Nr. 50.- 1916.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts Dienstag, 29. februar.

Gelöste Fesseln.

Von Julius Schaumberger.

Als Frau Emilie Sterling die Wendeltreppe herabstieg, welche die Wohnräume mit dem Kontor ihres Gatten verband, wurde sie von einer Schwäche befallen, die sie nur mit dem ganzen Aufgebot ihrer Willenskraft überwinden konnte. Sich mühsam aufrecht haltend, erreichte sie das an der Wand stehende Ledersofa, und es dauerte eine Weile, bis sie die volle Herrschaft über ihre Sinne wiedergewonnen hatte.

Herr Sterling, der ihr gegenüber unter der grün beschirmten Lampe an seinem Schreibtisch saß, war so sehr in seine Kaltulationen vertieft, daß er ihre Anwesenheit gar nicht bemerkte. Er hatte den Kopf auf die linke Hand gestüßt, während die rechte mit dem Blei­stist den langen Zahlenreihen folgte, die ein vor ihm liegendes Blatt bedeckten. Ein schwerer Drud schien auf dem Gemüt der regungslos im tiefen Schatten sigenden Frau zu lasten. Ihr schönes, wachsbleiches Gesicht trug das Gepräge eines großen Schmerzes, dessen wilden Ausbruch sie eben überwunden hatte, der aber, ins Innerste zurüd­gedrängt, sie immer noch beherrschte. Ihr Blid, der starr auf den Mann am Schreibtisch gerichtet war, ließ erraten, daß diese beiden Menschen durch eine tiefe luft getrennt und nur noch durch das Band der Gewohnheit zusammengehalten waren.

Endlich hob der Bankier den Kopf, und sein Blid begegnete dem seiner Gattin. auf den Was hat

Du hier?" rief er in jenem fühl höflichen Tone, längst der Verkehr zwischen den beiden gestimmt war. das denn zu bedeuten?"

Ich habe mit Dir zu sprechen", antwortete fie leise. " Etwas so Wichtiges, daß Du mich nicht oben erwarten fonntest?"

" Ich habe lang genug auf Dich gewartet." Er jah nach der Uhr.

Schon acht Uhr vorüber!" sagte er. Dann allerdings Aber nun mußt Du Dich schon noch ein paar Minuten gedulden." Er drückt auf einen Knopf an der Kante des Schreibtisches.

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Die Berechnung stimmt nicht. Sie muß noch einmal nach geprüft werden", sagte er zu einem jungen Mann, der auf dieses

Emilie!" sagte er. Was sind das nun wieder für Einbil dungen! Ich möchte Dir in diesem Augenblick nichts Kränkendes fagen, aber

"

Einbildungen?" fiel fie ihm ins Wort. War er etwa für Dich nicht wirklich der ungeratene Sohn? Und warum? Weil es ihm widerstrebte, den Weg zu geben, auf den Du ihn zwingen wolltest. Weil Du ihn mit Gewalt nötigen mußtest, dem Beruf zu entsagen, für den er sich bestimmt fühlte. Oder hast Du ihn etwa nicht ge­zwungen, sich Deinem Willen zu unterwerfen?"

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ich wohl", fezte er hinzu, noch einige Auskunft von Dir erbitten darf. Es ist doch nicht ganz ohne Interesse für mich, mit wem ich die Waterschaft widerrechtlich geteilt habe."

Du glaubst doch nicht," antwortete sie, sich erhebend, daß weiterhin eine Verbindung zwischen ihm und mir bestanden hätte? So wahr ich hier stehe! Der Tag, an dem ich damals zu Dir zurückkehrte, war derfelbe, an dem ich für immer von ihm Abschied genommen hatte. Ich habe nachher nie wieder ein Lebenszeichen von ihm erhalten und nur durch die Zeitung erfuhr ich, daß er wenige Monate nach der Trennung auf einer Forschungsreise in Indien   von einem plöglichen Tode ereilt worden ist."

