Br. 293. 28. Jahrgang. 2. Beilage des„ Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Sonntag, 16. Dezember 1906.

Parteigenoffen, Parteigenoffinnen

Groß- Berlins!

Der Deutsche Reichstag ist aufgelöst!

Weil Ihr zur Erkenntnis Eurer Klassenlage gekommen, Auch die Freisinnigen eilten mit dem Antrag Ablaß  weil Ihr nicht länger alle Lasten geduldig tragen als freiwillige Schuttruppe der Regierung zu Hülfe, um durch wollt, ohne entsprechende Rechte zu haben, weil eine nichtssagende Resolution die Regierungsvorlage zu retten, Ihr Brot, Freiheit, Bildung und Schutz vor der sich damit der Regierung als Handlanger zu empfehlen. Ausbeutung haben wollt, hat man Euch beschimpft und be- Diese Jagd des Freisinns nach Regierungsgunst zeigt deutlich geifert. Den bittersten Hohn aber auf die Arbeiterklasse, den die ganze Jämmerlichkeit dieser sogenannten Trumpf der Unterdrückungspolitik bildet das beabsichtigte Voltspartei. Antigewerkschaftsgesetz.

In völliger Verblendung über die Stimmung des Volkes Endlich hat das deutsche Volt wieder einmal Gelegen- löste die Regierung den Reichstag   auf, weil dieser nicht die jeit, seinen Einfluß auf die Geschicke Deutschlands   geltend zu maßlosen Forderungen für die afrikanische Sandwüstenpolitik tachen. In der geradezu unglaublichen Hoffnung, eine noch bewilligte. oillfährigere Majorität für die afrikanische Abenteuerpolitik Glaubt man etwa, die Septennatswahlen des Jahres 1887 aufammen zu bringen, löste die Regierung den Reichstag   auf. noch einmal machen zu können? Hofft man wirklich, das Nun hat das Volk das Wort!

Das deutsche Proletariat, das jahrelang die Mißwirtschaft er herrschenden Klassen angesehen, das die Wirkungen des Zoll­nd Brotwuchers am eigenen Leibe kennen gelernt hat, das recht os und schutzlos bem llebermut der Junker, des Militarismus nd der Polizeiwirtschaft überliefert ist, wird jezt darüber ent­cheiden, ob das System, welches sich in Deutschland   mit Hülfe der Reichstagsmehrheit breit gemacht hat, weiter be­tehen soll.

Parteigenossen, Parteigenossinnen! Vorwärts in den Wahlkampf!

Wo irgend noch eine Lücke in der Organisation vorhanden ist, muß sie ausgefüllt werden.

welche im täglichen schweren Kampfe um ihre Eriſtenz zu In ruhiger, besonnener Weise müssen alle diejenigen, deutsche   Volk wieder in einen Taumel patriotischen Chau- ringen haben, ver ihre Klassenlage aufgeklärt werden; jede vinismus versehen zu können, indem man ihm vorredet, Gelegenheit muß benutzt werden zur Agitation, zur Werbung es werde durch auswärtige Feinde ausgeplündert? Ach, wir neuer Rekruten. brauchen keine auswärtigen Feinde zur Vernichtung Die acht Wahlkreise Groß- Berlins müssen mit gewaltiger des Volkes. Schlot- und Krautjunker, Brot- und Viehwucherer Stimmenzahl für die Sozialdemokratie erobert werden. arbeiten ja ständig durch ihre Beutepolitik an der Degene­Jeder Parteigenosse sei Agitator im Wahlkampf! rierung der breiten Volksmassen. Weil die Reichstagsmehrheit dem deutschen   Volke nicht zu sammelt Gelder für den Wahlkampf und seid in altgewohnter Werbt Abonnenten für unsere Presse, den Vorwärts", gunsten der afrikanischen Eroberungspolitik immer neue, schier Parteigenossen, Parteigenofsinnen Groß- unerträgliche Lasten auferlegen wollte, deshalb die Auflösung! rühriger Weise tätig für die Prinzipien der Sozialdemokratie. Berlins! Ihr werdet die Antwort geben Es sollte gezeigt werden, daß in Deutschland   das Säbel­and diese Antwort wird klar zeigen, daß regiment maßgebend ist, daß der Große General­eine unüberbrüdbare Kluft besteht zwischen stab über die Geschicke des Landes zu bestimmen hat und ser großen Masse der arbeitenden Bevölke- nicht die Volksvertretung. ung und den herrschenden Das ist der springende Punkt.

lassen.

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Weg mit dem volksausbeuterischen System!

Hoch die Sozialdemokratie! Berlin  , den 15. Dezember 1906.

Der Vorstand des Verbandes soz. Wahlvereine Berlins   und Umgegend.

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