»ento gesprochen, höchstens dann, wenn man die Forderungen einesFortschrittes auf nationalem Boden zurückweisen wollte mitdem Hinweis auf die Riickständigkeit des Arlleiterschutzes inanderen Staaten. Für den Grafen Posadowsky gehört dieser Einwand zum stSildigen Repertoir seiner Reden bei Erörterung desEtats des ReichsaiutS des Innern. Kommt man dem«Chef unsererSozialpolitik" dann mit dem Einwände,"Eatz andere Staaten, dieSchweiz. Oesterreich, Frankreich, ja selbst Rußland, von den australischen Staatswesen ganz zu schweigen, weitergehende Arbeiterschutzgesetze haben als das Deutsche Reich, dann hat der Stellvertreterdes Reichskanzlers auch eine tvohlbekannte Rede bereit, daß inDeutschland die Gesetze ausgeführt werden, in anderen Ländern aberbloß auf dem Papiere stehen. Wenn man aber die wenigen, bishervorliegenden Fabrikinspektorenberichte für das Jahr 1S04 durchsieht,so findet man, daß das Kinderschutzgesetz nicht im mindestendurchgeführt wird, das gleiche gilt von den Bundesrats«veroronungen zum Schutze der Gastwirtsgehülfen, der Steinhauer,Zigarrenarbeiter, Müller und Bäcker. Somit kann da der deutscheBeamtenstaat vor den anderen Ländern nichts voraus haben.Doch kehren wir zur Frage des internationalen ArbeiterschutzeSzurück. Nach langem Dornröschenschlaf kommt die Anregung unseresGenossen Höchberg wieder langsam zu neuem Leben. Am 15. April 1804wurde der erste internationale Arbeiterschutzvertrag zwischen Italienund Frankreich abgeschlossen. Der Zweck desselben ist: 1. denbeiderseitigen Staatsangehörigen, die im Ausland arbeiten, denGenuß ihrer Sparanlagen zu erleichtern und die Wohltat dersozialen Versicherungen zu sichern: 2. den Arbeitern die An-Wendung der bereits erlassenen Schutzinaßnahmen zu ihrenGunsten zu verbürgen und zum Fortschritt der Arbeiter-gesetzgebung beizutragen. Wenn auch der Inhalt des Ver-träges wenig bedeutungsvoll ist, so ist die Tatsache des Ab-schlusses nicht gleichgültig, denn damit trat das Problem inter«nationaler sozialpolitischer Abmachung zum erstenmal aus dem Ge-biete der Forderungen, Anregungen und Vorbereitungen in da? derVerwirklichung. Man versprach sich in Italien, daß dem Vertragsabschlüsse und der Schaffung des Arbeitsamtes bald tatsächliche Fort-schritte auf dem Gebiete des Schutzes der Frauen und Kinder lindder Hafenarbeiter folgen werden. An Vorarbeiten hierfür fehlt esnicht, doch sind dieselben bis zu einem Akt der Gesetzgebung nochnicht gediehen.Dem Drängen der parlamentarischen Körperschaften hat derschweizerische Bundesrat nachgegeben, indem er die meisten ivichtigenIndustriestaaten zu einer zweiten Staatenkonfereuz einlud, diein der zweiten Malwoche dieses JahreS in Bern tagen wird. Man wirdan ihren Verlauf keine großen Hoffnungen knüpfen dürfen; litt dieBerliner Arbeiterschutzkonferenz an der zu großen Ausdehnungihres Programms, so die zweite an der Engbrüstigkeit desselben:außer der Frage der Nachtarbeit der Frauen und der Gefahr einigergewerblicher Vergiftungen soll nichts auf ihr erörtert werden. Nurdann könnte man der Tagung eine Bedeutung beimessen, wenn siezu weiteren regelmäßigen Konferenzen und zu bindenden Staats-Verträgen den Anstoß geben