Nicht zum erstenmal zieht Rußland sein Schwert für die Be-freiung der stammverwandten Völker, nicht zum erstenmal satteltder Kosak sein Pferd, um diese heilige Mission zu erfüllen.Einst war diese Aufgabe das Monopol der Regierung, heute istsie in den Händen des russischen Volkes, welches nicht liebt,Recht und Gerechtigkeit bei Anderen zu erflehen. Das Schicksalder slavischen Stämme war, wie die Geschichte lehrt, ein aus-nahmsweise hartes, alle slavischen Stämme haben mehr oderweniger die Bitterkeit der fremden Herrschaft erfahren, mehrsüßer und angenehmer wird ihnen die Freiheit und die Selbstständigkeit sein. Auch Rußland befand sich einst in ähnlichemZustande, wie jetzt die Slaven am Balkan, aber die Machtder Freiheitsliebe brach die Ketten, und wie ein vonStapel gelassenes Schiff unter Kanonendonner und Axtschlag er-schien Rußland frei und groß. Die göttliche Vorsehung gewährteihm außerdem die hohe Freude, mit seinem Schwerte die Ket-en anderer unterdrückter Slaven zu sprengen.--"�Zum Beispiel der Polen! Schade nur, daß das„russischeVolk", welches jetzt„die Regierung in Händen hat", nicht dafürsorgt, daß es ein kleines Bruchtheilchen der Freiheit bekommt,deren sich die von den Türken unterdrückten Slaven erfreuen.Und was wird Herr Aksakow thun, wenn„Väterchen" sagt:„Gut gebrüllt, auf Commando! Aber nun ist's genug. Kusch!Oder— marsch nach Sibirien!" Ach, Herr Aksakow ist, gleichseinen Nationalitäts- Mitsimpeln anderer Nationen, ein gar-zahmer Geselle der hohen Obrigkeit gegenüber— er wirdkuschen.— Das schweizerische Fabrikgesetz wird die Feuerprobeder Urabstimmung zu bestehen haben, wenn anders eine Mit-theilung, welche der„Kölnischen Zeitung" aus Bern zugeht,und nach welcher die Sammlung von Unterschriften für das Be-gehren der Urabstimmung die verfassungsmäßige Zahl von30,000 Unterschriften bereits um 30,000 überschritten hat, aufWahrheit beruht. Der Kampf der schweizerischen Arbeiter gegendie Bourgeoisie ist ein schwerer und harter; aber so schwer undhart der Kampf auch sein mag, die schweizerischen Arbeiter, deßsind wir überzeugt, werden sich nicht so leicht aus dem Feldeschlagen lassen, gilt es doch, das Privilegium der Ausbeutung,der schamlosen Ausbeutung, zu beschränken.' sozialistisches Blatt in englischer Sprache:„The Emancipator"(der Befreier), so daß wir jetzt in den Vereinigten Staaten dreiOrgane in englischer Sprache haben: außer dem obengenanntenden„Labour Standard"(Arbeitsfahne) und den„Socialist",beide in New-Jork erscheinend.— Warnung. Aus Amsterdam wird uns ein nicht we-niger als 16 beschriebene Oktavseiten umfassender Aufruf andie Korkschneider Deutschlands übermittelt mit der Bitteum Abdruck. Diese Bitte können wir leider nicht erfüllen, dauns der Raum zum Abdruck solch umfangreicher Schriftstückemangelt. In wenigen Zeilen ausgedrückt, ist der Zweck desAufrufs der, die Korkschneider Deutschlands vor einer Aus-Wanderung nach Holland zu warnen. Die Verhältnisse derKorkschneider in Holland und speziell in Amsterdam sind nachden in dem Aufruf enthaltenen Schilderungen die denkbar schlech-testen; es ist nicht nur der Lohn ein sehr geringer, sondern auchdie Behandlung der Arbeiter ist eine schlechte, wozu noch dieAntipathie kommt, mit welcher den deutschen Arbeitern entgegen-getreten wird, die von ihren holländischen Arbeitsgenossen nichtmit Unrecht als Conkurrenten betrachtet werden. Mögen dieKorkschneider Deutschlands es sich daher reiflich überlegen, bevorsie verlockenden Versprechungen Folge leisten.