Publikation bestimmt hatte! In jenem„Entwurf" aberwar ausdrücklich zugegeben, daß der HingerichteteMabruk tatsächlich eines ehebrecherischen Verhältnisses z» derschwarzen Geliebten eines Offiziers überwiesen sei!War Peters Unterscheidung zwischen dem Brief und demBriefentwurf nur eine kindliche Silbenstecherei, so war seinepathetische Erklärung, daß er endlich einmal feststellen wolle,daß ihn Bischof Smithie nicht, wie man kolportiert habe,einen Mörder genannt habe, eine nicht minder durchsichtigeKomödie.Die Verhandlung ergab heute die Tatsache: Peters hattedem Bischof Smithie einen Brief geschrieben, in dem er ihmseine Durchreise durch den AufenthalsorSmithies angekündigt hatte. Gleichzeitig hatte er ihn umUebermittelung eines Briefes gebeten. Wasantwortete nun der Bischof? Er teilte mit, daßden Brief besorgt habe und gern geneigt sei, diedeutschen Mannschaften zu empfangen. Auchden berühmten Reisenden Peters würdegern kennen lernen. Nur sei es ihm sehr lieb, wennihm Peters vorher nachweisen könne, daß die„betrübendenNachrichten" über seine Taten am Kilimandscharo unrichtigseien.Was besagte also dieser Brief? Er enthielt die Mitteilung, daß der Bischof dem Peters eine formale Gefälligkeit�um die ihn Peters e r s u ch t, erwiesen habe. AberSmiethieverbat sich in gar nicht mißzuvcrstehender Form den BesuchdeS Peters, wenn dieser nicht in der Lage sei, sich vorher vonden Anschuldigungen zu reinigen, die von den eigenenSoldaten des Peters dem Bischof gegen Peters ethoben worden seien!Das war ein Wink mit dem Zaanpfahl! Das war dieErklärung: Ich, Smithie, verzichte auf Deinen Besuchwenn Du Dich von der Anschuldigung der begangenen UnMenschlichkeiten nicht zu reinigen vermagst!Peters versuchte sich nun dadurch aus der Affäre zuziehen, daß er nachträglich den Großkotzigen spielte. Ertat in seinem Antwortschreiben so, als ob die Ankündigungseiner Durchreise(die mit der Bitte einer Gefälligkeitverbunden war!) ein Ersuchen um Gastfreundschaft gar nichteingeschlossen hätte!Ja, warum hatte denn da der stolze Peters dem Bischo�seine Durchreise überhaupt angekündigt? Wenn ich jemandemum eine Gefälligkeit ersuche und ihn— noch dazu imschwärzesten Afrika, wo jeder Weiße sich freut, mit einemanderen Weißen ein paar Worte sprechen zu können— meineDurchreise ankündige, so bedeutet das einfach nichtsanderes, als die Provokation einer Einladung! Alle Berufung des Peters auf den Wortlaut seines Briefes beweist nichts als die Unverfrorenheit des Peters im Ableugnen!Aber was antwortete nun seinerseits der Bischof! Ererklärte klipp und klar, daß ihm trotz dieses hochfahrendenTones der Peters als Gast durchaus unwillkommensei. Er schrieb, daß er erwartet habe, daß Peters gegenüber den Handlungen, deren er bezichtigt sei,— nämlich desMordes!