemlichselten. Weitverbreitet ist dagegen in den wärmeren Distrikten dieBienen- und Seidenraupenzucht. Wachs, Honig und Rohseide bildendenn auch wichtige Ausfuhrartikel Albaniens.Neben der Viehzucht treibt die Bevölkerung vornehmlich Acker-bau. In den wärmeren Niederungen werden vor allem Weizen,Mais, Bohnen angebaut, in den etwas höhergelegenen Gegendenauch vielfach Gerste, Hafer und Hanf. Der Anbau, der fast aus-schließlich von den Frauen besorgt wird, steht durchweg auf sehrniedriger Entwickelungsstufe. Die benutzten Gerätschaften sindgewöhnlich noch von derselben primitiven Art, wie sie schon voreinem Jahrhundert von den Vorfahren gebraucht wurden. DasErgebnis der Feldbestellung ist daher auch ein verhältnismäßiggeringes. Durchweg wird trotz des fruchtbaren Bodens noch nichtder dritte Teil Getreide auf dem Hektar geerntet wie in Deutsch-land.In den Küstengegenden hat vielfach der Tabakbau eine gewisseBedeutung erlangt; besonders beginnt man dort dem Obstbauimmer mehr Beachtung zu schenken, da das warme, durch feuchteSeewinde gemilderte Klima völlig genügt, um selbst die Olive undFeige zur Reife zu bringen. Unter den gezogenen Obstsorten sindvornehmlich Kirschen, Pflaumen, Pfirsiche, Feigen, Oliven zunennen. Auch Weinreben werden an manchen Orten kultiviert.Der im Lande selbst gekelterte Wein hält sich jedoch nicht langeund gelangt daher auch nicht zur Ausfuhr.Eine eigentliche Großindustrie gibt es in Albanien nochnicht, selbst von einem einigermaßen ausgebildeten Handwerkertumkann nur in den größeren Städten die Rede sein. Was an In-dustriewaren gebraucht wird, das wird meist auf dem Handels-Wege aus dem Auslande bezogen. Im inneren Bergland aber wirdfast alles im Hause Nötige nach alter Vätersitte im eigenen Haus-halt hergestellt, und zwar gehört das Spinnen, Weben und Flechtenwie auch die Zubereitung der Felle und der Kleidung zum Arbeits-gebiet der Frauen und Mädchen, während der Hausbau und dieHerstellung der landwirtschaftlichen Geräte vom Mann besorgtwird. Große Ansprüche stellt der Albanese nicht. Seine Lebenshaltung in den Gebirgsgegenden ist eine recht ärmliche— nochviel niedriger als die der serbischen und bulgarischen Kleinbauern.Selbst Bettstellen oder Pritschen sind noch wenig gebräuchlich; manschläft auf Strohsäcken oder Matten und deckt sich mit grobenwollenen Decken oder einigen gegerbten Schaffellen zu. Das ganzeMobiliar einer Hütte besteht meist nur aus einer rohen Truheund vielleicht ein oder zwei klobigen Kisten, die zugleich als Tischbenutzt werden, dazu höchstenfalls noch aus einer oder zwei niedri-gen Bänken. Das ist meist alles.Auch der Handel hat nur in den wenigen Küstenplätzen sowiein Skutari und Elbassan einige Bedeutung, und was dort in denBasars feilgeboten wird, ist größtenteils nicht einheimisches Er-zeugnis, sondern eingeführte Ware. Beteiligt an diesem Handelsind weit Iveniger die mohammedanischen Albanesen als dierömisch-katholischen; während das eigentliche Auslandsgeschäft fastausschließlich in den Händen von Griechen und Italienern liegt.Eisenbahnen besitzt Albanien noch nicht, und selbst um dieöffentlichen Landstraßen ist es schlecht bestellt. Unter allen Ländern,in denen bisher der Weltkrieg geführt wurde, selbst Montenegronicht ausgenommen, ist Albanien das unzulänglichste und unweg-samste. In großen Landesteilen gibt es keine einzige fahrbareStraße, sondern nur bergauf und bergab führende Gebirgspfade,die stellenweise so schmal sind, daß nicht zwei Mann nebenein-ander gehen können. Wo aber Landstraßen vorhanden sind, befindensich diese meist in einem jämmerlichen Zustande, da seit Jahr»zehnten nichts für sie getan ist. Ein« der besten Verkehrsstraßenist die Mittelalbanien von Ost nach West durchschneidendeSchkumbitalstraße von Ochrida über Elbassan nach Durazzo, dieschon von den Römern zur Verbindung Mazedoniens mit demHafen von Dyrrhachium(dem heutigen Durazzo) angelegte