Einzelbild herunterladen
 
Srangk: nur noch zwei Tage, und' der Kongreß schließt seine Pforten. Sollen die auf der Tagesordnung stehenden Punkte erledigt werden, muß der Ncdcstrom eingeschränkt werden. Deshalb hat das internationale Bureau beschlossen, daß die Redezeit für die Tiskussionsredner auf zehn Minuten festgesetzt und außerdem jede noch zu beratende Frage in einer halben Tagessitzung erledigt wird. Zehn Minuten reichen jedoch eben für eine kurze Begründung des Standpunktes aus, nicht zu griindlicheu wohldisponicrten Ausführungen, Was namentlich für Kautskys Rede zu bedauern ist. Einzelne Redner, wie Bracke, Simonds, Kautsky  , argumentieren auch heute gewandt, und es fehlt in dem großen Rededuell nicht an hochinteressanten Momenten. Ten Höhepunkt der gestrigen rhetorischen Leistungsfähigkeit erreicht jedoch die heutige Debatte nicht. llni so stürmischer und aufregender gestaltet sich die A b- st i m m u n g. Mehrmals mußte der Präsident, um sich in dem Stimmengewirr Gehör zu verschaffen, minutenlang die Glocke schwingen. Zunächst wurde über den jede Kolonialpolitik ablehnenden Resolutionsantrag der Kom- missionsminorität abgestimmt, und zwar nach Nationen. Höchste Spannung steht auf allen Gesichtern. Endlich hat das Bureau das Stimmenverhältnis heraus- gerechnet: 127 stimmen für den Antrag, 108 stimme» dagegen. !10 Stimmen enthalten sich des Votums. Der Antrag ist angenommen! Ein brausender Beifallssturm durchtost den Saal. Und nun lvird nach einigen taktischen Manövern der Vertreter des van Kölschen Antrages die Gesamtresolution sin eintr Fassung angenommen, die die Resolutionen von Paris   und Amsterdam   nicht abschwächt, sondern der- schärst: eine Resolution, die einen festen Wall gegen alles Paktieren mit dem Kapitalismus   auf kolonialem Gebiet aufrichtet und der deutschen   Sozialdemokratie in dem Kampf gegen die imperialistische Weltpolitik, der uns in Deutschland   bevor st eht, gute Dienste leisten wird! Alle Nationen, mit Ausnahme der Holländer, stimmen nun für die radikale Resolution. j «h ES geht doch vorwärts! . flu! zum Kampf, Corcro! So hatte Herr Albert Tracger seinen Artikel im Verl  . Tageblatt" geschlossen. Und dieVoss. Z t g." nimmt denn auch den Kampf auf. Freilich zückt sie ihre Klinge nicht gegen den Stier der Reaktion(das Motto aus VizetS temperamentsprudelnder Oper ist von Herrn Traeger freilich nicht gut gewählt, da sich die Reaktion ja das nationale Schwein zum Wappentier erkoren hat), sondern gegen Herrn Traeger selbst. Nun ist freilich Herr Albert Traeger  kein Fremdkörper im Fleische des Freisinns, keinnational- sozialer Eiferer", sondern der Senior der Freisinnigen Volksparteil Deshalb scheut sich dieVoss. Ztg.", gegen Herrn Träger vorzugehen, der an E n t s ch i e d e n h e i t der Stellungnahme doch Herrn Naumann weit hinter sich ge- lassen hat, sondern sie zieht es vor, die Breitseite ihrerfrei- sinnigen" Entrüstung gegen Herrn Naumann abzufeuern. Sie schießt folgendermaßen los: Aber die freisinnigen Parteien werden sich für die Methode des Kampfes nicht erwärmen, für die sich Herr Nau- m ann begeistert. Er blästFanfare". Er verspricht sich von einemVollssturm" Erfolg. Bei wem eigentlich? Bei der Re- gicrung und der LandtagSnichrheit schwerlich. Er weiß, daß beide der Uebertragnng des ReichswahlrechtS auf Preußen nicht zu- stimmen werden. Er weiß ebenso, daß Fürst Bülow  , obwohl er diese Forderung ablehnt, einer wesentlichen Umgestaltung des prenssischeii Wahlrechts geneigt ist. Je mehr daher die Wahlrechts- debatte auf die Frage zugespitzt wirdalles oder nichts", uni so gewisser wird nicht? erlangt. Aber vielleicht kann die bürgerliche Linkesich mit der Hoffnung schmeicheln, durch denVolks- stürm" der Sozialdemokratie den Boden ab- zu graben? Der nüchterne Beobachter wird eher der Meinung sein, daß die geflissentliche Erregung der Massen. der unweigerlich die Enttäuschung folgen würde, lediglich der Sozialdemokratie zugute kommen mühte."