treu geblieben, zum Einsatz und zum Opferfür sie bereit. Viele andere haben sich»ab-gefunden«, und unter ihnen in nicht geringer Zahl auch solche, die einst aktiv inder sozialistischen Bewegung standen. Zugleich wachsen in ehemals»unpolitischen«Naturen aller gesellschaftlichen Schichtenunter den verschiedensten Motivierungenneue Widerstandskräfte— oftgerade dort, wo die nationalsozialistischenMenschenfänger sich ihrer Beute amsichersten wähnen.Aber die zersplitterte Opposition istgegenwärtig nicht nur deshalb nochschwach und uneinheitlich, weil das Regimejede ihrer Lebensäußerungen und den bescheidensten Versuch von Bindungen undGruppierungen unterdrückt. Heute ist dieOpposition überwiegend nur eine innere Gemeinschaft im»Nein«. Darum kann sienoch nicht gemeinschaftsbildend wirken.Sie bedarf der Verbundenheit in einemSolidaritätsgefühl, das stärker ist als alleSpannungen eines großen und tiefen»Wir-Erlebnisses«, indem sichFreiheitsstreben und Kampfwille mit einemfesten Glauben an das Kommende und andas Bessere in Staat und in Gesellschaftverbinden.Die Epoche der von großen Massen getragenen»WunschbUder« zugunsten desNationalsozialismus nähert sich ihrem1 Ende. Um so heftiger wollen Führer und Pa-j ladine glauben machen, daß sie jetzt durchSchein-Konsolidierung in der Geborgenheitdes Machtbesitzes sorglos ihre Ernte einbringen können. Dabei aber sind sie vollerFurcht vor den gegen sie wirkenden revolutionären Antriebekräften, deren wahrenUmfang ihnen kein geheimer Gestapobericht veranschaulichen kann. Und siefürchten diese Kräfte um so mehr, als sieim Ablauf der europäischen Geschichte nurvon einer Idee und einer unwiderstehlichen Volksbewegung getragen sein können: den im untrennbaren Bunde mit derFreiheit wirkenden Sozialismus.Andreas Howald.Deutsche Yolkserzlehung von heuteSA sorgt für deutsche Geisteskultur— Bilde in das Arsenal einer partei»amtlidien»Pressestelle für deutsche Geltung im In* und Ausland«Es ist noch nicht lange her, daß ein Befehl des»Obersten Stabschefs der SA« Lutze,dieses glücklicheren Nachfolgers des unglücklicheren Röhm, im übrigen einer besonderskorrupten, aber auch willfährigen Ministran-tenfigur in Hitlers unmittelbarem Leibgefolge, die SA für die deutsche Kultur zumobilisieren sich vermaß. In der Tat bleibtdas ja die ewig wunde Stelle der»Machtübernahme des Führers«, daß seit Jahr undTag die Geldschrankknacker in den Gewerkschaf tsbüros, die gedrillten Scheiterhaufenhelden und Judenpogromisten im Grundeüberfällig geworden sind. Selbst ein Lotterregime vom Ausmaß des Hitlerschen kannnicht die vielen Hunderttausende, die es alsseine»braune und schwarze Sturmarmee«gegen das Volk aufgestellt hatte, einzeln versorgen und saturieren.Es lohnt sich nun wirklich, dem einmalnachzuspüren, was die SA, an die»deutscheKultur« und an deren volkserzieherische Mission verwiesen, praktisch in Szene setzt! Voruns liegen einige Nummern der»Schu-lungs- und Wehrausgaben desAufbau«, welcher sich als eine»Pressestelle für deutsche Geltung imIn- und Ausland« vorstellt. Erscheinungsort ist Bremen. Verleger und Druckerist der»N.-S.-Gauverlag Weser-Ems«, alsoeine Steile von geradezu reichsamtlicherAuthentizität. Diese»Schulungsauagaben«.monatlich in vielen tausend Exemplarenkostenfrei versandt— wer bezahlt übrigensdavon die Kosten 7— haben»alle Verbände, Formationen u nd Gliederungen der NSDAP«, aber auch nur sie,»einzufordern«. So besagt eine Aufforderung im Innern der Hefte eindringlichst.In der Tat bezeugen sogar behördliche Stellen des Dritten Reiches, zivile und militärische Amtsstellen(z, B. eine durch einen»Kapitänleutnant und Adjutant« unterschriftlichvertretene»Kommandantur Wesermünde«),daß die»Ausgaben«, wie es wörtlich heißt,»bei sämtlichen der hiesigen Kommandanturunterstehenden Dienststellen Eingang gefunden haben, weil wir die Veröffentlichungendieser Schrift im Sinne der Schulung undAusbüdung als wertvoll betrachten.»JedemHeft hängt auch ein besonderer»Schulungsteil für Beauftragte« an.Daß das Ganze unmittelbare SA-Kulturarbeitdarstellt, erhellt vor allem auch aus einemin den»Ausgaben« mit untergebrachtemPoem(Ueberschrift:»Jetzt hat die Not einEnde«), das ausdrücklich»des Führersbraunes Heer« besingt und für sein»einsatzfreudiges Wachsein« Stimmungmacht. Anscheinend allerdings bei schweremgeistigem Seegang für dieses einsatzfreudigebraune Heer; denn eine Strophe sagt es verräterisch:»Hinweg ihr feigen Heuchler und Spötterohne Zahl!Jetzt hat die Not ein Ende, ein Ende alleQual.