tnbem er Befeuerte, es sei ihm nicht eingefallen, durch den Wortlaut des Antrages an dem bisherigen Verhalten der Ge- meindebehörden Kritik üben zu wollen. So fügte er zum kläglichen Anfang das klägliche Ende, das fast einer Abbitte glich. Da sind die Kirschner, Cassel usw. denn doch„andere Kerle". In ihrer Art sind sie wenigstens„ganze Männer", aber freilich nur in i h r e r Art. Den lauten Spott, mit dem die freisinnige Mehrheit die Ablehnung des Antrages be» grüßte, hatten die„Sozialfortschrittler" reichlich verdient. Eine koulnnte Versicherungsgesellschaft! Merkwürdige Er- fahrungen mit der Versicherungsgesellschaft„Viktoria" sind von einem Mechaniker S. gemacht worden, der bei ihr sein bißchen Eigen- tum gegen Diebstahl versichert hatte. Er hatte mit der Gesellschaft einen Vertrag geschlossen, der sich auf eine Reihe von Jahren er- streckte, und er zahlte den Gesamtbetrag der Prämien in wöchent- l'chen Raten ab. Als er nun seine Wohnung wechselte und die Gesellschaft die Umschreibung vornehmen mußte, wurde ihm hierfür eine Gebühr von öl> Pf. abgefordert. S. verweigerte di« Zahlung und berief sich darauf, daß man ihm vor Abschluß des Vertrages weder mündlich noch schriftlich irgend etwas über diese Gebühr mitgeteilt habe. Die Gesellschaft antwortete, dann ruhe ein st- weilen ihre Haftpflicht, bis Bezahlung erfolgt sei. Das wäre nun freilich für S. sehr bedenklich gewesen. Aber da die Wochenraten ruhig weiter von ihm eingefordert und durch den Kassenboten abgeholt wurden, so glaubte er, die Drohung nicht ernst nehmen zu sollen. Uebrigens machte er die Gesellschaft ausdrücklich darauf aufmerksam, daß sie ja durch Weiterabholung ihr Einver- ständnis erkläre. Auch eine wiederholte Warnung wurde von ihm zunächst in den Wind geschlagen. Erst später besann S. sich eines anderen und forderte den Boten auf, baldigst die Quittung über die 50 Pf. mitzubringen. Er wollte zahlen, um allen etwa doch mög- Ilchen Scherereien aus dem Wege zu gehen. Noch ehe aber die Zahlung zustande kam, wurde Herrn S. ein Fahrrad vom Korridor weg gestohlen. Als er jetzt Entschädigung forderte, antwortete die Gesellschaft, sie lehne jede Verpflich- t u n g ab, da S. die Bedingungen nicht erfüllt habe. Daß er schließlich doch hatte zahlen wollen, wurde von dem Kassenboten be- stritten. S. sah sich hiernach genötigt, auf Schadenersatz zu klagen. Er wurde aber abgewiesen. Das Urteil wurde damit begründet, daß es eben üblich sei, eine solche Gebühr zu erheben. Sie habe gezahlt werden müffen, auch wenn vorher nichts darüber mitgeteilt worden sei. Somit kam S. um die EMchädigung für das Fahrrad und mußte auch die Gerichtskosten hinterherwerfen. Als obeneiu auch das Honorar für den Anwalt der„Viktoria" von ihm ein- gefordert wurde, konnte er nicht mehr zahlen, denn er war jetzt ohne Beschäftigung, nachdem er schon vorher einige Monate durch Krankheit in seinem Erwerb beeinträchtigt worden war. Der Gerichtsvollzieher siegelte ihm ein Spind, aus dessen Erlös die Forderung samt den neu hinzugekommenen Kosten gedeckt werden sollte. Bis zu diesem Aeußersten also wollte die„Viktoria" es treiben, dieselbe Gesellschaft, die ihrem„Schuldner" selbst noch etwas schuldete, da sie Vorausbezahlung der Prämien von ihm angenommen und die Raten ruhig weiter abgeholt • hatte. S. schrieb das der Gesellschaft. Da der Vertrag, so führte er aus, nunmehr aufgehoben sei, so schulde ihm doch die Gesellschaft den vorausbezahlten Prämienbetrag. Die Gesellschaft antwortete, allerdings