ServiS reichlich vorhanden wären.*) Demnach bezog sich die »Nothvendigkeit einer Ausnahme" nur auf die Lireraten der höhern Lehranstalten, weil dieseFreudigkeit zur Ausübung ihres Berufes haben müßten," sie auchder Stadt tüchtige Bürger erziehen." Herr Doctor, dieses sind nichttheils unrichtige Angaben, theilt Entstellung und Verdrehung der von Ihnen gesprochenen Worte." Gestatten Sie mir aber auch, daß ich zu Ihren Prämissen die mit logrscher Conseqner.z sich ergebende Conclusion setze. Diejenigen Lehrer, welche die 95 Prozent der Scküler, nämlich die schon an sich durch unsere sozialen Verhältnisse höchst stiefmütterlich bevachten Kinder des armen Volkes erziehen, sind de« ServiS nicht be- nöthigt, weil hier die von Ihnen angeführten Gründe nicht vor- liegen, nämlich:sie brauchen keine AmtSsreudigkeit, erziehen auch keine tüchtigen Bürger." Kann wohl dem Volke ein ärgerer Schlag in« Angesicht gegeben werden? Allerdings dachten Sic wie Tal' leyrand: la parole est donn�e pour d�guiser la pensöe"**) und spre­chen die nothwendige Folgerung nicht aus, haben also in den Aage» der UrtheilSlosen ein gewisses Scheinrecht, sich mit dem ganzen Stolze Ihrer politischen Größe zu umgürten und dieseunsinnige Aeußerung" alsnicht gethan" zu bezeichnen. Das einfache Factum aber läßt sich trotz Ihrer sonderbaren Argumentation nicht weg- leugnen, Sie haben Ihren ganzen Einfluß gelteud gemacht, namenl lich auch den Thcil der MagistratSvorlage, welcher sich auf die den Elementarlehrern zu gewährende WohnnugSentschädigung bezog, zum Falle z« bringen. Ein Mann, dem die Fördernng deS Volks- wohleS und besonder« der Volksbildung nicht bloS auf der Zunge, sondern auch am Herzen liegt, hätte anders handeln müsse«. Wir Elementarlehrer(ich rede hier im Sinne der meisten hiesigen Collegen) sind indessen schon zu sehr davon überzeugt, daß die meisten der sogenannten Volksbezlücker in ihrem Herzen doch dem Grundsätze hulvigen:Odi profanum vulgus et arceo."***) Hof­fentlich wird sich auch in anderen Kreisen allmählich die Ansicht Bahn brechen, daß der ScheinliberaliSmus der gefährlichste Feind einer gesunden Volksbildung ist. Schließlich will ich noch con- statiren, daß� Man gerade in der Kantstadt nicht nur unfern Stand ruhig weiter darben läßt, sondern jede segensreiche Einwirkung der Volksschule dadurch zu verhindern sucht, daß einzelne Stadt- verordnete, welche von unserm Schulwesen nicht die blasseste Ahnung haben, die Achtung der Lehrer geflissentlich untergraben, beispielS- weise durch Bergleiche mit Holzhackcrn, strikenden HandwerSzesellen und dergl. Jnvectiven mehr. G. Hawacker." Von Obigem in Kenntniß gesetzt, schrieb Iacoby an uns wie folgt: Königsberg  , den 21. Juni. In Nr. 52 deSVolksstaat" ist die Rede, welche ich am 22. Decbr. v. I. in der Königsberger Stadtverordneten Verfamm- lung hielt, treu wiedergegeben; wer sich die Mühe nicht verdrieße» läßt, meine damals gesprochenen Worte mit den Vorwürfen des Herrn Hawacker(in der Berliner  Pädagogischen Zeitung" vom 12. Juni c.) zu vergleichen, wird sich von der Grundlosigkeit der letztern überzeugen. Will Hexr H. mich für einenVertreter der wohlhabenden Bourgeoisie" halten, so soll ihm dies nnbenommen bleiben; unsere Bourgeois dürften hierin anderer Ansicht sein. Der Schlußsatz der Hawackcr'schen Expectoration bezeugt übrigens zur Genüge, weß Geistes Kmd der Verfasser ist: nach meinem Dafürhalten ist ein tüchtiger