würde. Allzugroße Hoffnungen auf einErgebnis dieser Art wird man an die Berner Aroeiterschutzkonferenzkaum knüpfen dürfen.»Wenn in den letzten Jahren die parlamentarische Tätigkeit aufdem Gebiete deS Arbeiterschutzes so ergebnislos war, so hängt dieseinerseits mit der Verschärfung des KlnffenkampfeS, andererseits mitden politischen Verhältniffcn in verschiedenen Ländern zusammen. InDeutschland wie in England hat die Frage der Zollgesetzgebungalle anderen Wünsche der Bevölkerung in den Hintergrund gedrängt.in Großbritannien hat der Kampf um den Imperialismus, derBurenkrieg, die auswärtige Politik, die Pläne Chamberlains daSInteresse oer Mehrheit des Volkes fast vollständig in Anspruch ge-nommen. In Oesterreich haben die nationalen Kämpfe, in Ungarndie staatsrechtlichen Fragen die Parlamente lahm gelegt. InHolland hat mit dem Amtsantritt des Ministers Küpper einereaktionäre Aera eingesetzt, die von Arbeiterschutz nichts wissen will,obgleich die Klerikalen und protestantischen Orthodoxen, die diesesseltsame Kabinett stützen, früher ihre Arbeiterfreundlichkeit eifrigbetonten.In der Schlveiz erklärte sich die Regierung zur Einführung deSgesetzlichen Zehnstundentages bereit, wenn daS Deutsche Reich zummindesten eine Verkürzung der Arbeitszeit der Fabrikarbeiterinneneinführe. Demnächst dürste daS schweizerische Volkan die Wahlurnengerufen werden, um eine neue Bestimmung der Bundesverfassung zubeschließen, welche ermöglichen soll, ein Gewerbegesetz zu erlassen.Dann kann die Ausdehnung der Fabrikgesetzgebung auf kleinereBetriebe ins Auge gesaßt werden, was bisher, so z. B. in derMaschinenftickerei, durch Auslegungen des Fabrikgesetzes vereinzeltversucht wurde. WaS bisher der Bund unterlaffen mutzte, weil erdurch die Verfaffung gehindert wurde, daS haben verschiedene Kantonefür ihr Gebiet versucht: so gab sich im Jahre 1804 der Aargauein Arbeiterinnenschutzgesetz, das für alle Betriebe, die demeidgenössischen Fabrikgesetze nicht unterliegen, auch für Wäschereien,Kaufmannsladen, Gastwirtschaften, die Dauer der Arbeitszeit aufelf Stunden an den ersten fünf Wochentagen und auf zehn Stundenam Sonnabend festsetzte und anordnete, daß die begrenzten Ueber>zu diesem Zweck immer ein Säckchen mit Kupfermünzen bei sich. Einzweite? Söckchen mit Silbermünzen aber sollte nur gebraucht werden,wenn der König eigenhändig Almosen austeilte. Als der KönigGeld zu geben befahl, warf der Leibjäger und ich Hände voll Kupfer-münze» weit weg vom König und vom Wagen. Die Masse der Bettlerstürzte sich darüber her, balgte und prügelte sich darum.... DieSzene amüsierte den König und er verlangte selbst noch Geld, um eSeigenhändig unter da? Volk zu werfen. Bei seiner Kurzsichtigkeitwarf er aber unglücklich und die Silbermünzen fielen teils dahin,wo die Gräfin Dönhoff stand, teils unter den Wagen und die Pferde.Der Anblick von Silber machte die geldgierige Masse rasend. Siestürzte sich darüber her und bald ward die Gräfin Dönhoff um-gerannt und stürzte mit Geschrei zu Boden. Anderes Volk lagbalgend unter oen Rädern und unter den Pferden!" Schließlich wirdder König umringt und Prinz Kraft rühmt sich, wie er die Masse mitfesten Faustschlägen auf' die Nase