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Beilage zum Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Nr. 63.

Parlamentarisches.

Deutscher   Reichstag  .

Dienstag, den 15. März 1892.

9. Jahrg.

freien Hilfskaffen im höchsten Grade. Nach den Beschlüssen der Nur aus praktischen Gründen wird dagegen Widerspruch erhoben. zweiten Lesung, die wohl im Wesentlichen unverändert bleiben Bedenklich aber ist für uns die Einbeziehung der Kaufleute unter werden, müssen wir gegen das ganze Gesetz stimmen; zunächst weil die Zwangsbestimmungen dieses Gesetzes, weil das Bedürfniß des die obligatorische Krankenversicherung nicht, wie wir es beantragten, 3wanges nicht vorhanden ist nach unserer Meinung. Ebenso 193. Sigung vom 14. März, 1 Uhr. auf landwirthschaftliche Arbeiter und Dienstboten ausgedehnt ist. sind unsere Hoffnungen getäuscht worden bezüglich der freien Be­Am Tische des Bundesraths: von Bötticher, Einzelne Fälle in der Umgegend von Berlin   und dem Wahlkreis wegung der Mitglieder innerhalb der Kaffenverwaltung, und wir bon Marschall, von Rottenburg   und Kommissarien. des Fürsten Bismard, wo Gesinde und ländliche Arbeiter sind auch mit der weiteren Zurücksetzung der freien Hilfskaffen Präsident v. Levetot eröffnet die Sigung mit einer An- in Krankheitsfällen Stunden lang bei ftrenger Rälte auf der nicht einverstanden. Ganz besonders müssen wir bedauern, daß Sprache bezüglich des Todes des hessischen Großherzogs. Straße umbergefahren wurden, weil Niemand ihnen Aufnahme die freie Arztwahl ausgeschlossen werden soll. Ob die Aerzte In der dritten Berathung des am 15. Januar 1892 in gewähren wollte, oder wo fie, erkrankt, noch lange in ihrer Boden- mit der Entwicklung der letzten 10 Jahre zufrieden sind, be Washington abgeschlossenen Uebereinkommens zwischen dem Reich kammer schlafen mußten, bis endlich die Ueberführung in ein zweifle ich; es ist schon jetzt eine Abhängigkeit der Aerzte von und den Vereinigten Staaten   von Amerika   über den gegenseitigen Krankenhaus und die Amputation beider Füße vorgenommen den Kaffen eingetreten, welche auf den ganzen Aerzteftand un­Echuh der Urheberrechte bemerkt werden mußte, beweisen die Nothwendigkeit der von uns be- günstig zurückgewirkt hat. Auch die Arbeiter werden sich nicht Abg. Siegle: Ein Schreiben eines deutschen   Verlegers, antragten Ausdehnung des Gefehes. Unannehmbar ist uns auch, ohne Weiteres den Kaffenarzt aufzwingen lassen und lieber Opfer welches ich heute früh erhalten habe, veranlaßt mich, nochmals daß bei Krankheit durch selbstverschuldete Trunkenheit, Theilnahme bringen, um den Arzt ihres Vertrauens zu Rathe zu ziehen. Die Das Wort zu ergreifen. Derselbe äußert Bedenken gegen das an Schlägereien und geschlechtliche Erzesse das Krankengeld nicht Bahl der eingebrachten Verbesserungsanträge ist allerdings eine Abkommen und verweist auf einen Artikel im Buchhändlerbörsen gezahlt werden soll. Es handelt sich hier nicht um ein Gesetz ganz ungewöhnlich hohe doch erklärt der Vorredner sie mit Ünrecht blatt, wonach auf Grund dieses Gesetzes ein Nachdrucker in mit moralischen oder strafrechtlichen Tendenzen, sondern lediglich als Verschlechterungen. Die Aenderungen, welche die freie Kom-­Amerika das Recht erhalten könne, den eigentlichen Autor und um die Fürsorge für erfrankte Arbeiter; das Wort felbft mission vorschlägt, sind mir auch von Sozialdemokraten als Ber­Berleger vom Vertriebe seines Produktes in Amerika   auszu- verschuldet" wird ferner von den Kassen so ausgelegt, daß das besserungen bezeichnet worden. Von der befriedigenden Gestal­schließen, wenn er die amerikanischen   Gesetzes bestimmungen erfüllt. eigene Verschulden zum Nachtheil der Versicherten gar zu tung der gefeßlichen Bestimmungen über die freien Kassen wird Demgegenüber halte ich für nothwendig, darauf hinzuweisen, daß häufig als erwiesen angesehen wird, worunter deren unsere Zustimmung zu der Vorlage abhängen. im Falle der nicht erfolgten Hinterlegung zweier Exemplare doch sicher unschuldige Familien außerdem noch leiden Abg. v. d. Schulenburg- Beehendorf( dkt.) empfiehlt zwar der Nachdruck in der Union   selbstverständlich möglich ist, müffen. Abschreckend wird diese Androhung der Ein- die Annahme des von Graf Holstein gestellten Antrags, wonach