stehe ihm Rückzahlung zu, diese könne aber vorläufig nicht erfolgen, da erst abgewartet werden müsse, ob durch das Spind die Kosten voll gedeckt würden. S. bat, man möge die Versteigerung aufschieben und Ratenzahlung gestatten. Als Antwort erhielt er nur noch eine Zuschrift des Gerichtsvollziehers, die unter Hinweis auf den Versteigerungstermin schleunigste Bezahlung forderte. Und es kam tatsächlich zum Aeußersten! S. hätte wohl die Differenz zwischen den ihm abgeforderten Kosten und den an ihn zurückzuzahlenden Prämien heranschaffen können, nicht aber den vollen Betrag der Kosten, die der Gerichtsvollzieher seinem Auf. tra� gemäß rücksichtslos von ihm eintreiben mußte. So wurde das Splno abgeholt und versteigert. Wieviel es erbracht hat, konnte S. uns noch nicht mitteilen, als er uns über diesen Ausgang seiner Streitsache unterrichtete. Er will abwarten, ob die koulante „Viktoria" ihm noch etwas zurückzahlen wird. Vielleicht kommen wir in die Lage, auch hierüber noch zu berichten. Unsere Leser aber werden gebeten, sich die merkwürdiKen Erfahrungen, die S. mit der „Viktoria" gemacht hat, als Warnung dienen zu lassen.. In der jüngsten Sitzung des Kuratoriums der städtischen Heimstätten wurde beschlossen, dem Magistrat die dringende Not- wendigkeit der Errichtung von WalderholungS statten zu empfehlen. Während die Heimstätten für Kranke vorbehalten werden, welche für längere Zeit dauernd von ihrer Häuslichkeit fern bleiben müssen, und für welche ein größerer Bchandlungs- apparat erforderlich ist, sind die Walderholungsstätten für die große Masse derer geeignet, die lediglich der Ruhe, des Aufenthalts in guter Waldluft und einfacher physikalischer Behandlungsmethoden bedürfen. Ihr großer Vorzug ist die Billigkeit. Für dasselbe Geld, das in einem Sanatorium drei Betten kosten, kann man eine Erholungsstätte für 150 Personen errichten. Sie lassen sich in den verschiedenen Städten mit Leichtigkeit den örtlichen Ver- Hältnissen anpassen. Demgemäß besitzen auch überall die Er- holungsstätten gewisse Besonderheiten; erster Grundsatz bleibt aber in jedem Falle. t>aß sie in Einrichtung und Betrieb nicht über ein gewisses Mindestmatz hinausgehen, wenn anders sie den zwei wich- tigen Forderungen gerecht werden sollen, daß sie einer möglichst großen Zahl von Kranken zugute kommen und die Kranken so lange verpflegen, wie es nach Lage der Krankheit nötig ist. Man hat der Reihe nach Anstalten für Männer, Frauen und Kinder errichtet, aus welch letzteren schließlich die Waldschulen hervorgingen. In Eichkamp bei Berlin ist man mit Erfolg zum Winterbetriebe über- gegangen und hat auch an einzelnen Stellen einen Nachtbetrieb eingeführt. Für die künftigen städtischen Wälderholungsstättcn ist Tag- und Nachtbetrieb vorgesehen; sie sollen besonders dazu dienen. im Sommer die Heimstätten zu entlasten und den Andrang, welcher bekanntlich in der warmen Jahreszeit erheblich ansteigt, von diesen Anstalten einigermaßen abzulenken. Es werden auch solche Kranke dort Aufnahme finden, welche für die Heimstätten nicht geeignet sind, aber noch Aussicht bieten, so weit gebessert zu werden, daß sie wieder zur Aufnahme in die Heimstätte geeignet sind. Die Walderholungsstätten sollen auf einem der Kanalisation gehörenden Gelände in der Nähe der Heimstätten errichtet werden, so daß die Kranken von dort aus bequem verpflegt und ärztlich Beaufsichtigt werden können. In der letzten Sitzung der stäbtischen Tiefbaubeputation wurden dt« vom Baurat