... Ob der Liberalismus durch die Wahlreform, wie Herr Naumann glaubt,von selbst magnetisch" wird, steht dahin; daß aber die Slrt, in der die Wahlrechtsfrage neuerdings, ohne jedes Einvernehmen zwischen den Parteileitungen der liberalen Gruppen, vom Abjj. Naumann einseitig auf­geworfen und behandelt worden ist, nicht geeignet erscheint, den Liberalismus alö Ganze? zu einer politischen Macht in Preußen zu machen, ist nur zu gewiß. Die Aussichten der Wahlreform sind durch diele unzcitige Älarnnerung der Rechten eher verschlechtert als verbessert, die Wahltaktik der Freisinnigen durchkreuzt und er- schwcrt worden. Wenn Fürst Bülow   entschlossen ist, der Linken mich hinsichtlich des Wahlrechts wenigstens ein g u t S t n ck Weges entgegenzukommen, so hat ihm dieser ver- frühte Lärm die Ausführung seiner Absicht mindesten? nicht erleichtert." Das sind freisinnige Hcldcn! Die Agrarier haben, waS sie nicht durch Hinte   rtreppcnpolitik erreichen konnten, durch da?Schreien", durchgefliffent- liche Erregung der Massen" erreicht der Bund der Landivirte ist nichts anderes als das Produkt derEr- regung der Massen"! Aber der Freisinn hat es ja auch nicht nötig, die Massen aufmarschieren zu lassen. Er sitzt ja Mann stark im Abgeordnetenhaus, während Konservative und Frei- konservative dort nur durch Ä01 Abgeordnete vertreten sind, von den 77 Nationalliberalen gar nicht zu reden! Mit feinen 32 Mann unter 433 wird er die Wahl- reform schon deichseln ganz so nämlich, wie es Konservative und N a ti o n a l l i b e r a l e wollen! Der Freisinn ist auch so stark in den höheren und höchsten Stellen der- Regierung vertreten, er besitzt so sehr das Ohr des Kaisers, daß er sich einer Unterstützung aus dem Volke heraus leicht entschlageu kann. Trotzdem ist eS nicht pathologischer freisinniger Größen- Wahn, der die jammervolle Haltung der Mehrheit des Frei- sinns diktiert, sondern nackte klappernde Angst vor der Sozialdemokratie, was seine beispiellos feige Haltung erklärt. Das gibt die Voss. Ztg." selbst unumwunden zu: Je lauterFanfare" geblasen und »alles oder nichts" gerufen wird und je zweifelloser im Ernst falle die bürgerliche Linke, Herrn Naumann nicht ausgenommen, auch einer erheblichen Wahlreform, die hinter dem Reichs Wahlrecht zurückbleibt, einstlveilen z u- stimmen wird, um so heftiger wird die Sozialdcmo- kratie über Verrat schreien und auch über die Faufarenbläser zur Tagesordnung übergehen." Also aus purer Angst vor der Sozialdemo- kratie will der Freisinn jedes reaktionäre Danaergeschenk akzeptieren und das Reichstagswahlrecht verraten! Er fürchtet, daß er, wenn er in Versammlungen den Mund gar zu voll nimmt, das Reichstagswahlrecht zu fordern" verspricht und nachher jammervoll um- fällt, von den VolkSinasien als Verantwortlicher des Wahl- rcchtsvcrrats augeklagt und zur Rechenschaft gezogen werden würde! Der Freisinn in seiner Mehrheit will also das Volk gar nicht erst für seine Politik interessieren, sondern alles hinter den Kulissen verkuhhandeln I Schade nur, daß die Sozialdemokratie diese Kulissen aus- etnanderwersen und den freisinnigen Kuhhandel dem Volke in seiner ganzen Schönheit preisgeben wird I Triumphe" der rumänliche» Stolypiu- Politik. Bukarest  , 19. August.