— andereEntlastungsmomente anzuführenin der Lage gewesen sei, als seine eigenen persönlichen Beteuerungen! Das ist nichts anderes, als daß Smithie nachwie vor den Besuch des Peters ablehnte!Und wenn Peters behauptet, daß von Smithie gegen ihndie Anschuldigung des M o r d e s gar nicht erhoben wordensei, so beweist gerade die letzte Antwort des Bischofs, daßer den Besuch des Peters ablehnt, weil er der Ansicht ist,daß Peters sich von der Anschuldigung des an Eingebornenbegangenen Mordes nicht genügend gereinigt habe!Die ganze Eiertänzerei des Peters ist also vergebensgewesen. Was die Gerüchte kolportiert haben und wasBennigsen behauptet hat,. ist gerade durch die Bekanntgäbe des Briefwechsels bestätigt worden!vemoralilztion..' Die freisinnigen Blätter setzen zum Teil nach der gestrigenWahlrechtserklärung des preußischen Ministerpräsidenten mitungestörtem Phlegma das ebenso naive wie frivole Spielfort, das sie in den letzten Tagen vor dem 10. Januar getrieben haben— nur mit dem Unterschiede, daß sie auf BülowsAblehnung hin sofort ihre Wahlrechtsforderungen noch umeinige weitere Nummern reduziert haben. Anstatt die fastverächtliche Abweisung ihres Wahlrechtsantrages mit einerenergischen Kanipferklärung zu beantworten, befolgen sie dieschöne Strategie des Herrn Fischbcck, der gestern bereitsdarüber eine unbändige Freude empfand, daß die Regierungsich endlich auch mit der Wahlrechtsfrage beschäftigen will.um für ihre Entschließungen sogenannte„feste Unterlagen"zu gewinnen.Woran marschiert dabei natürlich die„Voss. Ztg.". Nochvorgestern, am Tage nach der Bülowschcn Erklärung, schriebsie in der Erwartung eines größeren Entgegenkommens derRegierung:„Insbesondere ist der Ucbcrgang zur geheimenAbstimmung als ein unerläßlicher Bestandteil der Reform zubezeichnen." Jetzt, nachdem auch diese Hoffnung gefallen istund Bülow, ohne daß er es diesmal für nötig gehalten hätte,seine Virtuosität in der Phraseologie zu beweisen, kurzwegerklärt hat:„Auch kann die königliche Staatsregierung dieErsetzung der öffentlichen Stimmabgabe durch die geheimenicht in Aussicht stellen?", findet die„Voss. Ztg." sogar schon indiesem Satz ein Zugeständnis der Regierung an die frei-sinnigen Wünsche. Sie schreibt nämlich wörtlich:„Drittens, wie steht es mit der Stimmabgabe, soll sieöffentlich oder geheim sein? jjuf diese Frage wird keine sokategorische Antwort gegeben wie auf die nach der Ein-führung des NeichstagswahlrechtS. Die Staatsregierung sagtnicht, daß die Uebertragung der geheimen Stimmabgabe aufPreußen„dem Staatswohl nicht entsprechen würde und deshalbabzulehnen ist", fondern daß sie„die Ersetzung der öffentlichenStimmabgabe durch die geheime nicht in Aussicht stellen" könne.Jedes Wort der Erklärung ist sicherlich wohl erwogen, auch vonder Krone genehmigt. Der Unterschied wird also beabsichtigt sein.Soll angedeutet werden, die Regierung werde zwar die geheimeStimmabgabe nicht vorschlagen, aber, wenn sie vom Landtag be»schloffen würde, nicht als unannehmbar betrachtenund zurückwerfen?"Doch die Selbstlosigkeit des freisinnig-volksparteilichenBlattes reicht noch weiter. Es dünkt ihm sogar durchaus der-ständlich, daß angesichts der Zurückweisung der Wahlreformdurch die Agrarkouservativen Fürst Bülow sich auf nichts alseinige kurze abweisende Redensarten eingelaffen hat:„Angesichts dieser Haltung der konservativen Partei", meintdas Blatt,„kann man verstehen, wie zurückhaltendsich der Ministerpräsident über dieWahlreformäußert. Soll er den Kampf mit der Rechten aufnehmen?Dazu wird er keine Neigung fühlen.genug werden, selbst diejenigen Aendernngen des Wahlrechtsdurchzusetzen, die das Staatsministeriunr schließlich vorschlagenwird."Weiter kann man die Bescheidenheit nicht treiben! Alsowenn