zurückgetrieben habe.Wie aber der Flügeladjutant, der sich gelegentlich der«verantwortliche Redakteur für das Gerippe des geistigenLebenS" Friedrich Wilhelms IV. nennt und die Stim-mungen der aufgeklärten Elemente bei Hofe widergibt, überdie Ovationen des Volkes denkt, das geht aus Betrachtungengelegentlich deS Einzugs Wilhelms I. nach seiner KönigsbergerKrönung in Berlin im Oktober 1861 hervor. Die Gcwerke. dieSpalier bildeten, werden wie folgt charakterisiert:„Die Leute hattenin Vorausficht der ihrer harrenden Anstrengungen reichliche flüssigeStärkungsmittel in der Tasche, denen sie schon vor der Ankunft desKönigs weidlich zugesprochen haben mußten, denn die meisten unterihnen waren stark betrunken.... Sobald sich der König näherte,intonierte das betreffende Musikkorps Tusch und Nationalhymne mitmehr Gewalt als Harmonie. Da entstand also jenes Lied: DaßStein erweichen usw. Davor mußten Menschen scheu werden, umwie viel leichter Pferde. Dann versuchte der Fahnenträger seineFahne zu schwenken, aber er schwankte meist selber und dann fielseine schwere Jahne gewöhnlich den Pferden"ZeZ Königs auf dieNase.... Wir beide, Strubberg und ich, zwangen mit Mühe unserePferde an die Gewerte heran und brüllten die nachfolgenden Fahnen-träger an, sie sollten die Fahnen nicht schwenken. Blassen Angesichts,mit übersichtigen Augen, schwankenden Oberkörpers und mit herunter-gezogenem Mundwinkel versicherte mich dann der Fahnenträger ge-wöhnlich:„Ick were schon l" und nickte mir bedeutungsvoll zu. Wennich mich dann aber umsah, dann lag ooch gewiß die Fahne den PferdendeS Königs wieder auf der Nasel" Auf diese Weise geht die Schil-derung über die„hurraschreiende Menge" und die„begeistertenUntertanen" weiter. Wenn demnächst wieder da» getreue„Volk"Berlin» Spalier bilden wird, so weiß ez wenigstens, wie die Ge»feierten über diese Veranstaltungen denken.stunden mit 28 Proz. des üblichen Stundenlohnes zu entschädigensind. Im Kanton Basel-Stadt liegt ein ähnlicher Gesetzentwurfseit einiger Zeit vor. Der Kanton Zürich und verschiedene eid-genössische Behörden haben ähnlich wie französische VerwaltungenVerbote der Bleiweißverwendimg ausgesprochen.In Frankreich trat am 1. April 1884 der Zehnstundeiitag inKraft für alle Arbeiterinnen, jugendliche Arbeiter und für dieMänner, die in den gleichen Räumen tätig sind wie dieausdrücklich geschützten Personen. Damit ist die in Deutschland nochimmer strittige Frage des Uebergauges zum gesetzlichen Zehiistunden-tage in Frankreich erledigt. Eine Reihe sozialpolitischer Entwürfeharren in Frankreich seit Jahr und Tag der parlamentarischenErledigung, aber die ganze Arbeit der Abgeordneten wird von derKircheupolitik absorbiert, so daß sich die französischen Proletarierimmer wieder von neuem in Geduld fassen müssen. Ebensowenigwie in Frankreich fehlt es in anderen Staaten an Vorbereitungenund Entwürfen zu neuen Arbeiterschutzgesetzen, aber es läßt sich mchtabsehen, wann die Entwürfe den Parlamenten vorgelegt und wannsie verabschiedet werden.Im Gegensatz zu Deuffchkand und der Schweiz ist die Arbeiterschutzgesetzgebung in den Vereinigten Staaten nicht Gegenstand derBundesgesetzgebung, sondern der