kec Srfahrvng In kern vorliegenden Falle er»gehen werde. Justizminister Ewald fügte eine Erklärunghinzu, in der als Voraussetzung für die gedeihliche Fortführungder Aemter der Ministerien Klarheit darüber hingestellt wird, obder Wille des Grohherzogs, daß die Minister im Amte bleiben,in der Kammer dem Wunsche nach gemeinsamer Arbeit begegne.Wir verstehen den Standpunkt, den die hessische Regierung mitöieser Antwort einnimmt, ebenso wie ihre Betonung des Gegensatzeszwischen dem heutigen hessischen Staat und der Sozialdemokratie.Dagegen vermögen wir die Haltung der Genossen, die Mitgliederder Zweiten Kammer find, nicht zu würdigen. Mag auch derGrohherzog eine andere Stellung zur sozialdemokratischen Be-völkerung Hessens einnehmen, als so mancher andere Potentat zuseinen„Untertanen", so lag doch unserer Ansicht nach für die Ab-geordneten unserer Pertei keine Veranlassung vor, dem MonarchismusKonzessionen zu machen und sich offiziell der Glückwunschadresseanzuscylietzen. �Die Wahlen zum elsaß-lothringischen Laudesausschuß.In zwanzig Land- und vier Stadtkreisen der Reichslande fandenheute die Wahlen zum Landesausschuß statt. Bekanntlich werdendie Mitglieder des LandesausschuffeS durch die Gemeinderäte erwählt,und zwar in den Städte» direkt, in den Landkreisen durch Delegierte.Dadurch ist es unseren Genossen außerordentlich erschwert, einenSitz im Landesausschuß zu erobern; und tatsächlich war es ihnendenn auch bisher nur in Mülhausen gelungen, einen„Deputö" durch-zubringen. Nachdem aber bei den letzten Gemeinderatswahlen dieGegner im dortigen Gemeinderat die Mehrheit erlangt haben,erschien auch dieser Sitz stark gefährdet. Wie der Telegraph meldet,ist denn auch dieses Mandat verloren gegangen, so daß künftig imelsaß-lothringischen Landesparlament die Sozialdemokratie ohneVertretung sein wird.Strasburg i. E.. 29. November. Bei den Wahlen zumLandcsausschuß wurden in 24 Stadt- und Landkreisen uuteranderen die früheren oder jetzigen Reichstagsabgeordneten Winterer,Bluiuenthal, Wetterl«, Riff, Hoeffel und Jaunez gewählt. DieKlerikalen gewannen Colmar Land und Wanzenau, verloren jedochStraßburg Land. Die Sozialdemokraten verloren den einzigenSitz Mülhausen an die Demokraten.—Ein Gcheimbundsprozeß gegen fieben lettische Sozialdemokraten,die als'Mitglieder der„lettisch- sozialdemokratischen Arbeiterpartei,Abteilung Hamburg", bezeichnet werden, findet am 6. Dezember vorder Strafkammer I des Landgerichts Hamburg statt. Angeklagt sindder Maurer Berard D s e r w e n aus Niederbahrt(Rußlands, derJournalist Sutte aus Riga, der Maurer Skulte aus Lenne-Warden(Livland), der Zimmermann Robert Graß aus Altborn(Kurland), der Maurer Grünberg aus Wolmar(Livland), derZimmermanu Witolin aus Buschhoff(Kurland) und derZimmermann Peter Graß aus Braunhos(Livland). Die dreiersten befinden sich seit längerer Zeit in Haft. Ursprünglich wardie Anklage, die außer Geheimbündelei auf Führung falschenNamenS und falscher Legitimationspapiere lautete, gegen zehn Per-sonen erhoben und sollte noch auf weitere sechs„Geheimbündler"ausgedehnt werden.Als im August die Verhaftungen erfolgten, wußten Hamburgerimd andere Blätter, allen voran die kosakisch fühlenden„HamburgerNachrichten", von einem aufgehobenen nihilistischen Verschlvörernest zuberichten, in dem riesige Mengen von Sprengstoffen und Waffenneuester Konstruktion beschlagnahmt seien. Weiter wußte dieses Gelichterzu berichten, daß außer Geheimbündelei eine Anklage lvegen Ver-gehens gegen das Sprengstoffgesetz erfolgen werde, weil die„Ver-schwörer", die den Mittelpunkt der überall in Deutschland ver-breiteten Agenten der terroristischen Partei bilden sollten, Munition,Sprengstoffe und Waffen in Massen nach Rußland befördert hätten IDoch nichts vermochte in dieser Richtung festgestellt zu werden. DieVerteidigung der Angeklagten haben die Genossen Dr. K. Liebknecht-Berlin und Dr. Herz-Altona übernommen.Wie wir in Erfahrung bringen, hat der Oberstaatsanwalt denReichskanzler und die— russische Regierung von der großen Staats-aktio» in Kennwis gesetzt.