— Unterzeichnet istder Aufruf von Jos. Wilh. Petersen, Carl Wendt, FranzStrusch und H. Vogeding.— Hessisches Volksblatt. Unter diesem Titel erscheintein neues Parteiorgan in Kassel unter der Redaktion von W.Frick in Bremen und W. Pfannkuch in Cassel; gedruckt wirddasselbe in der Genossenschaftsbuchdruckerei zu Bremen.— DerReichstagswahlkreis Kassel ist ein für die Sozialdemokratie gün-stiger; wir wünschen dem neuen Blatte gutes Gedeihen— 1880werden die Früchte nicht ausbleiben.— Sozialistenverfolgungen in Oesterreich. Wirtheilten schon mit, daß die österreichische Regierung„großartigenUmtrieben" der Sozialisten auf die Spur gekommen sei, unddaß in Folge dessen in Lemberg zahlreiche Haussuchungen undVerhaftungen erfolgt wären. In einigem Zusammenhange mitden Mittheilungen aus Lemberg scheinen uns die Nachrichten zustehen, welche jetzt aus Wien kommen und nach welchen auchdort Haussuchungen und Verhaftungen vorgenommen sein sollen.Es ist namentlich ein polnischer Arbeiterverein„Sila"(Kraft)und eine polnische Studentenverbindung Ogyasko(der Herd),welchen die Wiener Polizei ihre ganze Aufmerksamkeit zuwendet.Die Verhaftungen sollen sich auf Verbindungen mit der Jnter-nationale und anderweitige„politische Umtriebe" beziehen. Daswäre ja wahrhast entsetzlich, wenn's wahr wäre.— Die„Gleichheit" ist wieder einmal am 14. Juni inWiener-Neustadt consiscirt worden und zwar wegen des Leit-artikels:„Das Lohnsystem". In Oesterreich darf man be-kanntlich über Geld und Lohn gar nicht reden. Douai's Ar-tikel über das Geld wurden, wie unsere Leser wissen, auch con-fiscirt und dann ist der Dank(Lohn) des Hauses Habsbnrgebenso sprüchwörtlich, wie die Geldklemme, in welcher sich dervon diesem Hause regierte Staat befindet.— Bei solchem Bedrückungssystem ist es erklärlich, daß es in Wien eine Anzahlvon Sozialisten giebt, welche den Sieg Rußlands über dieTürkei, die dann bedingte Aktion Oesterreichs und dadurch möglicher-weise hervorgerufene Annexion Deutsch-Oesterrcichs an Deutschlandwünschen. Die österreichische Regierung mag sich dies merken undihre elende Verfolgungswuth mäßigen.— In Milwaukce erscheint seit einigen Wochen ein neuesCorrespoudenzen.Prüssel, 3. Juni. Vergangenen Sonntag wurde in Verviersein Meeting mit der Tagesordnung:„Der Strike in Seraing"abgehalten. Der Präsident, welcher die Versammlung 9 UhrAbends eröffnete, machte bekannt, daß zwei Delegirte, welcheman nach Seraing entsendete— damit sie sich überzeugen, obdie strikenden Arbeiter wirklich Ursache haben sich zu beklagen—verhaftet wurden. Durch diese zwei Verhaftungen— sagte er—habe die Behörde die Rechte verletzt, welche die Constitutionjedem Belgier verleiht. Ein Artikel der Constitution lautet:Man kann seine Meinungen in welcher Art immer äußern,vorausgesetzt, daß dies nicht mit bewaffneter Hand geschehe. Indiesem Sinne haben auch die Delegirten gewirkt. Man kannauch nicht sagen, daß sie den Strike hervorgerufen hatten, dennderselbe begann den 16. Mai und der eine Delegirte, Meunier,kam erst am 20. nach Seraing, während der zweite DelegirteE. Warnotte sich erst am 23. dahin begab und zwar als Bericht-erstatter des„Mirabeau". Die Verhaftungen seien daher alsungesetzliche zu verdammen und gegen das Vorgehen der Behördeenergisch