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Nr. 152. 23. Jahrgang. 2. KeilM des Jotmirts" Knlim Jolbllatt. Mordtat nicht ohne Widerstand der Frau geschehen sein; er der- mutet, daß die Ermordete vielleicht zunächst zur Abwehr gegen den Eindringling den Hammer ergrissen und daß dann der Mörder mit dem Beile zugeschlagen habe. Nach Ansicht des Zeugen hat der Stiefel des Angeklagten ziemlich genau in die Fußspur gepaßt, die er zunächst als von einem Damenstiefel herrührend an« gesehen hatte. Der Staatsanwalt läßt sich bestätigen, daß in dem engen und kleinen Räume des Eisenbahnwagens, der von dem Jordyschen Ehepaar während der Eisernte als Aufenthaltsort benutzt wurde, allerlei Tassen und anderes Gerät herumstand, aber nichts zur Erde gefckllen war, was doch bei einem stattgefundenen Kampfe wohl geschehen wäre. Kriminalkommissar Haase bekundet, daß der alte Jordh bei den ersten Befragungen einem gewissen Verdachte gegen seine Schwieger- tochter Raum gegeben habe. Der Zeuge hat dann auch aus dem, was er gehört, zunächst die Frau sür verdächtig gehalten. die Lichtenberger Kriminalpolizei habe deshalb bei der Frau des Angeklagten Haussuchung abgehalten, diese habe jedoch ihr Alibi nachgewiesen. Die Frau habe selbst Andeutungen gemacht, dre einen Verdacht gegen ihren Ehemann zuließen. An dem Paletot des letzteren sei eine kleine getrocknete Blutspritze festgestellt worden, von der der Angeklagte behauptet, daß sie vielleicht von einer Finger» Verletzung, die er sich zugezogen, herrühren könne. Auch dieser Zeuge ist der Ansicht, daß die Stiefel des Angeklagten, die übrigens vollständig frisch abgewaschen waren, in die Fußspuren genau hineinpaßten. Nach Ansicht des Zeugen Haase ist die alte Frau wahr- scheinlich von hinten ermordet worden, als sie in gebückter Stellung den Ofen schürte. Auch dieser Zeuge hat den Eindruck gehabt, daß der Angeklagte, als er an die Leiche geführt wurde, etwas komödiantenhaft heulte und gestikulierte, aber keine Träne hatte. Einige weiter vernommene Kriminalbeamte, die mit der Mord- fache zu tun gehabt, bekunden an Tatsächlichem nichts Neues. Als nächster Zeuge wird der Kriminalkommissar Krüger ver- nommen. Der Zeuge erklärte, daß er in der Hauptsache Recherchen darüber angestellt habe, ob außer dem Angeklagten vielleicht ein Fremder als Täter in Frage kommen konnte. Gegen letztere An- nähme sprach hauptsächlich, daß eine genaue Lokalbesichtigung nicht die geringste llnorduung iu dem Zimmer ergeben habe. Alles lag unberührt da, selbst das mit einigen Mark« stücken gefüllte Portemonnaie der Frau Jordh lag unangetastet da. Der Täter hatte sich vielmehr gleich auf die Tasche der Ermordeten gestürzt, in welcher diese daS Geld aufbewahrte. Dies sei ein Beweis dafür daß der Täter genau mit den Lebensgewohnheiten der Frau I. vertraut war. Auch die Lage der Leiche lasse die Annahme zu, daß der Täter ein Mensch gewesen sei, dessen plötzliches Erscheinen in der Bude der Frau I. nicht weiter aufgefallen war. Auf dem Hofe habe sich eine Fußspur gefunden, die von der Hundehütte nach der Bude führte. Ein Fremder habe sich jedoch dem Hunde wohl nicht nähern dürfen, dieser hätte wahrscheinlich angeschlagen, wenn sich ein Fremder dem Grundstück näherte. Bürgermeister Wille« Reinickendorf   bestätigt, daß der