Und Du bist natürlich der Meinung, daß ich das alles nur getan habe, weil ich ein Mensch ohne Gefühl, ohne Sinn für das Höhere bin. Nicht deshalb, weil ich nach meiner Ueberzeugung Also, wie es scheint, eine sehr interessante Persönlichkeit," sagte feinen extravaganten Neigungen nicht freien Lauf laffen durfte, weil er, ironisch lächelnd, nicht ohne die egotisch- romantische Note, die ich mich als Vater verpflichtet fühlte, feinem Leben eine vernunft- freilich bezaubernd auf Dich wirken mußte. Wie fonntest Du nur gemäße Richtung zu geben. Und damit, daß ich dies nur durch nachher das Leben in meinem so völlig von aller Poesie verlassenen einen eifernen wang erreichen konnte, habe ich ihn aus dem Hause, Hause so lang ertragen? Und noch unlösbarer erscheint mir die in den Krieg und nun in den Tod getrieben? Das willst Du Frage: Wie fonntest Du mich, der doch in Deinen Augen auf doch fagen, nicht wahr? Warum nennst Du mich nicht offen feinen fo geringer Höhe steht, einer fortwährenden Täuschung für würdig Mörder?" halten?" Ich habe das Wort nicht gebraucht," sagte sie. Aber Du mußt zugeben, daß ich seinen Tod nicht zu beklagen hätte, wenn Mit dem gleichen Rechte tönnte ich Dich beschuldigen," unter­brach er sie. Denn ich bin fest überzeugt, daß ich ihn zur Ver­nunft gebracht hätte und daß er mir später dankbar gewesen wäre, wenn Du seine romantischen Triebe nicht begünstigt hättest, die er ja doch darin wirst Du mir nicht widersprechen- von Dir geerbt hat. Von mir sicher nicht." Nein, von Dir nicht!" rief sie. Darin baft Du recht. Bon Dir nicht! Wie er ja überhaupt nichts von Deinem Blute, nicht einen Tropfen, in den Adern hatte."

"

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Das dürfte denn doch zuviel gefagt sein."

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" Nicht einen Tropfen von Deinem Blute!", wiederholte fie, von einer mächtigen Erregung fortgerissen. Nie hast Du es verstehen tönnen, wie ich mehr noch als Emil selbst unter der harten Zucht gelitten habe, in der Du ihn gehalten hast. Und das kann ich Dir nicht einmal zum Vorwurf machen. Du fonntest mein Gefühl für ihn nicht teilen, weil er Dir fremd war."

" Fremd? Mein Sohn foll mir fremd gewesen sein? Verzeih', aber das sind leberspanntheiten, die ich Nein!" rief sie. Das ist nur die Wahrheit! Aber nun

Du

Nie hat ein Vorwurf aus Deinem Munde mich tiefer getroffen," erwiderte sie ernst, den Kopf neigend. Glaube mir, ich habe diese Schuld, die aus meiner damaligen Feigheit entsprang, schwer gebügt. Und so schrecklich es flingen mag, fast scheint der Schlag, der mich getroffen, mit einer Erlösung von unerträglicher Qual verbunden zu sein. Ich werde diese Schuld auch weiterhin büßen, denn ich werde niemanden haben, der mir meinen Schmerz tragen hilft. Aber ich werde in meiner Einsamkeit doch das befreiende Gefühl haben, daß ich mich selbst wieder höher achten darf. Und nun können wir uns nach langer Zeit wieder einmal die Hand reichen. Zum Abschied!"

" Scheidung?" rief er, Du sprichst das Wort aus, das eigent­lich ich Dir zurufen sollte!- Und wenn ich nicht damit ein­verstanden wäre?"

"

Nun hob sie wieder den Kopf und blickte ihm voll ins Auge. " Du wirst damit einverstanden sein", sagte sie rubig, aber mit einem Ausdruck, der jeden Widerspruch ausschloß. Laß uns das widernatürliche Bündnis endlich lösen! Ich gebe Dir die Ver­sicherung, daß ich aus der Ferne feinen Stein auf Dich werfen werde. Du hast gehandelt, wie Du handeln mußtest. Meine Schuld ist es, daß ich nicht früher den Mut zur Wahrheit gefunden

Beichen hin eingetreten war. Ift sonst noch jemand vom Ber- Defees wissen. Emil war mein Sohn, aber nicht der habe

fonal da?"