—Zeugenaussagen Arbeitswilliger!Den Wert der Zeugenaussagen Arbeitswilliger zeigtewieder einmal recht deutlich eine Berufungsverhandlung vor der4. Strafkammer des Landgerichts in Dresden. Wegen Vergehens gegen§153 der Gewerbeordnung war vomSchöffengericht in Pirna der Zimmermann Oehmichen zu 30 MarkGeldstrafe verurteilt worden. Am 23. April d. I. trafOehmichen auf einer Bahnfahrt mit dem Zimmerer Göhler zusammen.Da in der betreffenden Gegend die Zimmerleute in einer Lohnbewegungstanden, nahm Oehmichen an, daß Göhler als Arbeitswilliger ein-treten wollte. In Wirklichkeit war auch G. zur Arbeit aufgefordertloorden und wollte sich nach der betreffenden Arbeitsstelle begeben,ohne zu wissen, daß dort gestreikl wurde. Oehmichen machte ihndarauf aufmerksam, worauf G. erklärte, daß er unter diesen Umständendort nicht in Arbeit treten werde. Oehmichen erstattete ihm das Reisegeldzurück und nahm die Fahrkarte G.s an sich. Er half dann demGöhler aus dem Wagen und reichte ihm sein Bündel mit demHandwerkszeug nach. Der in demselben Wagen sitzende Arbeits-loillige Schütze hatte diesen Vorgang beobachtetund wegen Vergehens gegen§ 153 Anzeige gegenOehmichen erstattet. In der Schöffengerichtsverhandlung tratSchütze als Hauptbelastungszeuge auf und sagte unterseinem Eide aus, daß Oehmichen dem Göhler die Fahr-karte weggenommen und ihn mit Gewalt ausdem Wagen gedrängt habe. Göhler habe gern arbeitenwollen und sich nicht bereit erklärt auszusteigen. Auf Grunddieser Zeugenaussage wurde Oehmichen zu der oben erwähnten Strafeverurteilt.Gegen dieses unhaltbare Urteil hat der Verurteilte selbst-verständlich Berufung eingelegt, und die Sache kam nun an dasLandgericht in Dresden, vor dem diesmal der Zimmerer Göhlerselbst' als Zeuge auftrat.Die ganze Darstellung war nun eine andere, denn G. sagte imGegensatz zu Schütze aus, daß er aus freiem Willen so gehandelthabe und daß auch nicht der geringste Druck auf ihn ausgeübtworden sei. Es wurde dann noch weiter in der Verhandlung fest-gestellt, daß Schütze schon fünfmal als Belastungs-zeuge gegen st reitende organisierte Arbeiteraufgetreten ist. Der Verteidiger beanttagte die Frei-sprechung und wies darauf hin, daß Schütze vor dem Schöffen-gericht eine falsche Aussage gemacht habe und daß nur auf diesefalsche Aussage hin die Verurteilung erfolgen konnte. DerStaatsanwalt enthielt sich eines Antrages! DasGericht schien die Ueberzcugung erlangt zu haben, daß es in Schützemit einem Denunzianten zu tun hat, auf dessen Zeugnis kein großerWert gelegt werden kann. Es erkannte auf Freisprechung!Der zweite Nümderger Krawallprozeß wird am 1. Dezembervor dem mittelfränkischen Schwurgericht verhandelt werden. Als An-geklagte werden erscheinen der 13jährige Lackierer Rodler und derebenfalls 18jährige Modelltischler Scheuerlein wegen Landftiedens-bruchs, sowie der Installateur Völkel wegen„Aufruhrs". Dieseschrecklichen Taten werden darin gefunden, daß die Angeklagten am23. und 24. August nach der„Ordnung" machenden Polizei mitSteinen geworfen und sonstigen Unfug �-trieben haben sollen.