Jordysche Hund sofort anschlug, wenn sich ein Fremder näherte. Kriminalkommissar Krüger erklärt weiter, daß er genau festgestellt habe, daß die Angaben der Frau Meier tatsächlich mit den Verhältnissen übereinstimmen. Diese will be- kanntlich den Angeklagten kurz vor der Tat in der Nähe des Grund- stücks gesehen haben. Unter Vorführung von mehreren Photographien weist der Zeuge den Geschworenen nach, daß man sehr gut von dem Meicrschen Grundstück aus de» Angeklagten habe bemerken und erkennen können. Nach den Ermittelungen deS Zeugen wäre ein fremder Mensch in der Nähe des Tatortes nicht gesehen worden. Die Recherchen nach dieser Richtung seien sämtlich negativ auS- gefallen. Da um jene Zeit kein Frost herrschte und auch keine Eis- ernte stattfand, so hätten sich andere Arbeiter um jene Zeit nicht in der Nähe des Jordyschen Grundstückes aufgehalten. Sehr ver­dächtig habe es auf den ersten Augenblick geschienen, daß der An- geklagte sogleich mit einer gewissen Energie in Abrede stellte, sich in der Nähe des Grundstückes aufgehalten zu haben, während er von mehreren Personen mit aller Sicherheit wiedererkannt wurde. Rechtsanwalt Dr. Löwenthal: Sind denn überhaupt auch nach Freniden Recherchen angestellt, die eventuell ebenfalls als Täter­in Frage kommen könnten? Z e u g e: Nein, denn erstens erscheint es nicht zweckmäßig, wenn man eine Spur aufgenommen hat und zu einem bestimmten Verdacht gelangt ist, diese Ermittelungen durch weitere Ausdehnungen, die immer noch vorgenommen werden können, zu beeinträchtigen sucht, ferner habe ich keine Amtshandlungen vorzu- nehmen gehabt, lveil der Tatort außerhalb meines ZuständigkeitS- bezirks liegt. Wir hatten in der Mordkommission nur den Auftrag. den Tatbestand an Ort und Stelle festzustellen. Rechtsanwalt Dr. Löwenthal richtet an den Amtsvorsteher Wille die Frage, ob er als zuständiges Polizeiorgan bei den Feststellungen fungiert hatte. Dieser verneint ebenfalls. Rechtsanwalt Dr. Löwen« t h a l: Ja, wer war denn nun eigentlich zuständig? Zeuge Krüger: Der AmtSvorstehrr von FranzSfisch-Bnchhokz war allein zuständig. Verteidiger: Und der war vorreist! Vors.: Wenn hier ein Borwurf erhoben werden soll, so mag doch der Zeuge einmal sagen, was denn noch hätte geschehen und wie noch nach anderen Personen hätte recherchiert werden sollen. wenn schon ein ganz bestimmter Verdacht verfolgt wird? Zeuge: Es hätte vielleicht die Gendarmerie benachrichtigt werden können, die dann auf Personen, die sich irgendwie verdächtig machen, hätte fahnden müssen. Auf Befragen des Staatsanwalts T o l k i erklärt Kriminalkommissar Krüger, er habe sofort den Eindruck gehabt, daß der von Jordy zur Schau gettagene Kummer nicht echt war. Der Angeklagte habe gejammert und gestöhnt, ohne eine Träne zu vergießen; dazwischen habe er jedoch ganz geschäftsmäßige Antworten gegeben, um dann in eine offensichtlich forcierte Traurigkeit zu verfallen. Gendar- meriewachtmeister Horn: Von feiten der Gendarmen ist nach allen Richtungen hin recherchiert worden, es hat sich aber der Verdacht immer wieder nur auf den Angeklagten gerichtet. Als ihm die Kunde von dem Morde kam, das war am 4. Februar früh, sind sämtliche IS Gendarmen, die in Frage kamen, alarmiert worden. Verteidiger Dr. Löwenthal: Habe ich richttg verstanden, daß der