in einer Frage, in der die konservativen und freisinnigenForderungen sich gegenüberstehen, Fürst Bülow den Wünschendes rechten Blockflügels nachgibt und die freisinnigen For-derungen verächtlich ablehnt, dann ist das vom Standpunktder„Boss. Ztg." durchaus begreiflich; denn„soll er denKampf mit der Rechten aufnehmen"? Daß mitsolcher Argumentation das Blatt seine eigene Partei herab-setzt, indem es offen zugibt, daß der Freisinn von dem preu-ßischen Ministerpräsidenten nicht als ein politischer Faktorangesehen wird, dessen politische Brüskierung zu befürchtenist— das merkt in seiner Naivität das Freisinnsblatt garnicht.Zum Schlüsse verspricht, wie schon so oft, die„Voss. Ztg."in alter bewährter Weise unentwegt weiter zu kämpfen—nötigenfalls sogar bis ins 21. Jahrhundert hinein:„Diese Frage wird nicht eher von der Tagesordnung der-schwinden, als bis sie gelöst ist. Sie wird auch bei den Land-tagswahlen eine hervorragende Rolle spielen. Die bürgerlicheLinke hat ihre Anschauungen durch die Abgeordneten Träger,Fischbeck und Dr. Pachnicke klar zum Ausdruck gebracht. S i ewird ihre Schuldigkeit auch weiter tun. indem siedie Wählerschaft nach Kräften veranlassen wird, dem Verlangennach einer durchgreifenden Wahlreform und nach einer gerechtenAbgrenzung der Wahlkreise, über die sich die Regierung gänz-lich ausgeschwiegen hat, Nachdruck zu geben."Vor einigen Tagen führte der NeichstagsabgeordneteGothein im„Verl. Tagebl." aus, daß der Freisinn nur solangebeim Block bleiben dürfe, als er die„feste Aussicht" habe,durch ihn„l i b e r a l e F o r t s ch r i t t e" zu erreichen, s o n stwürde der Liberalismus demoralisiert. Die Aus-führungen der„Voss. Ztg." zeigen, daß diese Demoralisationnicht nur schon begonnen, sondern bereits bis zueiner bedenklichen Stufe fortgeschritten ist.Die„Fr eis. Ztg." beschränkt sich sogar auf die Ver-sicherung, dem konservativen Redner, dem Herrn Malkewitz,einer Karikaturausgabe eu rnimature des bekannten Herrnvon Oldenburg-Januschau, hätte die Bülowsche Erklärungnicht gefallen. Mitzuteilen, wie ihm diese selbst gefallen hat,hält das Hauptblatt der Freisinnigen Volkspartei nicht fürnötig.Politisches Verständnis für die.durch die Bülowsche Er-klärung geschaffene neue Situation zeigt unter den freisinnigen Blättern nur das„Verl. Tagebl.", indem es schreibt:„Man hatte nicht erwartet, daß die preußische Regierung,die in dem Abgeorbnetenhause ein so bequemes, so willfährigesWerkzeug besitzt, bereit sein würde, nun dieses Instrument ein-fach zu zerbrechen und ein wirkliches, auf Grund des gleichen,direkten Wahlrechts gewähltes Volksparlament an seine Stellezu setzen. Aber man hatte doch geglaubt, daß Fürst Vülow, nachsoviel schönen Phrasen und soviel Kulturgerede, dem Libe-ralismus wenigstens kleine Konzessionenzeigen, und daß er das verletzende„Nein" in die ihm eigeneglatte Rhetorik in unbestimmte Andeutungen und Verheißungenschamhaft einhüllen würde. Fürst Bülow hat diesmal aufall seine rhetorischen Künste verzichtet, er hatden Liberalen nicht einmal den versüßenden Zucker gegönnt, erhat sich ohne all die üblichen versöhnlichen Tiraden gegen diegerechten Ansprüche der politisch vorwärtsstrcbcnden Volkskreiseerklärt. Das Reichstagswahlrecht für Preußen— die Herren Liberalen belieben zu spaßem! Das geheimeStimmrecht?