--Ein Opfer der Hohenkohesche» Memoire» ist der demnächst aufder Schichau-Werst zu Danzig vom Stapel laufende Passagier-dampfer des Norddeutschen Lloyd geworden. Ursprünglich war diesesSchiff gleich seinem Schwesterschiffe„Dorl" dazu ausersehen, denNamen des Feldmarschalls„Kleist" über die Weltmeere zu tragen.Nach dem Tode des dritten Reichskanzlers erachtete man es jedochfür würdiger, dem schwimmenden Koloß besten Namen zu geben.Prächtig prangte am Bug und Heck in großen Buchstaben„Hohen-lohe". Doch, o weh, die Memoiren haben die patriotischen Auftrag-geber verschnupft, denn kürzlich wurden diese Namen von den Stahl-platten heruntergerissen, um dem ursprünglichen Namen„Kleist"wieder Platz zu machen.—Eine Nachwahl zum Reichstage soll den Wählern des Wahlkreises Altenburg bevorstehen, die zweite in dieser Legislatur-Periode. Dem Vernehmen nach steht nämlich die Berufung desRcichstagsabgeordneten, Oberlandesgerichtsrats Dr. Porzig in Jenaan das Reichsgericht bevor. Da das eine Veränderung in denamtlichen Qualitäten des Herrn bedeutet, so müßte dann eine Neu-wähl erfolgen. Der Kreis wurde 1993 bei den Hauptwahlen be-kanntlich mit dem Genossen B u ch w a l d von der Sozialdemokratieim ersten Wahlgang mit kleiner Mehrheit erobert. Die Wahl wurdeaber für ungültig erklärt, weil der altenburgische Staatsminister sichgegen die Kandidatur des bündlerisch-konservativen Herrn v. Blödauausgesprochen hatte, da sie zur Bekämpfung der Sozial-demokratte nicht geeignet sei. Bei der Nachwahl wurde Buchwaldin die Stichwahl gedrängt und unterlag mit 17 419 Stimmen gegen18 088, die Dr. Porzig erhielt.—Aus dem Meininger Landtag.Aus den Verhandlungen des Meininger Landtags wird unsgeschrieben: Bei der Besprechung der Einnahmen und Ausgabender herzoglichen Landeskreditanstalt am 28. November wünschteAbgeordneter v. Stiealitz-Friedenthal Erleichterungen für die„Notleidenden", die nicht in der Lage seien, 4 Proz. Zins und1 Proz. Amortisation zu zahlen. Die Landeskreditkasse sei sozu-sagen verpflichtet, keine großen Ueberschüsse für das Land zubringen(1903: 131916 M., 1904: 155 964 M.). sondern der not-leidenden Landwirtschaft Gelder zu niederem Zinsfuße und ge-ringerer Amortisation zu leihen.Demgegenüber stellte Abgeordneter Sparkassendirektor Sielerals Referent fest, daß die„Notlage der Landwirtschaft" doch nichtso groß sei, daß man ihr eine„Extrawurst" zu braten brauche,denn das kleine meiningensche Dörfchen Westfcld, das kaum 350Seelen zähle, habe gemeinschaftlich ein Rittergut für 85 000 M.gekauft und diese Schuld in 10 Jahren prompt abgetragen.Interessant war auch eine Erklärung des Staatsministersv. Ziller in gleicher Sitzung über die zu leistenden Matrikular-beitrage, welche besagt, daß man 24 Millionen Mark alsmatrikularmäßigen Beitrag für alle Bundesstaaten eingesetzt habe,jedoch werde es dabei wohl kaum bleiben. Es würden also höhereMatrikularbeiträgc erhoben, neue Einnahmequellen erschlossenoder Ausgaben gestrichen werden müssen! Die Schwierigkeiten,welche eine wirkliche Reichsfinanzreform biete, seiennoch lange nicht behoben!Also keine tröstlichen Aussichten.—Ein politischer Klopffechter gesucht. Im„FrankfurterGeneralanzeiger" vom 27. November befindet sich folgendesInserat:Gesucht wird eine einwandfreie Persönlichkeit, die be-fähigt ist, in einem Wahlkreise mit ländlich, u. z. T. industriell.Bevölkerung die christlich-soz. Agitation zu be°kämpfen und in populärer Weise für die natl. Partei Pro-paganda zu machen. Kenntnisse auf gewerkschaftlichem undsozialem Gebiete sind erforderlich. Off. mit Angabe seitherigerTätigkeit und Gehaltsforderung unt.? 13004 Haasenstein u.Vogler A.