Professor Messel ausgearbeiteten Entwürfe für eine„Brommy-Brücke" an Stelle der alten Eisenbahnbrücke im Zuge der Eisenbahnstrahe über die Spree ' genehmigt. Ferner beschäftigte sich die Deputation mit der Aenderung der Submission«bedi»(i»»grn bei der Ucbcrnahme städtischer Arbeiten. Die Deputation stimmte einer Aenderung der Bedingungen in wesentlichen Punkten zugunsten der Submittenten zu. Unter anderem soll in Zukunft unter den drei mtndestfordernden Sub- mittenten derjenige den Zuschlag erhalten, der die größte Gewähr für die ordnungSmätzisse Ausführung der Arbeiten bietet, ferner wurde beschlossen, die Grenzen für die Ausführung bezlv. für die Uebertragung der Arbeiten enger zu ziehen. Danach sollen die Submittenten in Zukunft nur»och verpflichtet sein, zehn Prozent über die ausgeschriebene Arbeit hinaus zu den ausbedungenen Preisen zu übernehmen und auszuführen, während der Magistrat verpflichtet wird, im Höchstfalle nur zehn Prozent unter der auS- geschriebenen Leistung nicht ausführen zu lassen. Der Magistrat würde danach beispielsweise verlangen können, daß der Submittent auch in Zukunft bei Uebernahme von 10 000 Quadratmeter Pfasterarbeiten rund 11 000 Quadratmeter zu demselben Preise und tn derselben Zeit ordnungsmäßig ausführt, während der Sub- mtttent, sobald ihm der Zuschlag erteilt ist, verlangen kann, daß ihm von den 10 000 Quadratmeter mindestens 9000 Quadratmeter über- tragen werden. Unserer Meinung nach wird durch diese Aenderung der Sub- missionsbedingungen bei Vergebung von städtischen Arbeiten an dem bisherigen Zustand nichts Erhebliches geändert. Eine wcsent- liche Aenderung und Besserung kann nur erreicht werden, wenn der Magistrat sich endlich entschlösse, die Arbeiten s ä m t l i ch in eigener Regie ausführen zu lassen. Gerade im Tiefbau stehen nach dieser Richtung hin nicht die geringsten Schwierigkeiten im Wege; nur der gute Wille fehlt. In den Borortgemeindcn wird jetzt mit Nachdruck für die Eingemeindung mobil gemacht. Der Bürgervercin von Boxhagen- Rummelsburg hat nach einem Referat des Oberlehrers Aigte über den Bericht des Oberbürgermeisters Kirschner über die Schaffung eines„Grotz-Berlin" einmütig beschlossen, für die Eingemeindung nach Berlin einzutreten. Da die Regierung durck eine Umgemein- dung in keiner Weise benachteiligt wird, so hofft der Bürgerverein, daß die Regierung auch ihren ablehnenden Standpunkt in der Ein- gemeindungsfrage nicht aufrecht erhalten und eventuell dies- bezüglichen Anträgen der beteiligten Gemeinden die Zustimmung nicht versagen werde. Von den Gemeinden, auch von Berlin , er- wartet und erhofft der Verein, daß von ihnen unverzüglich die- jenigen Schritte unternommen werden, die geeignet sind, die Ein- gemeindung von Boxhagcn-Rummelsburg baldigst''herbeizuführen. Ferner wurde beschlossen, eine Masscnpetition ins Werk zu setzen, die möglichst die Stimmung der gesamten Bürgerschaft in dieser Angelegenheit zum Ausdruck bringen soll. Die Hoffnung des Vereins, daß die Regierung ihren ab- lehnenden Standpunkt in der Eingemcindungsfrage aufgeben werde, halten wir für eine trügerische. Ueber die weitere Bollendung des Teltowkanals spricht sich ein amtlicher Bricht des Kanaldirektors Sievers folgendermaßen aus. Mit dem letzten Durchstich ist die schwierigste und größte Arbeit ge- tan. Völlig beendet ist sie noch nicht. Es ist sogar nicht aus- geschlossen, daß in den nächsten Wochen noch gewisse Bewegungen stattfinden und daß auch die jetzt hergestellte Rinne vielleicht