zu protestiren. In ähnlichem Sinne sprachen nochmehrere Redner. Die ganze Versammlung war einstimmig inder Verurtheilung der ungesetzlichen Verhaftungen und derschmachvollen Handlungsweise der Behörden. Die Versammlungschloß um 11 Uhr, an Polizisten fehlte es natürlich nicht.Merlin. Uebcr unseren Wahlsieg schreibt die liberaleBerliner„Bürgerzeitung" unter der Wucht der vollendeten That-fache am 15. d. M. folgendes:„Der gestrige Tag ist somit ein höchst ominöser für dieFortschrittspartei gewesen, und die Niederlage, welche diesePartei gestern betroffen hat, ist eine Schlappe, die weit empfind-licher ist, als die des 10. Januar, da der damalige Ausgangder Wahlen in der Neichshauptstadt vielfach als eine Ueber-rumpelung aufgefaßt wurde. Das gestrige Wahlergebniß inunserem nördlichen Bezirk dagegen bedeutet den Ausgang einesKampfes, bei dem beide Theile in der Lage waren,mit gleichen Waffen zu kämpfen. Daß die Fortschritts-Partei, trotzdem es Niemand derselben unbewußt sein konnte,daß der Wahlkampf die Anspannung aller Kräfte erforderte, denSieg an ihre Fahnen nicht zu fesseln vermochte, ist ein harterSchlag. Bisher war, wie zugestanden werden muß, in allenliberalen Kreisen die Ueberzeugung wie ein Dogma verbreitet,daß die Rcichshauptstadt die unbeschränkte Domäne desFortschritts sei, und daß das Ergcbniß der Wahlen des10. Januar nie hätte zu Stande kommen können, wenn derGegner nicht unterschätzt worden wäre. Hatten doch in früherenJahren die anderen Parteien es kaum gewagt, einen Candidatenaufzustellen, in der Voraussicht, daß dies ein fruchtloses Be-mühen sein würde. Nachdem jetzt das Menetekel, welches der10. Januar dem Fortschritt an die Wand gemalt hat, nicht ver-hindern konnte, daß derselbe, als er gestern im 6. Wahlkreisegewogen wurde, zu leicht befunden worden ist, muß derNimbus dieser Partei nothwendigerweise eine Ein-büße erfahren, welche für die Zukunft derselben ver-hängnißvoll werden kann. Der Ausgang der gestrigenWahl ist nicht von großer Bedeutung, da es unerheblich ist, obdie Sozialistenpartei im Reichstage um einen Vertreter stärkerist oder nicht, auch erscheint uns der Umstand, daß ein großerWahlbezirk der Hauptstadt eine so colossale Anzahl sozialdemo-kratischer Elemente in sich birgt, ohne erheblichen Belang. Nacheiner Richtung hin aber ist das gestrige Wahlergebniß sogar fürunsere politische Fortentwickelung ganz werthvoll, indem dadurcheine wichtige Lehre ertheilt wird. Die Fortschrittspartei wirdnunmehr wohl in die eigene Brust greifen müssen und wirddann nicht umhin können, sich zu sagen, daß die Wahl Hasenclever's eine Art Protest bedeutet, für welchen die in derPartei vorhandenen Mängel verantwortlich zu machen sind.Wir erblicken diese Mängel freilich nicht lediglich in der Parteiselbst, sondern vorzugsweise in dem leidigen Umstände, daß ihrkeine Persönlichkeiten mehr zur Verfügung stehen, welche imStande wären, den alten Nimbus der Partei aufrecht zu er-halten. Nicht ohne Bangigkeit hat man sich seiner Zeit mit derThatsache abgefunden, daß, wo es galt, eine nach jeder Richtunghin hervorragende Persönlichkeit dem sozialen Gegner gegenüberzu stellen, man auf einen Candidaten reflektiren mußte, welchervon vielen, selbst befreundeten Seiten nur a contre-coeur Unterstützung finden konnte. Man wende uns nicht ein, daß es jetztsehr billig sei, an dem durchgefallenen Candidaten