-G., Frankfurt a. M., erbeten.Es spricht Bände für den jammervollen Zustand des National-liberalismus, daß er schon„auf diesem nicht mehr ungewöhnlichenWege" sich einen Agitator suchen muß. Aber da man für Geldalles haben kann und Geld allenfalls von den nationalliberalenJndustriebaronen noch aufgebracht werden kann, weshalb soll manden Weg des Inserats nicht gehen, wenn man sonst keinen findet,der die undankbare Aufgabe, den Nationalliberalismus zu ver-leidigen und zu propagieren, auf sich nehmen will!—Hiisland.Schweiz.Hetze gegen die Russe» in Zürich. Der Polizeichef der StadtZürich. Stadtrat Weltt, ein sogenannter„Liberaler", dessen Libe-ralismus sein eigenstes Geheimnis ist, hat in jüngster Zeit die ganzwillkürliche Verfügung getroffen, daß die Russen in der StadtZürich ihre Auslandspässe an die russische Gesandtschaft in Bernzur Beglaubigung senden müsse»! Welti spielt damit geradezu denHenkersknecht der russischen Blut- und Gewaltherrschaft; denn sinddie Pässe einmal in den Händen der russischen Gesandtschaft, somögen manche auch darin bleiben uno die betreffenden Russenkommen so um ihre Ausweispapiere. Haben sie aber solche nicht,so weist sie der Welti aus der Stadt Zürich aus oder veranlaßtseinen gleichwertigen Gesinnungsgenossen Nägli, den kantonalenPolizeidirektor, die„schriftenlosen" Russen gleich aus dem ganzen51anton auszuweisen! Vor Jahren übte Herr Welti ähnlichePraktiken gegen die Italiener, von denen er außer dem Paß auchnoch ein Leumundszeugnis forderte, obwohl ihm dazu weder einGesetz noch der Niederlassungsvertrag mit Italien eine Handhabebot. Sein Vorgehen wurde denn damals auch vom Bundesrat inBern zurückgewiesen. Hoffentlich wenden sich die Russen in Zürichebenfalls an den Bundesrat um Hülfe gegen die Weltische Willkür-Herrschaft, damit sie wieder beseitigt wird. Sie könnte aberauch zum Gegenstand einer sqzialdemokratischen Interpellation imGroßen Stadtrat Zürichs gemacht werden.—Frankreich.Die Marokko- Interpellation.Paris, 29. November.(Deputiertenkammer.) DaS HauS ist gutbesetzt, die Tribünen sind überfüllt. Der Präsident Brisson teilt mit,daß Jaurös die Regierung über die marokkanischen Angelegenheitenzu interpellieren wünsche. Minister deS Aeußern, Pichon, ersuchtdie Kammer, die Besprechung dieser Interpellation mit derBeratung der Algecirasakte, die am nächsten Donnerstag stattfindensoll, zu verbinden. Uebrigens wünsche die Regierung selbst, ihrePolitik hinsichtlich Marokkos in vollem Umfange darzulegen; diesePolitik halte sich fem von allen Eroberungsplänen und abenteuerlichenAbsichten und lasse sich bei der Durchführung der Bestimmungen derAlgecirasakte, die in aller Loyalität erfolge, lediglich von den Rechtenund Pflichten Frankreichs leiten. Die zu diesem.Zwecke ergriffenenMaßnahmen hätten Anlaß zu ungerechtfertigten Kritiken ge-geben; diese Maßregeln seien aber nur solche der Vorsicht. DieAbfahrt der Kriegsschiffe sei nicht angeordnet und ein Befehl zurAbfahrt sei auch nicht zurückgenommen, sondem über die Abfahrtder Schiffe sei mit der spanischen Regiemng eine Verständigunggetroffen und das sei die Folge der gemeinsamen Aktionaller Mächte. Die Abfahrt der Schiffe werde morgen er-folgen. Eine Landung m Marokko sei nicht von vomhereinbeabsichtigt; die Schiffe würden nur vor Tanger bleiben, wosie die anderen Schiffe ersetzen sollen.