km zjandlage.-- Adolf Hoff mann ließ dem Herm die der-diente Abfertigung zuteil werden. Dann hielt Eugen Ernst einekurze Ansprache. Er wie? auf diese imposante Protestkundgebunggegen die Vergewaltigung der Redefreiheit im Abgeordneienhausehin, forderte zur energischen Fortsetzung unseres WahlrechtskampfeSauf und schloß mit einem Hoch auf die Sozialdemokratie, in das dieVersammlung begeistert einstimmte.Als die Versammlungsbesuchcr auf die Straße hinaustraten.hatte diePolizei ihre ganze Macht aufgeboten,uin alle Zugänge zum Schloß»nit dichten Schutzmannsketten zusperren. Infolgedessen bewegte sich die ganze ungeheure Menschen-nienge notgedrungen in der Richtung nach dem Zirkus Busch unvdann die Rosenthalcr Straße entlang. Hier schwenkten Teile derMasse in die Mulackstraße, in die(Äormannstraße, in die Wein-meister Straße bis zur Schönhauser Straße. Als sie dann in dieSchönhauser Straße in der Richtung nach dem Schönhauser Toreinbogen, wurden sie mit einem Mal von unzähligen Schutzleutenempfangen, welche auf Elektrischen, Omnibussen usw. vomSchloß zur..Verfolgung des abziehenden Feindes" herangeciltwaren. Eine Anzahl Beamte stürzten sich auf die Davonziehenden.Mit Faustschlägen und Fußtritten drangen sie auf die Menschenmengeein. Passanten, welche mit der Versammlung nicht das geringstezu tun hatten und in die fliehende Menschenmenge ganz unver-sehenS hineingekommen waren, wurden von der Polizei geschlagenund gaben ihrem Unwillen über diesen Vorgang Ausdruck. Nachkurzer Zeit kamen auf telephonischem Anruf vom Alexanderplatzctwa 20 Berittene in vollstem Tempo angesprengt, um die Straßen zusäubern. Wir können mit dieser unerwarteten agitatorischen Hilfeder Polizei vollauf zufrieden sein. Was He�rn v. K r ö ch e r nichtgelang, das gelang den„starken Männern" von der Polizei. Sietrieben manchem ehrsamen Spießer gewaltsam die behagliche Zu-friedenheit mit unseren Zuständen aus.Die Streiks und HussperrungeoIm fahre 1907.Iii.Die Aussperrungen.■ Die Zahl der Aussperrungen steht im Jahre 1007 zu den ins-gesamt stattgefundcnen Kämpfen i» fast dem gleichen prozentualenVerhältnis wie 1006. Eine wesentliche Veränderung gegen dasVorjahr hat nicht stattgefunden. Gleich wie die übrige» Kämpfe,so haben auch die Aussperrungen in der Anzahl eine Verwinde-rung erfahren. ES fanden statt 323 Aussperrungen gegen 421 imJahre 100S. also eine Verminderung um 23,3 Proz. In welchemMaße sich das Verhältnis der Aussperrungen zu den gesamtenArbeitskämpfen in den Jahren 1900—190? entwickelt hat, darübergibt nachfolgende Aufstellung AufschlußEs haben stattgefunden:cv«. ArbeitSkämpfe Davon warenInt Jahre überhaupt' Aussperrungen ZfZmZ"1900... 853 46 5,41901... 727 85 4,81902... 861 56 6,51903.-. 1283 82 6,41904... 1625 112 6,91905... 2323 253 10,91006.,, 3480 421 12,11607... 2793 323 11,5Wesentlich anders liegt es jedoch mit der Zahl der von denAussperrungen betroffenen Personen. Während 1906 von den Aus-sperrungen 93356 Personen betroffen wurden, erstreckten sich 1907die Aussperrungen auf 104 738 Personen. Trotz der Abnahme derAussperrungen hat sich die Zahl der Ausgesperrten um 11 382 ver-mehrt. Im Jahre 1906 entfielen auf jede Aussperrung im Durch-schnitt 222 Beteiligte. 