Mängel zuentdecken; die Dinge liegen vielmehr so, daß man während derWahlagitation aus erklärlichem Partei-Jnteresse mit der Kritikzurückgehalten hat, eine Zurückhaltung, die wir sogar nach derMoabiter Versammlung kaum recht durchzuführen vermochten.Wenn wir von der leidigen Vergangenheit absehen, so wird esals dringendste Aufgabe der Zukunft zu betrachten sein, daß dieBerliner Fortschrittspartei jede Ucberhebung aufgebe, damit ihrnicht noch mehr Sitze verloren gehen. Schon spannen dieSozialisten die Segel auf, um weitere Erfolge in den Hafen zubringen, und läßt sich leider annehmen, daß die Sozialdemokratiedem Fortschritt noch weiter das Terrain abgraben wird, wenndie Partei nicht in der Lage ist, Candidaten aufzustellen, welchegeeignet sind, alle nichtsozialistischen Stimmen auf sich zu ver-einigen und begeisterungsvolle Unterstützung zu finden. HerrnLöwe's Candidatur hat offenbar keine Begeisterung hervorgerufen,denn sonst hätten nicht zwei Fünftel der Wahlberechtigten, welchealler Vermuthung nach fast ohne Ausnahme Nichts ozialisten sind,die Hände in den Schooß gelegt."So die„Bürgerzeitung". Armer Löwe! Der Eselstrittkonnte nicht ausbleiben! Daß die Niederlage des„Fortschritts"eine endgültige sein soll, dafür wollen wir sorgen und— wirddie Fortschrittspartei sorgen. Zum Schluß noch HerrnEugen Richter unseren Dank für seinen durchschlagenden Erfolg.Schimpf- Eugen, der edle RitterWollt' dem Fortschritt wiedrum kriegenStadt und Fortschritts-Burg Berlin,Und er that ganz mördrisch lügen.Aber— es kam anders und— Fortschritt kam ganz aufden Hund. Herr Eugen Richter wird nächstens sein wohlbestalltesDiplom als Ehrenmitglied der sozialistischen Partei(mit Verlaubdes Herrn Tessendorff, seines Collcgen) erhalten.Mrcskau. Wie die„Wahrheit" berichtet, wird für die gewiß nicht leichte und angenehme Arbeit bei den hiesigen Kanalisationsbauten der Hungerlohn von ganzen 75 Pfennig für denTag bezahlt. Wer auch nur oberflächlich mit den hiesigen Ver-Hältnissen vertraut ist. wird zugestehen, daß kein Mensch, welcherschwer arbeiten, d. h. Kraft verausgaben muß, mit 75 Pfg.täglich durchkommen, ja daß er sich nicht einmal satt essen kann.Wie der Mann weiterhin Wohnungsmiethe bezahlen und sichKleider beschaffen, wovon er am Sonntage leben, wie er, fallser verheirathet ist, seine Familie ernähren soll, wird gleichfallsJedem unverständlich bleiben. Und doch ist einer der HerrenUnternehmer, der die Kanalisationsarbeiten in der Löschstraßeausführt, so— menschenfreundlich gewesen, seinen Arbeitern75 Pf. täglich als Lohn zu zahlen. In Folge dessen drohten,wie wir bereits vor einiger Zeit mittheilten, die armen Leutedie Arbeit niederzulegen, wenn man ihnen nicht 1 Mk. 20 Pfg.täglich gebe, gewiß der denkbar niedrigste Satz, das geringsteMaß dessen, was zur Existenz erforderlich ist. Daß der HerrUnternehmer auf diese gerechte Forderung einging, beweist un-seres Erachtens, daß er zur Zahlung des früheren niedrigenLohnsatzes keineswegs durch die Verhältnisse gezwungen war.Kirschverg, 18. Juni. Nachdem am 17. Mai d. I. hier-selbst ein Arbeiter-Wahlverein gegründet worden ist, fand am16. d. M. die erste öffentliche Versammlung statt, in welcherHr. Maximilian Schlesinger aus Breslau über„die Stellungdes Arbeiter- und Handwerkerstandes in unsrer heutigen Gesell-schaft und die Mittel zu ihrer Verbesserung" sprach. Die zahl-es war