Einzelstaaten. An der Spitzemarschiert der Staat Massachusetts, der auch schon vor 86 Jahrendas erste arbeitsstatistische Amt errichtet hatte, zuerst in gesetzlicherWeise das Einigungsverfahren bei Streiks geordnet hatte, vor allenanderen Frauen- und Kinderarbeit regelte und das Schwitzsystem gr'etzlich zu bekämpfen suchte. Unter den Staaten, welche die Bechäftigung von Kindern beanfsichtigen, fehlen die früheren Sklavenstaaten vollständig. In den übrigen Staaten wird die Arbeit vonKindern unter 12 oder 14 Jahren verboten und die Arbeitszeit derjugendlichen Personen bis zu 16 und 18 Jahren und der Frauen biszu 21 Jahren begrenzt. Dem Streben der Einführung des Normal-arbeitstages stehen Bestimmungen der Bundesverfassung entgegenderen Aeuderung bisher unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen-standen. Die Bundesverfassung garantiert die Vertragsfreiheit. MitBerufung auf diese Bestimmung haben die obersten Gerichtshöfe desLandes eine Begrenzung der täglichen Arbeitszeit er-wachsener Personen als verfassungswidrig bezeichnet und damitden Gesetzen der fünf Staaten, welche den Nvriualarbeitstageingeführt haben, die Rechtsgrundlage entzogen. Die starkausgebildete Fabrikinspektion, zu deren Arbeireu auch Frauenund Arbeiter hinzugezogen weroen, hat hauptsächlich die Frauenarbeit, die Kinderarbeil und das Schmitzsystem zu beaufsichtigen.Die Arbeiterschutzgcsetzgebung beziehr sich auch auf kaufmännischeGeschäfte und Bergbaii-llnternehmungen. Einzelne Bergbau treibendeStaaten gestatten noch die Frauenarbeit selb't unter Tage. Die starkentwickelte Gesetzgebung über die Hausindustrie schlug ein indirektesVerfahren ein, indem sie von dem gesundheitlichen Schutz desPublikums ausging und durch die Bezeichnung der in Heim- undFamilienarbeit hergestellten Gegenstände mit der Marh„Tenementmade" das Publikum vor dem Ankauf der Waren abschrecken undso die Zahl der Heimarbeitsbetriebe einengen wollte. SoweitArbeiterschutzgesetze vorliegen, sind sie unter dem Druck der Arbeiter-stimme ins Leben gerufen worden.Das gleiche gilt von den großen Fortschritten der Arbeitcrschutz-gesetzgebung in Australien, mit denen u»S unsere Gegenfüßler be-schämt haben. Die australischen Arbeiterschutzgesetze sind hier schonoft besprochen worden. Wir wollen deshalb nur den westaustralischenEarly Closing Act erwähnen, weil er so schon zum Vergleich mitdem deutschen Neunuhr- Ladenschlußgesetze reizt. Derselbe bestimmt.daß mit Ausnahme bestimmter im Gesetze aufgezählter Gewerbe-betriebe(Apotheker, Gasthäuser. Blumenläden, Friseure. Tabakläden)alle Läden an einem Wochentage um 1 Uhr nachmittags, an einemanderen um 10 Uhr abends, sonst aber täglich um 6 Uhr abendszu schließen und nicht vor 8 Uhr früh zu öffnen sind. Keinoandlungsgehlllfe darf länger als eine halbe Stimde über dieöperrstunde hinaus beschäftigt werden. Ein halber Wochentagist jedem Handlungsgehülfen auch in den von diesemGesetze ausgenommenen Betrieben der Gastwirte, Milch-, ObstFleisch-, Brot-, Tabak-, Blumen- und Zeilungshändler, sowie derFriseure, die bis 6>/z Uhr, ausnahmsweise bis 10 Uhr abends, offenhalten dürfen, wöchentlich freizugeben. Desgleichen ist ihnen eineeinstündige Mittagspause, und wem: der Laden länger als bis6'/, Uhr abends offen ist, auch eine einstündige Pause für dasAbendbrot zu bewilligen. Frauen oder jugendliche Arbeiter unter16 Jahren dürfen im Laden nicht länger als höchstens S Stundentäglich oder 53 Stunden wöchentlich beschäftigt werden.