1907 dagegen 324. An den Aussperrungenwaren 37 Verbände beteiligt. Am schwersten betroffen von denAussperrungen wurden die Verbände der Metallarbeiter, Holz-arbeiter. Maurer und Schneider. Diese vier Verbände hattenallein 149 Aussperrungen mit 64 644 daran Beteiligten zu bestehen.Für 103 596 der Ausgesperrten konnte der Verlust an Arbeitszeitund der Ausfall an Verdienst festgestellt werden. ES betrug derVerlust an Arbeitszeit 2 374 772 Tage, der Ausfall an Verdienst11 172886 M. Die Gesamtausgabe für die Durchführung der Aus-fperrungcn bclief sich auf 6 147 079 M.(1906: 5 315 079 M.), dashnd 49.7 Proz. der insgesamt für die Kämpfe ausgegebenen Summe.Auf jeden Ausgesperrte» entfiel durchschnittlich eine Unterstützungs-summe von 58,69 M.<1906: 56,90 M.). während der Anteil an denGesamtausgaben für die Kämpfe insgesamt für jeden Beteiligten43,99 M. beträgt.Wie im Vorjahre, so ist auch im Jahre 1907 von den Unter-ruhmern, sowohl absolut wie prozentual, die größte Zahl an Aus-sperrungen verhängt worden, nicht im Verlauf eines Angriff- oderAbwehrstreiks, sondern wegen Differenzen über Lohn-höhe und Arbeitszeit, ohne daß eö wegen dieser Diffe-renzen zu einem SUeil der Arbeiter gekommen war. Dieses Ge-baren zeigt so recht dag rücksichtslose Vorgehen der Unternehmer.Die Zabl dieser Aussperrungen betrug 113— 85 Proz. der gesamten Aussperrungen. A» diesen Aussperrungen waren betet-ligt 43 165 Personen— 41,2 Proz. der Beteiligten insgesamt. In41 Fällen versuchten die Unternehmer, AngriffsstreikS derArbeiter durch Aussperrungen zu entkräften, und wurden von diesenAussperrungen 36 022 Personen betroffen. In 13 Fällen, woran10 574 Personen beteiligt waren, wurde zu dem Mittel der Aus-sperrung gegriffen, um Arbeiter, die wegen Abwehr von Ver-schlechterungen der Lohn- und Arbeitsverhält-n i s sc zur Arbeitsniederlegung übergegangen waren, zur Aufgabeihres Widerstandes zu zwingen. Dem Koalitlonsraubniußten 35 Aussperrungen dienen, wovon 2122 Personen betroffenwurden, und wegen Feiern am 1. Mai wurden 25 Aussper-rungen verhängt, die 3036 Personen in Mitleidenschaft zogen.Von den gesamten Aussperrungen endeten für die Arbeitermit vollem Erfolg 95— 3111 Proz., an diesem Erfolg beteiligtwaren 19 227 Personen— 18,4 Proz.z 109 Aussperrungen—35,9 Proz. mit 46 196 Beteiligten= 44,1 Proz. konnten mit einemtcilweisen Erfolg beendet werden.In den Jahren 1000—1907 fanden 1328 Aussperrungen statt,von denen insgesamt 449 187 Personen in Mitleidenschaft gezogenwurden. Die gesamten Aussperrungen verursachten eine Ausgabevon 20 516 948 M-, das sind 37,4 Proz. der seit dem Jahre 1900gemachten Ausgaben für die gesamten wirtschaftlichen Kämpfe.Seitens der Unternehmer wird die alljährlich wiederkehrenderücksichtslose Brotlosmachung von Tausenden von Arbeitern durchdas Mittel der Aussperrung als ein Korrelat gegenüber dem denArbeitern gewährten tkoalitions- und Streikrecht angesehen und indiesem Sinne verteidigt. Wir wollen uns auf eine Erörterungdieser Anschauung nicht einlassen. ES ist aber bezeichnend, daß dasUnternehmertum, welches so häufig— bei passender und un-passender Gelegenheit— sein„Wohlwollen" für die Arbeiter glaubthervorheben zu müssen, rücksichtslos Arbeiter aussperrt, die anirgendwelchen Arbeitstonfliktcn gar nicht