ViaEgnatia. Eine andere selbst für schtvere Lastautomobile passier-bare Straße ist jene, die vom südalbanischen Hafen Santi Quarantaüber Delvinon und Leskovik nach Koritza und von dort nach Mo-ncrstir führt. Auch die von Koritza über Berat nach Valona undvon Skutari nach Alessio führenden Landstraßen können als ziem-lich gut gelten. DaS sind aber Ausnahmen; im ganzen befindensich die Straßen im Innern in einem geradezu jämmerlichen Zu-stände, so daß manche Gegenden sich für große Truppenmassen alsfast unzugänglich erweisen dürften; doch hat, wer die Haupt-verkehrsstraßen besetzt hält, damit auch jene abgelegenen Gegendenin der Hand, da er imstande ist, ihnen alle Verbindung mit derAußenwelt abzuschneiden.kleines Keuilleton.Serliner Volkschor: Lifzt-Menü.Einem Chopin gewidmeten Klavierkonzert, das vor mehr alsJahresfrist stattfand, bat Egon Petri nun einen Liszt-Abend folgenlassen. Sowohl für Franz Liszt, den gewaltigsten aller Klaviensteiides vorigen Jahrhunderts, als sür seinen Interpreten war schon dasaufgestellte Programm bezeichnend. Enthielt es doch in drei Ab-sätzen Klavierwerke Liszts, die ihn auf dem Gipfelseines kompositorischen Schaffens zeigen. Zum mindestenläßt sich aus seine drei Bücher umsassenden Pilgerjahrein Italien, aus den einige Stücke gewählt waren,anwenden, wag Liszt einmal von Schumanns Ktavierkomposilioneiigesagt hat: Es gebe Kunstwerke, deren verschleierte Schönheiten sichnur dem aufmerksamen, sie mit Liebe und Ausdauer suchenden Augeentdecken, während die rauh dahineilende Menge zerstreut an ihnenvorübergehe. Da« sind in, wahrsten Worlsinn Poesien in Tönenvon tiefer Lebensweisheit und zauberischer Schöndeir. Bewälligeirlann sie aber nur, wem die virtuose Technik des Klavierspiels leinGeheimnis mehr ist und wer selber als Nachschöpfer des Werl-schöpfers Geist mit dichlerischer Eigenart zu durchdringen vermag.Es ist nicht eine ans Fabelhafte grenzende Virtuosität allein,über die Egon Petri gebrclet. Der Bechsteinsiügcl donnert unterseinen Händen wie Ilrwaldranschen und Meeresbrandung, singt undklingt wie ein Orchester von HolzblaS- und Streichinstrumenten,plauscht bolde südliche Naturherrlichkeitcu und erzählr von alle»,Hoben heilerer oder tragischer Arr im Lebe» derer, die einst dortaus jener Flur wandelten. Ohne Frage darf Petri als AuSerwähltecunter den jüngeren Pianisten bewertet werden.Die der Festhalle des Berliner Stadthauses eigene vorzüglicheAkustik erhöhte den Genuß dieses Liszt-AbendS, der gewiß allenKonzertbesuchern unvergeßlich bleiben wird. oll.Der hornung.Karl der Große hat dem zweiten Monat des JahreS, demFebruar, den deutschen Namen.Hornung" gegeben. Man be-zieht diesen Namen gewöhnlich daraus, daß gegen Ende diesesMonats der Hirsch das Horn(Geweih) abzuwerfen pflegt. DieseAuslegung kann schon aus dem Grunde nicht richtig sein, weil unsder Name.Horn' in altdeutscher Zeit mehrfach als Bezeichnung>ürden Januar begegnet. Nun trifft man noch beute in manchen Ge-genden Deutschlands, beispielsweise im Obcrharz, die Bc-zeichnung„großer Horn' für den Januar und„kleiner Horn'für den Februar an; ferner wurde der Januar früher vielfach ein-fach.Horn' oder„Hornmonat' genannt. Es liegt also sehr naheanzunehmen, daß der Name„Hornung' eine alrertümliche Verkleine-rungSform von„Horn' darstellt; nach Weinholds tresilicher Ver-mutung bezieht sich das Wort.Horn' auf den hornharten Frost. Da-nach würde also der Horn, der Januar, der große Horn soviel bc-deuten wie der große Frostmonat, und der Hornung. der Februar,oder der kleine Horn soviel wie der kleine Frostmonat. Für gewöhnlicvpflegt ja bei uns der Wimer in den beiden ersten Monaien des JahreSam kältesten zu sein. In der Beziehung deS Monatsnamens Hornungans das Abwerfen deS Gehörns seitens deS Hirsches hol man alsoeinen späteren Deutungsversuch zu erblicken. Der Februar mitseinen 28 Tagen ist ja tatsächlich immer kleiner als der Januar,der 31 Tage hat. In