«Während die Gesetzgebung zur Verkürzung der Arbeitszeitwenig beigetragen hat und sich immer mehr darauf be-schränkt, den tatsächlich bereits erreichten Zustand gesetzlich zufixieren, vermindert sich die Zahl der durchschnittlich zu leistendenArbeitsstnnden in der Fabrikmdustrie sichtbar von Jahrfünft zuJahrftinft. Zwei Tendenzen erzwingen die Verkürzung der täglichen Arbeitszeit. Ununterbrochen steigert sich die Jntensivität dermenschlichen Arbeitskraft in der Maschinenindustrie ebenso wie inden Baugewerben, in der Tischlerei wie in der fabrikmäßigenSchuhmacherei. Die gesteigerte Jntensivität der Arbeit konsumiertMan kann ungefähr nach diesen Auffassungen von dem getreuenVolk vermuten, wie sich im Innern der Hoshirne der i l lo y a l eUntertan abspiegelt. Illoyal sind nur die„niedrigsten VolkSklaffen"Bei der Einweihung des Denkmals Thaers schloß sich dem Vorbeimarsch der Gewerke„Gesindel" an. Diese Erscheinung im Jahre 1861erinnert den Flügeladjutanten an die Märztage 1843:„Manche rohevom Trünke entstellte Verbrcchergesichter mit wüsten Haaren, mancheszerlumpte Hemd, da» die offene Brust sehen ließ, erinnerten mich andie Barrikadenhelden von 1848, gegen die ich gekämpft hatte." Sosieht der Hof die Märzhelden. Freilich der König Wilhelm I. weißsich selbst unter diesem Gesindel Respekt zu verschaffen. Bei derselbenGelegenheit, bei der Prinz Kraft die Verbrechergesichter von 1848zu erkennen glaubte, demonstriert das Volk gegen den unbeliebtenPolizeipräsidenten von Zedlitz. Der König geht zu Fuß durch dasGewühl. Rufe:„Fort mit der Polizei" klingen an sein Ohr. Miternsthafter Miene berichtete dann der Prinz, wie den, König dieGeduld riß und er wie«in Pfeil auf die Rufenden zuschießend, er-Stimmt ausgerufen habe:„Wer untersteht sich hier zu rufen! Duast gerufen, fort mit Dir!", und der Sünder drückte sich schleunigst.Da crsichoff hinter dem König der Ruf:„Nieder mit Zedlitz!" DerKönig drehte sich wie ein Blitz um. legte die Hand an den Degenund rief den. der gerufen hatte, an:«Ich steche Dich nieder, wennDu noch einmal rufst! Hut ab! Wer hat noch den Hut auf demKopfe?" Dabei blitzten seine Augen, daß jeder fühlte, es war demKönige bitterer Ernst. Im Nu waren alle Kopfbedeckungen herunter.Der König ging langsam an den Wagen und befahl Zedlitz, zu Pferdezu steigen. Vom Wagen aus gab er Zedlitz die Hand, besahl ihmfortzureiten und ließ den Wagen halten, bis er sah, daß Zedlitz„n-belästigt aus der Menge fort war, die starr und erschreckt dastand."So bändigte Wilhelm l. nach der Phantasie seines Flügel-adjutanten das„Gesindel" don 1843 im Jahre 1861. Er drohte miteiner Tat, die nach dem Strafgesetzbuch als Mord bezeichnet wird, dieaber, da der König ja unverantwortlich ist, den Höflingen eineheroische Genialität scheint.Genau in derselben Weise wird aber nicht nur das Ge-sindel, sondern auch die Fortschrittspartei, die sich im Konfliktmit