Zeuge seine KennttliS von dem Morde erst am nächsten Tage, am 4. Februar, und zwar erst durch denLokal-Anz." erhalten hat. Staatsanwalt T o l ki: Am Schlüsse des.damaligen Berichts de-Z Lokal-Anz." stand die Bemerkung, daß der Sohn der Ermordeten seit acht Tagen verreist sei. Gerade daraus hin habe sich dann die Frau Meier gemeldet und bekundet, daß sie den Sohn ja doch in der Nähe des Tatortes gesehen habe. Ich hätte Interesse daran, zu erfahren, Ivie der Berichterstatter zu dieser eigenartigen Schluß- Wendung in seinem Bericht gekommen ist. Der Gerichtshof be« schließt die Ladung des Berichterstatters Follbert. Gendarm S k r h g a l l a aus Rosenthal hat die Nachricht von der Bluttat bald nach Auffindung der Leiche erhalten. Als er den alten Jordy befragte, ob er gegen irgend jemand, vielleicht gegen seine Schwiegertochter, Verdacht habe, habe dieser geantwortet: Seinem Sohne traue er die Tat nicht zu. aber bezüglich der Schwiegertochter habe er Bedenken. Präs.: Wie sind Sie denn dazu gekommen, gleich auf die Tochter hinzuweisen? Zeuge S k r y g a I l a: Vor l'/z Jahren war der alte Herr Jordy zu mir gekommen und wollte seine Schwieger« tochter anzeigen, weil sie ihre Schwiegermutter im Eis- Prozeß wegen Ulnttermordes gegen Jordy. - m Vor dem Schwurgerichte des Landgerichts Berlin II begann Hestern die Verhandlung gegen den des Raubmordes an der eigenen Mutter beschuldigten Schlächter Max Jordy. Ten Vorsitz führt Landgerichtsdirektor Dr. P u s ch. Da die Verhandlung mehrere Tage dauern wird, werden zwei Ergänzungsgcschworene ausgelost. An die Geschworenen werden Skizzen der örtlichen Situation und Photographien der Leiche der Ermordeten, wie sie am Tatorte vor- gesunden worden ist, verteilt. Auf dem Tische vor dem Gerichtstische sind zahlreiche Ueberführungsstücke ausgebreitet, darunter der lieber- zieher des Angeklagten, an welchem Blutspritzer vorgefunden worden find, ein Präparat des Schädels der Ermordeten. Stiefel des An- geklagten, die zu den am Tatorte vorgefundenen Fußspuren vassen tollen usw. usw. Angeklagter bestreitet. Vors.: Angeklagter Jordy, Ihnen wird vorgeworfen, einen Naubmord an Ihrer eigenen Mutter begangen zu haben. Bekennen Sie sich desfin schuldig? Singe kl.(heftig weinend, mit tränen- erstickter Sttmme): Ich habe bei Gott   dem Allmächtigen und All- wissenden meine liebe Mutter nicht ermordet. Ich bin nicht der Mörder, ich bin es bei Gott nicht gewesen! Lebenslaus des Angeklagten. Angeklagter erklärt auf Befragen: Geboren bin ich am 26. Mai Ü372 zu Uechtdorf, Kreis Greifenhagen  , als Sohn des Eiswerks- besitzers Gustav Jordy. In meinem achten Lebensjahre verzogen meine Eltern nach Berlin  , wo ich auch lveiter in die Schule ging. Ich war dann bis zu meiner Militärzeit als Schlächter tätig. Ge- dient habe ich bei dem Grenadier-Regiment in Allenstein  . Ich bin Landwehrmann 2. Ausgebots.Vors.: Sie sind vor Ihrer Dienst- zeit zloeimal mit Geldstrafen bestraft. A n g e k l.: Jawohl, wegen Beleidigung und Körperverletzung.   