(Eig. Ber.) Es ist eine merkwürdige Schicksalsfügung, daß da8 innere Regime Rumäniens   jetzt gerade einem Sohne jenes geriebenen Politikers(John Bratianu) anvertraut ist, der in den Jahren 1878 bis 1880 durch allerhand diplomatischen Lug und Trug die Unabhängigkeitserkläruug Rumäniens   unter Umgehung der von den europäischen   Großmächten als Conditio sine qua non geforderten Gleichberechtigung der Juden zu erschleichen wußte. Sonell Bratianu   übertrumpft aber seinen Vater noch um ein Beträchtliches; letzterer hatte noch einen bescheidenen Rest von Anstand und Skrupeln aufzuweisen. Der Sohn aber kümmert sich um solche Dinge nicht: Vergelvaltigungen, Gesetzüber- tretungen, Aktenfälschungen, Paßfälschungen sind bei ihm gang und gäbe. Aber lassen wir lieber die Tatsachen reden, die sich bloß in den letzten zwei Tagen aufgehäuft haben. Die Brüder Hoppe, von welchen einer Bibliothekar des hiesigen Arbeiterklubs, der andere einfaches Mitglied der Gewerkschaft war, wurden für diese Verwegenheiten ausge­wiesen. Beide sind rumänische Bürger, haben Militär- dienst geleistet und sind in die Wählerlisten eingetragen! Da sie als rumänische Bürger von keinen Nachbarstaaten angenommen worden wären, wurden sie heimlich um Mitternacht von der rumänischen Polizei des Grenzortes Burdujeni längst des Bahngleises über die österreichische Grenze hinüber gc- schmuggelt. Die Brüder Hoppe stellten sich aber gleich der österreichischen Polizeibehörde vor und beschrieben ihr, auf welche Weise sie von der rumänischen Polizei hinüber gebracht worden waren. Die empörten Grenzwächter führten die Brüder darauf nach Burdujeni zurück, wo die Schergen Bratianus sich ob des mißlungenen Schmuggels durch grau- same Mißhandlungen an den Brüdern rächten. Hierauf wurden die Brüder getrennt: der eine wurde unter A n- drohung der Erschießung zum zweitenmal heimlich nach Oesterreich Hinnbcrgeschoben; vom zweiten fehlt bis jetzt jede Nachricht. Aehnlich ist mit dem ausgewiesenen Arbeiter L a s l a u Verfahren worden. Als dieses Räubernnwesen der rumänischen Grenzpolizei in der Bukowina bekannt wurde, rief eS eine allgemeine Entrüstung der Bevölkerung hervor. Die Reichsratsabgeordneten dieser Provinz sind entschlossen, diese freche» Verletzungen des Völker­rechts in der nächsten Session des Reichsrats zur Sprache zu bringen. Ein anderer Fall ungesetzlicher Ausweisung ist der des Genossen Vasile Anagnoste, eines Führers der Buka- rester Bewegung. Ohne daß die gesetzlich gewährten 24 Stunden zur Regelung seiner Angelegenheiten eingehalten wurden, schaffte man ihn an den ungarischen Grenzort Predeal  , täuschte die ungarische Grenzbehörde mittels eines zwar richtig ausgestellten Passes, der aber gleich nach Ueberschreitung der Grenze zurückgenommen wurde l lieber die Arretierung von acht unserer Bukarester   Führer anläßlich der Begleitung von Anagnoste zum Bahnhofe haben wir bereits berichtet. Es sind dies die Genossen: I. C. Jrimu, C. Popoviez, Rate Georgescu, Gh. Cristescu.GH. Take-Ene, Jordan Jonesen, Gh. Marinescn und Christache Angelesen, welche der E m p ö r u n g" und B e- a m t e n s ch m ä h u n g" angeklagt sind. Die Untersuchung wurde mit ungewöhnlicher Eile durchgeführt; schon heute nachmittag hat der Prozeß bei qcschlosiencn Türe» begonnen und die Regierung übt direkte Pression auf die Richter aus, damit sie für die erfundenen Vergehen das Maximum des Strafmaßes 2 Jahre Kerker und lebenslängliche Entziehnng der Bürgerrechte aussprechen. Selbst die konservativen Blätter sind über diese anarchischen Prozeduren derliberal-sozialistischen" Negierung empört. Kennzeichnend für diese Hooliganpolitik ist, daß wirkliche Verbrecher frei und ungeniert hernnffpazieren, während die Arbeiter wegen einer friedlichen Kundgebung verfolgt werden. So der S ubkommissär Z e n i d e. der einen u n- schuldig Verhafteten namens Zigareanu im Polizei- arrest derartig mißhandelte, daß er unter den Schlägen wie tot zusammenbrach und dann, entweder um den Qualen zu entgehen, sich erhängte oder zwecks Vertuschung des Verbrechens von Zenide erhängt wurde(die Meinungen der Gerichtsärzte gehen darüber noch