bescheidenerHolzhacker  " oderstrikender HandwerkSgesell" bei weitem höher zu stellen als ein untüchtiger arroganter Lehrer gleichviel, ob letzterer in der Volksschule oder in einem Gym- nasium unterrichtet." In Hannover   haben unsere Parteigenossen folgenden Wahlaufruf erlassen: Aus zur Wahl! Wähler in Stadt und Land! Bürger und Arbeiter Hannover  «! Mittwoch den 4. August d. I. findet die Ersatzwahl zum Deut- schen R-ichStage statt. Dieser Tag bietet Euch Gelegenheit, Eurer fittlichen Entrüstung Ausdruck zu geben über die in Deutschland  wuchernde Gründer- und Schwindelwirthschaft, Blut- und Esseu- Politik. Männer de» Volks! Solleu die Wucherer und Börsenspieler daS Volk bi« auf'« Hemd ausziehen? Soll der Mittelstand durw da« Großkapital völlig zu Grunde gerichtet und in Hunger und Elend gestürzt werden? Soll der fleißige Arbeiter bei der jetzigen, durch Schwindel hervorgerufenen Geschästsstockung hungern und betteln? Soll es den Fabrikanten noch ferner freistehen, die Arbeiterfamilien zu zerreißen, um Mutter und Kind zur Fabrik- arbeit zu pressen? Soll der Bürger noch länger seine sauer erworbenen Groschen in da» bodenlose Faß werfen müssen, in dem die fünf Milliarden verschwunden find? Soll der Landmaun unter dem drohenden Steuerdruck so weit herabsinken, daß Wucherer und GüterauSschlachter ihn ungestraft von Hau« und Hof treiben? Sollen Eure Söhne, Ihr Hannoveraner, wiederum-- Wähler! Ueberlegt Euch diese Frage, wie eS ernsten Männern geziemt, und handelt alsdann auch als Männer, ohne Furcht und Ansehen der Person, wie eS Euch Eure Erkenntniß und Euer eigenes Interesse gebietet! Stellt den rechte» Mann an den rechte« Platz! Wählt den Cigarrenhändlcr Friedrich Wilhelm Fritzsche au« Leipzig  , zur Zeit wohnhaft in Berlin  . Seine ganze Vergangenheit bürgt Euch dafür, daß er da« Wohl de« Volkes mit Verständuiß und Much   vertheidigen wird. Geboren in den ärmlichsten Verhältnissen hat er die Noch des Voltes in so reichem Maaße kennen gelernt, daß er e« zu seiner Lebensaufgabe machte, gegen die Ursachen dieser Roth in Staat und Gesellschaft unermüdlich anzukämpfen. Die« hat er vor Allem gezeigt al« Mitglied des Norddeutschen Reicksiogs und des Zollparlament« in den Jahren 1868 1871 bei Berachung der jetzigen Gewerbeordnung. Er kämpfte dort gegen die Freigebung des Wuchers und die Entfesselung deS Groß- kapital«, durch welche, wie er schon damals voraussagte, der Mittel- stand, Handwerker wie auch Landleute, zu Grunde gerietet wird. Er brandmarkte die Thraunei in den Fabriken und die entsittlichende Frauen- und Kinderarbeit i» denselben. Als die Nationalliberalen für das Linsengericht des Eisenzolls dem armen Wann durch Steuererhöhuug den Kaffee verthcuerten, wirkte und stimmte er dagegen, wie überhaupt gegen die seit 1866 Mode gewordene Uederbürdung mit Steuern. Während unsere Politiker sich wie Wetterfahnen nach dem Berli"« Winde drehen, hält er unerschrocken seit dreißig Jahren das Banner der Freiheit hoch, und setzte selbst sein Leben dafür in die Schranke». Im Jahre 1348 kämpfte er gemeinschaftlich *) Siehe KönigSb.Hart. Ztg." Nr. 305. Jahrg. 