feineswegs aber eine Verfolgung oder ein Ausschluß der ein behaltung des Krankengeldes auch nicht wirken. Solche Kranke die Gemeinden die Fakultät erhalten sollen, die Versicherungs­geführten Originalwerke. Der Vorstand des Börsenvereins der haben übrigens ihre Beiträge so gut wie die übrigen Mitglieder pflicht für Dienstboten durch Ortsstatut einzuführen. Was die deutschen Buchhändler hat sich mit meinen Ausführungen in geleistet, haben also den gleichen Anspruch auf Krankenunter- Arztfrage anbetrifft, so solle in Nothfällen die Hilfe von Nicht­zweiter Lesung und mit denen des Direktors Reichardt völlig ftüßung an die Kasse. Handelte es sich nicht um Arbeiter, sondern ärzten zugelassen und deren Honorirung der Krankenkaffe auf­einverstanden erklärt und auch bereits die erforderlichen Schritte um Offiziere oder Unternehmer, so hätte man solche Bestimmung erlegt werden. Diese Absicht verfolge ein weiterer von seiner zur Errichtung einer Vertretung des deutschen   Buch-, Kunst- und nicht in das Gesetz eingefügt. Ein weiterer Grund zur Ab- Partei gestellter Antrag. Einen Feldzug gegen die freien Kaffen Musikverlags in New- York   gethan. Diese Vertretung soll gleich. lehnung ist uns der§ 6a mit seinen Bestimmungen über die wolle man keineswegs führen; es sei aber hohe Beit, mit den zeitig mit dem Abkommen in Kraft treten. Ich weise bhierbei Aerztewahl und die Begünstigung der Apotheken.§ 26 wendet unglücklicherweise den freien Hilfstassen 1883 belassenen Vor­wiederholt auf die schweren Mißstände hin, welche der Mangel die gleichen Bestimmungen auch auf die Ortskassen an und rechten aufzuräumen und sie den Zwangstassen gleichzustellen. eines Abkommens mit Holland   für den deutschen   Buchhandel im schmälert das von der Zwangskaffe zu zahlende Krankengeld für Nach ein paar Jahren würden die Zwangsklassen die freien Kassen Gefolge hat. noch anderweitig, also in freien Hilfskaffen, versicherte Arbeiter überflügelt haben. Staatssekretär v. Marschall   erwidert, daß zu hoffen stehe, um den Betrag, um den der Gesammtbetrag der dem Arbeiter Abg. Ulrich( Soz): Aus diesen Ausführungen können wir die niederländische Regierung werde sich selbst von den Un- zufließenden Krankengelder den ortsüblichen Arbeitslosen übersteigen wenigstens deutlich erkennen, welchen Zweck Novellen wie die aufömmlichkeiten des jezigen vertragslosen Zustandes überzeugen würde; in Zeiten einer Krankheit hat aber die Familie für Pflege vorliegende verfolgen, und daher können wir für diese un­und den auf Herbeiführung einer Uebereinkunft gerichteten Be- des Erkrankten u. s. w. erhöhte Ausgaben zu leisten, die Ueber verblümte Aussprache nur dankbar sein. Wir stimmen gerade des­strebungen mehr Entgegenkommen beweisen. versicherung ist daher ganz unbedenklich. Auch§ 26 macht uns halb gegen das Gefeß, weil es die freien Hilfskaffen ruinirt. Von Das Uebereinkommen wird darauf definitiv genehmigt. das Gesetz unannehmbar. Gegen Simulanten bietet er gar feinen Vorrechten" dieser Kassen kann keine Rede sein, schon deshalb nicht, Die allgemeine Rechnung über den Reichshaushalt für das Schuh, dagegen haben die freien Hilfskaffen recht wirksame Schutz- weil hier alle Beiträge von den Versicherten allein getragen werden. Jahr 1888/89 wird der Rechnungskommission überwiesen, nach- maßregeln eingeführt, die man auch auf die Zwangskaffen hätte Das höchste Maß von Unrecht stellen die Abzüge dar, welche dem Abg. Bachem( Bentr.) hervorgehoben hat, daß auch in ausdehnen sollen. Die Karenzzeit, die Beschränkung der wegen Ueberversicherung gemacht werden; dabei gehen die Be­diefer Rechnung die Frage der justifizirenden Kabinetsordres Krantenunterstützung auf 13 Wochen sind ebenfalls unannehmbar, hörden in vielen Fällen ganz ungefeßlich vor. Ebenso ungesetz­eine Rolle spiele, und erneut die Entscheidung dieser Streitfrage man hätte sie, wenn nicht, wie viele freie Kaffen thun, auf ein lich find Abzüge, welche mit der Begründung erfolgen, daß der als dringlich bezeichnet hat. Jahr, doch mindestens auf 26 Wochen ausdehnen sollen, statt daß Kranke sich den ärztlichen Anordnungen nicht gefügt habe. So Darauf tritt das Haus in die dritte Berathung der jetzt, wenn die Krankheit, wie sehr häufig, 13 Wochen überdauert, wird mir aus Offenbach   