Nr. 133 BEILAGE
Neuer Vorwärts
29. Dezember 1935
Heroische Weltauffassung?
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voraus.
Zu Rudolf Oldens Hitlerbuch
Es nützt
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wer
Einige allgemeine Bemerkungen über] Und nun liegt binnen kurzem die zweite Statisterie verwenden. Gelegentlich hu-| wird, wenn sie einmal gesiegt haben Biographitis ohne Bezugnahme auf den Hitlerbiographie auf dem Büchertisch der schen ein paar markante Figuren, wie werden. besonderen Fall Wer helfen will, diesen Sieg vorzubedeutschen Emigration, Rudolf Oldens» Hit- Stresemann oder Dimitroff vormuß der Ideologie des Die Biographitis ist als Zeitkrankheit ler«, der im Querido- Verlag in Amsterdam über. Dagegen kann er mit W els absolut reiten, der eine Begleiterscheinung des Faschismus, erschienen ist. Olden hat gegenüber Kon- nichts anfangen; das bißchen Mut, mit» Bürgertums< zu Leibe gehen. und wie dieser durch wirtschaftliche Ver- rad Heiden, dessen Buch hier schon dem er die Erklärung der sozialdemokra- nicht viel, zu beweisen, daß der Führer hältnisse bedingt. Der Kapitalismus be- besprochen worden ist, seine Vorzüge und tischen Fraktion gegen Hitlers Ermächti- ein Dummkopf und ein Schurke ist friedigt und reguliert nicht nur die mate- seine Fehler. Er ist taktvoller, weil er gungsgesetz abgegeben hat, kann ihm nicht glauben will, wird ihn doch für ein Genie riellen, sondern auch die geistigen Bedürf- vom Psychologischen mehr Distanz hält, imponieren, und die phrasenlose, jeder fal- und einen Heiligen halten. Erst wenn benisse der Gesellschaft, und er tut es auf aber er ist dürftiger, weil er auf jeden schen Kraftmeierei aus dem Wege gehende wiesen wird, daß an diesen aufgeblähten seine Weise nach dem Prinzip, daß kleiner Versuch verzichtet, den Fall Hitler sozio- Sprache der Erklärung imponiert ihm erst Größen alles nur Flitter und Plunder ist, Gewinn bei großem Umsatz großen Ge- logisch zu erklären. recht nicht. daß sie nur Puppen sind, die der Strom der großen Ereignisse vor sich her treibt, >> Wir dürfen uns über die Kräfte im Geschobene in Wirklichkeit, so sehr sie neuen Deutschland nicht täuschen«, sich bemühen, als die Schiebenden zu er
winn bringt. Sport und Film haben das Olden versucht es rein politisch. Er Interesse am Persönlichen übersteigert und sieht in Hitler das Werkzeug, mit dessen
dazu geführt, daß auch die großen Ereig- Hilfe sich die Reichswehr von den Fesseln schreibt Rudolf Olden .» Der Liberalismus, scheinen, erst wenn der» Führer«, der nisse längst wie jüngst vergangener Zei- von Versailles befreit hat. Gewiß steckt
Büchermarkt.
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ist heute» Duce« mit seiner großen Filmpose für das
ten durch die Brille des Kino- und Sport- auch in dieser Auffassung ein Stückchen der politisch nie mächtig war, publikums gesehen werden. Personen tre- Wahrheit aber noch ehe Hitler an die nahezu tot, aber auch der Sozialismus, die Volksbewußtsein eine ebenso komische Fiten auf und handeln; die Masse kommt Macht kam, werden die Fesseln von Ver- Kraft des Proletariats, ist gelähmt, ist gur geworden sein, wie der Märchenkönig nur noch als ekstatisch erregter Zuschauer sailles den Generalen schon sehr wenig paralysiert. Es wäre falsch, Hoffnungen mit Bart, Krone und Purpurmantel- erst dan wird die Morgenröte einer freien Zeit in Betracht. Die. Lebensgeschichte der Sorge bereitet haben war doch von für morgen auf die Arbeiter zu setzen.<< hereinbrechen. Es muß hinter dem gegroß auftretenden, dramatisch handelnden ihnen nicht mehr viel übrig geblieben. Aber Das ist so richtig, daß man nicht nur spreizten Getue politischer SchmierenkomöPersonen wird marktgängige Ware auf dem wie Hitler den verbliebenen Rest aufhob, nicht für morgen, sondern sogar auch für dianten wieder die Realität der Massenbesah und unter dem Jubel des dankbaren Damit ist auch zunächst ein geistiger Publikums zerriẞ übermorgen keine Hoffnungen auf die Ar- bewegung und der Klassenkämpfe sichtbar das hätte auch unter beiter setzen darf. Aber hinter dem Ueber- werden, um die Welt aus diesem Krampf Kampf entschieden, der in der Jugend der der Regie von Ernst Lubitsch nicht beszu Gesundheit, Ehrlichkeit, Arbeiterbewegung eine große Rolle ge- ser gemacht werden