scherzhaft das verwunderte Gesicht des anwesenden Po-lizeilieutenants zu beobachten, als jeder einzelne auf den Rufantwortete und nebst seinen Hilfsmännern nach dem ihm be-stimmten Wahlbezirk abmarschirte.Bei Beginn des Wahlaktes um 10 Uhr war Jeder ohneAusnahme auf seinem Posten, in jedem Wahllokal saß der Ver-trauensmann mit seiner Wählerliste, vor jeder Thür standenmehrere Parteigenossen mit Stimmzetteln. Boten gingen regel-mäßig vom Hauptwahlbureau und von den Centralbureaux derentlegenen Theile des Wahlkreises(wie Moabit, Gesundbrunnen)in die einzelnen Wahlbezirke, um zu revidiren, ob alles in Ord-nung sei, um die Hilfsmänner nach dem Platze zu schicken, wosie am nöthigsten waren, und uni einzelne abzulösen. Doch fandsich selten Jemand, der abgelöst sein wollte; die meisten standenvon Beginn bis zu Ende des Wahlaktes ohne inzwischen Zeitzu haben, etwas zu essen.Wo eine Unregelmäßigkeit vorkam— und es sind wiederumin einzelnen Bezirken unsere Vertrauensmänner aus dem Wahl-lokal gewiesen— wurden sofort Boten an das Centralbureaugesandt, und alsbald war Hilfe da, um dergleichen Vorkomm-nisse zu rügen und rückgängig zu machen. Die Dickbäuche,Spießer und sonsttge Reaktionäre kamen gleich zu Beginn derWahl, und die Sache hatte somit anfänglich für uns kein gün-stiges Aussehen; schon triumphirten die Feinde. Aber bereitsum Mittag trat eine Wendung zum besseren ein, indem da erstdie Arbeiter und andere Männer aus dem Volke Zeit fanden zuWahlen.In allen Straßen deS Wahlkreises herrschte während desganzen Tages eine große Regsamkeit. Hier standen Gruppensortschrittlern und betrachteten höhnisch und im sichern Ge-fuh. des Sieges(Berlin ist ja für sie noch immer die festeBurg der Fortschrittspartei) unsere Parteigenossen, die eifrigu>rer Pflicht nachgingen; dort sah man ganze Gruppen vonWählern der Urne zueilen, von beiden Parteien mit ungewissenBlicken betrachtet, ob sie wohl Löwe oder Hasenclevcr wählenwürden; dort wieder sah man unsere Parteigenossen zusammenstehen und eifrig berathen, was noch zu thun sei.Von drel Uhr Nachmittags begann eine neue Phase desKampfes. Beide Parteien hatten aus ihren Listen die säumigenGenossen aufgezeichnet und sandten Boten in die Wohnungen,um sie an ihre Pflicht zu mahnen. Sehr viele von unserenParteigenossen fanden erst gegen sechs Uhr Zeit, ihrer Wahl-Pflicht zu genügen und viele wurden zurückgewiesen, weil sie erstkommen konnten, als die Wahlhandlung schon geschlossen war.Rechnet man dazu, daß tausende von Arbeitern(nicht über-trieben!) gar nicht wählen konnten, weil sie theils in entlegenenStadttheilen Berlins, theils sogar außerhalb in Arbeit standen,so kann man sich die Majorität denken, die wir erzielt habenwürden, wenn die Wahl an einem Sonntag gewesen wäre.Nach Schluß der Wahlhandlung bewährte sich unsere Orga-nisatton wiederum vortrefflich.Sofort nach Feststellung des Resultates in den einzelnen Be-zirken eilten die Vertrauensmänner in ihre Centralbureaux oderauch direkt in das Hauptbureau in� der Norddeutschen Brauerei,wohin dann auch mit äußerster Geschwindigkeit die zusammenge-zogenen Resultate aus den einzelnen Unterabtheilungen gebrachtwurden. Den im Hauptbureau Ankommenden bot sich einäußerst lebendiges Bild dar. Der große Saal der Norddeut-schen Brauerei war angefüllt mit 4—5000 Menschen, und einenoch größere Anzahl stand im Garten, so daß die