«Die»Spötter ohne Zahl«(wo doch eigentlichhundert Prozent für Hitler sind!) scheinensich vor allem an der moralischen Existenzfrage der neuen Volksbildner, eben der SA,zu reiben. Darum fühlen sich auch die»Ausgaben« für verpflichtet, folgendes der Weltgeschichte und den Spöttern ohne Zahlgleicherweise an anderer Stelle ins Stammbuch zu schreiben:»Korps und Loge denken nur an das»Ich«.Die SA denkt an alle, denkt an das ganzeVolk und niemals an sich— Die SAnimmt nichts, sie gibt nur, und wenn sieeinmal zum Sammeln aufgerufen wird,dnnn nimmt sie nur für andere, für Volksdeutsche und für nationalsozialistischeZiele.«Danach dürften die Spötter ohne Zahl wohldas Maul zu halten haben! Denn das hat dochwohl gesessen!Wichtiger freilich ist der meritorische Inhalt dieser vom»Aufbau«, bezw. der»Pressestelle für usw.«, bezw. der SA In Schulmeisteruniform gebotenen Volksaufklärungund-Erziehung! Sozusagen mitten in dieDinge springt da jenes Heft(vom 31. Maid. J.) hinein, das die koloniale Gleichberechtigung Deutschlands fordert. Wiemacht man das zuzüglich der notwendigenund befohlenen Volksaufklärung? Gleich aufder Titelseite geht's los! Da steht die»Anerkennung eines Amerikaners, die dalautet:»Von allen Schutzherren in Afrika hat derDeutsche die reinsten Hände und die bestenAussichten.«Das wird nun einem Volk zur»Aufklärung« geboten, das sich noch sowohl an denTippelskirch- wie an den Petersskandal erinnert und auch daran, daß einmal ein gewisser Noske die NUpferdpeitschen, welchedie deutschen Oberleutnants und Assessorenin Kamerun mit System handhabten, gleichauf den Tisch des darob sehr entrüstetenReichstages legte.Dem»einen Amerikaner« entspricht»ein Eingeborener aus Daressalam« welterunten, der schon deutlicher gesagt hat;»Kommt wieder, damit das goldene Zeitalter wieder anfängt.«Schade, der Mann hat leider nicht überseinen eigenen Erdteil blicken können, als inder Wüste Kalahari in Deutsch- Südwest einganzes Volk mitsamt Frauen und Kindernvom deutschen Militärkordon dem qualvollsten Dursttod preisgegeben wurde. Daswaren damals die Hereros. Nicht etwa, daßdie anderen es viel besser und edler gemachthätten; da sei Gott und Cecll Rhode» vor.Nur welche stürmische Heiterkeit würde inEngland oder Frankreich solche koloniale»Volksaufklärung« hervorrufen, die so kindisches Zeug vorbringen wollte bei einem soproblematischen Gegenstand?!Die immer bis zur Unumstößlichkeit vorpreschende Anonymität irgendwelcher»Quellen« ist überhaupt der besondere Trick dieserArt von»Volksbelehrung«. Des hat man vonHitler persönlich übernommen, der als Schreiber und als Redner auch mit den selbsterfundensten Gewährsmännern nur so jongliert!Man erfindet auch einfach Dokumente,ganz, wie man sie braucht. Das folgende isteine vielseitige oppositionelle Rhetorik zurReinerhaltung des Klassenbewußtseins. ImJuli 1332 verlange er die Proklamation desGeneralstreiks und die Bewaffnung desProletariats in allgemeiner Einheitsfrontgegen die faschistische Reaktion. Von densozialistischen Führern wünschte er puritanische Einfachheit und stärkere Rücksichtnahme auf die Empfindungen derMassen, von denen er gutgläubig annahm,daß sie sich in dem gleichen dauerndenAuflehnungszustande befänden, wie erselber. In den wenigen Briefen, die wir vonihm in der Emigration erhielten, spielt nunmehr die Frage des auf sich und die Familie bezogenen Wohlergehens die vordringliche Rolle. Die braune Diktatur hatCharaktereigenschaften in ihm entwickelt,deren er sich vermutlich selbst nicht bewußt war, als er noch frei seine Meinungsagen konnte. Aus der Reihe derkämpferischen Kräfte ist erausgeschieden, vermutlich fürimmer. Wenn er so häufig vom»Versagen«der Sozialdemokratie schreibt, so ist dasnichts weiter als seine psychologischeRechtfertigung vor sich selbst. Die»Andern« sind nicht mehr sichtbar, warum alsoich?...