beteiligt sind, und zwarlediglich nur zu dem Zweck, um die Gewerkschaftsorganisation,welche bei einem Arbeitskampf gerade in Betracht kommt, schwächenund widerstandsunfähig machen zu könne». Ein solches Vorgehenfiiidct in der gewerkschaftlichen Taktik kein Gegenstück. Hier be-schränkt iuan sich nur darauf, den Kampf durch ArbeitSnicder»Icguilg gegen diejenigen Unternehmer zu führen, die au einem Ar-Liitskonflilt unmittelbar beteiligt sind.Soviel steht jedoch fest: Die nun schon jahrelang betriebeneHussperrungsmanie des Unternehmertums zur Niederdrückung der.Arbeiter und Zertrümmerung ihrer Organisationen hat ihrenZweck vollständig verfehlt. Das Fiasko dieser Uniernehmertaktiktritt immer greifbarer zutage. Wohl war es möglich, die Arbeiter-schaft durch dieses Mittel bei einzelnen Kämpfen in ihrem Erfolgzu beeinträchtigen, aber der Arbeiterschaft im allgemeinen ist durchdas Mittel der Aussperrungen in ihrem Aufwärtsstreben kein Ab-bruch geschehen und am allerwenigsten war es möglich, die Gewerk-scpaften zu zertrümmern oder in der EntWickelung zu hemmen. ImGegenteil, man kann annehmen, daß die Aussperrungen dasKlassenbewußtsein der Arbeiter gestärkt und förderlich auf die Ent-Wickelung der Gewerkschaften eingewirkt haben. Das völlige Ver-sogen des Mittels der Aussperrungen der Arbeiterbewegung gegen-über scheint nunmehr selbst dem ausspcrrungswütigsten Unter-nehmertum klar zu werden. Die durch geheucheltes Wohlwollenfür das„Wohlergehen der Arbeiter" und durch„sanfte Ein-Wirkung" auf abhängige oder willenlose Arbeiter seitens der Unter-nrhmer zusammengebrachte gelbe Schutztruppe soll nun anscheinenddas bezwecken, was man von den Aussperrungen vergeblich er-hoffte. Eitle Hoffnung!— Auch dieser Wahn wird verrinnen vordem unaufhaltsamen, ehernen Entwickelungsgang der modernenArbeiterbewegung._Huö der Partei.Der Bezirks-Partcitag für das östliche Westfalen und die lippischenFürstentümerwurde am Sonntag, den 1. November, in Herford abgehalten.Der Bezirk umfaßt die Reichstagswahlkreise Tecklenburg» Steinfurt-Ahaus, Münster Coesfeld, Lüdilighausen-Beckum-Warendorf, Minden-Lübbecke, Herford- Halle, Bielefeld-Wieden brück, Paderborn- Büren, Wartburg- Höxter, Lippstadt-Brilon. Schaumburg-Lippe, Lippe und Liegen- Meppen« Hümling. Eine feste Kreis-organisation haben von diesen zwölf Wahlkreisen sieben, während infünf nur erst wenige Genossen regelmäßige Beiträge zahlen. DieZahl der Mitglieder betrug insgesamt an, 1. Juli d. I.6699 gegen 5451 am 1. Juli des Vorjahres, mithin Zunahme 1248,gleich 23 Proz. Von den Mitgliedern entfallen allerdings auf dieWahlkreise Bielefeld-Wiedenbrück 4148, Herford-Halle 783, Minden-Lübbecke 564, Lippe 473, so daß auf die übrigen ach, Wahlkreise nurinsgesamt 73! Mitglieder komnien. Immerhin läßt die Mitgliederzahlerkennen, daß trotz der herrschenden Krise die politische» Organ»-sationen nicht wie früher eine» Rückschlag erlitten, sondern vielmehrnoch gute Fortschritte gemacht haben. Ein Beweis der wachsendenErkenntnis von der Notwendigkeit auch der politischen Organisation.Der Kassenbericht des Agitationskomitees weist inklusivede? Zuschusses von 2000 M. vom Parteivorstand an Einnahme auf3085,24 M.. an Ausgabe 2756,56 M. Die Wahlkreise hatten ins-gesamt an