noch einmal sich wieder verengt. Aber eigentliche Schwierigkeiten sind kaum zu erwarten. Dies zeigt das Verhalten der übrigen Kanal- strecken, die z. T. geringeren Widerstand hatten, als die letzte böse Strecke in Lichtcrfelde. Sie haben sich seit ihrer Vollendung gut gehalten. Die Baggerarbeiten müssen noch fortgesetzt werden. ES fehlt auch noch ein Teil der Uferausbildung innerhalb der Lichter- selber Strecke. Auch an einigen anderen Stellen, namentlich an den Häfen usw. sind noch Rest- und Nacharbeiten auszuführen. Sie werden aber aller Voraussicht nach im Laufe diese? Winters, wenn dieser nicht jede Tätigkeit unmöglich machen sollte, zu Ende geführt werden können. Vor allem mutz noch die Treidelbahn, deren Fortführung ebenfalls infolge des Trennungsdammes in Lichter- felde bisher unterbrochen war, fertiggestellt werden. Mit diesen Arbeiten wird jetzt unverzüglich vorgegangen. In diesem Jahre bot die schwimmende Beschaffenheit des lehmigen Untergrundes zwischen Anhalter und Dresdener Bahn große Schwierigkeiten. Hier waren zu Anfang des Jahres noch die Reste der vorläufigen Umführung dieser Bahn zu beseitigen, die Strecke selbst noch nachzubessern, die z. T. wieder zerstörten Uferbefestigungen ganz neu zu rammen. Im Tempelhofer Hafen waren die Arbeiten eben erst begonnen. Auch an der Mittenwalder Bahn bestand noch ein Trennungsdamm. Tie Köpenicker Landstraßenbrücke, die Görlitzer Bahnbrücke und große Erdarbeiten waren noch nicht fertig. Jetzt sind alle diese Reste beseitigt und es scheint auch, daß die Rutschstellen in dem lehmigen Gebiete zwischen Steglitz und Tempelhof ständig geworden sind. Mit dem Beginn der Schiffahrt im neuen Jahr wird ohne Zweifel auch der Durchgangsverkehr aufgenommen werden können. Der Lokal- und Ortsverkehr hat schon jetzt über 200 000 Tonnen betragen. Die in der verflossenen Nacht eingetretene Kälte dürfte, wenn die Frostperiode anhält, den Schlittschuhläufern bereits zu Weih- nachten Natureisbahnen schaffen. Das Thermometer war in Berlin bis auf 5 Grad, in den Vororten stellenweise bis auf 8 Grad Celsius unter Null gesunken, und unter der Einwirkung deS Frostes sind nicht nur kleine Wassertümpcl gefroren, sondern auch auf großen Gewässern, wie auf dem Müggelsee und Seddinsee zeigten sich heute morgen bereits an den Rändern Eisbildungen. Die Pächter der künstlichen Eisbahnen haben gestern morgen schon flort gegossen, und dürften die ersten Kunstbahnen am Freitag zur Er- öffnung gelangen. Auch das Kranksein wird teurer. Die Erhöhung der ärztlichen Honorare in der Privatpraxis, über die in den letzten Monaten mehrfach Berichte veröffentlicht wurden, ist in sämtlichen zustän- digen Aerztevereinen Groß-Berlins als notwendig anerkannt worden. In- einer Sitzung vom 18. Dezember dieses Jahres, an der Vertreter von 84 Vereinen mit zusammen 2847 Mitgliedern teilnahmen, wurde infolgedessen einstimmig beschlossen, daß die Er- höhung der ärztlichen Honorare in der Privatpraxis, und zwar in gleicher Weise für Einzel- wie Pauschalhonorierung(Hausarzt- Honorare), vom 1. Januar 1907 ab eintreten solle. Zwischen zwei Straßenbahnwagen geriet am gestrigen Nachmittage der Dreiradfahrer Gustav Schuster, Lottumstr. 25 wohnhaft, vor dem Hause Leipzigcrstr. 