auseinander). Von N i ch t f o z i a l i st e n sind dieser Tage ausgewiesen worden: Leonard Paukeroff, Mitarbeiter der unabhängigen ZeitungAdeverul" welcher in der Sommerfrische Sinaia   auf- gegriffen und über die Grenze geschafft wurde; der Buchdrucker Kalber  , Herausgeber einer jüdischen Zeitung; die Arbeiter Teodor Maresch und Toma Halcin aus Braila  , die dasVer- brechen" begangen haben, die Gewerkschaftslokale zu betreten. Im ganzen hat die Regierung in 5 Monaten neunhnndert AuSweisnugeil dekretiert, die zum größten Teil auf das Konto der jungen Arbeiterbewegung kommen! Es ist dies eine seit dem Bestände des Königsreichs noch nie da- gewesen eHetzjagd. Wenn die deutschen   Genossen unter dem Vismarckschen Regime derartige Verfolgungen zu erdulden hatten, so war es wenigstens ein durch das Sozialistengesetz formal legalisiertes Treiben. In Rumänien   aber, wo die Verfassung jedermann die weitgehendsten Freiheiten einräumt. wo Agitation, Koalition, Preßfreiheit und Versammlungsrecht ungehindert geübt werden dürfen, sind die Taten der liberalen Regierung nichts als ungesetzliche, provokatorische Maßnahmen, die darauf hinzielen, die Betroffenen zur Gegen- wehr aufzustacheln, um die Arbeiterbewegung dann wie die Agrarunruhen in diesem Frühjahre in einem schrecklichen Blutbade zu vernichten. Doch die Arbeiter haben die verbrecherischen Absichten der Regierung rechtzeitig durchschaut und mit einer bewunderungs- würdigen Märtyrerruhe und Selbstzucht ertragen sie die schiveren und zahllosen Terrorismusakte. In der laufenden Woche haben in Bukarest   zwei große öffentliche Ver- sa mmlungen im Lokale derRomania Muncitoare" statt- gefunden, eine am Mittwoch, den 14. August, die andere gestern, den 18. August. Die Bewegung bekundet eine Zähigkeit und innere Kraft, die die Anarchisten von oben in noch größere Wut versetzen muß. Anstelle der ver- hafteten und ausgewiesenen Genossen entstehen der Bewegung neue Kämpfer, neue Redner, neue Führer. Eine Opfer- freudigkeit und ein Solidaritätsgefühl gibt sich kund, wie sie nur aus innerem Kraftbewußtsein erwachsen können. Unter dem enthusiastischen Beifall der Zuhörer brand- markten die Redner die anarchische Wutpolitik Jonell Bratianus, die Scheußlichkeiten seiner Polizei, die Wiedereinfiihrung der zaristischen Ausweisungsniethode und kennzeichneten mit blutigem Hohn die Hetfershelferdienste, die die abtrünnigen Exgenossen" dem rumänischen Stolypin   leisten. Besonders war der Anführer dieser Renegaten, Joan Nadejde, Re- dakteur des von der Regierung bezahlten SudclblattesVointza Natzionale", die Zielscheibe des urwüchsigen Arbeiterwitzes. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Regierungsterror ganz andere Resultate hervorbringen wird als die, welche die liberalen Dunkelmänner davon erwarten: D i e r u m ä- nische Arbeiterbewegung wird erprobt, ge» stärkt und vergrößert aus dieser Verfolgungs- ä r a hervorgehen. Derweil hat das WortLiberal  " seine Zugkraft für die Arbeiter völlig verloren; es ist für jeden anständigen Menschen eine Schande geworden,liberal" geheißen zu werden. » Gerade bei der Beendigung unseres Berichts lief ttze Freudenbolschaft ein, daß die Richter im Prozeß gegen die acht derE in p ö r u n g und Beamtenschmähung angeklagten Bukarester   Genossen in allen Fällen einstimmig auf Frei« sprcchiing erkannt haben. Das kleinliche Ebenbild Stolypins hat also die erste schon langverdiente Ohrfeige bekommen. Hoffentlich bleibt sie nicht für lange die einzige I Die Freigesprochenen werden aber weiter in Haft bleiben müffen, da der Staatsanwalt Einspruch gegen da» Urteil er- hoben hat l_ MarMo. Admiral Philibert hat der französischen Regierung ge- meldet, daß die Meldung von der P r o k l a m i e r u n g Mulay Hafids zum Sultan amtlich nicht