Nein, Herr Sterling. Es ist ja schon eine Stunde nach Bureauichluß."

" Gut! Sie fönnen auch nach Hause gehen. Aber nehmen Sie morgen früh die Sache gleich nochmals vor."

Der junge Mann nahm das Blatt aus der Hand seines Chefs und zog sich mit einer stummen Verbeugung zurüd.

"

Nun bitte!" sagte Sterling. Wollen wir nun hinaufgehen?" Ich fann es Dir auch hier fagen."

Wie Du willst. Um was handelt es sich denn?"

N

"

Um Emil," antwortete sie, taum hörbar.

AH!

Wünsche?

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Du hast Nachricht von ihm? Wieviel brauchst Du denn?"

-

Nun, was für

Sie warf mit einer jähen Bewegung den Kopf in die Höhe. Emil wird nichts mehr von Deinem Gelde nötig haben," sagte sie dann, sich gewaltsam beherrschend. Er schaute betroffen zu ihr hinüber. Was soll das heißen?"

beiden.

Stumm erhob sie sich und reichte ihm ein zusammengefaltetes Blatt über den Schreibtisch hinweg. Dann ließ fie sich auf den Stuhl ihm gegenüber gleiten und bedeckte das Geficht mit den Händen. Minutenlang lastete eine beklemmende Stille zwischen den Das habe ich nicht erwartet," sagte er endlich. Und doch! Immerhin mußten wir auch darauf gefaßt sein, wie Taufende und Hunderttausende, die ihre Söhne ins Feld schiden mußten. Mußten?" entgegnete fie. Du weißt so gut wie ich, daß er in seinem Alter nicht verpflichtet war-" Nun ja! Er hat sich eben freiwillig gemeldet. Das ändert ja nichts an der Sache."

Freiwillig?" rief sie. Nein, gezwungen!" Wieso denn?"

Deine!"

"

Emilie!" rief er. Hast Du denn den Verstand verloren?" Es ist die Wahrheit!" schrie sie. Die Wahrheit, die jest ihr Recht fordert, die mich heute zu einem offenen Befenntnis zwingt." Wenn ich Deinen Worten glauben soll," sagte er, und seine Stimme flang jest hart und schroff, darf ich doch wohl um eine Aufklärung bitten!"

"

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Er legte mit faum fühlbarem Drud seine Hand in die ihre, die fie ihm noch einmal entgegenstreďte. Dann wandte er sich schweigend ab.

Ein Blick, in dem nichts mehr von Haß und Widerwillen, sondern nur noch ein tiefer, schmerzlicher Ernst lag, folgte ihm. Dann griff fie nach dem Brief, den er auf den Schreibtisch niedergelegt batte, und langsam, ohne noch einmal zurückzusehen, stieg sie die Wendeltreppe hinauf.

Kleines Feuilleton.

Künstliches Grundwasser für Berlin  .