Einnahmen zu verzeichnen 27 711,87 M., an Ausgaben18403.11 M.Die Zahl der Abonnenten der„Voltswacht" in Bielefeld.deS Parteiorgans für diesen Bezirk, blieb sich fast gleich; sie betrugnicht ganz 13 000, davon im Kreise Bielefeld über 8500. DerGeschäftsabschluß ist günstiger als im Vorjahre.Sozialdemokratische Kommunalvertreter wurden70 gezählt, gegen 44 im Vorjahre: davon im Kreise Bielefeld-Wiedenbrück 39, Lippe 12, Herford-Halle 8, Schaumburg-Lippe 4.Minden-Lübbecke 6 und Tecklenburg-Sleinfurt-Ahaus 1.82 Orte waren durch 183 Delegierte auf dem Parteitage ver-treten. Vom Parteivorstand war Genosse Alwin Gcrisch delegiert.Dazu kamtn das Agitationskomitee und die Vertreter der„Volks-wacht", so daß im ganzen 197 stinimberechtigte Genossen, darunter3 Genossinnen anwesend waren. Um die Agitation energischer zubetreiben, wurde das Agitationskomitee um 2 auf 7 Genossen ver-stärkt. AgitatiouSversammlungen sollen in nächster Zeit im ganzenBezirk veranstaltet werden. Das Orgcmisatiousstatut erfuhr einigeAbänderungen, so wurde die Zahl der Delegierten auf 125 nach derderzeitigen Mitgliederzahl beschränkt.lieber die Reichsfinanzreform referierte ReickStagS-abgeordneter Genosse S e v e r i n g. dabei auch die Veröffentlichungdes„Daily Telegraph" über die bekannten Aeußerungen Wilhelms ll.und das DemissionSgeflich BülowS scharf kennzeichnend. Nach ein-stimmiger Annahme einer Protestresolution gegen die geplanteSteuer auf die Konsumvereine wurve dann der Parteitag geschlossen.AuS der englischen Arbeiterpartei.London, Sl. Oktober.(Eig. Oer.) Der definitive Anschluß derBergarbeiterabgeordneten an we Arbeiterfraktion soll erst nach dennächsten parlamentarischen Wahlen vollzogen werden. Diese Maß-regel ist insofern gerechtfertigt, als die gegenwärtige Parlaments-Vertretung der Bergleute mit liberaler Hilfe gewählt wurde. Beiden nächsten Wahlen werden die Kandidaten der Bergleute alsArbeiter- oder sozialistische Kandidaten auftreten.Die Differenzen im„Boltsblatt für Halle a. S.", so berichtet man»nS untern» 81. Oktober, führten da hm. daß an Stelle der aus-scheidenden Redakteure, Genossen Däumig, Fröhlich undThiele, die Redakteure, Genoffen H e n n i g- Erfurt, Bock-Berlin- Steglitz und N i e b u h r- Harburg in einer heute tagendenFunktionärsitzung gewählt wurden. Der Stellenwechsel soll am1. Januar vor sich gehen.Soziales«Arbeiterlos in Staatsbetrieben.Wie der Staat für feine alten Arbeiter sorgt, dafür könnenwir folgendes Beispiel aus Ostpreußen anführen: Weil die Arbeitknapp wurde, entließ die tönigliche Hafenbauvertvaltung einenArbeiter aus Gr. Hehdckrug, der 35 Jahre bei ihr gearbeitet hatte.Andere Arbeiter, deren Arbeitskraft der Staat ebenfalls jahrzehnte-lang ausgenutzt hat. befürchten täglich, daß auch sie aufs Pflastergesetzt werden. Gerade Staatsbetriebe sollten Musterbetriebe sein.Die Praxis, sich auf solch bequeme Art des Arbeiters zu entledigen,der lange Jahre hindurch dem Staate für geringen Lohn gearbeitethat, ohne sich darum zu bekümmern, was der Arme mit feinerFamilie nun beginnt, muß entschieden verurteilt werden. Gleicheiner ausgepreßten Zitrone wird der alte Arbeiter aber heut-zutage beiseite geworfen, wenn der Saft aus ihm herausgepreßt ist.Die Arbeiter in den