♦Solche Briefe lassen sich in langerReihe vermehren. Sie sind das Anschauungsmaterial für die dauernden Verschiebungen der politischen und seelischenStandorte der Individuen. Die braunenMachthaber behaupten, es sei ihnen endlich gelungen,»Volk« zu bilden. Sie gebendie rein äußere Gleichförmigkeit desAgierens und Reagierens, die von ihnen angeordnet und erzwungen wird, als Beweisfür die Schöpfung einer echten Gesinnungsgemeinschaft aus. Die seelische Haltungder einzelnen wird gleichgesetzt mit ihremVerhalten, wenn sie in einer Masse vereinigt sind oder besser: zusammengetriebenwerden. Da andere Massenbildungen in derDiktatur ebenso gewaltsam unterdrücktwerden, wie jede gegen sie gerichteteAeußerung der einzelnen, so findet der Betrug von der»Volksgemeinschaft« glaubwürdigen, weil äußerlich unwiderlegbarenEingang.Diese Situation macht die Ueberaichtüber die noch Hitlergläubigen und über diebereits oppositionellen Kräfte im DrittenReich sehr schwierig. Nwenand weiß, wieviele»isolierte« Individuen in den verschiedenen sozialen und weltanschaulichenGruppen innerlich Gegner des Regimes inder gleichen Masse sind, mit deren totalerBeherrschung die Machthaber gegenwärtignoch ihre Politik durchsetzen können. Gerade diese Un durchschaubarkeitder politischen und seelischenFluktuation in diesen drei Jahrenlegt uns die Verpflichtung zur Klarheit undzur Illusionslosigkcit auf. Sicher ist dasAbebben der»Dauerekstase«, in welcherStimmung ohnehin kein Mensch lange verharren kann. Unzählige and ihren alten,politischen und weltanschaulichen IdealenDer Olympia-Clou»Die Brandstätte des Plenarsaales imReichstagsgebäude, die über drei Jahrenicht zugänglich war, ist wieder zurBesichtigung freigegeben worden. Die Besichtigung geschieht im Rahmen der vom Führungsdienst der NS-Gemeinschaft»Kraft durchFreude«, Gau Berlin, regelmäßig veranstalteten Führungen im Reichstagsgebäude.«(Deutsche Zeitungsmeldung.)Eingetreten! Brillen zücken!Joden maß der Anblick laben,keiner darf sich darum drücken,kein Olymplagast darf reisen,ohne dies geseh'n zu haben,ohne unsern Witz zu preisenund die List der braunen Knaben.Kommt und staunt mit Herz und Hand,unser Einfall— Reichstagsbrand!Eingetreten! Welch ein Fressen!Seht hier u n s r e Kampfeswelse,sich auf offner Bahn zu messen,ziert fürwahr nur den Idioten.Zündelt! Brandschatzt helmlich, leiseund beschuldigt dann die Roten,daß man euch als Retter preise.Lug und Mord zum Unterpfand,unser Einfall— Reichstagsbrand!Eingetreten! Heil euch, Gäste!Während ihr zum Sportfeld schreitet,haben wir schon neue Feste,Feste blutig und voll Schreckenfür euch alle vorbereitet,Hei, das wird ein Echo wecken,wenn der Vorhang niedergleitet!Eingeäschert Land um Land,unser Einfall— Weltenbrand!Der neue StilRosenbergs Stilfabrik.Das Dritte Reich bat eine neue Zensurinstanz erhalten. Hitlers Reichsleiter fürbraune Weltanschauung, Alfred Rosen-b e r g, gibt bekannt, daß er eine»Zentralstelle für weltanschauliche Gestaltung« eröffnet bat; sie soll»die Voraussetzungen für eineeinheitliche deutsche Lebensgestaltung schaffen, die der Gesamthaltung des Nationalsozialismus entspricht...