bestätigt sei. Nichtamtlich wird sie indes durch mehrere Meldungen bestätigt. So berichtet dasBureau Reuter": Mulay Hafid   sei in Marrakesch   mtf großem Jubel zum Sultan  ausgerufen worden und habe die Regierung abgesetzt. Er treffe Vorbereitungen, um mit 20 009 Reitern nach Norden gegen Casablanca zum Angriff gegen die europäischen   Truppen vorzugehen. Man fürchte, daß der neue Sultan   nach den Hafenstädten Abgesandte schicken werde, um dort neue Gouverneure zu ernennen, wodurch sicherlich weitere Unruhen entstehen würden. Eine andere Meldung lautet: Tanger  , 22. August. Die Proklamierung Mulay HafidS zum Sultan wird von mehreren Seiten bestätigt, und zwar find es die Stämme von Süd- und Zentralm arokko, die ihn zum Sultan   ausgerufen haben. Sie treffen Borkehrnngen, um mit bedeutenden Streitkräften gegen Casablanca zu ziehen. Dort mehren sich die tollkühnen Angriffe der Marokkaner. In der Nacht zum Mittwoch haben sie ein unaushörliches Feuer gegen die Franzosen unterhalten und in der Frühe des Morgens mehrere Attacken gewagt, die allerdings zurück­geschlagen wurden. Es muß aber auffallen, daß die f r a n- zösischen Verluste nicht mehr gemeldet' werden! Bedenklich lautet auch eine Pariser Meldung derAgence Havas", wonach das Kriegs- und das Marine- Ministerium ablehnen, die Meldung desTemps", nach der General Drude Verstärkungen verlangt haben soll, zu b e st ä t i g e n oder zu dementieren! Indes ist es offenbar, daß die Regierung entschlossen ist, Verstärkungen zu senden; heißt es doch in der Meldung der Agence Havas" weiter, es werde darauf hingewiesen, daß dem General binnen kurzer Zeit Truppen in einer Effektivstärke von 5000 Mann zur Verfiigung stehen werden, die, abgesehen von unvorhergesehenen Ereignissen, ausreichend seien, um Casablanca zu schützen. Außerdem liegt noch folgende Meldung vor: Oran  , 22. August. Das TransportschiffVinh Long" ging gestern abend mit 800 Schützen und 125 ein- geborenen freiwilligen Kamelreitern(Goumiers) an Bord nach Casablanca ab. Die Lage der Europäer in den marokkanischen Städte» ist sehr bedrohlich. Darüber wird belichtet: Paris  , 22. August. Wie aus Tanger   gemeldet wird, ist die Lage in F e z noch immer unbefriedigend. Man glaubt, das; die Europäer nunmehr unverzüglich die Stadt werden verlassen müssen, und meint, daß die Abreise mit Schwierigkeiten verbunden sein wird. Auch der Bericht des englischen Konsuls stellt die Lage in Fez als bedenklich dar. Köln  , 22. August. DieKölnische Zeitung  " erfährt heute aus Tanger  , daß nach Nachrichten aus Fez die französische, englische und spanische Kolonie diese Stadt in den nächsten Tagen verlassen werden. Die Deutschen   haben sich noch nicht entschlossen, ob sie ebenfalls nach der Küste aufbrechen werden. Ueber die Vorgänge vor Casablanca wird tele- graphiert: London  , 22. August. Dem Reuterschen Bureau wird aus Casablanca von gestern gemeldet: Eine starke Abteilung be- rittener Araber umzingelte heute früh die Stadt und priff die französische   Stellung an, trotz des heftigen Feuers, das vom Lande und von der See ans auf sie gerichtet wurde. Die Franzosen sendeten eine schwache Truppcninacht aus, vor der der Feind sich zurückzog. Nach kurzer Zeit aber sammelte er sich wieder und machte quer über die freie Ebene hin mit bewunderungswürdiger Tapferkeit einen erneuten Angriff, der indessen unter dem ver- nichtenden Artilleriefcuer scheiterte. Nach einiger Zeit stürmte eine große Schar wiederum talabwärts gegen die französische   Infanterie vor. Die Araber ritten etwa zwei Meilen in geschloffenen Reihen unter heftigem Feuer vorwärts und näherten sich bis auf eine Eni- fernung von 400 Uards, ehe sie zum Rückzüge gezwungen werden konnten. Ein weiterer erfolgloser Angriff wurde aus der Westseite gemacht.