Vors.: Erzählen Sie nun einmal, wie sich Ihr Leben gestaltete, als Sie vom Militär kamen? Angekl.: Meine Eltern hatten damals ein Eisgcschäft. Vater kaufte das Eis engros und fuhr es dann mit einigen Fuhrwerken aus. Hierbei habe ich ihm, als ich vom Militär kam, geholfen und wurde auch von mcincin Vater bezahlt. Vor einigen Iah renmachte mich mein Vater selbständig und übergab mir Fuhrwerke und sonstige Sachen, wofür ich 1200 Mark zahlen mußte. Dieses Geld hatte ich mir im Geschäft bei meinem Vater gespart. Vors.: So groß wird doch aber Ihr Verdienst nicht gewesen sein, daß Sie in so kurzer Zeit 1200 Mark sparen konnten. Angekl.: Das Geld rührte ja zum großen Teil von dem Verdienst her, den ich aus dem Eishandel, den ich so nebenher betrieb, hatte. Vors.: Wann haben Sie geheiratet? A n- geklagter: Ich habe im Jahre 1639 meine Frau, Liesbeth Nagel geheiratet, die damals mit ihren Eltern in Lichtenberg   wohnte. Nach seiner Verheiratung wohnte er in eigener Wohnung. Vor ! einer Ehe habe er, wie der Angeklagte weiter auf Befragen aus- agt, eine Wiesenparzell« zwischen der Reinickcndorfer-Oranienburger Chaussee und den Gleisen der Nordbafrn in der Gegend der Kolonie Wilhelmsruh   gekaust. Er habe 800 Mark bar und später, nach leiner Ehe im Lause von etwa zwei bis drei Jahren noch 1000 Mark dafür abbezahlt. Vors.: Woher hatten Sie denn das Geld? Sie mußten dann doch sehr viel verdient haben I Angekl.: Ich habe das Geld mir erspart, ich habe immer sehr sparsam gelebt. Präs.: Ihre Frau wird doch aber von verschiedenen Leuten so geschildert, daß sie sehr schleckst zu dem Geschäfte paßte, wenig spar- sam und sehr verschwenderisch sei. Angekl.: Das denken sich die Leute bloß so. Auf weiteren Vorhalt des Vorsitzenden erklärt der Angeklagte, daß er das gekaufte Wiesengrundstück zum Eis- geschäst hergerichtet habe; er habe das Grundstück ausschachten lassen, VaS 1600 Mark gekostet habe, für 4000 Mark einen Holzschuppen errichtet usw. Präs.: Später haben Sie das Grundstück an Ihren Vater aufgelassen. Wie kam denn das? Angekl.: Nun, ich habe meine Eltern immer unterstützt. Präs.: Sie haben ober damals doch anerkannt. Ihrem Vater noch 4000 Mark zu schulden und ihm deshalb die Parzelle zurückgegeben zu haben. Angekl.: Ich habe das ja nur getan, weil ich mich «tt meiner Frau nicht vertragen tonnte. Meine Mutter machte deshalb den Vorschlag, daß ich das Grundstück dem Vater übertragen sollte, dem ich ja so wie so etwas schuldig war. Das Grundstück ist mehr als 13 000 Mark wert.-- Präs.: Dan» hätten Sie also Ihren Eltern mehr gegeben, als Sie schuldig waren. Sie haben dann das EiSgeschaft aufgegeben; warum geschah denn das? Angekl.: �Weil meine Frau mit der Mutter sich nicht verstand, sondern oft Streit mit ihr hatte. Präs.: Weshalb hatte sie denn Streit. Es wird behauptet, daß sie oft Geld von der Mutter haben wollte. Angekl.: Das ist nicht der Fall. Präs.: Im Jahre 1304 haben Sie das Eis- oefchäft an einen gewissen Fournier verkauft, und zwar für 1300 M. Davon find 100 Mark gleich gezahlt, das übrige erhielten Sie in einem im Sommer 1305 fällige» Scheck. Was begannen Sie nun, all das Eisgeschäft verkauft war? Angekl.: Ich kaufte ein Schankgeschost für IbOO Mark und habe es bar bezahlt. Präs.; Woher hatten Sie denn das Geld? Angekl.: Ich hatte es mir erspart. Präs.: Trotz der Ausgaben, die Sie für das Ausschachten, die Er- richtung des Schuppens usw. gehabt haben? Angekl.: Ja, ich habe doch damals auch gewirtschaftct. Präs.: Sie haben zum Ankauf der Wirtschaft 800 Mark von Ihrem Schwiegervater ge- borgt erhalten, 300 