8. Sch. soll zwischen den den Straßenzug in entgegengesetzter Richtung passierenden Straßenbahnwagen Nr. 2719 und 2804 der Linie 78 das Gleis zu kreuzen versucht haben, wobei er jedoch zwischen beide Waggons geklemmt wurde. Er geriet mit dem rechten Fuß unter den Schutzrahmen eines Straßenbahnwagens und mußte von der durch Passanten herbeigerufenen Feuerwehr durch Anheben der MotorwaagonS und Zerstörung der Seitenteile aus seiner entsetzlichen Lage befteit werden. Die Aufgabe der RettungS - Mannschaften war umso schwieriger, als der Verunglückte mit dem umgestürzten Rad« unter dem einen Wagen lag, während das rechte Bein unter dem Schutzrahmen des aus«nt- gegengesetzter Richtung kommenden Wagens geklemmt war. Bei dem geringsten Anrücken der Waggons wäre der Be- dauernswerte zerrissen worden. Der Feuerwehr gelang es nach vielen Mühen, Sch. aus der furchtbaren Situation zu befreien, und er wurde auf einem Samariterwagen nach der Charitö geschafft. Der Verunglückte hatte eine schwere Quetschung des rechten Beines davongetragen. Die durch den Unglücksfall verursachte Störung dauerte 65 Minuten. Dir Kassen der ficden städtischen Bslksbadeaustalte» werden am Weihnachtsheiligabend in diesem Jahre zum ersten Male nach» mittags um 5 Uhr geschlossen. Ihr Ziel erreicht haben die Blumenhändler. Der Polizei- Präsident will den Wünschen der Blumeninteressenten insoweit Rech- nung tragen, daß die Blumenläden an den ersten Feiertagen und zwar zu Weihnachten wie zu Ostern von 8— 10 Uhr vormittags sind von 12— 2 Uhr nachmittags offen gehalten werden dürfen. Eine bezügliche Bekanntmachung dürste noch in diesen Tagen er- folgen. Für die in Blumengeschäften Angestellten bedeutet diese Maß- nähme des Polizeipräsiventen eine weitere Verkürzung der Sonntagsruhe; aber nach den Wünschen der Arbeiter wird ja heute nicht gefragt. Unfall bei der TodeSfahrt über die»ersprengte Brücke. Im Zirkus Busch ereignete sich Mittwochabend während der AuS- stattungspantomime„Rom " ein Unfall, der leicht schwere Folgen hatte nach sich ziehen können. Als der Bereiter G i e s e mit einer Quadriga die Fahrt über die zersprengte Brücke ausführen wollte, überschlug sich das Gespann, Fahrer, Wagen und Pferde stürzten in die Tiefe. Ein Schrei des Entsetzens durchhallte den Zirkus, glaubte man doch, daß der Fahrer und die Pferde tot unter den Trümmern lagen. Glücklicherweise kam jedoch Giese mit leichteren Verletzungen davon, er hatte während des Sturzes einen geschickten Seitensprung gemacht. Auch die Pferde haben besondere Be- schädigungen nicht erlitten. Das Publikum beruhigte sich bald wieder sind konnte die Vorstellung zu Ende geführt werden. Schwere Brandwunde» erlitt tn letzter Rächt die 85jShrige Frau Emilie Schwinkler au» der Gletmstr. 80. Die Unglückliche wollte mit einer brennenden Petroleumlampe die Treppe hinabgehen. Hierbei wurde sie plötzlich von Krämpfen befallen. Die Lampe explodierte und setzte die Kleider der Frau in Brand. Ehe Hülfe zur Stelle war, hatte sie schon schwere Brandwunden davon- getragen. Auf der Unfallstation in der Badstraße wurden ihr die ersten Verbände angelegt. Im wissenschaftlichen Theater der Urania wird der Vortrag: „Frühlingstage an der Riviera", der mit zahlreichen farbigen Bildern und Wandelpanoramen ausgestattet ist, nur noch wenige Tage zur Darstellung gelangen. Am Sonntag findet die letzte Wiederholung desselben statt und zwar diesmal ausnahmsweise nachmittags 4 Uhr zu kleinen Preisen. Feuerwehrbericht. In der letzten Nacht um 3 Uhr wurde die Feuerwehr nach der Hollmannstr. 