glaubhaft versichert, daß einem Arbeiter, Novelle zum Krantenversicherungs- Geseye, zu doch wieder die Armenpflege eintreten muß. Ferner vermissen der 6,60 m. pro Woche Krankengeld empfangen hat, davon welcher eine große Menge von Anträgen vorliegt. In der General wir einen Schutz der freien Kaffen gegen die Uebergriffe der 1,10 m. abgezogen wurde, weil er sich der ärztlichen Anordnung distuffion bemerkt Unternehmer. Jezt sind im Königreich Stumm fünf Arbeiter ent- widersetzt hätte. Der arme Teufel hatte einen Arm gebrochen, Abg. v. Wendt( 3.), daß die große Zahl der Amendements lassen worden, weil sie der allgemeinen Metallarbeiter Kranken  - derselbe war schlecht geheilt und der Arzt machte nun an diesem nicht etwa gegen die Gründlichkeit und Sorgfalt der Durch- kaffe Vulkan" in Hamburg   angehörten, die angeblich ihre Ein- Arm seine Experimente. Da sagte nun der Kranke: Herr Doftor, arbeitung in zweiter Berathung spreche. Es sei vielmehr über nahmen zu Unterstützungen verwendet, was natürlich ganz es schmerzt zu sehr, lassen Sie mich heute einmal in Ruhe! die großen grundlegenden Prinzipien ein volles Einvernehmen alberne Mittheilungen sind; auf der Urbacher Hütte mußten die Darauf wurde ihm der Abzug gemacht. Wenn das nach dem dann könnte jeder Arzt einer großen Mehrheit des Hauses in zweiter Lesung erreicht wor- Leute einen Revers unterschreiben, daß sie dieser Krankenkasse Krankenkassengeset zulässig wäre, dann bis so lange malträtiren, dieser sich den. Das Gesetz habe sich in seiner nunmehr neunjährigen Wirksam nicht angehörten, widrigenfalls Entlassung aus der Arbeit bevor ben Ein solcher Mensch ist ist der Willtür der feit im großen und ganzen bewährt, auch von den übrigen sozial- stand. Der Fabrikantenverein, dem Abg. v. Stumm angehört, widersetzt. er nicht im Stande ist, eine politischen Gesetzen könne man das wohl schon jetzt behaupten. bekämpft diese Kasse aufs Heftigste und wird dabei von der Beamten ausgesetzt, weil Damit sei aber feineswegs erschöpft, was die Staatsleitung auf Polizei in Saarbrücken  , Neunkirchen   und Hamburg   unterstützt. Beschwerde bei den vorgesetzten Behörden einzubringen und diesem Gebiete zu leisten vermöge. In den kaiserlichen Bot$ 75 nimmt den freien Kaffen das Recht, statt der ärztlichen Be- der Klageweg ihm zu viel Kosten verursacht. Ebenso widerspricht schaften von 1881 und 1883 sei die Mitwirkung der forporativen handlung und freien Verpflegung ein Krankengeld zn gewähren; es den Vorschriften des Gesetzes, wenn die Verwaltungsbehörden Verbände und Genossenschaften scharf betont. Aber in Wirklich- man meint damit diesen Kassen ein ihnen bisher gewährtes nach einem Ministerialresfript, aber im Widerspruch mit einem teit habe man lange nicht alles zur Mitwirkung herangezogen, Privilegium zu nehmen, in der That haben aber diese Kaffen Urtheil des Ober- Landesgerichts in Hamm  , die Arbeiter bezw. was an forporativen Genossenschaften vorhanden und zur Mit mehr geleistet, als die Zwangskaffen; namentlich die Medizinal- bie Arbeitgeber, die Arbeiter beschäftigen, welche freien Hilfs. hilfe fähig sei. Die Kirche sei noch immer nicht ganz ungehemmt tassen mit ihrer segensreichen Wirkung würden durch§ 75 voll- faffen angehören, zwingen, entweder den Nachweis vor der Orts­in ihrer freien Bewegung; die Verbände der Innungen seien seit ständig beseitigt werden. Selbstverständlich ist auch§ 75 für taffe zu führen, daß diese Arbeiter einer freien Hilfskaffe an­Anfang des Jahrhunderts' zerschlagen, und statt sie mit liebender uns unannehmbar. Daffelbe gilt von der Mehrzahl der gehören, oder daß sie die Arbeitgeber zur doppelten Zahlung des Hand wieder herzustellen, sträube sich die Regierung gegen den von der freien Zwischenkommission veranlaßten Veränderungen, Krankenkassen- Geldes heranziehen. Es ist nothwendig, die Be­Befähigungsnachweis. Dieser müsse wieder eingeführt werden. Die meist Verschlechterungen sind. Das gilt namentlich hörden anzuhalten, die Bestimmungen des Gesetzes genau zu ( Unruhe links. Vizepräsident Graf Ballestrem bittet den von der in§ 49b eingeführten Meldepflicht der freien Kassen, beachten. Redner, nicht abzuschweifen.) Ich halte den Befähigungsnachweis die mit großen Scherereien verbunden ist. Von der Stellung von