Thomabschlackenmühlea.Die heftigen Lungenentzündungen, von denen die in Thomas-fchlackenmühlcn beschäftigten Arbeiter vielfach befallen werden unddie nicht selten tödlich verlaufen, haben schon vor längerer Zeitdie Aufmerksamkeit der Gewerbeaufsichlsbeamten auf sich gezogenund zum Erlaß der Bekanntmachung des Bundesrates vom29. April 1899 geführt, über Einrichtung und Betrieb der gewerb.lichen Anlagen, in denen Thomasschlacken gemahlen und Thomas-schlackenmehl gelagert wird. Da der feine ätzende Staub, der beimMahlen der Schlacke und beim Transportieren und Umlagern desThomasschlackenmehls sich mit der Luft des ArbeitSraumcS dermischt, die Hauptursache der bei diesen Arbeitern vorkommendenLungenerkrankungen ist, so sind die Bestimmungen dieser Bekannt.machung hauptsächlich auf Vermeidung resp. Verminderung desbeim Mahlen usw. entstehenden Staubes gerichtet. Freilich werdensie oft recht schlecht beachtet. So teilt der AufstchtSbeamtcfür den Bezirk Arnsberg in seinem Berichte für 1906 mitdaß in einem Werke die Staubkammcr derartig undicht war, daßihr ganze Wolken von Staub entwichen. Auch in anderenWerken sei die Staubabsaugung höchst mangelhaft befundenworden. Dabei ist die Verordnung schon über 9 Jahre in Kraft.Aber jedes Jahr müssen ähnliche Ungehörigteiten festgestellt werden.Doch selbst wenn die Bestimmungen gewissenhaft befolgt wurden,erwiesen sie sich als ganz ungenügend zur Herabminderung derErkrankungen und speziell der Lungenerkrankungen, denn diesehaben trotzdem im allgemeinen noch weiter zugenommen, ein Be-weis, daß, solange man bei dem Trockenmahlen verbleibt, beidem immer Staub entsteht, der in die Luft der Arbeitsräumedringt, die Erkrankungen nicht ab- sondern eher noch zunehmen.So erhöhte sich in einer Thomas schlacken mühle desAufsichtsbczirts Düsseldorf, deren Aroeiterzahl in denfünf Jahren von 1902— 1907 von 95 auf 162 also um 70 Proz. stieg.in dieser Zeit die Zahl der Erkrankungen von 100mit 1273 Kran kentagen auf 214 mit 2708 Kranken-tagen also um 96 Proz. resp. 113 Proz. Dabei stieg die Zahlder Erkrankungen der Atmungsorgane allein in dieser Zeit von37 mit 526 Krankentagen aus 87 mit 1323 Ärankentagen, also um>35 Proz. resp. 151 Proz. Hier war 1902 ein Arbeiter infolgevon Lungenentzündung gestorben, 1907 aber zehn.Es lourde daher als sehr erfreulich begrüßt, als der Auf-kichtsbeamte des Bezirks Ruhrort in seinem Berichteüber das Jahr 1905 Seite 387 initteilen konnte:„Di? Schlacken-mühle in Ruhrort beabsichtigt noch im Jahre 1906 das Ver-fahren von M a t h c s i u s zur Ausführung zu bringen. Nachdiesem Verfahren wird die Thomasschlacke in geschlossenen Gefäßenein bis zwei Stunden lang einem Druck von 10 bis 12 Atmosphärenausgesetzt und hierdurch aufgeschlossen. Staubent Wickelungtritt hierbei nicht auf. Die in Ruhrort angestellten Ver-suche haben ergeben, daß die Frage der Darstellung von Thomas-schlackenmehl im Prinzip als gelöst betrachtet werden kann. Eshandelt sich nur noch um eine zweckmäßige konstruktive Durch-bildung der Aufschlußgefäße, da bei dem Verfahren die Haupt-staubguelle, die Mühle, ganz ausgeschaltet wird, so könnte seineDurchführung nur mit Freuden begrüßt werden." Man war gc-spannt, wie erheblich die Abnahme der Erkrankungen bei