der Regierung und der Krone befand, behandelt,, Das ist eineteils dun-kle verbrecherische, teils komische und alberne Verschwörer�bände. Das preußische Abgeordnetenhaus, in dem diese Gesellschaftdie Mehrheit besitzt, genießt naturgemäß keine größere Achtung beiHofe. Am 18. Januar 1861 erlaubt sich Wilhelm l. die Fahnennoch nicht bewilligter Truppenteile zu weihen. Der Müiisterpräsideuthat verfassungsmäßige Bedenken und versucht beim General vonManteuffel die Fahnenweihe, wie Prinz Kraft sich ausdrückt, zuhintertreiben. Manteuffel antwortet ihm:„Ich begreife gar nicht.was Euer Exzellenz wollen, Se. Majestät befehlen mir die An-aber in der gleichen Zeiteinheit viek mehr menschliche Arbeitskraftals dies vor 10. 20 oder 30 Jahren der Fall war. Dieser Verbrauchmenschlicher Arbeitskraft würde die Leistungsfähigkeit dermenschlichen Maschine in kurzem völlig erschöpfen und zuständigem Wechsel des Arbeitspersonals führen, s» daßdas Unternehmertum zur Herabsetzung der Arbeitszeit ge«nötigt wird, Bernhard in seinem Buche über die Akkord«arbeit und Stephan Bauer in seiner Untersuchung über dieEutwickelung zum Zehnstundentage haben darauf hingewiesen, daßdie Entwickelimg einer intensiveren Betriebstechnik zur Verkürzungder Arbeitszeit zwinge. Der andere Faktor, der zur Verkürzung derArbeitszeit geführt hat, ist die von Jahr zu Jahr mächtiger werdendegewerkschaftliche Organisation. All' die Hindernisse der Zusammen-fassung der Arbeiter zum Zwecke der Erringung besserer Lohn» undArbeitsbedingungen werden aus dem Wege geräumt, aber immer neueentstehen, vor allem die Unternehmerverbände, die Kartelle, Trusts.Trotz aller Schlvierigkeiten wirkt die Aktion, oft schon der Bestandder Gewerkschaften arbeitszeitverkürzend. Aber die Erfolge dürfennicht über die neuen Schwierigkeiten täuschen, an die gewerkschaftlicheTätigkeit stets von neuem stößt. Es war leichter, vom Zwölf- undDreizehnstundentag zur Zeit des Eintrittes der Koalitionsfreiheit aufden Zehnstundentag die Dauer der täglichen Arbeitsleistung herabzu-drücken, als eS sein wird, weitere Verkürzungen zu erzielen bis zumAchtstundentag. Immer deutlicher lehrt das klare Urteil überalle in Betracht kommenden Momente, daß die Verkürzung der Arbeits-zeit durch den gewerkschaftlichen Kamps sehr gefördert werden kann,daß er aber allein nicht ausreicht. Ebenso lehrt eine kühle Ueber-legung, daß der politische Kampf um die Verkürzung der Arbeitszeitauf dem Boden deS Parlamentes in hohem Maße vorbereitet undgefördert werden kann durch die ununterbrochene, emsige Wirksamkeitder Gewerkschaften.So muß auch diese Maifeier für die Arbeiter aller Länder dieernste Mahnung in sich bergen, die politische wie die gewerkschaftlicheOrganisarion auszuweiten und auszubauen!Adolf Braun.Zn des Maies schönen Tagen,Auf, frisch auf! und laßt uns jagenDurch den Wald und durchs Gefild.Ansere Jagd gilt nicht den Füchsen,Nicht den Äasen, Reh'n und Lüchsen,Frei sei heute jedes Wild.Auf, frisch auf! und laßt uns jagenAlles Jammern, alles Klagen,Alle Not und Qual und Last;Jagen laßt uns, was uns bücket,Was uns zwängt und drängt und drücketIn den tiefsten Waldmorast!Jagt die reichen ÄungerleiderLlnd die Kasser und die NeiderIn den dicksten Dornenstrauch!In die Nesseln werft den KadrerAn den Baum hängt jeden NadrerAnd die Herrn Zensoren auch.Heute muß die Jagd gelingen:Hört Ihr nicht das Vöglein singenAuf des Maies Blütenast?