anwesendeMenge sich wenigstens auf 10,000 Mann belief. Nachricht umNachricht lief ein, in äußerster Spannung verharrten die An-wesenden, bis endlich kaum zwei Stunden nach Schluß derWahl der Sieg unter unbeschreiblichem Jubel verkündet wurde.Darauf bestieg der wiedergewählte Abgeordnete Hasenclever dieTribüne und hielt, von rauschendem Beifall empfangen, eine kurzeAnsprache, worin er den Wählern seinen Dank aussprach undzu thatkräftigem Eintreten für die Wahl im fünften Wahlkreiseaufforderte. Zum Schluß wurde mit allgemeiner Begeisterung dieArbcitermarseillaise angestimmt und erst spät und nach wieder-holten Hochrufen auf Hasenclcver und die Sozialdemokratietrennte sich die Menge. L!.— Eine wahre Geschichte. Unser Berliner Parteiorganschreibt: Einen alten, behäbigen Spießer— prägnanter BerlinerTypus— dem die durch ihre Blödsinnigkeit denkwürdige Rede„Eugen, des edlen Ritters", nicht vom Familientisch gekommen,der wochenlang von Petroleum, großem Zuchthausstaat, Theilenund Demagogie geträumt, sahen wir am Morgen nach der Wahl; im 6. Wahlkreise in der Brunnenstraße an einer Litfaßsäulestehen. Mutter hatte ihm eben vielleicht die haarsträubendenResultate der Wahl in Bezirken zusammengestellt, aus der Jeder-manns-Zeitung vorgelesen und suchte er nun in der frischen Na-tur seiner bedrängten Brust Luft zu schaffen. Hatte er dochnoch gestern um halb 6 Uhr gerettet mit dem Stimmzettel desgroßen Polizei-Kneesen Madai. Lieber die Russen, als dieSozialdemokraten— und nun... Alles verloren! Richter unddie Rede, Levy und die Wahl. Va banque! Wie ein Mühlenrad ging's ihm im Kopf herum. Man wird keine neuen Ge-schäfte mehr übernehmen, man wird zum Juli im großen Maß-stabe die Wohnungen kündigen, die Wohnungen werden leerstehen, keinen neuen Handel wird man entriren, kein Haus mehrbauen, abgebrannt die Stätte... ihm schwindelte... seineHypotheken... Da las er:„Hohenzollern-Park. Sozialisten-Abend". Nein, das war zu viel! Hohenzollern... auch Du,Brutus? Fort stürzte er nach Hause. Wir grüßten ihn, er hörte,er sah nichts. Erst seinem Sohne soll es am späten Nachmit-tage gelungen sein, seinem alten, so schwer bedrängten Bater dieberuhigende Versicherung gebracht zu haben, daß er sich amMorgen unbedingt versehen haben müsse. Da stände es l« deutlich— Solistcn-Abend.— Der Musterdichter,-Literaturgeschichtsschreiber und-Tlieaterkritiker(„Wortschwall-" Gottschall spricht im„LeipzigerTageblatt" vom 15. d. von dem„theatralischen mixeä-pickle desAbends"(.— mit welchem(Stücks das theatralische mixoä-iiioülo desAbends abschloß"). Wenn Herr Gottschall kein englisch versteht, dannsoll er keine englischen Ausdrücke gebrauchen. Die Engländer kennenwohl mixeü pickles(in der Mehrzahl)— das heißt wörtlich ver»mischte Pö ckelsachen: ein Gemisch von Gürkchen, Bohnen, StückenBlumenkohl u. s. w. in scharfgepfeffcrter Sauce; aber ein mixeck pickte(in der Einzahl) kennen sie nicht, und zwar aus dem einfachen Grund,weil es ein ususoos ist. Ein einzelnes piekte kann unmögltch mrie»sein, das wird Herr Gottschall hoffentlich begreisen, und wenn nicht, somöge er sich das Verschen des Gassenhauers zu Gemüth führen:„Es müssen ihrer Zweie sein."Zum Mindesten zwei, Herr Hofrath! Und daß wir Ihnen»rKleinigkeit„aufgestochen"— Sie erinnern sich doch der.TagebtMlltkottz über den„Sprachfehler" im französischen„Vorwärts"<Telegramm,der kein Sprachfehler war?