32(ftühcr Löwesche Gewehrfabrik) und nach der Willdcnowstraße gerufen. Hier brannten u. a. Säge- spähne in einer Schlächterei und dort Sägespähne auf einem GaS» ose». In beiden Fällen gelang es, die Flammen aus ihren Herd m beschränken. Vorort-]Vach richten. Charlottenburg . Die Charlottenburger Stadtverordneten hielten am Mittwoch ihr« letzte Sitzung im lausenden Jahre ab. Nach Einführung des iviedergcwählten Burgermeisters 21! a t t i n g und des neu gewählten unbesoldeten Stadtrats Dr. G o t t st e i n er- ledigte die Versammlung zunächst eine Reihe kleinerer Vorlagen. Hierauf begründete Stadtverordneter Vogel (©£>&.) eine Interpellation, die den Magistrat um Auskunft darüber ersucht, warum die gemischte Deputation zur Beratung von Maßnahmen gegen die FleiMeuerung bisher noch zu keiner Sitzung einberufen sei. Da iiizwifchen eine Sitzung der Deputation stattgefunden hat, war die Anfrage eigentlich erledigt. Trotzdem benudte Genosse Vogel und nach ihm Genosse Dr. B o r ch a r d t die Gelegenheit, die Säumigkeit des Magistrats nicht nur in dieser Frage, sondern auch bei der Einberufung anderer wichtiger Deputationen einer scharfen Kritik zu unterziehen, Eine lebhafte Debatte rief die Jnterpellatton Dr. Spiegel (lib.) und Genossen betr. Errichtung von Omnibus-(Automobil) Linien hervor. Wiederholt hat die Stadtverordnetenversammlung über die schlechten Verkehrsverhältnisse in Char lottenburg Klage geführt, aber ohne Erfolg, Die Stadt hat sich der„Großen Berliner" ausgeliefert, und solange die mit dieser Gesellschaft abgeschlossenen Verträge dauern, ist an eine Besserung der Verhaltnisse kaum zu denken. Das ging wieder einmal aus der Antwort hervor, die der Magistrat auf die Interpellation er- teilte. Es soll zur Besserung der Verkehrsverhältnisse eine Pferde- Omnibuslinie von der Sophie Charlottenstraße bis zur Marchstraße errichtet werden. Außerdem schweben Ve-rhandlunge» wegen Er- richtung einiger anderer Automobil- bezw. Pferdc-Omnibuslinien. — Die Redner aller Fraktionen, die Stadlverordneten Dr, Stadt- Hagen (natl,). Hirsch(Soz,). Dr, Crüger(lcheral) und Bartsch(Soz.) gaben ihrer Unzufriedenheit über diese Auskunft Ausdruck: sie spotteten darüber, daß man jetzt, wo Berlin und an- dere Städte den Pferde-Omnibusbetrieb abschaffen, dazu übergehe, dies veraltete Verkehrsmittel in Charlottenburg einzuführen. Genosse Bartsch wies ganz besonders noch auf das Fehlen einer jeden Verbindung nach dem Bahnhof Fürstenbrunn, in dessen Nähe die Kirchhöfe liegen, und nach dem Nonnendamm mit seinen großen Fabriketablissements hin. Genosse H ir sch forderte energisch die Einsetzung der bereits vor Jahresfrist einstimmig beschlossenen Per- kchrsdeputation sowie die Errichtung von Automobil-Omnibuslinien seitens der Stadt, um der„Großen Berliner" Konkurrenz zu machen. — Ob die Besprechung einen praktischen Erfolg hat, wird die Zu- kunft lehren. Eine weitere, von sozialdemokratischer Seite eingebrachte Interpellation bezog sich auf das Verhalten der Polizei gegenüber den Streikenden. Es ist in der Presse wiederholt mitgeteilt, in welcher Weise die Polizei am Nonnendamm gegen die Streikenden eingeschritten ist. Die sozialdemokratische Fraktion fragte deshalb beim Magistrat an. ob es ihm bekannt sei daß am Nonnendamm in den letzten Wochen in zahlreichen Fällen Charlottenburger Bürger an der Benutzung der stadtischen Straßen seitens unterer Polizeiorgane gehindert sind und was er zu tun gedenkt, um die Rechte; die den Charlotten- burger Bürgern auf Grund des§ 4 der Städteordnung zustehen, zu wahren. Genosse Dr. Borchardt, der die Interpellation be- gründete, wies zunächst darauf hin, daß die Benutzung der Straßen ein