diesem Jahr, das ein Schalljahr ist, hatder Februar 29 Tage; die Schaltjahre und Schalttage waren aberzu der Zeit, als der zweite Monat des Jahres den deutschenNamen„Hornung" erhielt, noch unbekanm; sie gelangter erstim Jahre 1ö32 mit der Reform des Gregorianischen Kalenders zurEinführung...Den Namen„Hornung" trifft man noch heute dielfach in deut-scheu Mundarten, namentlich in der alemanischen, als Bezeichiiungfür den Februar an; als das Elsaß noch unter französischer Herr-schasl stand, gebrauchte die dainalige französische Regierung desLandes in ihren in deutscher Sprache gegebenen Erlasseir amtlich dieBezeichnung.Hornung'. Als das Elsaß nach dem deutsch-franzö-fischen Kriege wieder deutsch geworden war, wurde in der amtlichenSprache die Bezeichnung.Hornung' rnit Februar.verdeutscht".Der lateinische Name des Monats FebruariuS stellt eigentlichein Eigenschostswort dar und ist durch das Hauptwort naeusis(Monat) zu ergänzen. Es bedeutet soviel wie Reinigungs- oderSübnemonat und leitet seinen Ursprung von dem Worle februare(.reinigen", in religiösem Sinne.sühnen") her. Der Name Hai ausda« von den alten Römer» am 21. Februar gefeierte Fest der Lupcc-kalien Bezug, das ein ReinigungS- und Sühnesest gewesen ist.Notize«.— Vorträge. Am 2. Februar spricht im Zentralinstiiut fürErziehung und Unterricht(Polsdamer Str. 120» Prof. Reg lingüber.Die Sammlung aiilrkcr Münzen des MünzkabmettS im Kaiser«Friedrich-Museum". Beginn 8 Uhr. Eintritt frei.— D i e kgl. M c ßbi l da nst a l t hat die während desKrieges bisher ausgesetzten Besuchevstunden wieder eingerichtet.Sie finden ivie früher Dienstag und Freitag nachmittags 5— 7 Uhrunentgeltlich in den Räumen Berlin. Schinkelplatz 6, statt.Der Sang öer Sakije.Ein Roman aus dem modernen Aegypten.Von Willi Seidel.Nichts gleicht dem Blau des Himmels Äber dem Niltal IIst es von Hitze erfüllt, so erbleicht es zu einem siedendenWeiß, in dem. gleich schwarzen Punkten, die Raubvögel reglosschweben, oder, wenn sie mit den Schwingen rudern, in langemStrich nach anderen, gleich hoffnungslos durchgluteten Bereichenziehen. Rücken die Stunden vor, dann vertieft sich das Blau.zeigt sattere Töne und umgreift immer voller und mächfigeralle Welt im Rund; schwelgerisch durchtränkt es die Dingeund überleuchtet Wüste und Stromland mit gleicher Zärt-lichkeit...Die Augen Dauds schloffen sich. Vor seinen Lidern warflammendes Mittagsweiß. Er schlief ein, und nach mehrerenStunden glaubte er zu erwachen: da sah er geradeswegs inein strotzendes Blau, in dem der Blick untertauchte; in einwarmes Nichts, worin die Eine Farbe allmächtig triumphierte.Vom Blau glitt sein Biick einen Zoll tiefer, in das Gründes Ackers, und dann wieder hinauf... da war ihm. alssähe er etwas Seltsames sich vollziehen: eine Umwandlungdes Nichts in ein Etwas, das langsam Gestalt gewann undsich schwer und lichtschwankend aus dem Blau gebar. Sieheda, ein Menschengewinlmel, ein lautloser Prunk unendlichvieler, wallender Gewänder! Und hinter dieser Menge tauchteein quadratisches Gebäude auf. durchsichtig zunächst, dann guterkennbar, aus tieferer Bläue geformt. Und mit einem Malewußte cr's: das war die Kaaba, und diese Vorstellung warmit einer flüchtigen Erinnerung an den Fiki verknüpft. Dochlöste sich jetzt alles Gefühl sür die Wirklichkeit auf.... Einunbeschreiblich milder, gleichmäßiger Sonnenglanz umfunkcltejene Stätte.Auf einmal schien sich die Menge zu teilen, ja, auf undnieder rinnend, sich zu verflüchten, so daß der Platz mit derKaaba, umkränzt von einer zierlichen Arkadenflucht, frei undeinsam lag. Und siehe: unter den schlanken Säulen desHintergrundes hervor, langsamen Schrittes über das färben-blühende Mosaik des Pflasters, kam ein Zug von Leuten, anderen Spitze einer schritt, dessen Anblick DaudS Herz fast zumStocken brachte. Er war bärttg. fein Geficht war scharf undschön, mit adlerförmiger Nase und scharfem Mund; derKiefer, dessen Gelenk scharf