M. haben Sie angezahlt und 1200 M. zahlten Sie im Januar 130ö. Angekl.: Ja. P r a s�: Wir müssen die Geldverhältnisse ganz genau erörtern, denn Sie wissen, daß die Anklage behauptet. Sie hätten zur Zeit der Tat Geld nicht mehr besessen und es sei deshalb verdachtig, daß bei Ihnen 300 Mark in Gold noch borgefunden wurden, d. h. in derselben Geldsorte, aus welcher das der Ermordete,: geraubte Geld bestand. Wenn wir alles zusammenrechnen, so ergibt sich, daß Sie von früher her noch 200 M. bar zur Verfügung hatten und 800 Mark dem Schwiegervater schuldeten, die Sie ihm noch nicht bezahlt haben und derentwegen er Sie sogar verklagt hat. Im übrigen haben Sie schon 1302 den Offenbarungseid geleistet. Angekl.: Das war bloß eine vorübergehende Geldklemme, sonst ist das Eisgeschäft ganz gut gegangen. Präs.: Wie lange hatten Sie das Schankgeschäst? A n ge k l.: Etwa ein Jahr, dann verkaufte ich es für 1300 Mark au Stemmler. Präs.: DaS wären ja 200 Mark weniger, als Sie selbst bezahlt haben. Warum verkauften Sie denn? Angekl.: Weil ich keine Lust mehr zu dem Geschäfte hatte. Präs.: Das Geschäst scheint doch nicht ge- gangen zu sein, denn Sie sollen Ihrem Schwager gesagt haben, Sie hätten in der.Kneipe 500 Mari zugesetzt. Angekl.: Das ist ein Mißverständnis des Schwagers. Präs.: Stemmler hat Ihnen die Hälfte angezahlt, die zweite Hälfte sollte beim Heraus- kommen der Konzession folgen. Sie hatten also im Oktober 1905 erst 650 Mark erhalten, welche Barmittel hatten Sie sonst noch? Angekl.: 1000 Mark hatte ich zu meiner Tante gebracht und im Portemonnaie und auf dem Osen hatte ich auch noch Gold. Prä s.: Woher stammte denn dieses? Angekl.: 600 Mark hatte tch verdient und 650 Mark hatte ich von Stemmler erhalten. Präs.: Wenn Sie in einem Jahr so viel verdient hätten, so wäre es doch ein sehr gutes Geschäft gewesen und es wäre nicht recht er- klärlich, daß Sie es für ein geringeres Geld verkauften, als Sie selbst gezahlr hatten.-- Ter Präsident geht noch, weiter niit dem Angeklagten dessen Geldverhältnisse durch und letzterer bleibt dabei, daß die bei ihm vorgefundene Summe durchaus aus seinen eigenen Mitteln herrühre..ES wird hervorgehoben, daß der Angetlgkste in. .dieser Beziehung, wie auch sonst, mit seinen Angaben wechselt. I P r ä s.: Sie sollen mit Ihrer Mutter sehr schlecht gestanden haben. Angekl.: Das ist nicht wahr. Ich habe ganz im Gegenteil mit meiner Mutter sehr gut gestanden und sie nicht im mindesten verletzt oder gekränkt. Vors.: Es werden Zeugen erscheinen, die bekunden, daß dies nicht der Fall ge- lvesen war. Sie sollen vielmehr Ihre Mutter mit Ausdrücken be- legt haben wieAasstück",verfluchtes Saustück",ich schlag Dich in die Fresse bis Tu kalt bist". Angekl.(sehr erregt): Das ist nicht wahr, das ist eine Lüge, das redet man mir nur nach. Vors.: Na, Angeklagter, Sie selbst reden ja Ihrem Vater doch auch nach und bezichtigen ihn sogar des Mordes. Angekl.: Ich habe die Tat nicht vollbracht; wer soll es also gewesen sein; wer soll denn meine Mutter ermordet haben? Vor f.: Ja, das möchten wir allerdings auch gern wissen l Ihre Frau hat übrigens Ihren Vater auch des Mordes bezichtigt. Wie stand denn übrigens Ihr Vater mit seiner Frau? Angekl.: Sehr schlecht. Schon als ich zur Schule ging, schlug er öfter meine Mutter, besonders