1874. Note de« Hrn. Hawacker. ") Die Sprache ist gegeben, um die Gedanken zu verhüllen. *") Ich hasse da« gemein» Boll und halte c« mir vom Leibe. mit den Hannoveranern als Freiwilliger in Schleswig-Holstein  ; 1349 von den Preußen in Dresden   gefangen genommen, entging er kaum dem Standrecht und büßt: seine Liebe znr Freiheit mit Jahre langem Kerker. Und so wie damal«, so stand er auch 1866 und 1370 und so steht er noch heute für daS Selbstbestimmung«- recht und die Freiheit de» Volkes gegen jeden Rechtsbruch, gegen jede Gewaltherrschaft, gegen jede Annexionspolitik. Darum Hannoverauer! wählt diesen Mann, wählt Friedrich Wilhelm Fritzsche  , den im Kampf ergrauten Streiter für Wahrheit, Recht und Freiheit. Fritzsche ist allerdings kein Mann, der goldene Berge verheißt und die Herrlichkeit de« Deutschen Reich« bis in den Himmel preis't, wie die Avvocaten, Doctoren, G-heimräthe u. s.«., welche am Wahltage de« Volke schmeicheln, darnach aber sprechen:der Mohr hat seine Schuldigkeit getbau, der Mohr ka»ll gehen." Aber Fritzsche hat uns das schlichte Versprechen gegeben, im Fall seiner Wahl offen und gerade' zn spreche» und zu stimmen, dort wo jetzt die Interessen der Reiche» und Mächtigen die Oberhand haben. Wer nicht arbeitet, der soll auch uicbt essen! Dem Ochse» aber, der da drischt, soll man daS Maul nicht verbinden! Darum wird er gegen Ausbeutung, Wucher und Schwindel schonungslose Strafgesetze, für die Arbeit aber Gesetze zu Schutz und Schirm verlangen, damit Familienleben, Sonntagsruhe, tüchtiger Volk«- Unterricht und auskömmlicher Verdienst Jedem zu Theil werde, der durch redliche Arbeit der Menschheit nützt. Nationalliberale werden um Eure Banst buhlen und bitten, einen schwarz, weißen Geheimrath zu wählen. Antwortet ihnen: Ihr Nationalliberale» habt die Freiheit verratheu, habt das Recht mit Füßen getreten, den Schwindel derart großgezogen» daß das ganze Volk hungert! Euch haben wir e« zu danken, daß der Steuerdruck unerträglich ist, daß wir mit zweiundvierzig Jahren al« Laadsturmleute au« der Familie gerissen werden können, um die Flinte zu schleppen, daß unsere Söhne drei Jahre lang in den Kasernen liegen müssen. Wir danke» für solche Volksvertreter, wir wählen Friedrich Wilhelm Fritzsche  . Die sogenannte hannoversche Partei behauptet, sie kämpfe für Wahrheit, Freiheit und Recht, der König Georg«erde wieder euf den Thron steigen, dann sei die Zeit gekommen, wo jeder Bauer sein Huhn im Topfe haben werde. Sagt ihnen: Wir wollen die Wahrheit, wir wollen die Frei- heit, wir wollen das Recht. Aber die Freiheit kann nur err»ngcn werden, wenn da« ganze arbeitende Volk Deutschland  « wie ein Mann dem preußischen Jankerthum entgegentritt, nicht aber durch eine Bewegung, die sich blo« auf Hannover   beschränkt. Die Wahrheit muß gewiß über die Lüge triumphiren. Wahrheit ist aber vor allen Dingen, daß das Volk darbt. Wahrheit ist e», daß das Volk geistig und sittlich verkommen muß, wenn seiner Roth kein Ende gemacht wird! Darum, wenn Ihr gelehrte Herren uns vertröstet auf die Wiederaufrichtung eine« Welfenrciche«, und verlangt, wir sollen dem zu Liebe so lange ausharren in der Nsth, so ist das nicht Wahrheit, sondern Lug und Trug! Wir wollen daS Recht, aber wir wollen daS volle, ganze, gleiche Recht für Alle, keine Vorrechte de« Adel  « und des Kapital«. Wir wollen, daß daS Recht zur Macht«erde, nicht aber, daß Macht Recht sei; darum markten wir nicht mit Herrn von Bis- marck um zweijährige Dienstzeit de« stehenden Heere«, sondern fordern die freie VolkSwehr. Und deshalb auch wenden wir nn« von Euch und wählen den Ca»didatcn de« arbeitenden Volkes: Friedrich Wilhelm Fritzsche  . Auf! Alle Mann zur Wahl! Hannover  . DaS Arbeiter-Wahlcomits. (Soeben wird unS au» Hannover   mitgetheilt, daß der Wahl- aufruf konsiSzirt fei, wa« uns veranlaßte, etliche Streichungen vor- zunehmen. D. R.  ) Gewerksgenossenschaftliches. Allgemeiner deutscher   Schueidervereiu. Leipzig  , 25. Juli. GewerkSgenossen und Collegen! Immer näher rückr»er Tag de« Congreste« heran, nur noch wenige Tage und die Verhandlungen beginnen. Wir«ollen deshalb nicht unter- lassen, Euch nochmals an die Wichtigkeit diese« Congrcsse« zu er- innern. Von Wichtigkeit ist derselbe nicht nur für die Genossen- schaft, die Lokal- oder Fachvereine, sondern auch für Alle un« bi« jetzt noch fernstehenden keiaer Verbindung angehörenden Collegen, weshalb e« dringend nolhwendig ist, daß auch überall Delegirte entsandt werde». Collegen! Es soll ein Bund gestiftet werden, der»n« Alle gemeinschaftlich umschlingt. Pflicht der Mitgliedschaften der Ge- werkschaft, sowie der Fach- und Lokalvereine ist e«, überall in den Orten, wo eS ihnen möglich ist, für die Beschickung deS Congresse« zu wirken. Wir hoffen, daß Jeder seine Pflicht, jetzt wo e« noch Zeit ist, auch erfüllt. Der Congreß wird, wie bereit« angezeigt, den 8. und 9. August hier in Leipzig   abgehalten und zwar im Eldorado 1. Etage, Pfaf- feudorferstraße, wo auch die Delegirten empfangen werden. Alle Delegirten ersuchen wir nochmals dringend, sich bei Un- terzeichnciem rechtzeitig anzumelden, da wir in Betreff der Nacht- quartiere für nichtangemeldete Delegirte keinp Verantwortung über- nehmen können. Mit brüderlichem Gruß I. A.: Ludw. Witt, Neumarkt   29. !7B. Alle Arbeiterzeitungen ersuchen wir um Abdruck Diese«. HSerkin, 23. Juli.  (Agitatio»Sbericht.) Aus Wunsch der Ver- waltung unsere« VereirS beschloß die hiesige Mitgliedschaft eine Agitation in Mecklenburg   und wnrde Unterzeichneter hiermit be- auftragt; ich hielt in folgenden Orten öffentliche Schneiden) ersamm- lungen ab: in Schwerin  , wo ich überdie Produktton de« Schnei- dergewerbe« und den Allgemeinen deutschen Schneiderverein" rc- stritte. Etz zeichneten sich einige 20 Mann al« Mitglieder in den Verein ein. Von da ging ich nach Lübeck  , wo sich eine den Ber  - hältuissen angemessene, gute Mitgliedschaft bildete. In Rostock   war der ganze Orisverein(dieser ist dort, weil nicht« Besseres existirt, unter den Schueideru stark vertreten), erschienen; nachdem ich ge- endigt und der Vorsitzende mehrmals vergeblich zur Interpellation aufgefordert hatte, zeichnete» sich mehrere OrtSvereinSmitglieder in unfern Verein ein. ES kamen sogar einige Collegen zu mir und stagten mich, ob ihnen der OrtSvercin etwas anhaben könne, wenn sie bei uns eintreten und dort austreten würde». Ich gab den Collegen die nöthige Aufklärung und dieselben zeichnete» sich bei un« als Mitglieder ein. Es traten in Rostock   30 Mann unserem Verein bei. Von Rostock   ging jch nach Güstrow  . Hier war e« noch nie dagewesen, daß eine öffentliche Schneiderversammlung stattgefunden hatte. Es hatten sich denn auch die gesammten Kieinmeifier mit ihren Arbeitern eingefunden. Nachdem ich in meinem Vortrag klargelegt, daß die Kleinmeister heute mit dem Großkapital nicht konknrrireu könnten und erstere im Konkurrenz- kämpf unterliegen müßte», und nachdem ich die heutige ProduktionS- weise erläutert und zur Einigkeit und festem Zusammenhalten er- mahnt, zeichnete» sich in dem kleine» Güstrow   16 Mann in den Verein ein. Ich will hier nicht unerwähnt lassen, daß ich, al« ich