dem neuenVerfahren sein würde. Aber der Bericht der Aufsichtsbeamten für1906 sagt Seite 463 statt dessen kurz:„Von der Einführung desim vorigen Jahresberichte erwähnten Verfahrens von Mathesiushat die Rheinische Schlackenmühle vorläufig Abstand gc-nommen, da eine Verlegung der Mühle und ein Wiederaufbauan anderer Stelle geplant wird". Dabei ist die Zahl der Er-krankungen sowohl im allgemeinen wie speziell die der AtmungL-organe in diesem Jahre zwar in den zwei kleineren Schlacken-mühlcn des Bezirks etwas zurückgegangen, aber in der drittengrößeren ist sie noch erheblich gestiegen. Im folgenden Jahresberichtfür l907 wird das erst mit Freuden begrüßte neue Verfahrenohne Staub gar nicht mehr erwähnt! Die Kosten einesNeubaues werden wohl für diese dritte Mühle zu groß gewesensein. Es heißt nun Seite 432 des Berichtes, daß die Zahl derTodesfälle in den Schlackcnmühlcn gegen das Vorjahr leider er-hcblich, nämlich von 8 auf 17 gestiegen ist, wovon 10 auf die dritteMühle allein kommen. Ein Teil der Schuld an der Vermehrungder Todesfälle sei auf die ungünstige Witterung des Frühjahreszurückzuführen.„Aber ein� weiterer Grund." heißt es dann.„dürfte in dem starken Arbeiterwechsel zu finden sein, durchden immer wieder neue und zum Teil ungeeignete Leute in dieMühle kommen. So arbeiteten 6 von den Gestorbenen nur kurzeZeit, einer nur 5 Tage dort. Dabei sollen die Arbeiter vor ihremEintritt in diese Mühlcn und dann jeden Monat erst von einemArzte untersucht und die ungeeignet befundenen zurückgewiesenresp. sofort entlassen werden.Aber damit nehmen es manche Müller nicht so genau. Sobericktct der Aufsichtsbeamte für den Bezirk Stettin-Stral-sund in seinem Berichte für 1907 Seite III:„Gegen den Be-tricbslcitcr einer Thomasschlackenmühle wurde wegen Uebertretungder Bestimmungen des§ 16 der Bekanntmachung vom 25. April1899 ein Strafverfahren anhängig gemacht, da er zwei Arbeitereingestellt hatte, obwohl sie nach Bescheinigung des Arztes andauernder Erkrankung der AtmungLorgane litten." Und aus demBezirk Trier wird ebenfalls aus dein Jahre 1907 von demArbeiter einer Schlackenmühle berichtet, daß er noch längere Zeitzur Arbeit zugelassen worden sei, obwohl seine Lunge schon schwerkrank war, und der bald darauf gestorben ist.Aber nicht nur beim Mahlen der Schlacke, sondern auch beidem Verpacken und Verschicken des fertigen Mehles wirdoft mit sträflicher Sorglosigkeit verfahren. So teilt der Aufsichts-beamte für dcii Bezirk Danzig mit, daß, als im Hafen vonDanzig ein Schiff, das Thomasschlackenmeht geladen hatte, entladen wurde, das Schiff in eine dichte Staubwolke gehüllt war.und als die im Hafenspeicher gelagerten Säcke besichtigt wurde»,ergab sich, daß sie in keinem Falle die in§ 9 der Bundesrats-bekanntmachung vom 25. April 1899 vorgeschriebene Beschaffenheitund Dichtigkeit hatten. Sie waren teils zu leicht und platzten inden Stapeln, teils zu weitmaschig gewebt, so daß sie ungemeindurchlässig für den feinen Staub waren. Da solche Ausladearbeitenimmer eine ganze Reihe von Tagen dauern, so kann die damitverknüpfte starte Staubentwickclung sehr wohl eine schlimme Ein-Wirkung auf die AtmungLorgane der Arbeiter haben und es sollteallgemein strenger auf den Zustand der Säcke und die Art