schlecht hat er sie im letzten Jahre behandelt. Vors.: Sie erzählten vor dem Untersuchungsrichter ja folgende Geschichte: Ihr Vater wäre einmal mit gezücktem Messer auf Ihre Mutter zugegangen und hätte sie fortwährend um den Tisch herum- gejagt. Vor Wut habe er schließlich mehrere Male in den Tisch ge- stochen, die Stiche seien heute noch zu sehen. Es ist nur sonderbar, daß Ihre Schwester hiervon nichts weiß. Angekl.: Dann lügt sie eben oder sie war nicht dabei. Vors.: Ihre Schwester weiß aber überhaupt nichts davon, daß Ihr Vater jemals Ihre Mutter mißhandelt hat. Angekl.: Dann sagt sie eben die Unwahrheit. Vors.: Angeklagter Jordy, Sie behaupten also, Sie haben einen guten Charakter und könnten keinem Menschen etwas zuleide tun. Angekl.: Jawohl, ich bin überall als gutmütig bekannt, wie alle meine Bekannten auch bezeugen werden. Einer solchen Tat, wie sie niir vorgeworfen wird, bin ich gar nicht fähig. Vors.: Es kann doch aber wohl passieren, daß ein sonst gutmütiger und ruhiger Mensch über etwas in Wut geraten kann und sich dann leicht vergißt. Ihre Frau soll ja Ihre Mutter auch einmal so ge- schlagen haben, daß sie umfiel. Was sollte denn nun wohl Ihr Vater für einen Grund gehabt haben, seine Frau, mit der er 35 Jahre verheiratet war. zu ermorden? Die Mutter hatte ja, wie man zu sagen pflegt, die Hosen an, und der Vater mußte sich, wenn er Geld brauchte, es von ihr geben lassen. Das ist doch aber 35 Jahre lang sehr gut gegangen. Glauben Sie wirklich, daß der Vater der Täter sein könnte? Angekl.: Ich kann es nicht sagen. Präs.: Seit Sie Ihr Geschäft verkauft hatten, haben Sie nichts zu tun gehabt. Mit der Frau haben Sie nicht mehr zusammengelebt. Wann haben Sie sich getrennt? Angekl.: Anfang Dezember.   Präs.: Haben Sie ihr bei der Trennung noch Geld gegeben? Angekl.: Ich gab ihr 60 Mark. Sie wollte noch mehr haben, aber ich gab ihr nicht mehr. Pr ä s.: Ihre Frau zog also in eine besondere Wohnung und Sie zogen zu Ihrer Tante Jordy. Es scheint so, als ob Sie der Frau sehr zugetan waren, denn Sie haben sie manchmal besucht und sind sogar eine Nacht bei ihr gewesen. Ihre Frau scheint die freundschaftlichen Gefühle, die Sie ihr entgegenbrachten, nicht erwidert zu haben, denn kurz vor der Ermordung der Schwieger- mutier, die am 3. Februar stattgefunden, hat sie einen. Brief an die Schwiegereltern gerichtet. Darin sprach sie sich gar nicht günstig über Sie aus, denn sie sagte darin:Ihr läge gar nichts an Ihnen, sie wolle sich scheiden lassen." Angekl.: Ich habe mich von ihr getrennt und nicht sie von mir. Präs.: Sie haben drei Kinder, darunter Zwillinge. War Ihre Frau zu den Kindern immer gut? Angekl.: Jawohl. Präs.: Sie haben Ihre Eltern öfter besucht, bleiben aber dabei, daß dies z u l e tz t am 27. Januar, Kaisers Geburtstag, gewesen sei. Angekl.; Jawohl, nachher nicht mehr. Pr ä s.: Sie werden aber später Zeugen hören, die Sie noch öfter und auch kurz vor der Tat in der Nähe des Tatortes gesehen haben wollen. Angekl.: Die Leute irren sich. Einen sehr breiten Raum nimmt die vorläufige Vernehmung des Angeklagten über Einzelheiten des von ihm angetretenen Alibibeweiscs für den Tag der Tat ein. Der Angeklagte hat eine große Reihe von Einzelheiten angegeben, die seine Ablvesenheit vom Tatorte beweisen sollen. Der Vorsitzende