vom Ansatz des Halsestrat, drückte einen unerhörten Willen aus. DaS. wasalles vor ihm nicderzuwerfcu schien, waren seine AugenSchwarz und rund glühten sie aus ihren Höhlen, sie funkeltenreglos ekstatisch in die Weite, durchdrangen alles, lvaren un-trüglichc Spiegel des Fernen und Rahen, ganz erfüllt unddurchpulst von einer reichen, sprungbereiten Seele und weti-ausgreifender Macht, königlicher Duldsamkeit und barbarischerKraft. Der Mann überquerte den Platz, und unter seinemgrünen, seidenen Mantel, der ihn mit verschwenderischemBausch umwallte, leuchteten seine Schuhe feuerrot hervor.An seiner Seite, rechts und links, schritten zwei Jünglinge,ebenfalls grün gekleidet, mit runden, trauervollen Gesichtern.Sie alle trugen grüne Turbane, und die der vorderen dreiMänner waren mit Perlen durchwunden. Eine Gruppe vonweißbärtigen Scheschs, die bunte Rosenkränze in den Fingerndrehten, beschloß den Zug.Nun stellte sich der fürstliche Mann vor die Kaabaund rief:„Komm herab, o Kutb! Deine Zeit ist erfüllt!'Und eine Stimme vom Dach erwiderte:„Es ist kein Gott außer Ihm I Und kein Prophet außerDir!"Und siehe, vom Dach herab schwang sich ein grüner Vogelund ließ sich auf der Schulter des Propheten nieder.Auf einmal flogen wie eine Wolke andere Vögel heran,und in ihrem grünen Geflatter verschwand der Hof mit denArkaden, der Kaaba und den Scheschs; nur Mohammedallein blieb zurück, und zu seinen beiden Seiten die Früh-gemordeten. Hassan und Husen. Eine Glorie wuchs hinterihnen heran: von Moschusdust geträntter Zephir. Und derProphet zeigte in verschiedene Richtungen, und überall er-glänzten Minarette, Kuppeln, glanzvolle Städte. Und Daudvermeinte den ganzen Nil zu sehen, auf unendliche Meilenhin gesäumt von morgenstillen Palmen... reiche Dörfer,von Mensch und Vieh überfüllt, sprenkelten die Ufer...Bis nach Omdurman glaubte er zu sehen, tief in das heiße,üppige, verräterische Herz des Kontinents...Nun sanken die Jünglinge nieder, und der Prophet legteihnen die Hände auf die Häupter. Dann standen sie auf, undder Prophet wandte sich um und schwebte mit ihnen in eineschimmernde Gartenwelt zurück, die ganz hoch im Blau ent-stand. Die grünen Kleider leuchteten noch lange, ehe sie mitdem Garten und der Bläue zu leichtem Dust verschmolzen;und hinter ihnen verschwamm, sonor und schivellend, in erhöhter Farbe ein zweites Mal der Schrei:„Es ist lein Gott,außer Ihm!— Und kein Prophet außer Dir!'Als Daud erwachte, kam der Mond über die Wüste her-auf. gewaltig groß, und stieg quittcngelb in daS dunkle Violettdes Abends.Der Brunnen des unlauteren Ehrgeizes.Was wißt ihr,Ob ich besser bin �Und ob ich bete;Ich verkaufe jetzt KohlUnd Zwiebeln...Seit ihr sagtet, ich geheden richtigen Pfad,Weiß ich nicht,Ob ich den gutenOder bösen gehen soll!„Mir will scheinen, lieber Bruder, dieser kleine Fellacheist nicht übel beanlagt", meinte der Frater Onesime, ein be-häbiger Fünfziger.„Er hat ein erstaunliches Detail-gedächtnis und spricht französisch und englisch wie ein Wein-reisender."Frater Eustache zupfte seinen Geißclstrick zurccht undmeinte:„Strohfeuer. Intelligenz, mein Lieber, bei diesenLeuten! Eine Zeitlang geht es ja noch so... der Bcngelhat eine große Fassungsgabe, das stimmt. Aber die Seele istvoll Unrat, lehren Sie mich das Volk kennen! ES kommtein Zeitpunkt— und bei unseren! Knaben ist er leider nichtfern— da stockt das Wässcrlein, und es wird mit dembillig gewonnenen Gut im trüben weiter gefischt— na,lassen wir ihn laufen! Was nützt da weitere Bor-sorge... diese Seelen sind doch dem Besseren unzugänglich.Mission, du lieber Gott! Jeder Dorfschulmeister kann'S i«seiner Art besser als wir... man küßt uns die Hand undrennt davon... und wie wird das Wissen ausgenützt'�Schönste Grundlage für zehn Jahre Faulenzertum! Immer-hin war dieser Knabe ganz amüsant; und vielleicht ist diesoder jenes Saatkorn doch nicht ganz auf steinigen Acker gc-fallen l'(Forts, folgt.)