am andern Tage einige unserer Collegen bei dem Schneider- meister Bötesttr(Großfabrikant) i» der Werkstatt besuchte, eine sogenannte Fabrikordnung vorfand. Der Herr Bölefür in Güstrow   i. M. schreibt seinen Arbeitern vor, wann sie des Mor- gen» aufstehe» müssen, wann sie aus der Werkstatt sein müssen, wann sie frühstücken könne», wann sie Mittag halten, wann sie vespern, wann sie aufhören können mit der Arbeit. Die Arbeit«- zeit währt den einen Monat von früh halb 6 bis halb 10 Uhr Abend«, den andern Monat von 5 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abend«»«d so geht eS von Monat zu Monat fort, je nach der Coojunct»r deS Geschäfts. Auch hat der betreffende Herr Böte- für ei»en Lohntarif in seiner Werkstatt, aber derselbe ist so ein- gerichtet, daß e» dem Herrn Geschäftsinhaber frei steht, zu jeder Zeit und bei jedem Stück mit dem Arbeiter zu handeln wie e« christlicher Juden Manier ist. Kurz, ich empfehle allen College  » und»amewtlich unseren Dresdner   Collegen, weil der Herr Bötefür seine Arbeiter meistentheil« auS Dresden   kommen läßt, die Werk- statt des Herrn Bötefür in Güstrow   i. M. In Hagenau  , WiS- mar, Bützow  , Neubrandenburg   war e« mir der Kürze der Zeit halber theilweise nicht möglich, Versammlungen abzuhalten, aber e» werden die Collegen in diesen Orten auch ihr Möglichstes thun, damit der Verein dort Boden gewinnt. Collegen in Mecklenburg   und Lübeck  ! Arbeitet jetzt mit un« weiter au der Emanzipation»nsercr College», damit wir in einer festen Phalanx gegenüber»nsern Unterdrückern stehen.Mann der Arbeit, aufgewacht,»nd erkenne Deine Macht; alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm eS will". Allen Collegen für die freundliche Aufnahme meinen besten Dank. Mit collegialischem Gruß L. Höppner. Ich ersuche Herrn Bruns(Lübeck  ) um seine Adresse. Fachverei« der Tischler. Sök«, 24. Juli. Ja der Generalversammlung am 5. Juli und in der folgenden Sitzung wurde die Gründung einer Pro- duktiv-Genossenschast beschlossen,»nd zu diesem Zwecke ein Comitö von 5 Mitgliedern gewählt, welche« die Ausarbertung der Statuten und alle übrigen Vorarbeite» zu besorgen hat. Die Genossen- schaft soll vorerst für das Baufach eingerichtet werde» und später, sobald die Möglichkeit vorhanden ist, auf da« Möbelfach ausgedehnt werden. Das Betriebskapital soll durch Autheilscheinc beschafft und dieselben so gestellt werden, daß jede« Vereinsmitglied sich daran betheiligeu kann. Da uns voraussichtlich große Kapitalien nicht zur Verfügung stehen werden, so soll der Betrieb anfänglich mtt wenigen Kräften begonnen und allmälig, je nach Bedürfniß, neue Kräfte hinzugezogen werden, jedoch soll nie daS System, Gesellen zu halten, eingeführt werden, sondern Jeder, der mitarbeitet, muß Theilhaber des Geschäfts sein. Die gegenwärtigen Mitglieder sind sich der Schwierigkeit der Aufgabe bewußt, welche sie zu er- füllen haben, und geben sich dieselben durchaus keinen Täuschungen hin, fall« nicht alles nach Wunsch gehen sollte. Der leitende Ge- danke bei der Gründung war hariptsächlich: 1) Ein sichere« Asyl für etwa durch die Agitation G-maßregelte zu schaffen; 2) einmal aus diesem Gebiete eine Probe durchzumachen, um später mit mehr Erfahrungen ausgerüstet zu fein; und 3) da die Tischler in Cöln bis jetzt noch keine Arbeitseinstellung durchzumachen hatten, welche große materielle Opfer verlangte, sondern alles dasjenige durch praktische