„Ihre Anwesenheit dort be«deutet," fährt der Minister fort,„daß, wenn das Leben vonEuropäern bedroht ist, sie wissen werden, dieselben zu beschützen.Wir wollen nicht das Inkrafttreten der polizeilichen Maßregeln, diewir zusammen mit Spanien gefordert und erlangt habe«, tn ffutffistellen. Die aus der Akte von AlgeciraS sich ergebenden Pflichten,Lasten und Vergünstigungen müssen unsere Politik leiten. Wir be«absichtigen, diesem intemattonalen Abkommen treu zu bleiben."(Beifall.)Ja u r ö s führt auS, er sei beuumhigt; denn er fürchte, daß dieUebereinstimmung unter den Mächten, namentlich die mit Spanien,nur oberflächlich sei. Er erblicke hierin eine schwere Gefahrund bitte die Regiemng, nichts zu tun, was Frankreich und Europavor eine vollendete Tatsache stellen würde, bevor die Besprechungseiner Interpellation am 6. Dezember stattgefunden habe.(Beifall aufder äußersten Linken.) Pichon ruft:„Wir sind nicht mehr als SieAnhänger einer Eroberungspolitik." Jaurös erwidert:„Man läßtsich fortreißen."(Zwischenruf aus dem Hause:„Wir haben sicher diePflicht, unsere Landsleute zu beschützen."(Unruhe.))— Pichon ergreiftnochmals das Wort und erklärt, die Akte von Algeciras habe dieStellung aller Mächte in Marokko geregelt. Auf Grund dieserAkte müsse Frankreich in der Lage sein, die Sicherheit der Europäerzu gewährleisten. Man könne unmöglich zulassen, daß das Lebenvon Landsleutcn auf Gnade und Ungnade denen preisgegeben sei,die in Tanger die Unruhen begünstigen. Auch könne man unmöglicheiner anderen Macht es überlassen, sich an Frankreichs Stelle zusetzen zur Beschützung der französischen Staatsangehörigen.(Beifall.)Die Besprechung der Interpellation Jaures wird sodann aufDonnerstag, den 6� Dezember vertagt.—Spanien.Morct ist vom König mit der Bildung des neuen Kabinetts be»auftragt worden.Entgegen den Behauptungen, daß die Ministerkrisis auf dasVereinsgesetz zurückzuführen sei, wird erklärt, daß die tatsächlicheUrsache in der M a r o k k o f r a g e zu suchen sei. Die Ministerwaren untereinander über die Haltung nicht einig, tvelche Spanienangesichts der Ereignisse in Marokko einnehmen sollte. Die einenwaren der Ansicht, daß unverzüglich spanische Truppen gelandetwerden müßten, während die anderen eine Unvorsichtigkeit in einemVorgehen erblickten, dessen Folgen weitgehende sein könnten.Japan.Vcrtragspolitik.Mittwoch abend hielt Doumer auf dem Bankett der Kolonial»Union zu Paris eine längere Ansprache, in der er die Stellung derverschiedene» europäischen Mächte in Japan erläliterte. Er stellte fest,daß England dort die erste Stelle einnehme, und dies, ohne daß einKanonenschuß abgefeuert worden sei! Ein einfacher Handelsvertraghabe England diese bevorzugte Stellung verliehen und ihm ge-stattet, seine Macht zu befestigen. An dem Tage, wo die Allianzzwischen Japan und England ablaufe, werde dieser Bund auf eineranderen Basis erneuert werden, durch welche es Frankreich undDeutschland möglich sein werde, sich gleichfalls größere Vorteile zusichern.Amerika.Der Fall Schmitz. Der Verhaftung des Bürgermeisters Schmitzvon San Francisco unter der Anklage der Bestechung wird von dergesamten Presse eine Wichtigkeit beigelegt, die gar nicht im Ver-hältnis zu der Anklage steht. Schmitz wird beschuldigt, von großenVergnügnngsetablissenients Gelder angenommen zu haben, damit sievon der Polizei unbehelligt bleiben.Unsere Parteipresse drüben gibt der Ansicht Ausdruck, daß dieganze Verfolgung aus politischen Motiven eingeleitet wurde.Schmitz ist bekanntlich von der(nichtsozialdemokratischen) Arbeiter-Partei San Franciscos mehrmals