Kranken

Unterstaatssekretär v. Rottenburg   erklärt, daß Abzüge am

für ein nothwendiges Korrelat zur Krankenversicherung.( Heiter Anträgen werden wir so viel wie möglich Abstand nehmen, da Krankengelde als Ordnungsstrafen gefeßlich unzulässig sind. Das feit links.) Durch die Einführung der Krankenversicherung sei die zweite Lesung bewies, daß diese keine Aussicht auf Annahme gilt nach dem bestehenden Gesetz. Die Novelle stellt im§ 6a die soziale Lage der Arbeiter etwas gebeffert; es sei zu hoffen, haben und wir nicht pro nihilo arbeiten wollen. Selbstverständ- die Fälle ausdrücklich fest, in welchen Abzüge vom Krankengeld daß diese Besserung durch die wirthschaftlichen Maßnahmen des ich werden wir etwaigen Verbesserungsanträgen zustimmen; zulässig find. Reichs weiter fortschreite. Zu wünschen bleibe eine einfachere sollten aber nicht wesentliche Verbesserungen vorgenommen werden, Ministerialdirektor Lohmann bemerkt bezüglich eines nom Handhabung der gesammten Arbeiterversicherung und die Schaffung so werden wir gegen die ganze Novelle stimmen. Abg. Ulrich angeführten Falles, daß die Weigerung eines Arbeit­eines einheitlichen Organismus für alle ihre Zweige. Abg. Gutfleisch( dfr.) wendet sich gegen die Angriffe, welche gebers, den antheiligen Krantentassen- Beitrag zu zahlen, nicht mit Abg. Bruhns( Soz.): Die Gestaltung des ref ormbedürftigen die Haltung der freifinnigen Partei zu diesem Gesetz in der der bloßen Behauptung begründet werden könne, daß der Arbeiter Krantentaffen- Gesetzes durch diese Novelle befriedigt meine Partei zweiten Lesung und in der Presse erfahren hat, Der Ver- anderweit genügend versichert sei; es müsse der betr. Zwangs durchaus nicht. Durch zu große Rücksicht auf Sonderinteressen ficherungszwang ist schon 1882 und 1888 von der Sezession und kasse vielmehr der Nachweis darüber geführt werden. hat man die vorhandenen Mittel unwirthschaftlich zersplittert, von der Fortschrittspartei als berechtigt anerkannt worden. Sie Abg. Möller( natl.): Die umfangreiche Spezialisirung, das Gesetz zu bureaukratisch gestaltet und zu viel reglementirt, will den staatlichen Zwang aber beschränkt sehen auf die Kreise, welche wir haben eintreten lassen, war nöthig, um gegenüber den statt einfach und praktisch an die freien Hilfstassen anzutnüpfen welche seiner bedürfen, und sie will den Betheiligten an der Ver- vielen falschen Entscheidungen der unteren Verwaltungsbehörden und den festen Boden der Selbstverwaltung zu betreten. Die waltung der Kaffenangelegenheiten möglichsten Spielraum laffen. und der unteren Instanzen der Gerichte den Sinn des Gesetzes Novelle beseitigt zwar einzelne Mißstände, aber sie verstärkt die Aus diesem Grunde könnten wir prinzipiell für die Einbeziehung und die Absicht der Gesetzgeber möglichst klarzustellen und vor falschen Prinzipien des Gesetzes und gefährdet die Existenz der des Gesindes sein, wie sie von konservativer Seite beantragt ist. neuen Verdunkelungen möglichst zu bewahren. Die freien Hilfs­