Die hast Du zu fordern," fagte sie. Und Du sollst sie haben. Du weißt," fuhr sie fort, daß schon im ersten Jahre unserer Che es sich zeigte, wie wenig wir für einander geschaffen waren. Du fonntest nicht fühlen, wie arm an Lebensmut und Lebensfreude ich durch diese Erkenntnis geworden war und wie es mich berührte, als ich Dich so leicht darüber hinweggleiten und Ersatz bei einer anderen finden sah. Aber Du wirst Dich vielleicht erinnern, wie ich damals auch förperlich zusammenbrach und daß man mich schließlich zur Stärkung meiner Nerven so hieß es doch Schon vor einigen Jahren hatte auf der Hauptversammlung des wohl? in die Schweiz   sandte. Dort fand ich nicht nur deutschen Vereins von Gas- und Wafferfachleuten Scheelhaaje­die Kraft wieder, das Leben weiter zu ertragen, ich fand auch Frankfurt   a. M. über die Methoden zur Erzeugung fünstlichen den Mann, der es mir lebenswert hätte machen können. Willenlos, Grundwassers berichtet, später wurde dann auf der gleichen Ver­wie ich damals war, nur von Empfindungen beherrscht, iammlung die Frankfurter   Anlage beschrieben. Die Methode besteht warf ich mich dem Glück, das sich mir verlockend bot, in die Arme. darin, daß man Oberflächenwasser, Fluß- oder Seewasser, künstlich Ich bereue es nicht. Nur Eines habe ich mir später nicht verzeihen versichert und dann aus geeigneten Brunnenanlagen als Grund­tönnen: daß ich nicht den Mut hatte, die Fesseln unserer he wasser gewinnt. Nun reicht für Berlin   in den heißen Monaten das vollends zu lösen. Ich troch wieder ins Joch und ich legte mir, zur geförderte Grundwasser nicht aus, es werden dann aus dem Müggelsee Buße, den Zwang auf, es flaglos zu tragen. Ich suchte einen Weg bis 100 000 Kubikmeter täglich entnommen und durch Filter ge­zu finden, auf dem wir uns vielleicht doch näher kommen fonnten. reinigt. Die Erlaubnis zu einer weiteren Benuzung von Müggelſee­Es gelang mir nicht. Es fehlte eben jeder Berührungspunkt zwischen wasier wurde aber seitens der Regierung von der Schaffung einer An­uns. Du weißt, wie unser Nebeneinanderleben sich dann im Laufe lage abbängig gemacht, die es im Falle der Seuchengefahr gestattet, der Jahre gestaltet hat, wie wir uns auch dann fremd blieben, das Wasser zu desinfizieren. Eine solche Chlorungsanlage wurde im als wir nicht mehr allein waren. Wie ich gelitten habe, als ich Herbst 1915 ausgeführt. Das Wert in Heiligensee   wird erst in vier mein Kind unter Deiner barten Bucht heranwachsen sah. die alles bis fünf Jahren betriebsfertig sein, weshalb man versuchte, durch zu untergraben strebte, was mir das Liebste, das Edelste an ihm Anlage neuer Brunnengalerien die Benutzung von Seewasser zu war, darüber laß mich schweigen. Wie oft war ich versucht, heraus- vermeiden. In Tegel   gelang dies, am Müggelsee ergaben sich durch den Uebergang des Geländes an den Zweckverband Schwierigkeiten. Aber stets fehlte mir der Mut. Jezt hab' ich ihn gefunden. Es wurde deshalb beschlossen, zwei Versicherungsteiche von je Sein Tod hat mir die Zunge gelöst. Die Lüge sollte ihn wenigstens 2360 Quadratmeter anzulegen, die mit Müggelseewasser gespeist nicht überleben."- werden, nach ihrer Bewährung wurden weitere bier solcher Teiche in Ich wollte, Du hättest jenen Bersuchungen schon früher nach Angriff genommen. Diese Versicherungsteiche können jährlich 4 bis gegeben," sagte er nach einer Minute peinlichen Schweigens. Du 4,5 Millionen Kubikmeter fünstliches Grundwasser schaffen. Nach vermeintlichen dem Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung betragen hättest mich wohl stets bereit gefunden, meine Vaterrechte an an ihren wirklichen Besizer abzutreten, über den die Anlagekosten 90 000 M. liege und denke an nichts, da kommt ein Junge aus der| Mit einem Gesicht, das sich in weinerlicher Wut verzog, Hamsaui und führt Börsengespräche wie ein Alter. Das wäre trat der Kaufmann zurück. ein Kapital für Sie! Ein angenehmes Gesicht! Eine volle Figur!" Er machte einen Ring mit Daumen und Beige finger; ein Solitär gab seinem Entzücken, das Gehörte durch die Tatsachen bekräftigt zu finden, einen blizenden Nachdruck. Daud erbebte wiederum, aber diesmal, weil der Bericht ihm maßlos schmeichelte.

Das fragst Du mich? Muß ich Dir etwa sagen, was ihn, wer zuschreien: Laß ihn! Quäle ihn nicht! Du hast kein Recht dazu. ihn gezwungen hat?"