— ist uns vollkommen unmöglich! Irgend»sonst eine Reform?— vielleicht, in zwanzig Jahren, und dannmit„zweckmäßiger Abstufung". Die Neueinteilung derWahlkreise?— haben wir bei der Abfassung unserer Erklärung leider vollständig vergessen!Daß die Erklärung der preußischen Regierung so schroffund so deutlich und phrasenlos ausgefallen ist, muß bei der sonstso anmutig diplomatischen Natur des Fürstm Bülow etwasüberraschend erscheinen, aber es hat entschieden auch sein Gutes.Die unverhüllte Ablehnung, mit der Fürst Bülow auch die be-scheidcnsten Wünsche der Liberalen bcantworvet, hat in dieserPeriode des politischen Ncbelbilderspiels endlich Klarheit ge-schaffen, und nur ein Narr kann heute die zer-fließenden Bilder noch für greifbare Wirklich.k e i t halten. Man hat den Liberalen von cöner„Paarungkonservativen und liberalen Geistes" gesprochen, und sie haben— hoffnungsselig und durch die lange Machtlosigkeit aus-gehungert— an die Möglichkeit eines solchen Gebildes, an dieselbstlose Bereitwilligkeit des preußischen Jirnkertums ge-glaubt.... Die gestrige Enttäuschung, verursacht durch einabsichtlich scharf gefaßtes„Nein", ist bei w-eitem dieschwerste, die der liberale Blockflügel seit Beginn der„neuenAera" erlitten hat. Ter Block mag und soll sich noch eine kurzeStrecke weiterschleppen und die Vorlagen erledigen» deren Be-ratung begonnen hat. Aber er ist tvdcswund, zu Tckde getroffendurch die Hand des Fürsten Bülow, und die Hoffuungcn, diehier und da noch rege waren, sind seit gestern ver.flogen."Die Folgerung, daß der Freisinn sofort aus dem Blockaustreten muß, zieht auch das„Verl. Tagebl." nicht. Zuineser Konsequenz versteht sich nur die„Verl. Volksztg.":„Und der Block? Wo sind nun deine Schwäuke, armerDorik? Wo ist nun dein Mut, armer offiziellerFraktionsfreisinn, der du mit mehr Jnbrmnst alsUebcrlegung als„Quertreiber" alle diejenigen abtun zu könnenmeintest, die dich immer wieder vor der Hypnotisierung durchden Block warnten? Die dich immer wieder, wie es ia der„Volks-Zeitung" konsequent geschehen ist, darauf hinwiesen: Duwirst, edler Fraktionsfreisinn, der Geleimte bleiben?...Gestern hat Fürst Bülvw auf die freisinnige FrankfurterErgebenheits- und Huldigungsaktion, auf das feierliche„Dirleben wir und dir sterben wir", die Antwort erteilt: schalle»deOhrfeigen rechts und links in das Gesichtfreisinnigen B lo ck v e r t ra u e n s, freisinnigerKnappentreue. Werden die Foaktionshelden auch nunnoch sagen: Tun wir dem Bülow zuliebe, was er will,„sonstfällt er"? AuS Herrn FischbcckS Rede hat man leider nichtherauslesen können, daß die Abwendung vom Block perfektwerden wird!"Die erstere dieser Vorlagen, die auf eine D e r m i nd e»run g der Haftpflicht der Tierhalter hinzielt, hat auchsonst noch eine symptomatische Bedeutung. Sie beweist, wieschnell die Regierungsbureaukratie zu arbeiten versteht, wennes sich um— agrarische Interessen handelt. Erst im Vor-jähre hatte die agrarische Mehrheit des Reichstags eine solcheForderung an die Regierung gerichtet. Da ist diese nun gleichmit einer Vorlage bei der Hand. trotzdem es sich um eineAbänderung des Bürgerlichen Gesetzbuches handelt. dasgegenüber sonstigen Reformbestrebungen stets als ein Heiligtumhingestellt