undWeise ihres Ein- und Ausladens geachtet werden. Außer inDanzig haben noch in 10 anderen Aufstchtsbezirken im ganzen30 Revisionen von Thomasschlackenmehllagern 1907 stattgesunden,aber außer dem Danziger hat kein Aufsichtsbeamter die Beschaffen-heil der Säcke moniert und doch ist kaum anzunehmen, daß nur inDanzig schlechte Säcke vorhanden waren, da sie von einer rheinischenScklackcnmühle versandt waren, die noch an eine Reihe andererSchlackenmehllager Schlackenmehl verschickt. So haben nichtnur die Schlackenmühlcnarbeiter von demätzenden Staube zu leiden, sondern auch dieda-mit beschäftigten Transport- und Landarbeiter.Man scheut sich der Kosten wegen vor der Einrichtung eines Bc-triebcs, bei dem Staubentwickelung ausgeschlossen ist, und manscheut sich vor Verwendung dichter und fester Säcke, weil sie teurerwie weitmaschige sind. Ucbcrall scheut man größere Kosten mehrals Gesundheitsschädigung der Arbeiter. Was nützen da die zweck-mäßigsten Erfindungen, wenn die Unternehmer auf Grund ihrerKonzessionen bei ihren alten gesundheitsschädlichen Betriebenbleiben können!_Bäuerische Bauarbeiter.Die wirtschaftliche Krise machte sich an vielen Orten Deutsch-lands zuerst im Baugewerbe bemerkbar. Der soeben erschieneneBericht der Bayerischen BaugewertS-Aernfsgenossenschaft erklärtdicö in der Abnahme der versicherten Betriebe. Während im Jahr:>906 noch 13 545 Baubetriebe versichert waren, ist diese Zahl auf13427 j», Jahre 190? gesunken. Leider verschweigt der an sichsehr dürftige Bericht die Veränderung in der Zahl der BauarbeiterBayerns. ES wird nux angeführt, daß bei einer Annahme von300 Arbeitstagen pro Jahr im Berichtsjahre 75 274 Arbeiter, beieiner Annahme von 220 Arbeitstagen dagegen 102605 Bauarbeiterin Bayern beschäftigt waren.Im Jahre 1907 sind der Berufsgcnossenschaft insgesamt 5853Unfälle, gegen 5191 im Jahre 1906 gemeldet worden. Hiervonbetreffen: 61 Todesfälle, 996 Verletzungen mit einer über 13 Wochendauernden Erwerbsunfähigkeit und 4796 Verletzungen mit einervoraussichtlich unter 13 Wochen dauernden Erwerbsunfähigkeit.Seit Errichtung der BerufSgenossenschast 1885 sind bei derselben zur Anzeige gelangt 91601 Unfälle, hiervon 1994 Todesfälle;weiter 20 235 Unfälle mit über 13 Wochen andauernder Erwerbs-Unfähigkeit und 69 372 Unfälle unter 13 Wochen Arbeitsunfähigkeit.Bon den im Jahre 1907 gemeldeten 5853 Unfällen sind nur 1140Fälle entschädigt worden. Diese betrafen: in 1108 Fällen erwachsenemännliche Arbeiter, in 20 Fällen erwachsene weibliche Arbeiterinnenund in 21 Fällen jugendliche männliche Arbeiter.lieber die Ursachen, Veranlassung und Art der Verlehungenenthält der Bericht kein Wort. Ucberhaupt ist der Text sehr spür-lich, nur nackt- Zahlen. Auch über die Zahl und das Resultat dereingelegten Berufungen und Rekurse wird keine Silbe angeführt.Aus der Abrechnung ist auch nur zu ersehen, daß die Berufs-genossenschaft im Berichtsjahre 45 000 Mk. für Ueberwachung derBetriebe verausgabte. Welchen Wert diese Ueberwachung hatte,Ivclchc Mängel vorgefunden oder abgestellt werden mußten, darüberkein Wort im Bericht. Die Bayerische Baugcwerks-Berufsgenossen-schast kann nicht stolz auf diesen Bericht sein. Oder setzt sievoraus, daß die Bauunternehmer denselben doch nicht lesen?'