Nun erst verstand er, was sie sagen wollte.

Etwa ich?" rief er.

" Wer denn sonst? Hast Du die Worte vergessen, mit denen er Abschied nahm? Mir werden Sie bis ans Lebensende im Dhr flingen. Es ist das beste, was ein ungeratener Sohn tun

fann.

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HA

Der Sang der Sakije.

Ein Roman aus dem modernen Aegypten.

Von Willi Seidel  .

,, Sehen Sie mich nicht an, Bey", sprach Daud still für fich, sehen Sie doch die Schuhe an. Was bin ich. Ein Nichts. Ich bin nur die Betriebskraft..." Und endlich, mit hingezogenem Lächeln, sprach er auf Französisch  : Wünschen Sie mich zu faufen, mein Herr, oder haben Sie es nur auf die Schuhe abgesehen?"

Hier lächelte der Mann auf eine unbehagliche Art und Weise. Du hast recht," sagte er, ich will dich kaufen."

"

-

,, Und ist es wahr, daß du drei Sprachen sprichst?" Das ist wahr, Effendi."

" Wenn du nicht lügft," meinte Succetti- Pascha, so stelle dich an. Das Gehalt wächst, wenn du dich bewährst, und verdienst dreifach soviel als hier."

ich

du

Er wies mit der Nase nach den Schuhen.

"

Daud hatte dem Streit um seine Person gelauscht, ohne einzugreifen. Nun erhielt er die Weisung, am folgenden Tage im Gebäude der Bank zur Stelle zu sein. Du bist also engagiert", sagte Succetti- Pascha schließlich. Beherzige das, du Labsal der Augen." Und darauf, nach einem langen, äußerst tückischen Blick, der Abu- Katkus vollends vernichtete und zusammenschrumpfen ließ, ging er seiner Wege.

Das Volk stand noch, dem Vorfall nachträumend, eine Weile umher und starrte Daud mit offenem Munde an. Und dieser, als sei nichts geschehen, bot an, feilschte und trieb sein Geschäftchen weiter, bis der Abend kam.

Das Haus, das Abu- Rattus bewohnte, lag in der Sikkeh­el- Guedidah in einer gleichartigen, etwa hundertjährigen Straßenzeile. Auf dem Messingklopfer der Tür standen die üblichen Worte:" Was hat Gott   nicht gegeben!" Was in diesem Falle zu bedeuten hatte:" Gott   hat das Haus so ge­macht; ich bin nicht eitel!"

Da lud Abu- Kattus ihn zu einem Abschiedsessen in sein In diesem Augenblick glid) er einem Aasgeier. Seine Dann zog er ein Notizbuch hervor und ließ Daud einige Privathaus ein. Er ging früher fort, um seine Freunde dazu gewölbten, hervortretenden Augen starrten grell, nackt und Sprachproben und Zinsberechnungen zum besten geben. Eine zu bitten; und nach Einbruch der Nacht folgte Daud. gefräßig in die Welt. Aus seinem ledernen, olivfarbenen halbe Stunde lang vertieften sie sich in diese anregende Tätig­Gesicht hieb die Nase wie ein Säbel nach Daud. Alles feit... Das Resultat überstieg die Erwartungen des Direk­Temperament, das er bei der Unterhaltung entwickelte, über- tors offenbar, denn er wurde sehr beweglich, so, als ob er es Iteß er seinen Händen, die knochig waren und gewandt wie allein nicht faffen könne, als müffe er noch andere Zeugen die eines Taschenspielers. Ein fadenscheiniger Schnurrbart am Ausschnitt ihrer Kelabijen heranzerren und zu ihnen hing grau und nikotingeschwärzt zu den Seiten der ledernen sprechen: Lippen herab, die gelbe Zähne sehen ließen. Seine Schläfen- Erstaunlich, meine Herren, diese Intelligenz, wie? Das adern faßen dick unter dem kantig vorspringenden Stirnbein; ist ja fcharmant...!" fein Adamsapfel stieg beim Reden ständig auf und ab. Daud Und siehe da, es fanden sich Zeugen. Aus den um­schäßte ihn auf beiläufig sechzig Jahre. liegenden Läden traten sie hervor und bezeigten ihren Beifall, all die schläfrigen Strämer, untermischt mit vorbeibummelndem Pöbel, der alles stehen und gehen ließ und staunend rastete. Auch Abu- Kattus ward endlich lebendig.