wird, welches man nicht eines nebensächlichenReformwunsches wegen antasten dürfe. Hier geht's mit einemMale, weil es sich um Agrarwünsche handelt.Der Z 833 des Bürgerlichen Gesetzbuchs macht nämlicheinen Tierhalter unter allen Umständen haftpflichtig für dieSchäden, die ferne Tiere anrichten. Die Regierungsvorlagewill nun der Agraricrforderung gemäß die Haftpflicht dahineinschränken, daß der Tierhalter nicht schadenersatzpflichtig seinsoll, wenn er bei Auswahl und Ueberwachung des Haustieres,das den Schaden verursachte, die gebotene Vorsicht beobachtethat. Dafür, daß das der Fall ist, soll er beweispflichtigsein. Begründet wird diese Forderung nicht mit den Verhält-nissen der Großgrundbesitzer und sonstiger kapitalkräftigerLeute, deren Pferde, Hunde oder Großvieh aller Art Haupt-sächlich die Verletzung von Menschen verursachen, sondern miteinzelnen Unzuträglich ketten, die sich infolge der gerichtlichenAnwendung des§ 833 für kleine Leute, die Tiere besitzen,herausgestellt haben.Bei den bürgerlichen Parteien herrschte allgemeine Ge-neigtheit, dem Gesetzentwurf zuzustimmen, und zwar unbedingtbei den Agrariern der Rechten und des Zentrums. Aber selbstdie Liberalen machten nicht von der gnädigen Erlaubnis Ge-brauch, die ihnen Bülow in seiner Blockprogrammrede erteilthatte, daß die Blockparteien bei der Tierhalterfrage sichspalten dürften. Ihre Redner, G Y ß l i n g aus Königsberg,der überhaupt einen stark agrarischen Einschlag hat, undS t o r z aus Ulm waren im Prinzip mit der Vorlage ein-verstanden und wollen nur in der Kommission einige Ver-besserungen versuchen.Entschieden gegen den Entwurf erklärte sich namensunserer Partei Genosse Molkenbuhr. Er bewies, daßnach Inkrafttreten des Gesetzes zahlreiche und unglücklicheLeute, die durch Hufschläge, Hornstöße oder Hundebisse verletztwürden, entschädigungslos ausgingen, da das landes-übliche Maß von Sorgfalt durch die Tierhalter selbstsich leicht würde nachweisen lassen. Als Molkenbuhrder Rechten zurief, sie ziele darauf hin, daß Groß-grundbesitzer sich auf Kosten armer, zu Krüppeln ge-machter Leute Vorteile verschaffen könnten, erhob sich auf denJunkerbänken ein unartikuliertes Tierhaltergebrüll. Den Ein-wand, daß die Schadenersatzpflicht ärmere Leute ruinierenkönne, begegnete Molkenbuhr mit dem Hinweis darauf, daßman eine Zwangsversicherung gegen Schadenersatz für alleTierhalter einführen könne. Wenn zum Beispiel jährlich fürjedes Pferd 50 Pf. Beitrag und für jedes Rind 10 Pf. usw.erhoben würden, so könnte nach den bisherigen Erhebungendamit der Schaden gedeckt werden. Mit dieser Rechnung istja das ganze Geschrei über die schwere Schädigung der kleine!:Leute durch die Schadenersatzpflicht hinreichend widerlegt. Dasverfing aber bei der Agrariersippe nicht. Die nimmt's, wo sie'skriegen kann, und sei es von den Krüppeln.Nicht einmal auf Kommissionsberatung wollten sie sicheinlassen, so daß auch dieser Entwurf direkt tu die zweiteLesung geht.Mit dem Gesetzentwurf zur Verschlechterung derLage erkrankter Handelsgehülfen, der den§63des Handelsgesetzbuches umändern will, fiel die Regierungindes vollständig ab.Während nämlich gegenwärtig der§ 63 meist so aus-wird, daß ein erkrankter Handelsgehülfe nicht nur sechsochenlang Anspruch aufFortzahlung