zum Bürgermeister ge-wählt worden, und es wäre für die Kapitalisten ein gefundenesFressen, ihn nun bloßstellen zu können. Gerade jetzt aber ent-wickeln die Kapitalisten ein lebhaftes Interesse, der Arbeiter-Partei an der Pacific-Küste einen Schlag zu versetzen. In allenkapitalistischen Zeitungen liest man lange Klageartikel über die„furchtbare Tyrannei der Gewerkschaften" in San Francisco, dieden Wiederausbau der Stadt„hindern", weil sie gute Löhne verlangenund ihrer Organisation Geltung verschaffen. Hinter den Gewerkschaftensteht nun die Arbeiterpartei mit dem städttschen Regiment, unddarum das sensationelle Vorgehen gegen Schmitz! Ob er schuldigist, das ist eine andere Frage. Er selbst erklärte, daß seine politischenFeinde keine Abwesenheit benutzt hätten, um ihn zu verdächtigen.Er befand sich gerade in Berlin, als er die Nachricht erhielt, daßman ihn angeklagt habe. Er entschloß sich sofort, seine Europareiseaufzugeben und nach San Francisco zurückzukehren.Fohnbewepttg der KMapttMen und der Kaliurbeittr.Das Kalisyndikat kündigt in der„Deutschen Berg-w erksztg." einen neuen Beutezug gegen die Konsumenten an.für den folgende„Gründe" angegeben werden: Die Kaliindustriewerde an sich durch die EntWickelung der SyndikatSverhältnisse i nihren Erträgen beschränkt. Die Arbeiterlöhneseien ge stiegen. Zudem sei die Kaliindustrie die einzigeIndustrie Deutschlands, die der gegenwärtigen Tendenz aufSteigerung der Preise nicht gefolgt sei. Mit dem Argument der„beschränkten Erträge" beweisen die Syndikatsherren natürlich nurdie Schrankenlosigkeit ihrer Profitgier, der freilich eine um sogrößere Bescheidenheit ihrer Ansprüche an die Höhe der Arbeiter»löhne gegenübersteht. Welche„Beschränkung" die Kaliprofite deSvorigen Jahres gegen die des Jahres 1904 erfahren haben, zeigtfolgende Tabelle der von den einzelnen Werken erzielten Netto»bctriebsüberschüsse:1904 1905Karlssund...... 911 696 M. 1 132 425 M.Glück Auf. Sondershausen 1 751 645 ,. 1 958 523.Hedwigsburg..... 981 OOO„ 1 038 600,Kaiseroda...... 878 217„ 1 095 566,Jessenitz....... 414578, 623 469.Burbach....... 802 247, 1 302 106,Aschersleben..... 1460 626„ 1 610 370,Leopoldshall..... 1 890 451. 1932165.Johanneshall..... 327 724, 610 563,Egestorf, Salzwerkc.. 607 000, 762 000.Salzdetfurth..... 1070 552, 1158 017,Also Gewinnsteigerungen bis zu 40 Proz. in einem Jahre beiteilweise sehr hohen Abschreibungen— so sieht die syndizierte„Be-schränkung" der Erträge aus. Oben sind aber noch nicht einmal dieam günstigsten stehenden Werke genannt. Die fiskalischen Arbeitervon Staßfurt lieferten im Jahre 1903 auf den Kopf 800 M.Uebersckmtz, in dem darauf folgenden Jahre schlug man aus derArbeitskraft jedes einzelnen von ihnen durchschnittlich 1580 M.heraus I Bei einem Anlagekapital von nur 10 Millionen pro Jahr6—7 Millionen Mark Ueberschuß zu erzielen, ist seit Jahren dasGlück und der Stolz der Salzbergwerke Bernburg. Dasfind die Profite der Kaliindustrie, die nun so dringend der Auf»besserung bedürfen! Und wie sieht die Steigerung derArbeiterlöhne, die vom Kalisyndikat behauptet wird, in Wirk«lichkeit aus?Die Löhne sind heute, trotz der äußerst günstigen Konjunkwr.noch niedriger, als im Jahre 1900. Nun wird aber mit einerLohnsteigerung seit 1906 geprahlt. Mit wie wenig Recht, be-weisen die amtlichen Ziffern. Vom 1. Juli bis 30. Juni„verdienten"die H a u e r in der Kaliindustrie pro Schicht:OberbergamtsbezirkVierteljahr Clausthal Hallelll. 1905... 4,22. 4,00,IV. 1905... 4,21, 4,07.I. 1906... 4,34. 4.14,II. 1906... 4,35. 4.05#