„Wer die Freude will gewinnen,Muß zuvor den Kampf beginnenMit des Lebens Leid und Last."Nos?m»nn v. faUcrslcben.ordnung einer militärischen Feierlichkit, da soll ich davon Abstandnehmen, weil in einem Hause auf dem Tönhoffplatz eine AnzahlLeute zusammensitzen, die Sie Landtag nennen und die diese Feierübelnehmen könnten. Ich weih gar nicht, was mich diese Leute an«gehen. Ich habe noch nie als General den Befehl erhalten, meineInstruktion von diesen Leuten zu empfangen!" Eine ungemeincharakteristische Aeußerung denn sie lehrt, wie Hof und Militärüber die Verfassung, und wäre eS selbst nur die reaktionäre preußisch«Verfassung, denken. WaS gehen diese Leute, nämlich die Volks-Vertreter, Krone und Armee an!— Di» Schilderung der Audienz derAbgeordnetendeputalion. die unter Führung des PräsidentenGrabow eine Adresse überreichte, wird wie«ine Possenszene dar»gestellt. Der König, aufrecht, stolz, verächtlich, mit Adlerblicken dieDeputation musternd, diese und namentlich Herr Grabow, unter denscharfen, durchdringenden Augen zusammenknickend, geängstigt, ver»legen, schwitzend, ohne zu wissen, WaS zu tun sei. Prinz Kraft er-zählt da z. B.:„Unter vieler Angst und Qual vollendete Grabow seinLesen und am Schluß war er so außer aller Fassung, daß er vergaß,die Adresse dem Könige zu übergeben und sich mit einem tiefenBückling, die Adresse unter dem Arm, zurückzog."Diese läppische Schilderung ist gewiß nachträglich gefärbt, dennwie immer kleinlich und zaghaft die Fortschrittspartei in der Kon»'liktszeit sich verhielt, die Sache war Wilhelm l. denn doch soungemütlich, daß er damals, wie man weiß, draus und dran war,auf seine Krone zu verzichten. Aber immerhin ist die Darstellungwertvoll zur Kennzeichnung der dummen und anmaßenden Auf.assung, die die soziale Monarchie der Hohenzollern selbst unter demvielgcfeierten„liberalen" Wilhelm l. von einer BolkSvertretung hatte.Freilich der Monarch hat auch ein Recht, zu verlangen, daß da»Volk nur in der Sonne des Fürsten zu existieren wage. Zwar liestman in den Erinnerungen kein Wort, daß bei Hofe ein Bewußtseinür das Elend der unbemittelten Klassen vorhanden ist. Nicht dasleiseste soziale Gefühl klingt durch den Anekdoten kram durch. Unddie Absicht. Krieg zu erklären, d. h. Tausend« von Volksgenossendem Tode zu opfern, wird mit einem Gleichmut in einem Satze auS-gesprochen, alS ob es sicki um den Ankauf einer Semmel bandelt.Dagegen rührt eS Wilhelm Zl.. den späteren Heldengreis, zu Tränen,wenn die Pfingsttage einmal verregnen:„Der König hatte Tränen inden Augen, weil schlecht Wetter war. Die armen Leute, sagte er.die sich auf die Feiertage gefreut haben, dauern mich gar zu sehr!"Da» ist dann der Gipfel der Kraftanstrengungen der sozialenMonarchie!...BerantW.Reda Bau! Büttner, Berlin. Jnserateverantw.(mitAuSnahmeder.NeueWett"'Bellage):Th. Glocke, Berlin. Druck u. Verlag: Porworts Buchdr. u. VerlagSanst.Paul Singer&, Co., Berlin 3 W. Hierzu SBeilagen u.Unterhaltungsbl