können. Den Offizie- morgen kommt auch noch ein Tag, und zu lösen, sie alles kommt darauf an, ihn vorzubereiten. Wahrheit zu führen. Vielleicht werden spielt hat. Man stritt damals um die ren wird das sehr imponiert haben, besonheroische Weltauffassung des englischen ders den naiven, die ja sehr zahlreich sind. Das haben diejenigen Arbeiter in Deutsch - dann weniger Biographien erscheinen, aber land begriffen, die nur seinetwegen ins| dafür wird es wieder mehr Verständnis Historikers Carle. Die preußischen GeIn Wirklichkeit war die Reichswehr so- Zuchthaus gehen, die namenlosen Soldaten geben für die phrasenlose, posenlose, sachschichtsprofessoren waren mit ihm ganz einer Meinung, daß es> Männer« sind, die wohl Hitler wie auch dem Problem der der deutschen Freiheit, um die sich heute lich- nüchterne und tiefmenschliche BeweGeschichte machen, denn in dieser Auffas- allgemeinen Wehrpflicht gegenüber direk- niemand kümmert, vor denen die Welt aber gung der deutschen SozialdemoGroener, Seeckt und desto vollere Weihrauchfässer schwingen kratie. Friedrich Stampfer. sung wurzelt der Militarismus und mit ihm tionslos. jede autokratische Staatsform. Die Ver- Schleicher haben den Nationalsoziaerbittert bekämpft. treter der heroischen Weltauffassung sind lismus zeitweilig die( nicht rein arischen) Großväter des Seeckt war auch ein Gegner der allgenationalsozialistischen» Führergedankens<<. meinen Wehrpflicht und Anhänger der So philosophisch tröstlich gemeint quälerischen Zweifel, nicht unpersönlich, nicht Die heroische Weltanschauung fand Söldnerarmee. haben den hat Theodor Lessing seine Lebens- redlich genug verfahren zu können<. Das ihren schärfsten Gegner in der sozialde- weilig auch Schleicher die jetzt als wird begreiflich angesichts der Verhältnisse mokratischen Partei. Sie, die sich die Auf- Nazismus gefördert und die allgemeine erinnerungen überschrieben, von Frau Ada Lessing in im Elternhaus, die seine Kindheit trübten, gabe gestellt hatte, das Persönliche in der Wehrpflicht verlangt, aber den meisten erster Band der Masse millionenfach auszuprägen und em- dieser Konservativen ist die Kapitulation zehn Bänden herausgegebenen» Gesammelten eine» Strindberg- Hölle<, die er mit schonungsporzuheben, mußte sich gegen eine Lehre vor der Kanaille nicht leicht geworden. Schriften< Lessings im Verlag von Heinrich loser Preisgabe verborgener Qual enthüllt. wenden, die diese Millionen wieder zu Nul- Sie haben an dem Unheil, das über Mercy Sohn, Prag erschienen sind. Drei Bän- Und erst recht sein späteres Leben war ruhedem es nicht len hinter einer allein zählenden Ziffer Deutschland gekommen ist, ein gerüttelt de sollten die Lebenserinnerungen umfassen, loser Kampf eines Menschen, herabdrücken wollte. Gegen den Glauben Maß von Schuld, aber man würde sich die aber nur der erste, der die Kindheit und Ju- leicht gemacht worden ist und der es sich an die Heilande, Retter und Wundertäter Sache zu leicht machen, wenn man den gendzeit schildert, lag abgeschlossen im nicht leicht gemacht hat. Ueber das Personeine ähnliche geheimnis- Nachlaß vor; die Mörderschüsse von Marien- liche hinaus sind seine Jugenderinnerungen der Weltgeschichte kämpfte niemand lei- Offizieren etwa die Feder aus bedeutend als fesselnder Beitrag zur Zeitgedenschaftlicher als August Bebel .» Man voll- verderbliche Rolle zuschieben würde, bad haben dem Philosophen schichte. wie sie nach der Meinung anderer die Ju- der unermüdlichen Hand gerissen. Viele man wird geberühmte glaubt zu schieben, und und» berühmte<< Dreimal im Laufe von zwanzig Jahren Zeitgenossen haben seinen Weg gekreuzt, schoben<, war eines seiner Lieblingszitate. den oder die Jesuiten spielen. Für die anonymen Kräfte des Volks- hat Theodor Lessing diese Aufzeichnungen unter Bebel war ein Führer gegen den» Führerihnen auch Hindenburg , den Lessing gedanken. lebens hat Olden nichts übrig, er kann sie vollständig neu geschrieben und dreimal sie schon in seiner Kindheit kennen lernte. Lesbei seinen Großaufnahmen nicht einmal als vernichtet,» immer demselben selbst- sings Vater praktizierte als Arzt in Hannover
Andere Offiziere
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Einmal und nicht wieder
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Sylvester 1935: Wir halten durch!
1936.