unzweifelhaftes Recht der Bürger sei, das überdies noch aus- drücklich durch die Städteordnung festgesetzt sei; unter den in ß 4 der Städteordnung genannten Gemeiirdeanstalten seien auch Straßen verstanden�, wie gerade ein früheres Mitglied des Charlottenburger Magistrats, der frühere Stadtsyndikus Schulze, in seinem Kom- mentar zur Städteordnung ausgeführt hat. Dann schilderte er die ungesetzlichen Maßnahmen, durch Ivelche die Polizeiorgane die Arbeiter an der Ausübung ihres Rechte» hindern: grundlose Sistierungen, grundloses Behalten auf der Wache von 7 Uhr morgens bis%6 Uhr abends, Sistierungen und Belästigungen von am Streik unbeteiligten Personen, Er forderte den Magistrat auf, da er unmittelbare polizeiliche Befugnisse nicht habe, durch Vor- stellungen beim Polizeipräsidium oder der ihm untergeordnete!« Behörde auf eine Abstellung d«S ungesetzlichen Vorgehens der Polizei zu dringen; wie es sicherlich geschoben würde, wenn durch solche polizeilichen Maßnahmen in das Recht der besitzenden Schichten der Bürgerschaft eingegriffen würde. Zu solchem Vorgehen sei der Magistrat um so mehr verpflichtet, als auch nicht unerhebliche Kosten für die Stadt durch daÄ Vorgehen der Polizei entstehen könnten. Sehr leicht könne das provokatorisch)« Vorhalten der Polizei zu Ausschreitungen führen, bei welchen erhebliche Verletzungen gänzlich Unbeteiligter nicht ausgeschlossen seien, für die dann die Stadt ein- zustehen habe, wje der Fall des Arbeiters Biewald in Breslau beweise. In seiner Antwort beschränkte sich der Oberbürger. ,n ei st er damuf. zu erklären, daß der Magistrat sich nicht in Aiv gelegenheiten der Polizei einmischen könne: er müsse den Betroffenen überlassen, sich bei der zuständigen Behörde zu beschweren. Außer- dem verwahrte er sich energiscb gegen den Vorwurf, daß er bei Uebergrifsen der Polizei gegen Angehörige der besitzenden Schichten etwa anders verfahren würde. Das war selbst dem freisinnigen Stadtverordneten Dr. Crüger zu stark. Derselbe meinte, es köniiten polizeiliche Uebergriffe vorkommen, gegen welche die Stadtverordnetenversammlung und der Magistrat sich zu wenden hätten: nur die gerügten Uebergriffe an« Nonnendamm seien nicht von dieser Art. Der Oberbürgermeister beeilte sich dann sofort, zu betonen, daß er derselben Ansicht sei. Genosse Dr. B o r ch a rd t unterstrich dann, daß also auch der Mttaistrat und die Liberalen nicht jederzeit vor der Polizei - uniform in Ehrfurcht ersterben ivollen, daß ihnen aber angesichts der ganz ungesetzlichen Uebergriffe der Polizei am Nonnendanun ein Anlaß zum Einschreiten nicht geboten erscheine; die beteiligten Arbeiter denken hierüber wesentlich anders, Ob die Polizei, nachdem ihr Verhalten öffentlich gebrandmarkt ist. nun endlich ihre Belästigungen der Streikenden einstellen wird, bleibt abzuwarten. Den sozialdemokratischen Antrag, an Stelle des wiederum nicht bestätigten liberalen Stadtverordneten Dr. Penzig den Sozial- demokraten Klick in die Schuldeputatton zu wählen, lehnte die Ver- sammlung nach kurzer Begründung durch den Genossen Vogel ohne Debatte ab, Die bürgerliche Mehrheit hat dadurch wieder einmal bewiesen, daß es ihr mit dem Kampf um das Selbst- verwaltungsrecht nickst ernst ist und daß sie unter SelbstverwaltungS » recht nur ein Selbstverwaltungsrecht der Besitzenden versteht. Die erste Sitzung im neuen Jahre findet am 9, Januar statt. Zur Extravorstellung der Freien VoNsbühne Chaftottentueg sind Karten und Marken nur bis Sonnabend in den Zahl-