< Ueber diese Fabrikationeines»neuen deutschen Lebensstiles« sprachRosenberg vor den braunen Kreisleitern undleistete sich dabei Blüten folgenden Kalibers:»Wir können beobachten, daß Menschen,die über Probleme eines Gebiets streiten,oft nur deshalb verschiedener Meinungsind, well sie von verschiedenen Voraussetzungen ausgehen. Wären diese geklärt,würden die verschiedenen Auffassungensich entweder fremd, aber faßbar gegenüberstehen oder aber schnell den Weg zueiner Verständigimg finden. Daher kannnur die der nationalsozialistischen Weltanschauung entsprechende einheitliche gedankliche Ordnung den notwendigen einheitlichen Gestaltungswillen hervorrufen.«Wir zitieren hier nicht etwa einen böswilligen Bericht oder ein Witzblatt, sonderndie Nazipresse. Wenn man»die Voraussetzungen klärt«, gibt es keinen Streit mehr—man braucht nur das obige Deutsch und dieseKonfusion zu würdigen, um einen Begriff vonder»gedanklichen Ordnung« dieser anmaßenden Scharlatane zu bekommen. Und was dieLeistungen anbelangt, so gilt in jedem Falledas Parteibuch;»Dieser Geartalt ungs Wille ist nach unserem alten Grundsatz notwendig verbundenmit dem Willen zur höchsten Leistung, d.h. nicht Leistungen an sich, sondern stets im Zusammenhang mit jeneralles bedingenden Seelen- und Charakterhaltung, wie sie im Anfang nationalsozialistischer Entwicklung stand.«Das heißt wiederum: Nicht die besteLeistung, nicht das wirkliche Können gelten, sondern die Strammheit und die abgestempelte Gesinnung. Diesen»neuen Lebens-stü« der Impotenz hat Heinrich Heineschon im Atta Troll hochgenommen:»Die scheeisüchtige Impotenz hat endlich nach tausendjährigem Nachdenken ihregroße Waffe gefunden gegen dieUebermütigen des Genius; siefand nämlich die Antithese von Talent und Charakter. Es war fastpersönlich schmeichelhaft für die großeMenge, wenn sie behaupten hörte: die braven Leute seien zwar in der Regel sehrschlechte Musikanten, dafür jedoch seiendie guten Musikanten gewöhnlich nichtsweniger als brave Leute, die Bravheit seiaber in der Welt die Hauptsache, nicht dieMusik. Der leere Kopf pochte jetzt mit Fugauf sein volles Herz und die Gesinnung war Trumpf. Ich erinnere micheines damaligen Schriftstellers, der es sichals ein besonderes Verdienst anrechnete,nicht schreiben zu können. Fürseinen hölzernen Stil bekam er einen silbernen Ehrenbecher.«Vernichtenderes ist zum braunen»Lebensstil« nicht zu sagen, und jener silberne Ehrenbecher müßte heute Rosenberg und Konsorten zufallen! Nur eins ist uns noch aufgefallen; Rosenberg quasselt von einer»Seelen- und Charakterhaltung, wie sie im Anfang nationalsozialistischerEntwick lung stand...« Soweit man ausdem Undeutsch dieser Undeutschen klug werden kann, meckert hier ein Oberbonze undbeschuldigt(He braune Bewegung der Gegenwart, noch minderwertiger gewordenzu sein als ehedem. Das sagt die SA schonlange. Aber diesen Verkalkung»- und Ver-bonzungsprozeß des Apparates wird Rosenbergs baltische Stilfabrik selbst dann nichtaufhalten, wenn er deutsch könnte.Gegen GiftgasGute, populär gehaltene Bücher, die sichmit dem neudeutschen Rasseirrsinn auseinander setzen, sind rar. Man muß darum einBuch begrüßen, das jüngst erschien:»DerMythus von Blut und Rasse«.(Verlag Rudolf Harand, Wien.) Dr. Hugo Iltisruft darin zum Kampfe gegen das geistigeGiftgas des Rassismus auf. Er gibt einenUeberblick über die bisherigen Ergebnisseernster, wissenschaftlicher Rasseforschung undstellt dem die Philosophie, Phantasterei undSkrupellosigkeit der braunen Rassefanatikergegenüber. Die ökonomischen Wurzeln desRassenhasse« sind in der politischen Agitationoft genug beleuchtet worden. Dtis führt einbesonders schlagendes Beispiel an: Yankees,Indianer und Neger. Zur Zeit der EroberungNordamerikas wurden auch die Indianer vonden Eroberern gehaßt und als Rasse verachtet, heute werden sie in Amerika besungen,und wenn einer Yankeefamilie ein TropfenIndianerblut nachgewiesen werden kann, istsie geradezu stolz darauf.»Die Rasse der Indianer war so langeschlecht und verächtlich, als die Indianergefährliche Gegner waren, als man Ihnenihr Land mit Gewalt wegnehmen, Ihre Hütten verbrennen mußte. Heute sind die Indianer Nordamerikas im Aussterben, ihreRasse Ist ungefährlich— und daher