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schreiten über die Lande. Er wußte, daß eine neue sonnigere Zeit zufriegen. Noch war er zur Versöhnlichkeit geneigt, noch hatten Freie Volksbühne. aus der gegenwärtigen Trübsal befreien werde. Denn Anzer- ihn Probleme von verzweifelt herber Tragit, wie sie ihn später, Und er war doch ein Kämpfer für die Freiheit, der wackere gruber war ein starker Optimist, wenn er freilich bei dem knecht als fein eigenes Leben ihn verdüsterte, beschäftigten, nicht in voller Anzengruber, dessen Pfarrer von Kirchfeld" gestern auf feligen Herrn Optimus von Wildenbruch's Gnaden( Das heilige Seele erfaßt; noch meinte er, wo immer die Lebensnoth drohend der freien Volksbühne zur Aufführung fam. Als der britte Attachen) teine Gegenliebe gefunden hätte. Wer es nur erwarten die Bahn versperrt, irgend einen milden Ausweg finden zu könnte, bis die Noth ein Ende hat; und manches gemarterte tönnen; und gerade das Weiche, Versöhnliche im Pfarrer von zu Ende gegangen war, da vernahm ich im Publikum eine Menschenkind verschmachtet inzwischen und vergeht in Sehnsucht. Kirchfeld" wird dieser Dichtung so viele Freunde im bürgerlichen bündige Kritit. Sie war in die Worte zusammengefaßt: Den Aufschrei des" Bauernpacks" in Leid und in Jubel brachte Publikum zugeführt haben, denn wo Anzengruber eine festere, " Triumph der Pfaffen!" Aber das ist ein Irrthum. Kaum einer hat alles Pfäffische stärker gehaßt, als der Wiener   Bolts- nun ngengruber auf die Bühne und man darf nicht vergessen, herbere Lebenssumme zieht, als im Pfarrer von Kirchfeld, da läßt daß dieses Bauernpack sonst nur in verzerrter Komit, ein Hans- ihn dasselbe Publikum im Stich. Seine gedantenschwersten, poet Anzengruber  , gegen dessen Biertes Gebot" man noch jüngst wurst auf die damalige Luxusbühne kam, wie z. B. heute düstersten Tragödien Hand und Herz" und Der Einsam", sozial­in Linz   und in Graz von der Kanzel herab predigte. Gewiß, der Mann mit der rothen Kravatte einer verehrungs- tritische, tiefbohrende Studien brachten es hier in Berlin   zu Anzengruber ist in der Ideenwelt des bürgerlichen Liberalismus würdigen Hörerschaft als lächerlicher Wauwau hingestellt zwei oder drei Ehrenaufführungen; das war Alles und in Wien  aufgewachsen; was ihn zunächst beschäftigte, weil er aller Orten wird. Ich sah beispielsweise in dem sogenannten Boltsstück" ist es noch schlimmer. In diesen Tragödien zermalint die Be­in der Heimath feine fürchterlichen Wirkungen fah, das Schlimme Saat" des Herrn Otto Bischer im Berliner   brückung den Einzelnen, der sich ihr entgegenstemmt, im Pfarrer war der beängstigende Glaubensdruck, den die Klerisei Theater einen Mann mit einem brennrothen Schlips auftreten. von Kirchfeld wird die Verbitterung durch wehmüthige Re­ Willst den Dichter Du verstehen, mußt in Aha, dachte ich mir, das ist der schlechte Kerl im Stück, der figuation überwunden. Der katholische Pfarrer, in dessen durftigem Dichters Lande gehen!" Der Ausspruch Göthe'  s hat auch für Weib und Kind zu Grunde richtet, mit einem frechen Lächeln um Herzen die junge Bauernbirn Anna eine Revolution entfacht hat, Unzengruber volle Berechtigung. Wohl dem, der sich losgerungen die Lippen, und richtig hatte ich mich nicht geirrt. Behn gegen ist teine tampfgestählte, polemische Natur. Er nimmt das Kreuz hat von jeglichem Glaubensdruck, wohl ihm, dem bittere Kämpfe eins, es ist immer fo, in all diesen Schauspielen. auf sich, er fnirscht nicht mit den Zähnen und entsagt in in der freieren Familie und in der Gemeinde erspart geblieben Thurmhoch über dieser Rasse von Schriftstellern, mag er demüthiger Milde. Der trotzige Wurzelsepp aber, den der Pfaff find, aber er schelte jenen nicht, der dort, wo beengender Kon- immer, ein Kind seiner Tage, in liberalisirenden Tendenzen be- ins Unglück gebracht und dessen Feind jeder Mann ist, der die fessionalismus die Geister lahmlegt, den Acer   nach seiner Weise fangen gewesen sein, steht Ünzengruber, der, wie ein echter großer Rutte trägt, wird übermannt von der Tiefe des Herzleids dieses lockert und den Samen ausstreut, aus dem eine freiere Menschlich- Dichter feinen Gemüthsidiotismus tannte und mit warmer, Pfarrers, der eben in seiner edlen Menschlichkeit eine helle Aus­teit wachse. Auch er ist ein Freiheitskämpfer! tünstlerischer Seele alles umfing, was Menschenantlig trägt, den nahme unter seinen Amtsbrüdern ist. Vor der beredten Wärme