Alle Möglichkeiten dieses Handels schossen ihm durch den Sinn, und er fühlte sich ein wenig beunruhigt. Die Situation schien sich zuzuspißen, doch hieß es, diplomatisch zu bleiben. Er schüttelte darum langsam das Haupt und schob den Zeige­finger amüsiert in der Luft hin und her.

Nach dem Durchschreiten eines gewundenen Ganges   ge­langte Daud, von dem Bauwab geleitet, in die Mandara.

Diese Mandara war ein seltsames Gemisch von konserva­tivem Stil und neuzeitlicher Geschmacklosigkeit. Abu- Rattus' Borväter hatten den Raum ausgestattet, wie er ihnen ent­sprach; davon zeugten noch die geschnitten Balken an der Er hatte im Hintergrund des Ladens gelegen; nun weckte Decke, die steinerne Suffeh, die an der übertünchten Wand ihn das Stimmengewirr. Er strich seinen schwarzen, rund- eingelassenen Schränke mit erfindungsreichen Holzgitter­Der Mann ließ sich etwas Zeit, bis er den billigen Jrr- geschnittenen Bart und kam voll Neugier hervor. mustern; ebenso noch die Gruppierung der Kissen und tum berichtigte, und Daud, schier verzweifelt, wand sich auf Das Wortgefecht, das nun folgte, dröhnte die ganze Gasse Matragen auf den Diwanen zu beiden Seiten. Aber diese feinem Sig. Da hatte der Mann ein Einsehen und setzte herab. Denn als Abu- Sattus begriffen hatte, daß man ihm legteren waren nicht aus bunter Seide, sondern mit kahler ihm sehr schnell und geläufig auseinander, wozu er ihn be- seine Attraktion entführen wolle, rief er Allah   und seinen Leinwand überzogen; und auf der Suffeh standen keine nötigte. Er sagte:" Ich bin Succetti- Pascha." Da wußte Bart zu Zeugen an, daß er solches nie und nimmer dulden Räuchergefäße mehr, auch kein Becken oder Krüge für Mahl­Daud, daß er den Direktor der Egyptian Banking Corporation werde. Der Aasgeier jedoch sprach, in einem Augenblick, wo zeits- und Gebetswaschungen, sondern die Generation Abu­vor sich habe; und eine große Neugierde machte ihn erbeben. Abu- Sattus Luft zu schöpfen gezwungen war, sehr schnell und Statkus' gestattete sich, da der Prophet nur den Weingenuß Was mochte wohl den machtvollen Mann dazu bestimmt leise auf ihn ein; nahm das Heft des Gesprächs völlig in die verbietet, starte Spirituosen zu gelegentlicher Legung, so daß haben, sich in eigener Person nach ihm, Daud, dem belang eigene Hand, schließlich schlug er ihm auf seine fetten Schultern jenes Sims einem kleinen Schenktisch glich. Auch hatte Abu­lofen Knaben, umzutun? und teilte ihm flüsternd etwas mit..., Stattus seine Wasserpfeifen, deren er vier besaß, dort unter­" Ich habe von dir gehört. Ein Bekannter erzählte mir Abu- Sattus berstummte. gebracht. Auf dem sechseckigen Ziegelmuster der Durkaah, wo bon dir; er kennt dich von der Dampfstube her. Denfen Möglich, daß Succetti- Pascha von gewissen Unternehmungen man sich zur Mahlzeit niedergesetzt, stand ein häßlicher, mo­Sie sich fagte er, denken Sie sich, Succetti- Pascha! Ich des Biederen Wind bekommen hatte. derner Rauchtisch... ( Forts. folgt.)