Agitation erreicht haben, was an andern Orten erst durch Ausbringung von Tausenden von Thlrn. erreicht werden konnte, glauben wir keinen Fehler zu begehen, wenn wir die zu be- schaffenden Mittel für diesen Zweck verwenden. Wir ersuchen daher im Jutcresse der Sache alle hiesigen Ge- sellen, sich dem Fachverein der Tischler anzuschließen, um nach Kräften da« ueue Unternehmen unterstützen zu Helsen  . Brudergruß Da« Comitö. Correspoudenzen. Z>effa«.Wieder einmal ist der Staat glücklich ge- rettet!" Am 15. Juli, Morgens nach 8 Uhr, begab ich mich zur Polizeidirektion, um eine am 16. Juli abzuhaltende VolkSver- sammlung anzumelden, wobei ich gleichzeitig ein Plakat einreichte, welche« ich ankleben wollte. Jedoch erst kurze Zeit zu meiner Ar- beit zurückgekehrt, kam ein Polizist und lud mich ein, zur Polizei zu kommen. Hier mußte ich nun bis gegen 12 Uhr warten, ehe ich vorkam; nun wurde ich geftagt, ob ich Derjenige sei, der die Versammlung angemeldet habe. Als ich dies bejahte, meinte der Herr Assessor, ich sei mir wohl der Tragweite meiner Schreibweise uicht bewußt, denn sonst könnte ich ein gesetzlich konzessionirteS Bcatt nicht Lügen strafen wollen. Die Tagesordnung lautete nämlich: Die Lügenhaftigkeit der Presse und derAnhaltische StaatS-An- zeiaer"", Referent: W. Fink aus Leipzig  . Ich setzte dem Herrn Assessor auseinander, daß die Tagesordnung denStaats-An- zeiger" der Lügenhaftigkeit nicht beschuldige, trotzdem jenes Blatt perfid genug gegen die Arbeiter vorgehe. Im Laufe dieser Ver- Handlung mußte ich u. A. folgende Worte hören:Sie kleiner Mann, wo kriegen Sie denn die Courage her, eine Versammlung cinzuberusen", oder:bei Ihnen klappert'S wohl u. s. w." Dann wurde mir auch gesagt, daß die Plakate nicht angeschlagen werden dürften; aus meine Frage, weshalb nicht? erhielt'rch die Antwort: Mit derartigen Sachen lasse ich die Häuser nicht bekleben." Ich entgegnete dem Herrn, dies nur an den gesetzlich bestimmten Otten thun zu wolle». Ich erhielt aber die einfachste aller Antworten: Auch da nicht." Doch wurde mir der Bescheid, daß ich die BersammluugSbescheinigung bekommen könnte, Plakate dürfte ich aber nicht anschlagen, ich sollte auch gleich auf die Bescheinigung warten. Nach einigen Minuten wurde ich wieder gerufen und ge- fragt, ob ich die Versammlung au« eigenem Antriebe einberufe und ob ich den Redner auS freiem Willen hierher kommen ließe. Meine hierauf ertheilte Antwort wurde notirt und meine Personal- beschreibung ausgenommen. Darauf wurde mir gesagt, daß ich die Bescheinigung nicht erhalten könne, weil ich noch nicht einmal be- rechtigt sei, einer Versammlung beizuwohnen, noch viel weniger eine einzuberufen, und zwar, weil ich noch nicht majorenn sei. Ich bin erst 20 Jahre alt. Nun, Arbeiter Dessau  '«, möchte ich noch einige Worte a» Euch richten. Schüttelt ab Eure alte Gleichgültigk-lt, tretet ein in die Reihen der Kämpfer gegen den Unverstand der Massen und gegen die Kapitälmacht; lange genug haben Einzelne jür Euch gelitten und gedarbt, zeiget jetzt, daß auch Ihr vom Kelche der Erkenntniß getrunken, zeiget, daß Ihre wahre Männer eid, und zeiget auch, daß Ihr jetzt zu handeln versteht. Tretet mit offenem Visir Euren Feinden entgegen, nur dadurch werdet Ihr Euch die Achtung vor Jedermann erringen. Und Ihr, vre Ihr schon länger»nser Prinzip kennt, die Ihr schon länger mit Ausdauer für die Befreiung der Menschheit kämpfet, laßt Euch