ausübte.

Bühne; allem Ernst war sie abgewandt. Da trat ein armer Burschen, den beschränkte Menschensatzungen ins Innerste ge- das die arme junge

Der Pfarrer von Kirchfeld" ist das erste Werk Anzengruber'  s, zittrigen, greifen Pfarrer, der in der Gebirgseinöde in ärmlicher des Pfarrers von Kirchfeld schmilzt der gallige Trotz des ein­das auf die Bühne lam. Neue Zone waren in dieser Dichtung, Stube auf der Ofenbant figt und selber seine schliffigen Leder samen Dorfphilosophen, des Wurzelsepps, verbündet hat den die im Anfang der siebziger Jahre erschien, angeschlagen. Wer bofen ausflicht, den Steinklopfer am Straßengraben, den welt- Pfarrer und den Vagabunden der gleiche Kummer, ein Das ist tein Triumph des Pfaffen", rottet war in der Zeit des Gründerschwindels die deutsche scheuen, wie ein wunder Hirsch in einsame Wildniß flüchtenden tiefer Schmerz. darf man bas nicht verallgemeinern, ist ein Teufel auf, unbekannt, namenlos wie Anzengruber war; troffen haben und Dirne, die ihre poetischer Einzelfall, ein Triumph der Menschlichkeit; und in Jahre lang hatte er in ein fleines Bündel schnüren fann diese Elegie flingt ein luftiges Schnadahüpfel, wie übermüthiges ein armseliges Leben als fahren- Habseligkeiten in gesunder Frische doch so viel Anrecht auf Vogelgezwitscher herein. Von Alt- Oetting marschirt die Schaar Aber in dem Wandersmann hatte sich, wie der Frömmler zur Wallfahrt und von Kirchfeld zieht eine fröh= Lump", ein Bagabund". irdische Lebenslust hat. so oft bei Durch eine harte Lebensschule war Anzengruber   gegangen, liche Hochzeitsgesellschaft aus. Der katholische Bursch heirathet Wandersleuten, das Mitleid mit der gedrückten Kreatur als er den Pfarrer von Kirchfeld schrieb; aber er war noch jung eine luth'rische Dirn, zum Entfeßen des frommen Thals. Ueber Pfarrer" heißt, die Finsterniß und Jugend in ihrem Hoffnungsreichthum ist schwer unter die Bornirtheit aber, die Mensch von Menschen trennen möchte,

der Komödiant geführt, ein unbrauchbares Mitglied der und"

bürgerlichen Gesellschaft", ein

es