des Gehalteshat, sondern auch daS volle Krankengeld bezieht, sowie Arztund Medikamente frei hat, steht der Gesetzentwurf vor. daßdex Unternehmer dem erkrankten Handelsgehülfen dasKrankengeld vom Gehalt abziehen kann. In derheutigen Sitzung kam nur je ein Vertreter des Zentrums, derNationalliberalcn und der Konservativen zum Wort. Da sieaber alle drei diese Neuerung als eine ungehörige Beeinträchti-gung der Handelsgehülfen erklärten, so ist damit des Staats-sekretärs Dr. Nieberdings Versuch, diesen Vorstoß gegenKranke als eine mtttelstandsretterische Aktton anzupreisen,bereits mißglückt.Am Montag wird noch unsererseits Genosse Singerdie Vorlage begraben helfen.Block und Freist««.Wie das„Verl. Tagebl." berichtet, haben die drei freisinnigemFraktionen(Volksparkei, Freisinnige Vereinigung und SüddeutscheVolkspartei) heute nachmittag im ReichstagSgebäude eine gemein-same Fraktionssitzung abgehalten, zu der auch die zur Zeitvon Berlin abwesenden Mitglieder telcgraphisch eingeladen wordensind, und deren einzigen Gegenstand die Stellungnahme zu dergestern geschaffenen Situation bilden soll.Das Ergebnis ist uns noch nicht bekannt; doch läßt sich mitziemlicher Sicherheit voraussagen, welcher Art das Resultat sein wird.Die freisinnige Volkspartei wird in keinem Falle den Block verlasiciiund zu einer energischen Opposition übergehen; dazu ist sie bereitszu sehr korrumpiert. Auch in den beiden anderen Fraktionen dürftensich kann, mehr als fünf oder secbS entschieden liberale Mitgliederfinden, die aus der Bülowschen WahlrechtSerklärung die Konsequenzziehen und den Block sich selbst überlassen.—Politische(Übersicht.Berlin, den 11. Januar 1903.Wirtschaftspolitische Reaktion.AUS dem Reichstag. Der Reichstag hatte sichheute in erster Lesung mit zivci Gesetzentwürfen zu befassen,die zwar weit auseinander liegende Fragen behandeln, denenaber die gemeinsam« Tendenz innetvohnt, die Lebenslage er-Ks wird ihm schon schwer i krantter oder verunglückter Personen zu verschlechtern.Wahlrechts-Ausschuß. Der gemeinsame Ausschuß der Huts-liberalen Parteien hat in seiner letzten Sitzung über Maßnahmen zurBekämpfung des Dreiklasjeuwahlrechts in Preußen verhandelt. Eslag ein Amrag des Wahlvercins der Liberalen vor,„einen gemeinsamen freisinnigen Agitationsmittelpunkr zu schaffen, der den Kampsgegen das Dreiklassenwahlsystem und für die Uebertragung deSReichStag,rechts auf Preußen systematisch mit gemeinsamen Mitteln einleiu;und als seine einzige Aufgabe anzusehen hat". Huf Antrag der Freisinnigen Volkspartei wurde einstimmig beschlossen, an die freisimügeFraktionsgemeinschast deS preußischen Abgeordnetenhauses daS Er-suchen zu richten, einen Ausschuß einzusetzen, der eine rege Agitationzur Bekäinpfung des bestehenden preußischen Wahlrechts und derBiahlkreiSeinteilung einzuleiten und planmäßig durchzuführen hat.Der Ausschuß soll in steter Fühlung mit den Parteileitungen bleibenemd ans ein einheitliches Vorgehen bedacht sein.Ob der geplante Ausschuß einige Bedeutung erlangen oder zueinem bloßen Dekorationsstück werden wird, daS hängt von denHervm ab, die in ihn hineingewählt werde». Werden die HerrenFffchö eck, Kopsch, Wiemer, Pachnicke, Heckscher usw. gewählt, so er-langt der Ausschuß nur die Bedeutung eines Skatklubs.—