macht ihn darauf aufmerksam, daß seine An- gaben vielfach nicht stimmen und daß er zur Bekräftigung seiner Behauptungen Tatsachen erwähnt habe, wie die Begegnung mit einzelnen von ihm namhaft gemachten Leuten usw., die zwar an sich zutreffen, nicht aber auf den kritischen Tag passen. Der Vorsitzende kehrt dann nochmals zur Erörterung der Geldverhältnisse zurück und stellt fest, daß der Zlngellagte nach seiner Behauptung noch 1000 M. in Papier und 600 bis 700 Mark in Gold besessen haben will. Er hält dem Angeklagten vor, daß es doch auffällig sei, daß er eine solche Vorliebe für 20-Markftücke gehabt haben sollte, daß er das Papier­geld ausgab und gerade die 20-Markstücke behielt, daß er dieses Geld in schmutzigem Taschentuch hinter dem Ofen bewahrte, daß er selbst nicht einmal genau wußte, wieviel Geld noch vorhanden sein mutzte, daß er niemandem etwas von dem Besitze größerer Geldsummen ge- sagt Hab«. Die Leute, denen er angeblich davon Mitteilung gemacht hoben will, wissen nichts davon. Der Angeklagte sucht alle diese Be- anstandungen zu entkräften. Die Beweisaufnahme beginnt mit der Vernehmung des Bürgermeisters Wille in Reinicken­ dorf  . Er ist, als ihm Mitteilung gemacht worden, daß auf dem Gehöft der Jordyschen Eiswerke in dem zum Wohnen dienenden alten Eisenbahnwagen ein Mord passiert sei, sofort nach dem Lichten- steinschen Lokal geeilt, wo der alte Jordy mit der Meldung von der Bluttat erschienen war. Er ist dann mit dem alten Jordy und einigen Beamten nach dem Tatort gegangen, wo er im frischgefallenen Schnee Fußspuren wahrnahm, über die er Messungen auf- genommen hat. Der alte Jordy, der an sich wehmüttgem Empfinden nicht sehr zugänglich zu sein scheint, hat sich, nach der Wahrnehmung des Zeugen, wenn auch nicht gerade gleichgültig, so doch auch nicht seelisch sehr erregt gezeigt. Die Leiche lag in einer großen Blutlache, ihre Rocktasche war umgekehrt und hing nach außen heraus. Da die Fußspuren auf einen kleinen Fuß hindeuteten, hat der Zeuge den alten Jordh darüber geftagt, ob er denn gegen irgend jemand aus der Verwandtschaft Verdacht aussprechen könne und darauf soll er sich dahin geäußert haben: Er wisse nicht, ob er die Tat seiner Schwiegertochter zutrauen könne; un- möglich sei eS nicht, aber Bestimmtes könne er nicht sagen. Der Zeuge hat dann dies der Berliner   Kriminalpolizei gemeldet und diese hat dann noch an demselben Tage in Lichtenberg   sowohl bei der Ehefrau des Angeklagte» wie auch bei dem letzteren Haus- suchungen abgehalten. Der Zeuge hat bei seinem Betteten deö Tat- ortcs einen Hammer und ein Beil in der Nähe der Leiche gesehen, die große Blutlache und die Blutspritzer wahrgenommen, sonst aber in der Umgebung eigentlich keine Unordnung bemerkt. Als der Angeklagte an den Tatort(jefiihrt wurde, hat er auf den Zeugen den Eindruck eines Komödianten gemacht; er lamentterte:Ach, meine arme Mutter, was haben sie mit Dir gemacht", er hatte aber keine Träne zur Verfügung, wurde sehr bald vollständig ruhig und gab zwischendurch aus die an ihn gerichteten Fragen ganz vernünftige Antworten. Der Zeuge hat den Eindruck gehabt, daß der Mord von jemand ausgeführt sein müsse, der die lokalen Verhältnisse und die Gewohnheiten der alten Frau genau kannte. Nach der Anficht des Zeugen dürfte die Ausführung der